Long Distance Calling
Interview mit Jan Hoffmann zur Split-EP "090208"

Interview

LONG DISTANCE CALLING dürften unbestritten eine der interessantesten Bands aus Deutschland im Post-Rock-Genre sein. Nach ihrem 2007er Album „Satellite Bay“ erschien kürzlich eine Split mit den Schweizern LEECH. Bassist Jan erteilte mir freundlicherweise Auskunft über die Split, über neuen Stoff und etwas Drumherum.

Ihr seid einer der qualitativ anspruchsvollsten Exporte in Sachen instrumentale Rock-Musik, bzw. Post-Rock aus Deutschland, wenn ich das mal so sagen darf. Ihr habt euch mittlerweile nicht nur in Insider-Kreisen einen guten Namen erspielt. Kriegt ihr davon irgendetwas mit oder hat sich für euch bislang nichts verändert? Wie sind die Reaktionen auf Konzerten im Gegensatz zu früher, die Verkaufszahlen, das (mögliche) Interesse von Labels und/oder potentiellen Geschäftspartnern?

Danke erstmal für die Blumen. Dieses Jahr war echt aufregend, wir haben Festivals, eine Tour mit DREDG und eine mit LEECH gespielt, zwischendurch eine (Split-) EP aufgenommen und veröffentlicht und sind momentan bei Kurt Ebelhäuser (BLACKMAIL, etc) im Studio, um unser neues Album zu produzieren. Die Shows bei den beiden Touren und den Festivals waren einfach super, da merkt man schon, dass sich seit der Veröffentlichung von „Satellite Bay“ was getan hat. Das neue Album wird im Frühjahr auf einem größeren Label erscheinen, mehr wollen wir aber im Moment noch nicht verraten.

Kannst du uns nicht wenigstens ein kleines Häppchen vorwerfen? Wie wird die Musik klingen? Angeknüpft an „Satellite Bay“ oder wird es Überraschungen etc. geben?

Musikalisch hat sich einiges geändert, wir haben neue Einflüsse eingebracht und wir trauen uns mehr, es wird auf jeden Fall einige Überraschungen geben, soviel sei gesagt.

Wie ist das mit dem Post-Rock… fühlt ihr euch zugehörig oder lehnt ihr diese Schubladisierung ab? Wenn nicht mit Post-Rock, wie beschreibt man die Musik von LONG DISTANCE CALLING am besten, bzw. wie beschreibt man sie richtig?

Im Prinzip ist uns das ehrlich gesagt egal. Wir sind natürlich eine Band, die sich diesem Genre auf jeden Fall zurechnen lässt aber auch und vor allem mit dem neuen Album über den Tellerrand hinaus schauen und uns die Freiheiten nehmen, die wir haben wollen. Wir sehen uns schlicht und ergreifend als instrumentale Rockband, wobei wir ja auf „Satellite Bay“ schon einen Song mit Vocals hatten und auch auf dem neuen Album einen Gastsänger für einen Track haben werden.

Beobachtet ihr die immer stärker aufblühende Szene der instrumentalen Musik? Mittlerweile ist auch in diesem Genre keine Überschaubarkeit mehr gegeben. Neue Bands schießen wie Pilze aus dem Boden und 95% davon klingen üblerweise auch noch austauschbar und unoriginell. Besteht bei euch keine Sorge in dieser Masse unterzugehen?

Nicht wirklich, wir kennen natürlich auch andere instrumentale Bands aber wir haben uns von selbst in eine etwas andere Richtung entwickelt. Auch wenn wir größtenteils eine Instrumental-Band sind unterscheiden wir uns vom Sound und vom Songwriting doch erheblich vom Gros der anderen Bands.

Denkst du, dass es im Bereich der instrumentalen Musik überhaupt noch viel (neues?) zu sagen gibt?

Ich denke es ist generell schwierig etwas komplett Neues zu machen aber man kann und sollte versuchen einen eigenen Sound und eine eigene Stilfarbe zu entwickeln und ich denke, das ist uns mit den neuen Songs gelungen.

Mal ganz platt gefragt: Was unterscheidet LONG DISTANCE CALLING denn von anderen Bands, die ohne Gesang arbeiten, bzw. die sich nur über die Musik ausdrücken? Worin siehst du die Stärken deiner Band?

LONG DISTANCE CALLING war von Anfang an eine Band, die sich offen verschiedener Stilrichtungen bedient hat, wobei das auf „Satellite Bay“ noch nicht so offensichtlich war. Wir kommen alle aus musikalisch unterschiedlichen Feldern und meiner Meinung nach ergänzt sich gerade das gut. Wir sind „härter“ als die meisten Instrumental-Bands und tendieren generell in eine progressivere, rhythmischere Richtung.

Wie siehst du eure Split-Kollegen LEECH? Ich finde ihr Album „The Stolen View“ ist sehr gut geworden. Emotional und sinnlich. Hattest du bereits die Gelegenheit reinzuhören? Gefallen dir eure Kollegen aus der Schweiz und wieso habt ihr euch für eine Split mit ihnen entschieden?

Wir kennen die Platte seit dem 09.02.08. Das war der Tag, an dem wir eine Show zusammen gespielt haben und der Titel der Split-EP. Wir waren von Anfang an begeistert, wir haben die Platte damals drei Mal am Stück gehört, als wir nachts nach der Show auf dem Hotelparkplatz standen, haha. LEECH sind meiner Meinung nach eine der besten und intensivsten Instrumental-Bands Europas. Unglaublich gute Songwriter und Musiker und vor allem extrem coole Menschen. LEECH ging es auch so, sie mochten uns von Anfang an, auch musikalisch. Deshalb kamen wir dann zu der Idee eine Split-EP zusammen zu machen und ich denke das Ergebnis ist wirklich gut geworden. Zwei Bands mit ganz verschiedenen Ansätzen, die sich zusammen aber nahezu perfekt ergänzen.

Da ich bisher noch nicht die Gelegenheit hatte, euch live zu erleben, würde mich mal interessieren, wie ihr euren Sound live umsetzt. Benutzt ihr Besonderheiten wie eine Videowand, besonderes Licht etc. oder irgendwas anderes, um eure Musik besser in Szene zu setzen oder soll es sich allein um die Musik drehen? Was erwartet denjenigen, der zu einem Konzert von LONG DISTANCE CALLING kommt?

Anfangs hatten wir ab und zu Visuals aber in letzter Zeit haben wir fast komplett darauf verzichtet. Wenn man es macht, sollte man es richtig machen und dafür fehlen uns einfach noch die Möglichkeiten. Ich will aber nicht ausschließen, dass wir wieder mal mit Visuals arbeiten aber nicht permanent, dann ist es nichts mehr Besonderes und viele Band aus dem Instrumentalgenre arbeiten ebenfalls damit. Wir versuchen live einfach eine intensive, atmosphärische und ehrliche Rockshow abzuliefern.

Was steht als nächstes bei euch auf dem Plan?

Freizeit! Wir werden im Dezember noch eine Show spielen und dann erst mal ein paar Wochen die Batterien aufladen, bevor es dann wieder mit Shows und vor allem der Veröffentlichung der neuen Platte und dem ganzen Drumherum losgeht.

Ich bedanke mich für dieses Interview! Sobald ihr was neues am Start habt meldet euch bitte, dann sprechen wir uns wieder!

Danke, hat Spaß gemacht! Wir freuen uns dann schon mal auf das Interview zum neuen Album!

21.11.2008
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