Machine Head
Machine Head

Interview

Um kurz vor 16.00 Uhr kam die ernüchternde Nachricht: Robert Flynn ist beim Arzt aufgrund von Nackenbeschwerden und wird nicht rechtzeitig zum Interview zurück sein. Um 16.30 Ihr war ein Interview mit dem Rock Hard angesetzt und ab 17.00 Uhr möchte die Band bis zum Auftritt ihre Ruhe haben, was verständlich ist. Das fing also schon sehr toll an. Als Ersatz wurde ich also um 16.30 Uhr an einen Round Table mit zwei weiteren Onliner-Kollegen gesetzt. Dave (links im Bild, Schlagzeuger) und Phil (rechts im Bild, Gitarre) waren unsere Gesprächspartner in einer sehr interessanten und lockeren Runde. Dem etwas energischeren Bitten meinerseits kam nach einer halben Stunde die frohe Botschaft, dass sich Rob doch noch eine knappe Viertelstunde im Anschluss an das Interview Zeit nehmen wollte, um eure und meine Fragen zu beantworten. So kam es dazu, dass eine gute Dreiviertelstunde Plausch mit einer insgesamt sehr gut aufgelegten und bestens gelaunten Band Machine Head zustande kam – zunächst die Runde mit Dave und Phil, anschließend das Gespräch mit Rob. Einen Vorteil haben Machine Head Interviews: Man bekommt keinen Durst, dafür sorgen die Bandmitglieder…Prooost!

David: Ihr seid nun 2,5 Monate auf Tour und spielt fast jeden Tag. Seid ihr bekloppt?

Phil: Was uns versöhnlich stimmte, war gestern in Wiesbaden. Es war Walmart. Dave und ich sind dahingegangen, dort konnten wir etwas auftanken und Sachen besorgen, die wir brauchten, haben unsere Akkus aufgeladen. Ich fühle nicht wirklich diesen Ermüdungszustand des Tourens. Wir sind die beiden, die sehr gerne auf Tour gehen.

Dave: Yeah, wir lieben es auf Tour zu sein. Als wir hörten, dass wir touren würden für 2,5 Monate, dachten wir: Killer Mann! Entweder man kommt klar oder haut sich grün und blau, oder so. Aber man hat einfach gute Shows. Das ist unglaublich. Das Leben könnte wesentlich schlimmer sein. Man sitzt zu Hause, hat nichts zutun. Wir sind Unterwegs, machen Party und rocken.

Phil: Und man sieht coole Gegenden. Da denkt man sich: wunderschönes Rom, cool, zwei Tage in Helsinki…

David: Und habt ihr dort was sehen können?

Phil: Nö, wir mussten die Rom-Show absagen, der Bus hatte eine Panne.

Wie ist das Package mit God Forbid und Caliban?

Phil: Wir haben dieses so ausgesucht, da wir mit God Forbid schon vorher getourt sind. Wir lieben die Band und kommen sehr gut mit denen klar. Wir haben einige Zugeständnisse gemacht, um sie mit dabei zu haben.

Habt ihr Caliban vorher gekannt?

Phil: Nein, die sind ja auch auf Roadrunner. Die wurden mit God Forbid gepackaged um denen zu helfen, den Bus zu teilen, die Crew und so was.

David: Ihr habt so viele Auftritte. Wie schafft ihr es, jeden Auftritt für eure Fans und für euch zu einem besonderen Moment werden zu lassen?

Dave: Das hängt von den Fans ab. Wenn die nicht mitmachen… und wir hatten ein paar solcher Shows auf der Tour, Malmo in Schweden, um mal eine zu nennen. Dort standen die einfach nur herum. Wir sind eine Band, die diese Interaktion braucht. Wir brauchen es, dass die Leute ausflippen und nicht einfach nur dastehen und dich angaffen als wärst du ein Fisch im Aquarium. Wir machen dann immer noch unseren Job, aber… keine Ahnung Mann, uns geht es drum, dass die Leute Spaß haben damit wir auch abgehen können und wenn sie es tun, dann fangen wir an Cover mitten im Set zu spielen, aber wenn sie scheiße sind, dann nicht – wie in Malmo.

