Long Distance Calling
Übers Aufnehmen auf dem Land, Touren in Japan und das erste Mal... Wacken.

Interview

Im Rahmen der Veröffentlichung des neues LONG DISTANCE CALLING-Albums “Boundless”  am 02.02.18 konnten wir im Vorfeld die Band für ein Interview bekommen. Hier plaudert nun Gitarrist Florian Füntmann aus dem Nähkästchen. LONG DISTANCE CALLING gehen auch auf Promo-Tour zum Album, die Release-Show im FZW Dortmund am 02.02.18 ist schon ausverkauft.  (Tourtermine unter dem Interview zu finden). Interview vom 12.01.18, gekürzt und editiert.

Long Distance Calling_Logo_2018

 

Alex S.: Danke, dass du dir Zeit genommen hast! Kommen wir zu eurem neuen Album „Boundless“. Es geht ja wieder fast ein wenig zurück zu den Wurzeln, also wieder instrumental. Hat das einfach mit Petter Carlsen (voriger Sänger, Anm. der Redaktion) nicht mehr funktioniert oder wolltet ihr diesMal einfach wieder instrumental unterwegs sein?

Florian Füntmann: Er kommt ja nun Mal auch aus Norwegen und sogar schon bei der letzten Platte war es ein wenig stressig. Er kann ja zum Songs schreiben oder Proben nicht einfach Mal rüberkommen. Es lag also weniger an ihm als an der schwierigen Situation. Dieses Mal hatten wir wenig Lust auf Stress und wollten entspannt an die Sache rangehen. Ohne sich Gedanken machen zu müssen, wo nun Gesang hinpasst und was funktioniert und was nicht. Wir hatten einfach Bock drauf, so wie früher im Proberaum die Songs zu schreiben und das so umzusetzen. Es hat sehr viel Spaß gemacht und war entspanntes Arbeiten.

A: Interessant, im Zeitalter von Internet und Filesharing wäre das ja theoretisch auch kein Problem gewesen. Es war also weniger die Umsetzung als dass man sich den Stress nicht nochMal machen wollte. Ihr wolltet also lieber ganz old-school zu viert im Proberaum sein und da spielen?

F: Genau, das ist einfach unser Ding. Eher old-school, wie früher die Songs im Proberaum schreiben, auch Mal spontan was mit einfließen lassen …  Das wer Ideen aufnimmt und wem anderen schickt, machen wir eigentlich gar nicht so. Es macht uns mehr Spaß sich zu treffen, irgendwer hat “ne Idee oder wir jammen einfach und gucken was passiert. Das wird mitgeschnitten während des Probens und dann später gemeinsam entwickelt.

A: Ok, heißt das „Boundless“ ist komplett so entstanden oder standen schon gewisse Ideen und Grundgerüste für Songs die ihr dann nur noch ausgearbeitet habt?

F: Das ist immer unterschiedlich. Natürlich hat man mal selber Ideen für Riffs, die man mitbringt und den anderen dann vorstellt, aber im Großen und Ganzen lief es bei uns so, dass durch die Jams sich die Songs entwickelten. So funktioniert das bei uns am besten. Speziell bei der Art von Musik, die wir machen, ist eine gewisse Dynamik innerhalb der Songs wichtig. Wenn man ein gutes Gefühl beim Proben der Songs hat, ist das immer ein gutes Zeichen dafür, dass sie funktionieren.

A: Stichwort Aufnahme bzw. Produktion: Ihr habt dieses Mal wieder in den Principal Studios mit Vincent Sorg aufgenommen. Ist das eine Konstellation, die gut funktioniert hat und ihr nun wieder haben wolltet? Ich frage nur, weil alle eure Alben bisher in anderen Studios aufgenommen wurden, das zieht sich wie eine Konstante durch die Diskografie (bzw. zog sich bislang).

F: Das Schöne an dem Studio ist, es ist nicht so weit entfernt von uns, aber es ist auf dem Land. Du hast wirklich komplette Ruhe, was sehr wichtig ist, wenn man Musik macht und nicht abgelenkt werden will. Es ist sehr schön da, nicht nur vom hohen Qualitätsstandard was Equipment und Studio angeht, aber auch alles drum rum. Sehr gemütlich, man kann zusammen kochen, Playstation spielen oder auch einfach mal draußen spazieren gehen, um wieder einen kühlen Kopf zu bekommen, wenn es einem gerade zu viel wird. Wir haben ihn einfach gefragt, ob er es sich noch mal mit uns vorstellen kann, da die Bands die er normalerweise aufnimmt, ja noch mal eine andere Schiene Musik sind als wir und vom Bekanntheitsstatus eine ganz andere Liga. Wir hatten beim letzten Mal das Gefühl, ihm hat es Spaß gemacht mit uns, weil es mal etwas anderes für ihn war und er ist von Haus aus auch jemand, der auf eher abgefahrenere Sachen steht. Wir haben ein gutes Verhältnis, denselben Humor, angenehmes Arbeiten, aber er ist auch eine Person die einem sagt: „Hör mal, das musst du nochmal machen, das war jetzt echt scheiße gespielt“.

