Lost Society
Interview mit Sänger und Gitarrist Samy Elbanna
Interview
Trotz der Tatsache, dass dem Heavy Metal in Finnland generell mehr Beachtung und Wertschätzung entgegen gebracht wird als in fast allen anderen Ländern, sind dennoch nicht in allen Subgenres finnische Formationen auch mit zu den Top-Sellern zu zählen.
Warum auch immer es beispielsweise die durchaus florierende Thrash Metal-Szene im „Land der tausend Seen“ bislang noch nicht zu größeren Erfolgen bringen konnte, wäre beispielsweise durchaus eine Diskussion wert. Doch noch ehe wir uns einer solchen widmen könnten, knallt uns quasi aus dem Nichts ein Album entgegen, das den Geist der Frühzeit der Bay Area mit dem seinerzeit im Ruhrgebiet grassierenden „Thrash-Virus“ kombiniert, ebenso aber auch die augenzwinkernde Art und Weise der Darbietung intus hat, mit der uns die erste Generation an Helden der US-Ostküste zu erfreuen wusste. „Fast Loud Death“, so der Titel des besagten Thrash-Hämmerchens, stammt von einer bis dato noch völlig unbekannten Formation mit Namen LOST SOCIETY, die sich nun anschickt, von ihrer Heimat aus, dem mittelfinnischen Jyväskylä, das Genre quasi von hinten aufzurollen.
Da besagter Dreher jedoch nicht in Eigenregie oder dergleichen auf den Markt kommen muss, sondern man damit das Metal-Label schlechthin hinter sich hat, lag es auf der Hand, ein wenig mehr über Band und Album zu erfahren. Sänger und Gitarrist Samy Elbanna nahm die Einladung zum Wortgefecht auch sofort und ohne jegliche Scheu an:
Eines gleich vorweg. Man merkt euch eure „Jugend“ nur insofern an, da ihr mit einer für diese Altersgruppe wohl typischen Unbekümmertheit loslegt. Ansonsten könnte man durchaus auch auf Musiker tippen, die bereits längere Erfahrung vorweisen können. Wie kommt’s?
Nun ja, wir vier (neben Samy zählen Gitarrist Arttu Lesonen, Bassist Mirko Lehtinen und Schlagzeuger Ossi Paananen zum Line-Up) haben uns schon vor einigen Jahren immer wieder gerne getroffen und sind im Laufe der Zeit dahinter gekommen, dass wir auch unsere musikalischen Interessen und Vorlieben teilen. Die Gründung einer eigenen Band war daher fast logisch, und so beschlossen wir vor gut drei Jahren gemeinsam loszulegen. Nicht alltäglich vielleicht für Jungs, die gerade einmal zwischen 14 und 16 Jahre alt sind.
Nicht nur das, man muss auch festhalten, dass es wohl nicht viele Kids in diesem Alter gibt, die so ganz von alleine und „ohne fremde Hilfe“ auf einen solchen Stil abfahren, wie es bei euch der Fall ist.
Dass wir uns im Laufe der letzten paar Jahre mehr in Richtung Speed und Thrash Metal orientiert haben, lag in erster Linie an uns selbst. Aber es stimmt schon, dass wir alle vier mehr oder weniger mit Rockmusik aufgewachsen sind. Ich kann mich gut erinnern, dass wir schon in frühen Teenager-Tagen zusammen abgehangen haben, jedoch nicht um über etwaige Hitparaden-Songs zu philosophieren, sondern eher nach dem Motto: „Du ich hab‘ im Wohnzimmer meiner Eltern da eine Band entdeckt, die heißt PINK FLOYD, wollen wir uns die mal reinziehen?“, haha. Und ich kann mich auch ganz genau erinnern, dass ich mich schon in diesen Tagen mit meiner ersten Lieblingsband im Kinderzimmer beschäftigt habe: KISS!
Haben wir das nicht alle? Zugegeben, einige von uns vielleicht zwei, hüstel, drei Monate früher als andere, dieser „Virus“ namens Rock’n’Roll ist aber seit Generationen ein und derselbe geblieben und hat ganz offensichtlich nichts von seiner „Ansteckungsgefahr“ eingebüßt. Was kam denn als nächster Schritt?
Für mich persönlich war der wohl wichtigste Schritt die „Entdeckung“ von IRON MAIDEN, den ab jenem Moment wusste ich, dass ich selbst in einer Band spielen wollte. Da es den anderen Jungs ganz ähnlich erging, lag es, wie schon erwähnt, geradezu auf der Hand, gemeinsame Sache zu machen. So kam es noch 2010 zur Gründung von LOST SOCIETY und nach ersten Gehversuchen begannen wir nur knapp 12 Monate später mit den Aufnahmen zu unserem ersten Demo.
Und damit habt ihr auf Anhieb die zuständigen Damen und Herren bei Nuclear Blast von euch überzeugen können?
Nicht direkt. Wir hatten uns damit nämlich gar nicht erst mehr um die zuständigen Personen müssen, haha, das war schon passiert. Unser Label ist nämlich bereits durch unsere Teilnahme an einem weltweit ausgeschriebenen Band-Wettbewerb namens „GBOB“ (Global Battle Of Bands) auf uns aufmerksam geworden, bei dem wir die finnische Vorausscheidung für uns entscheiden konnten, als wir anlässlich des Finales in Helsinki auftraten. Von daher war es ein einfaches Spiel für uns. Zwar war die Resonanz auf unsere Live-Gigs in unserer Heimat immer schon ziemlich gut, dermaßen abgegangen vor der Bühne ist es jedoch niemals zuvor. Wir hatten als doppelt Glück, denn nicht nur das Finale konnten wir zu unseren Gunsten entscheiden, auch den Deal bei Nuclear Blast haben wir diesem Auftritt zu verdanken.