David: Dann werdet ihr auf jeden Fall heute Abend covern, da bin ich mir sicher!

Dave: Ja, normaler Weise machen wir das in Köln.

Also werdet ihr heute Abend Coversongs spielen?

Phil: Vielleicht. Das hängt vom Publikum ab.

Was denkt ihr über diesen ganzen New Wave of American Heavy Metal? Gibt’s da zu viele Bands der Sorte?

Phil: Immer, wenn ein Trend entsteht wird der Markt zu sehr überflutet mit Bands, die gleich klingen. Ich finde Lamb Of God oder Chimaira sind unglaublich. Aber es kommt dazu, immer die gleiche Formel zu nutzen. Ich mag ebenfalls Killswitch Engage sehr gerne, aber es gibt so viele Bands, die anfangen wie Killswitch zu klingen, dass es einfach nur noch eine Vortäuschung ist.

Dave: Das gleiche mit der ganzen Emo-Szene, jeder hat Make Up drauf und schreit in den Strophen und singt melodisch im Refrain. Das wird echt langweilig.

Was denkt ihr darüber, dass immer mehr Hardcore Kids in die Metalszene kommen?

Phil: Ich meine, Kids sind Kids…

Ja, aber da gibt’s echt verrückte drunter…

Phil: Ja, richtig. Aber ich differenziere nicht zwischen denen. Das ist, was ich hier in Europa so schätze, die Akzeptanz und Aufgeschlossenheit. Aber in Amerika ist das vielleicht anders: Es kann sein, dass die Hardcore Kids uns nicht so toll finden, weil sie nicht anders können, weil MTV sagt, dass sie ihren Hardcore lieben und so sein müssen und, wenn du das magst, dann kannst du das andere nicht mögen. So ist die Gesellschaft drüben, deshalb mögen wir es hier so sehr.

Also magst du Deutschland bzw. Europa?

Dave: Ich habe Europa geliebt – bis Skandinavien…

Phil: (lacht) ausgenommen Helsinki, die haben echt gerockt!

Dave: Helsinki war echt unglaublich, echte Killershows. Aber als wir so nach Norwegen kamen, mochten wir es nicht. Ja, wir sind echt froh zurück zu sein.

Ihr wart ja auch letztes Jahr hier…

David: …und beides Mal ausverkauft!

Phil: Wir sind ausverkauft heute Abend? Yeeessss! I love that!

David: Ja, seid ihr! Sagt mal: Wann wart ihr das letzte Mal in einem Moshpit?

Phil: (lacht). Beim den vorherigen Touren hatte ich die Angewohnheit, wenn das Publikum gut war und viele Leute da waren, am Ende des Sets zu Stage-Diven. Es war der letzte Abend auf der Tour mit Chimaira: Ich habe ein paar Dives am Ende unseres Sets gemacht, wir waren Co-Headliner, vor denen dran. Und danach waren wir total besoffen, haben uns Chimaira angeschaut und ich wollte einen Stage-Dive machen. Ich bin irgendwie über das Publikum hinausgeschossen, habe einen Vorwärtssalto gemacht und bin auf meinen Rücken gelandet. Ich bin über das Ziel hinausgeschossen und keiner hat mich aufgefangen. Ich bin 1.5 Meter tief gefallen auf meinen Rücken und konnte mich zwei Wochen nicht bewegen. Mein Tourmanager meinte: Wenn du das jemals wieder machst, werde ich dir das Genick eigenhändig brechen! So hab ich wohl offiziell das Stage-Diving und im Pit sein von dem Tag an ad Acta gelegt. (lacht)

Was denkt ihr über dieses Violent Dancing, was auch immer mehr im Metal stattfindet? Bei einem Hatebreed Konzert, z.B., kommen viele da ja nicht mehr in ganzen Teilen raus…