A: Kann man also sagen, er hat minimal ins Songwriting mit eingegriffen?

F: Ja, schon. Nicht so krass wie bei der letzten Platte, da haben wir eine komplette Vorproduktion gemacht und er hat ein wenig mitgeschrieben an den Songs. Dieses Mal hat er eher über die fertigen Songs geguckt. Als Beispiel, er hat uns Tipps gegeben, wie oft man einen gewissen Part wiederholen kann oder sollte, um die Längen zu optimieren. Er hatte dieses Mal als ausführender Produzent wesentlich weniger Einfluß. Das haben wir ihm auch so gesagt im Vorfeld. Wir wollten die ganze Sache selber in die Hand nehmen und er nur noch auf der letzten Ebene involviert sein. Samples und Elektronik sind halt zum Beispiel genau sein Ding, wo er uns sehr gut unterstützen kann.

A: Interessant. Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber ich finde im Gegensatz zu „TRIPS“ hat „Boundless“ einen sehr viel reduzierteren, analogeren Klang. Nicht so auf hoch-editierten, transparenten Sound wie bei „TRIPS“ bedacht. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass beide im selben Studio mit demselben Produzenten aufgenommen wurden. War das so gewollt?

F: Ja, stimmt schon, war aber auch geplant. Also wir wollten die Sachen schon roher und direkter klingen haben. Wir haben bei ihm das Schlagzeug aufgenommen und die Elektrosachen gemacht. Die ganzen Gitarren haben wir selbst aufgenommen. Live ist die Platte zwar nicht eingespielt, aber wir wollten uns definitiv dieses Feeling ein wenig bewahren beim Aufnehmen. Ein wenig roher und auch gerade beim Schlagzeug nicht tot-editiert. Wir wollten, dass es ein wenig authentischer, „echter“ klingt.

 

Long Distance Calling_Promo3_Boundless_2018

A: Wie seid ihr auf die Dolomiten als Promoschauplatz gekommen? Die sind ja in Promofotos, auf dem Cover und dem Video zu eurer ersten Singleauskopplung „Out There“ auch schön in Szene gesetzt zu sehen.

F: Wir wollten eigentlich was komplett anderes machen, was dann anschließend nicht geklappt hat, weil es zu umständlich war und wir es nicht mehr rechtzeitig hinbekommen hätten. Wir haben uns dann überlegt, wie schaffen wir es mit relativ wenig Aufwand, etwas Gutes noch auf die Beine zu stellen und fürs Musikvideo zu filmen, was zur Musik auch funktioniert. Dann ist Janosch, unser Drummer, auf die Idee gekommen wandern zu gehen. Fanden wir super. War im Prinzip ein kleiner Urlaub mit schönem Video.

Ich find es immer schwer, im Video eine Story zu verpacken, die interessant ist oder ’ne Aussage hat. Wir wollten auch nicht Unsummen dafür ausgeben und haben uns dann für einen Bergtrip entschieden, da es nicht so teuer und relativ einfach umsetzbar war.

A: Ok, hatte mich nach Sichtung des neuen Videos zu „Out There“ nur gewundert, ob es vielleicht einen tieferen Bezug gibt oder das thematisch mit dem Album in Verbindung steht.

F: Es passt natürlich auch zum Songtitel. Wir wollten „Out There“ auch als ersten Song rausbringen, obwohl es natürlich der längste Song auf der Platte ist und Otto-Normalhörer das vielleicht anstrengend findet. Aber irgendwie ist das auch unser Style.

A: Dämliche Zwischenfrage: Kommt vielleicht Mal ’ne MISERY SPEAKS Reunion (Die vorherige Melo-Death-Band von LDC-Gitarrist Florian Füntmann und Drummer Janosch Rathmer – Anm. der Redaktion)?

F: (lacht) Nee, ich glaube nicht. Also unser Bassist Martin (von MISERY SPEAKS – Anm. der Reaktion) hatte das sogar mal angedacht. Aber ehrlich gesagt, so richtig Bock hab ich nicht und die anderen auch nicht. Also wenn wir das mal machen, dann im Rahmen eines kleinen lokalen Festivals, wo man dann die Einnahmen spendet oder so. Ich muss auch sagen, ich hab probiert mal alte Sachen zu spielen und hab gemerkt, dass ich ziemlich üben müsste, um da wieder fit zu werden, vor allem was die Geschwindigkeit angeht. Wir sind da voll aus der Übung. Als wir mit MISERY SPEAKS noch aktiv waren, haben wir auch bedeutend mehr geprobt als nun mit LDC. Wir spielen mittlerweile ja auch alle anders, wir haben einen anderen Stil gefunden. Ich will nicht sagen, ich spiel schlechter als früher, aber es ist einfach anders, die Vorlieben haben sich geändert. Ich glaube, es ist schlauer, die Geschichte auf sich beruhen zu lassen.

