Lost Life
Lost Life
Interview
Nephesus, Alleinherrscher des bayrischen Schwarzwurzelprojektes LOST LIFE über Black Metal, Reunionkonzerte und alkoholschwangere Konzerterfahrungen.
Cheers Nephesus. Da davon auszugehen ist, dass LOST LIFE den meisten Lesern nicht wirklich ein Begriff sein wird muss ich dich an dieser Stelle darum bitten, ein paar Schwänke aus der Bandschen Jugend zu erzählen, haha. Spaß beiseite! Wie ist die bisherige Biographie der Band verlaufen? Was war ausschlaggebend für dich, LOST LIFE ins Leben zu rufen?
Ich spiele seit zehn Jahren in irgendwelchen Bands mit, da muss irgendwann der Zeitpunkt kommen, dass man das macht, was man wirklich will. Und das ohne an andere Personen gebunden zu sein. Ich habe LOST LIFE im Dezember 2000 zusammen mit einem Kumpel ins Leben gerufen. Allerdings habe ich nicht viel später alleine weiter gemacht. Das waren persönliche Gründe, und davon abgesehen habe ich zuvor die Songs auch alleine geschrieben. Irgendwann habe ich dann beschlossen eine Live-Formation auf die Beine zu stellen und habe zusammen mit drei weiteren Musikern Mitte 2005 das erste Konzert gegeben. Einige Besetzungswechsel, Konzerte und CDs später beantworte ich dieses Interview.
Du hast alleine angefangen, Musik für die Band zu schreiben und aufzunehmen, was sich bis heute nicht geändert hat. Für Liveauftritte hast du dir jedoch eine Mannschaft zusammengestellt. Wieso hast du dich für diesen Schritt entschieden? Fehlte dir das Spielen vor Publikum?
Irgendwie fehlt einfach das Feedback für dein eigenes Schaffen. Jeder Bekannte sagt dir „Ganz toll was du da machst“, aber das sind alles nur subjektive Kriterien. Und da gibt es als Soloprojekt eben noch die Live-Performance, bei denen man aus sich raus gehen kann. Das war der Grund.
Siehst du LOST LIFE mittlerweile eher als Band denn als Soloprojekt? Könntest du dir vorstellen, in Zukunft mit den anderen Musikern Musik aufzunehmen?
Nein, das wird niemals passieren. Es ist nach wie vor ein Soloprojekt, und wird es auch bleiben. Das sollte auch verständlich sein. Jeder Vater möchte sein Kind ja auch selbst groß ziehen und das nicht andern überlassen. Allerdings wird auf der nächsten Veröffentlichung ein Session-Schlagzeuger spielen, weil ich weg vom Drum-Computer möchte, mir aber persönlich die Skills am Schlagzeug fehlen.
Deine aktuellste Veröffentlichung “Odium (The Downfall Of The Bleeding Hearts), wird bei einschlägig bekannten Metal-Archiven als bereits im Jahr 2005 erschienen aufgelistet. Simple Fehlinformation oder wurde die Platte bereits vor zwei Jahren fertig gestellt? Falls ja, wie kam es zu dieser Verzögerung?
Das Tonmaterial wurde tatsächlich Ende Januar 2005 fertig gestellt. Allerdings gab es dann noch kein Booklet, also keine optische Aufmachung. Dann wurde noch die Split mit Infestus dazwischengeschoben. Fullmoon Funeral Productions ist eben ein junges Label, und da sind Verzögerungen doch vorprogrammiert, wenn man erst mal vorsichtig ist.
Meiner Ansicht nach versteht sich LOST LIFE durchaus als Kapelle, die sich dem Black Metal der frühen Neunziger verschrieben hat. Eine Menge anderer Kombos sind am Vorhaben gescheitert, den Spirit dieser Zeit wieder aufleben zu lassen. Wo siehst du den Unterschied von LOST LIFE und jeder anderen x-beliebigen Band dieses Genres?