Dave: Wir hatten so was in der New York Show. Sogar bevor die scheiß Band anfängt stehen die da draußen und fangen an sich zu drehen, zeigen ihren Style. Das ist so zurückgeblieben, Mann. Ich verstehe, wenn man Spaß haben will und in den Pit geht – das ist super. Aber hinzugehen und eins in die Fresse zu bekommen oder auszuteilen ist so fuckin’ gay. Wenn einer das machen will, dann soll er in eine scheiß Bar gehen und eine Schlägerei mit einem anderen anfangen. Ich warte doch nicht auf einen Typen, der da rumrennt und dann: Klatsch! Yeah, ich hab ihn erwischt, Mann! Super! Da ist so bekloppt.

David: Ihr spielt Songs wie „Davidian“ auf jeder eurer Shows. Wie schafft ihr es, euch dazu zu motivieren, die Songs immer und immer wieder zu spielen. Passiert es, dass ihr sie einfach nicht mehr hören könnt?

Dave: Das ist das, worüber wir vorhin gesprochen haben, über die Zuschauer. Wenn die mitmachen, wird keiner der Songs langweilig. Sie werden es, wenn… in Malmö wurden sie echt langweilig. (lacht) Das Publikum geht ab, du spielst den Song und schaust zu denen, dann ist das einfach verrückt und für uns unterhaltsam. Und wir kriegen dadurch echt einen Lauf.

David: Also wird daraus keine Routine?

Dave: Es wird nie Routine. Man hat immer einen Flash dadurch. Man wird echt abhängig davon – unglaublich.

Schreibt ihr an neuem Material im Moment, oder erst nach der Tour?

Phil: Ich spiele gerne rum, Dave ein neues Spielzeug, mit dem er Zeug ausprobiert. Aber wir haben nichts Solides. Wir konzentrieren uns auf das Album.

Gibt es irgendetwas anderes, was man von Machine Head erwarten kann in naher Zukunft?

Dave: Ja, eine DVD. Wir werden die Brixton Academy Show in London aufnehmen. Und werden einige Shows vorher haben und noch Sachen dort aufnehmen. Der Schwerpunkt auf der DVD wird die Show. Es ist so, dass jede Band auf der Welt eine DVD hat, außer Machine Head. Aber wir wollen es richtig machen! Wir wollen etwas cooles, unterschiedliche Kameraeinstellungen, etwas cooles, wie die Slipknot DVD. Etwas, was die Band absolut repräsentiert, worauf wir Stolz sein können.

David: Wieso sucht ihr euch eigentlich immer England aus, um Sachen aufzunehmen?

Phil: Das ist unser bester Markt.

Dave: Yeah, wi…

Phil: …mach du weiter…

Dave: …nein, mach du… (beide lachen)

Phil: …London war immer eine der besten Shows auf der Tour. Wir haben da jetzt schon über 3.500 Tickets verkauft. Sie waren verrückte Machine Head Unterstützer vom Tag eins an. Wir haben auch eine Burn My Eyes Zehnjahresfeier Show in Philadelphia gespielt, die wir aufgenommen haben. Die kommt als Bonus zu der DVD als Limited Edition. Wenn ihr euch die DVD früh genug holt, dann bekommt ihr beide Shows.

David: Wir haben zum Teil ziemlich lange Songs auf TTAOE, aber die scheinen zu keinem Zeitpunkt langweilig zu sein. Was haben Metallica mit St. Anger falsch gemacht?

Phil: (lacht) Sie haben es veröffentlicht…

Dave: Ich weiß nicht. Ich glaube… ich… keine Ahnung.