Nachvollziehbar, denn wenn ihr die Energie, die eure Songs auf Konserve versprühen auch nur einigermaßen umzusetzen im Stande seid, tobt jeder Club! Auffällig ist für mich aber auch, dass ihr offenbar – im Gegensatz zu vielen anderen Formationen – nicht nur Spaß an der Sache habt, sondern euch diesen auch hinsichtlich der Texte und des Artworks nicht nehmen habt lassen.
Genau, wir lassen uns es nicht nehmen, den Spaß, den wir selbst an unserer Mucke haben, mit allen andere auch zu teilen. Außerdem – auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich da ziemlich offensichtlich bei einigen anderen Bands angelehnt habe – ist es doch auch keine Schande, wenn man sich selbst nicht immer nur ernst nimmt, oder?
Nein, überhaupt nicht – wär‘ ja auch ein Witz, wenn ihr eure Fans ernsthaft als „Braindead Metalhead“ bezeichnen würdet….
Haha. Das wär‘ mutig, um nicht zu sagen übermutig, haha. Im Ernst, zu dieser Nummer sind wir vor allem von den ganz alten ANTHRAX inspiriert worden, eine meiner absoluten Lieblingsbands.
Zu denen ansonsten noch wer zu zählen ist?
Ich kann da jetzt nur für mich sprechen, aber mit Sicherheit IRON MAIDEN und KISS, sowie von der jüngeren Generation MUNICIPAL WASTE. Das wären auch die Bands mit denen ich liebend gerne mal die Bühne teilen würde.
Während MAIDEN und KISS wohl noch einige Nummern zu groß sind, könnte ich mir für Euch durchaus eine gemeinsame Tournee mit ANTHRAX und / oder MUNICIPAL WASTE vorstellen. Ist denn eigentlich schon etwas geplant?
Nein, noch nicht wirklich. Zum einen, weil das Album ja erst Mitte März offiziell erscheint und zum anderen, weil das Label auch erst einmal abwarten wird, wie es denn so für uns läuft. Aber ich bin dennoch sehr zuversichtlich, dass sich für „Fast Loud Death“ eine Tournee als Support-Act für eine größere Band ergeben wird.
Gar nicht so einfach, kann ich mir vorstellen. Noch schwieriger ist es jedoch häufig für Bands wie euch, ein zweites, annähernd gleich starkes Album nachzureichen. Nicht zu Unrecht sagt man, dass eine Band für ihr Debüt jahrelang Zeit hat, für das zweite jedoch nur noch wenige Monate.
Das ist uns bewusst, doch wir machen uns da keine allzu großen Sorgen. Zum einen, weil wir bereits einige fertige Songs in petto haben und darüber hinaus existieren auch schon viele weitere Ideen und Fragmente, die sich zumindest für uns zum Teil auch schon ziemlich gut anfühlen. Ich bin also guter Hoffnung, dass wir niemand damit enttäuschen werden. Und da wir schon jetzt mit den Arbeiten begonnen haben, sollte es auch nicht wirklich stressig für uns werden, zu einer eventeull gestellten Deadline fertig zu sein.
Zuversicht ist auch für „Fast Loud Death“ angebracht, nicht zuletzt weil die Thrash-Hämmerchen allesamt ordentlich Druck machen und sofort ins Gehör gehen. War denn euer Produzent eine zusätzlich Hilfe für euch, immerhin hat Nino ja einen Thrash-Background?
Mehr noch, er war nicht nur als „helfende Hand“ tätig, sondern hatte fast schon eine Art „Vater-Rolle“ übernommen. Als wir von unserem Label den Vorschlag gehört haben, sie würden uns Nino Laurenne als Produzenten verpflichten, waren wir zunächst ein wenig nervös, denn immerhin ist der Mann hier in Finnland eine ganz große Nummer und auch die „Sonic Pump Studios“ sind im ganzen Land bekannt. Das Coole an der Sache war im Endeffekt, dass uns Nino nicht nur Aufnahme-Tipps geben konnte, sondern er uns auch immer wieder Erkenntnisse aus seiner Musiker-Laufbahn erzählte. Dafür hat er aus der Geschichte der Thrasher ANTIDOTE genau so viel ausgegraben, wie auch aus seiner durchaus erfolgreichen Karriere mit THUNDERSTONE. Nino wusste in der Tat viel zu berichten und war auch immer sofort für Fragen unsererseits parat.
Gutes Stichwort: Wir dem Thrash Metal in Finnland einfach nicht derselbe Stellenwert zugebilligt wie anderen schwermetallischen Gangarten, oder liegt es an etwas anderem, dass – mit Verlaub – kaum Formationen außerhalb der Grenzen Fuß fassen können?
Das ist schwer zu beurteilen. Klar sind andere Subgenres hierzulande deutlich angesagter, weshalb wohl auch viele junge Bands von Anfang an eher in jene Richtungen tendieren, aber dennoch hatte der Thrash auch hier bei uns immer schon ein – wenn auch vergleichsweise eben geringeres – sehr treues Following. Aber was soll’s, ich bin mir ziemlich sicher, dass die Thrash-Heads weltweit auf uns aufmerksam werden, egal wo auch immer wir herkommen!
Ganz sicher, ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass LOST SOCIETY in dieser Zielgruppe auf jeden Fall reüssieren werden, schließlich kommen ihre Songs in feinster Thrash-Qualität daher – Überzeugt euch einfach selbst!
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