Der Unterschied ist Folgender: Ich bin einer der Wenigen, der den Spirit noch wirklich lebt, und ihn auch musikalisch umzusetzen versucht. Ob ich das schaffe oder nicht spielt für mich persönlich keine Rolle. Aber ich bin dabei, ich weiß was Sache ist. Viele wissen es nicht.
Um beim Thema zu bleiben: Welche Bands haben dich deiner Ansicht nach in dem Vorhaben bekräftigt, selber zur Gitarre zu greifen? Gibt es aktuelle Bands und Veröffentlichungen die du der Leserschaft an dieser Stelle empfehlen würdest?
URGEHAL – Goatcraft Torments! CRAFT, DARKTHRONE…
Du stammst aus Bayern, genauer gesagt aus Bad Tölz. Mit LUNAR AURORA und beispielsweise MORTUUS INFRADAEMONI hat der Freistaat die Messlatte für den Black Metal aus deutschen Landen relativ hoch gesetzt. Wie bewertest du deine heimische Szene?
Bei MORTUUS INFRADAEMONI würde ich die Messlatte nicht zu hoch ansetzen, auch bei LUNAR AURORA nicht. Ich liebe die hiesige Szene, auch wenn sie nur aus wenigen relativ unbekannten Bands besteht. Weil genau das sind Bands, um die kein Hype gemacht wird. Durch Hypes entwickeln sich meist unnötig arrogante Personen, so was kann ich „szeneintern“ überhaupt nicht abhaben. Ich hab die Jungs von LUNAR AURORA öfter mal getroffen, weil wir uns einen Proberaum geteilt haben, aber ich zähle sie auf keinen Fall zur heimischen Szene. VARGSANG allerdings gehört schon dazu.
Du bist zusätzlich als Sänger bei AMYSTERY tätig. Ich habe letztens eine Diskussion verfolgt in der es darum ging, ob Bands wie genannte MORTUUS INFRADAEMONI den selben Erfolg hätten, wenn nicht zwei ehemalige LUNAR AURORA Schlagzeuger involviert wären. Kommt es gelegentlich vor, dass dieses Phänomen menschlicher Kleingeistigkeit aufgrund Malphas´ Mitwirken auch bei AMYSTERY oder sogar LOST LIFE auftritt?
Es kommt andauernd vor dass uns (AMYSTERY) vorgeworfen wird, dass wir sozusagen mit dem guten Namen von LUNAR AURORA werben, wenn in der Labelinformation steht dass Malphas bei LUNAR AURORA gespielt hat. Im gleichen Atemzug kommt dann meistens, dass AMYSTERY diese Messlatte allerdings nicht erreicht. Wir haben niemals behauptet, so was wie LUNAR AURORA zu machen, und Malphas hat einfach dort mitgespielt, das wars. Alles andere sind Unterstellungen, z.B. das wir den Namen als Zugpferd für die eigene Promotion benutzen. Natürlich haben LUNAR AURORA einen hohen Stand und einige Leute hören dann vielleicht doch etwas genauer hin, wenn sie lesen dass der Name bei einer anderen Band auch fällt. Ich persönlich möchte allerdings nicht damit in Verbindung gebracht werden, ich mache andere Musik und habe auch menschlich wenig mit den Leuten von LUNAR AURORA gemeinsam. Wenn eine Band gut ist, dann hat sie vermutlich Erfolg, ob jetzt ein großer Name fällt oder nicht. Die Zeitspanne bis zum Erfolg wird wahrscheinlich kürzer, wenn jemand mitspielt der bei einer größeren Band dabei war.
“Odium (The Downfall Of The Bleeding Hearts)“ und die Split mit INFESTUS sind über das Label Fullmoon Funeral Productions erschienen. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? Bist du zufrieden mit der Arbeit des Labels?
Ich habe damals FFP angeschrieben ob sie mich unter Vertrag haben wollen, worauf ich sofort eine Zusage für eine vertragliche Zusammenarbeit gekriegt habe. Es ist eben noch ein junges Label, welches sich erst etablieren muss. Und ich war die erste Band unter Vertrag dort.