Phil: Ich habe ein paar Songs gehört, aber ich kann es nicht auf Dauer hören. Die Tonalität des ganzen Teils, ich kann einfach körperlich nicht das ganze Album durchstehen. Ich mag Teile davon, hier und da ein paar Riffs, aber…

Dave: Ich glaube, ein Unterschied zwischen unserem und deren Album ist, dass wir reingegangen sind und die Songs von Anfang bis Ende geschrieben haben, wie eben ein Song ist. Wir haben nicht ein paar Teile aufgenommen und dann gedacht: Mit dem Computer könnten wir hier diesen Teil hinschneiden und, ach ja, das Stück könnte dahin kommen. Ich glaube, die haben die Songs auf dem Computer gemacht, indem sie die verschiedenen Teile zusammengefügt haben. Und das ist fucked up. Ich denke, ihr Herz war an der richtigen Stelle, sie wollten eine weitere „…and justice for all“ machen, aber…keine Ahnung. Vielleicht nächstes Mal, haha.

David: Habt ihr jemals Angst gehabt, keine Ideen mehr zu haben?

Dave: Es passiert andauernd, dass du uninspiriert bist. Dann stehe ich manchmal auf, fang an Gitarre zu spielen und mir fallen fünf Riffs ein. Und dann bin ich eine ganze Woche so…äähhh…mmhhh…und nichts passiert. Jeder kriegt mal ein Schreibblockade, aber das geht auch wieder vorbei.

David: Besonders, wenn ihr unter Druck seid…

Phil: Ich denke nicht, dass wir diesen Punkt in nächster Zeit erreichen werden. Wir haben die Lizenzen zum Album…

Dave: …wir waren schon etwas unter Druck bei diesem Album, um alle Songs hinzukriegen. Wir hatten einen Aufnahmetermin an dem alles stehen musste. Wir haderten dran, die Songs fertig zu bekommen. „Imperium“, z.B., war der letzte Song, den wir fertiggestellt haben. Es war irgendwie das erste Mal, dass der Druck auf uns lastete, um die Sachen fertig zu bekommen. Das hat uns irgendwie geholfen. Wir hatten Feuer unterm Arsch.

David: Ist Headbanging mit kurzen Haaren gay?

Phil: (schmeißt sich weg) Fuck No…

Dave: Hey, Mann, Headbanging mit keinen Haaren ist cool…

Phil: …du nennst mich schwul, Mann? (lacht)

David: Dann sind wir wohl alle gay hier in der Runde…

Dave: …Headbanging ist cool – solange man einen Kopf hat.

Phil: Es heißt ja nicht Hairbanging.

Dave: Ja. Sei denn, man macht die Windmühle…

Phil: … Figur Nr. 8, haha!

Wer sind die heißesten Bands für euch zurzeit?

Phil: Ich finde: The Haunted. Die sind Killer, Mann. Großartige Riffs und richtig wütende Vocals – das sind klasse Metalvocals.

Dave: Find ich auch, The Haunted.

David: Was ich mich frage ist: Warum kommen Bands nach so vielen Jahren von Songwriting-Prozessen und Kreativsein plötzlich mit so einem herausragenden Album? Oder anders formuliert: Wieso hattet ihr die Ideen zu Songs wie „Imperium“ oder „Descend The Shades Of Night“ nicht vorher?

Dave: Das ist eine sehr gute Frage! Ich weiß es nicht. Viele Songs, die wir für das Album geschrieben haben, sind beeinflusst durch Dinge, die auf dem Weg dahin nach Supercharger passiert sind. Wir hatten kein Label für einige Zeit, wir waren auseinander mit Roadrunner. Es ging alles um Supercharger, speziell das Album basierte auf einem Lied, „Crashing Around You“. Es kam ins Radio und als Video. Das ganze Budget für das Album ging auf das eine Lied. Nachdem das passierte, saßen wir zusammen und schworen uns: Lasst es nicht wieder passieren. Gehen wir zurück und sagen uns, wieso wir eigentlich diese Art Musik spielen. Wieso lieben wir es Metal zu spielen und wieso hören wir es so gerne? Kein Label zu haben, hat uns alle Türen geöffnet. Es hat eine große Rolle gespielt, dass wir keine Lieder fürs Radio geschrieben haben. Die Songs fingen an länger zu werden und haben uns mehr herausgefordert. Als Phil zu uns kam, um mit uns für die ersten Festivals zu proben, haben wir Lieder vom ersten Album gespielt, die wir lange nicht mehr gespielt haben, wie „Blood for Blood“. Wir haben gemerkt, dass die Songs echt schwer zu spielen sind und es war richtig aufregend. Es hat, wie gesagt, viele Türen geöffnet, nicht ein Single schreiben zu müssen. Wir konnten 10 Siebenminuten Songs haben, wenn wir wollten. Es war ein tolles Gefühl.

Wart ihr überrascht vom Erfolg?

Phil: Ich war mir sicher, dass es erfolgreich wird. Ich war überrascht über die ganzen tollen Reviews, die wir bekamen aus allen Ecken, die waren so positiv… da waren auch negative Sachen. Speziell der Kerrang Artikel hat mich geschockt. Die dachten, wir hätten das schlechteste Album herausgebracht, oder was auch immer der Kerl sagte. Das war nicht fair. Der hat wahrscheinlich nicht mal das Album gehört.

Habt ihr schon mal überlegt, durch größere Hallen zu touren? Denn Köln, z.B., ist schon seit Wochen ausverkauft.

Phil: Da waren Gespräche darüber, in größere Hallen zu gehen. Das hängt von den Packages ab. Aber es ist eben das, oder in die Arenen gehen.

Dave: Es sind entweder diese Hallen mit 2000 Leuten, aber nichts mit 4000 oder so. Da kommt direkt 12-15000. Wir versuchen es, aber wir müssten mit einer anderen Band kommen, die ungefähr gleich erfolgreich ist.

Gäbe es da eine Lieblingsband?

Dave: Ich würde gerne mit Slipknot, Lamb Of God, Chimaira. Da wäre großartig.

David: Oh, da winkt jemand schon ganz hektisch. Ich glaube, unsere Zeit ist um. Eine letzte Frage: Könnt ihr den Satz vervollständigen? To me Metal means…

Dave: Äh, äh… ich weiß nicht.

Phil: …Definition. Wenn ich an Metal denke, dann an die Energie, die es bringt, ob positiv oder negativ.

David: Vielen Dank Jungs und ich hoffe wir bekommen ordentlich Feuer unterm Arsch heute Abend!

Dave: Und du wirst ordentlich headbangen mit deinen kurzen Haaren!

David: Aber Hallo, haha!


David: Hi Rob, ich habe gerade schon ein wenig mit deinen Bandkollegen gequatscht. Jetzt bist du an der Reihe! Fangen wir mal direkt an, haben ja leider nicht so viel Zeit. Für mich ist „Through The Ashes Of Empires“ ein nahezu perfektes Album. Machst du dir sorgen, du könntest mit dem neuen Material nicht die hohen Erwartungen deiner Fans und Kritiker erfüllen?

Rob: Nein. Ich meine, du musst einfach das machen, was du machst. Als wir „Through The Ashes“ schrieben waren wir nicht wirklich besorgt darum, was unsere Fans zu dem Zeitpunkt darüber denken würden. Wir haben die Musik aus sehr eigennützigen Gründen geschriebenen. Wir wollten etwas machen, das wir mochten und worauf wir abgehen würden, dass es uns als Musiker herausfordert. Es war nicht so, dass wir dachten: Oh, dieser Song würde live bestimmt gut rüberkommen, oder: Oh, dies würde den Fans gefallen. Es ist, wie es ist. Das ist die Einstellung, an der wir festhalten sollten. Wenn du anfängst, dir Gedanken über die Erwartung anderer zu machen, dann musst du dir um die Erwartungen der Fans sorgen machen, um die der Plattenfirma, der Promoter und das lässt sich immer weiter auffalten. Die einen kaufen deine Platten, aber die anderen geben dir das Geld um sie aufzunehmen, sie geben dir das Geld, um Shows spielen zu können. Da ist die Frage: Wo endet das? Am Ende musst du einfach „nein“ zu allen sagen und: Das ist, was wir machen werden!