Ihr habt mittlerweile eine recht amtliche Bühnenpräsenz vorzuweisen. Wie kann man sich einen Gig von euch in etwas vorstellen? An welches Konzert denkst du gerne zurück? Welches würdest du am Liebsten aus deinem Gedächtnis streichen?
Letztes Jahr lief ein Gig komplett aus dem Ruder, weil zu viel Alkohol im Spiel war. An das eigentliche Konzert kann ich mich nur wage erinnern, aber vorher und nachher war katastrophal. Da hieß es nur noch „Lost Life – Completely out of control!“. Ein besonders fader Beigeschmack war, das sowohl mein Label als auch das jetzige AMYSTERY-Label anwesend waren. Im Nachhinein betrachtet war das Konzert die reinste Misere, mit Kopfschmerzen und 2 gebrochenen Fingern am nächsten Tag. Alle anderen Konzerte waren ziemlich gut, auch das letzte am 19.5.2007 im Backstage/ München. Wir haben als krönenden Abschluss „Death – Pierce Me“ von SILENCER in voller Länge gespielt.
Denkst du, dass es ein bestimmtes Ziel gibt, dass du mit LOST LIFE erreichen willst? Wann wäre für dich der Punkt gekommen, an dem du die Band einmotten würdest?
Das Primärziel heißt vorerst „weitermachen“ mit dem was ich seit sieben Jahren mache, weil ich mit Lost Life noch nicht da stehe, wo ich stehen will. Selber weiß ich nicht mal genau wo ich stehen will. Aber ich denke, man merkt, wenn man an einen Punkt gelangt ist, an dem es wirklich reicht. Solang werde auch ich selbst weitermachen, auch wenn es manche Leute nicht gerne sehen.
Neben vielen anderen Bands haben sich neben EMPEROR und IMMORTAL jetzt auch POSSESSED dazu entschlossen, auf dem Wacken Open Air ein Reunionkonzert zu spielen. Wie stehst du selber zu derlei Wiedervereinigungen? Geldscheffelei oder letztes Zylinderziehen vor dem Publikum?
Ich denke es gibt viele Gründe für eine Reunion. Vielleicht haben viele Bands Angst, ihren Status an junge Bands zu verlieren/ in Vergessenheit zu geraten und so den Leuten zu zeigen: Hey, schaut mal her, wisst ihr noch, wir haben das Lieblingsalbum deines großen Bruder gemacht! Geld spielt wahrscheinlich keine so große Rolle, von einem Reunionkonzert wird keiner reich. Bei Wiedervereinigungen, die sich nicht nur auf ein Konzert beschränken könnte man unter Umständen von Geldknappheit bei den Bands sprechen, aber nicht bei einem einzigen Konzert. Man will denke ich noch einmal zeigen was man kann, das Gefühl haben auf der Bühne in Wacken vor 50.000 Leuten zu stehen und seinen Status zu manifestieren.
Die meisten Größen des Black Metal sind bei Majorlabels untergebracht. Wie stehst du selber zu dem leidigen Begriff des Kommerzes? Haben Bands, die bei Majors unterschreiben, ihre Ideale verraten? Wie würde Nephesus reagieren, wenn Nuclear Blast auf der Matte stehen würde?
Irgendwie haben solche Bands natürlich ihre Ideale verraten. Der Idealismus liegt doch im Underground. Wenn man mit seiner Musik, mit Black Metal mehr Leute erreichen will und deshalb zu einem Major-Label wechselt, hätte man niemals mit dieser Musik anfangen dürfen. Black Metal ist was persönliches, was Familiäres. Eher ein Essen mit der Familie beim Italiener als schnell Fritten beim Burger-Depp reinschieben wie jeder andere Idiot.
Welche Pläne hat LOST LIFE für die Zukunft?
Ein neues Album einspielen (Mit Gastmusiker Grond von THORNGOTH am Schlagzeug) und wenn es sich ergibt einige Konzerte spielen. Das war’s vorerst mal.
Das war’s dann auch von meiner Seite aus. Irgendwelche letzten Anmerkungen?
Danke an alle die mich und mein Projekt unterstützen!
www.lost-life.de
www.myspace.com/lostlife666