David: Dave hat mir eben gesagt, dass „Imperium“ das letzte Lied war, dass ihr für die Platte geschrieben habt. Der Song gehört wohl eindeutig zu dem besten, was Machine Head geschrieben haben. Kannst du dich noch an den Schreibprozess des Songs erinnern?

Rob: Killer, Danke Mann! Ich müsste öfter die Grippe bekommen. Das war damals eigentlich das letzte Mal, dass ich die Grippe bekam. Wir haben ja eben [beim Plausch vor dem Interview, bei dem er auch verraten hat, dass er einen vier Monate alten Sohn hat, Anm. d. Verf.] über die Grippe gesprochen. Dave hat eine Version des Riffs der Strophe geschrieben, dann hatten wir den Refrain und diese Schlagzeugeinsätze „badadadap, badadadap“. Diese Teile hatten wir einige Monate herumliegen. Und drei Wochen bevor wir ins Studio gingen, dachten wir, das sie alles kacke. Es entwickelte sich nirgendwo hin. Wir hatten keine Ideen mehr zum Song, alles was wir hatten, waren zwei Strophen. Eigentlich haben wir den Song dann eingefroren, er wurde zurückgestellt und nicht mehr geprobt. Und dann bekam ich die Grippe! Ich saß also nur rum, habe an meiner Gitarre gewerkelt, fühlte mich wie Sau und fing an den Anfang des Liedes zu schreiben und dann den mittleren Teil und dann den schnellen Teil am Schluss und dann den ganzen anderen scheiß und plötzlich dachte ich mir: Hey, das ist ziemlich cool (lacht)! Fuck, ich habe es den anderen Jungs gezeigt, als wir uns am nächsten Tag zum Proben trafen. Ich sagte denen: Ich glaube, wir haben einen ziemlich coolen Songs hier! Wir spielten ihn, er ist 7 Minuten lang, und am Ende dachten wir: Fuck Dude, dieses Lied kann die Platte eröffnen. Ich weiß nicht wo alles herkam, es kam einfach aus mir heraus.

David: Jetzt wo du – für mich überraschend – erwähnt hast, dass du ein Kind hast: Hast du Angst, dass du dich in Zukunft zu wenig um deinen Sohn kümmern kannst, weil du öfters lange auf Tour bist?

Rob: Ich hatte wirklich Glück, dass wir bis jetzt relativ große Pausen zwischen den einzelnen Touren hatten, so ca. zwei Monate frei. Ich war also einen großen Teil seines bisherigen Lebens bei ihm zu Hause. Das hier ist die längste Tour, die wir je gemacht haben – 10,5 Wochen. Auf der einen Seite ist es echt scheiße so weit weg von ihm zu sein – es zerreißt einem das Herz. Auf der anderen Seite ist das die größte Tour, die wir je gemacht haben. Es scheint so, als wäre das eine der erfolgreichsten Touren, die wir je gemacht haben. Ich habe eine Verantwortung ihm gegenüber, aber auch den Jungs in der Band, der Crew. Der Lebensunterhalt der Leute hängt davon ab, dass wir touren, dass wir heraus gehen und unsere Musik an den Mann bringen. Für mich ist es unrealistisch dann einfach dazusitzen und zu sagen, dass ich nicht mehr auf Tour gehe, weil ich einfach keinen hängen lassen will. Wir versuchen die Balance zu halten. Wenn diese Tour vorbei ist werden wir uns 2 Monate Pause gönnen und ich habe dann Zeit für ihn, für meine Frau, meine Familie

David: Wann war der Punkt, wo du dachtest: Meine Texte sind sehr persönlich, vielleicht zu persönlich? Bereust du irgendetwas, was du geschrieben oder gesungen hast?

Rob: Nein. Es gibt diese obere Schicht von Dingen, die sehr auf der sicheren Seite steht. Das ist nicht sehr offensiv, nicht sehr tiefgründig. Und dann gibt es eine ganze Menge, was tiefer geht und das ist real shit! Das ist die Scheiße, die wirklich was bedeutet im Leben. Und ich denke, dass die meisten Leute in diesem nicht so offensiven Bereich singen. Teil der Musik, Teil des Musikerdaseins, oder zumindest die Weise uns ausdrücken zu können ist, rauszugehen, shit, uns zu therapieren… schreiend zu therapieren. Für jede Person, die mich angegriffen hat, weil ich zu tiefgehende oder ehrliche Texte schreibe, oder über ein Thema, dass ihr nicht gefällt, gibt es bestimmt 20 Leute, die zu mir kommen und dafür dankbar sind.

David: Du hast mal gesagt, dass du immer im Wettstreit mit anderen Bands bist. Wer sind im Moment deine härtesten Gegner?

Rob: Nun, das ist schon ein freundschaftlicher Wettstreit – meistens zumindest. Ich schaue nach Bands wie Killswitch Engage und Shadows Fall und so Zeugs, weil wir alle ungefähr in die gleiche Richtung gehen – in Amerika. Hier sind wir wohl größer als beide Bands. In Amerika sind das die Bands, hier weiß ich gar nicht so recht. Da sind nicht viele Bands, bei denen es so gut läuft, wie bei uns. Aber ich respektiere sie und bewundere sie für das, was sie machen. Da sind so viele Metalbands draußen im Moment – ich denke zwar nicht, dass wir die besten sind, aber wir sind besser als 95% der Bands und ich bin der Meinung, dass wir es verdient haben mehr angehört zu werden als die restlichen 95% der Bands.

David: Letzte Frage von mir. Kannst du bitte den Satz vervollständigen: To me metal means…

Rob: …Life!

David: Sehr gute Einstellung! Jetzt sind unsere Leser, eure Fans, mit ihren Fragen am Zug. Los geht’s:

Saher möchte wissen: Was hat dich dazu bewegt mit harten Drogen aufzuhören?

Rob: Die harten Drogen selbst (lacht)

Saher hat noch eine Frage: Wie schaffst du es immer so fit und absolut fehlerfrei mit deiner Stimme auf der Tour zu sein?

Rob: Äh, ich weiß nicht. Äh…nichts Verrücktes. Nichts, was die Leute schocken würde. Ich mach nicht so einen Scheiß wie fuckin’ Honig und Ingwer. Ich trinke… ich meine, ich tue wahrscheinlich mehr, was meine Stimme kaputt macht als, dass ich darauf achte. Ich passe wohl eher besser auf meine Stimme zu Hause auf als auf Tour, wo ich eigentlich fast jeden Tag trinke. Ich versuche, es nicht zu übertreiben, versuche gut zu schlafen. Das ist eigentlich alles, was man wirklich machen kann. Das gute auf Tour zu sein, ist, dass je öfter man es macht, desto stärker wird man. Das ist wie, wenn man jeden Tag trainieren geht oder Football spielt. Wenn du es das erste Mal gemacht hast, dann fühlst du dich im Arsch am nächsten Tag, aber je öfter du das machst, desto stärker wird dein Körper und desto mehr gewöhnt er sich dran.

Nina aus der Schweiz fragt: Wie ist es möglich die Band mal auf Tour zu treffen, besonders in der Schweiz?

Äh (lacht). Häng ab auf metal.de und mach bei den Gewinnspielen mit, haha.

Lisa möchte wissen: Habt ihr für nächstes Jahr irgendwelche Festivalauftritte in Deutschland geplant, z.B. beim With Full Force Festival?

Rob: Wir sprechen drüber. Wir haben eigentlich schon die Leute vom Festival getroffen als wir in Ostdeutschland waren. Die würden sich sehr freuen uns dabei zu haben. Wir werden vielleicht zur gleichen Zeit Festivals in Amerika haben, sodass dort ein Konflikt entstehen könnte. Wir versuchen ihn zu lösen. Wir würden sehr gerne, aber noch haben wir keine konkreten Informationen darüber.

Zudem möchte Lisa wissen: Wieso trägst du eigentlich immer diese Fuct T-Shirts und wie viele hast du davon?

Rob: Ich hatte eigentlich nur eins – da kannst du dir denken, wie schlecht das gerochen hat (lacht). Es ist sehr blöd, aber irgendein fanatischer Fan war in unseren Bus eingebrochen und hat mein Gepäck und das des Tourmanagers gestohlen. Das war ein harter Schlag, denn er hat die Hälfte meiner Anziehsachen und alle Anziehsachen des Managers gestohlen. Seitdem hab ich leider nicht mehr das Fuct Shirt. Aber: Wenn du es auf Ebay siehst, wenn du den Ficker siehst, der es auf Ebay verkauft, dann sag mir unbedingt bescheid. Ich würde es gerne zurückhaben.

Mike fragt: Was ist dein Lieblingsbier hier in Deutschland?

Äh… ach… wie heißt das? Es ist aus dieser Stadt. Es ist G…K…

David: Kölsch?

Ja, richtig! Ich mag dieses Bier – sehr! Ich mag nicht wirklich Becks. Es ist OK, aber Kölsch ist verdammt gut!

Chris möchte wissen: Was denkst du über das Downloaden von Musik im Internet?

Rob: Ohhh Gott! Ein viel zu breites Thema, um es zu diskutieren. Ich bin nicht dagegen – bis zu einem bestimmten Punkt. Aber es ist zu lang, um es zu diskutieren. Das wäre wie: So, was denkst du über die Weltpolitik?

Er möchte zudem wissen: Wie viel Prozent des CD Preises verdient Machine Head?

Rob: Nicht genug! (lacht). Von dem kompletten CD Preis verdienen wir wahrscheinlich… zwei Prozent. Aber: Wir bekommen nur 85 Prozent von diesen zwei Prozent. Und, wenn das drin ist, bekommt unser Manager zehn Prozent, unser Buchhalter fünf Prozent und der Rest wird noch mal auf uns vier verteilt. Nicht auf einen, auf alle vier! Wir bekommen also fuckin’ einhundertstel eines Prozents, oder so, haha. Und das auch nur, ab dem Zeitpunkt, wo wir den Verlust wiedergutgemacht haben. Du weißt, wir haben uns Geld geliehen, um das Album aufzunehmen. Solange das Geld nicht zurückgezahlt ist, sehen wir eigentlich kein bisschen von dem Geld einer CD.

David: Das klingt hart…

Rob: Das ist hart für jede Band. Wir sind in der glücklichen Lage einen Lizenzvertrag zu haben, uns gehören die Masters, wir habe die Rechte an den Veröffentlichungen. Von daher bekommen wir wohl deutlich mehr als die anderen Bands. Ich werde mich wohl nicht zu laut beschweren dürfen.

Und passend dazu eine letzte Frage von Michael: Sind CDs zu teuer?

Rob: Fuck No! Sind sie nicht. Die kosten 17 verfickte Bugs. 17 verdammte Dollar für eine CD. Das ist shit, das ist soviel wie du für eine blöde Pizza bezahlst. Und von einer Pizza hast du nur eine halbe Stunde etwas. Eine gute CD kannst du ein Leben lang genießen. Bei einer Pizza kannst du das nicht. Nein, CDs sind nicht zu teuer.

David: Alles klar, Rob. Unsere Zeit ist leider um. Ich geh dann jetzt mal eine Pizza essen. Vielen Dank, dass du dir doch noch ein wenig Zeit genommen hast, die Fans werden das zu schätzen wissen. Haut rein heute Abend!

Rob: Ride on and proooost!

21.11.2004
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