A: Ihr habt ja im Rahmen eurer „An Evening with… Satellite Bay“-Konzertreihe euer Debüt komplett live aufgeführt. Dies geschah im Rahmen des 10-jährigen Jubiläums. „Avoid The Light“ wird in einem Jahr auch schon 10 Jahre alt. Bekommen alle eure Alben dann dieselbe Behandlung?

F: Also ich denke, dass wir es mit „Avoid The Light“ auch machen werden. Ich weiß nicht, ob wir das mit allen Platten tun werden, aber speziell die zweite ist ja bei unseren Fans ein Favorit und in dem Rahmen würden dann halt auch mal wieder Songs kommen, die sonst nicht regelmäßig gespielt werden. War bei „Satellite Bay“ ja genauso. Das war eigentlich ganz lustig, aber schwer sich die Lieder wieder zurück ins Gedächtnis zu schaffen. Stellenweise wusste ich gar nicht mehr, was ich überhaupt gespielt habe damals. Bis die anderen Alben dran sind, ist es ja noch ein wenig hin.

A: Was sind – neben exzessivem Touren für „Boundless“ momentan, nehme ich mal an – sonst so eure Zukunftspläne? Gibts da noch Wünsche, bestimmte Festivals oder Länder, die ihr nochmal unbedingt ansteuern wollt oder ähnliches?

F: Wir spielen ja dieses Jahr zum ersten Mal auf dem Wacken. Ich bin tatsächlich zum allerersten Mal da. Man muss mal gucken, ob wir da auch funktionieren, aber da freu ich mich schon ziemlich drauf. Was ich auch gerne mal machen würde, wäre zum Beispiel das Hellfest, wo unser Drummer mit seiner anderen Band gespielt hatte und er meinte, es wäre eines der besten Festivals, welches er je gespielt hat. Nicht nur von Organisation, aber auch von Stimmung und Atmosphäre. Da sind wir auch seit Jahren dabei, da unterzukommen, aber es ist schwierig. Was ich persönlich sehr gerne machen würde wäre Japan, ist aber natürlich nicht einfach. USA hab ich mich ein wenig von verabschiedet, dass das klappt. In der aktuellen Situation wirds da nicht einfacher. Ich glaube, die interessiert das da auch nicht so (Anm. d. Redaktion: Bezieht sich auf die Musik). Europa funktioniert bei uns bislang ganz gut. Cool wäre auch Südamerika. Wenn das klappt, würden wir das auch sofort machen. Da macht man natürlich auch keinen Umsatz, aber einfach nur um es mal gemacht zu haben.

A: Wenn ihr nicht Musiker geworden wärt, als was könnte man euch dann wahrscheinlich sonst heute bewundern?

F: Also ich hab eigentlich mein Leben darauf ausgelegt, dass es irgendwann funktioniert. Hat es dann ja auch glücklicherweise. Ich hab halt Musikwissenschaft und Pädagogik studiert und würde sonst was in dem Bereich machen. Ich unterrichte nebenbei auch an einer Musikschule. Und die anderen haben eigentlich auch alle was mehr oder weniger mit Musik zu tun. Unser anderer Gitarrist hat ‘ne Instrumentenschmiede, Jan unser Bassist ist selbstständig und macht Promo-Management, wir sind da alle schon irgendwie in der Schiene. Das hat damals mit MISERY SPEAKS schon angefangen, das war die Initialzündung. Wenn ich jetzt vorher in einem festen Job gewesen wäre, sähe die Sache auch schwieriger aus. Seinen Lebensunterhalt mit Musik alleine zu verdienen, speziell mit der Art die wir spielen, ist auch utopisch.

A: Das war es eigentlich so weit von mir. Zum Schluss noch ein kleines Spiel: Ich geb dir Gegensatzpaare und du entscheidest dich für eins und kommentierst kurz, warum du dich dafür entschieden hast.

Digital oder Analog?

Schwierig. Wenn ich Musik höre, dann aus Faulheit nur digital. Ich hab auch Vinyl und besorg mir auch viele Platten, die ich dann höre, aber die hab ich eher nur zum Hinstellen und Angucken. Wenn es um Aufnahme geht, also im Studio, bevorzuge ich digital, da analog ein Riesenaufwand ist.

Festival oder Clubshow?

Kommt drauf an. Wenn es hell draußen ist, finde ich es auf Festivals immer eigenartig, es kommt nicht so eine gute Atmosphäre auf. Wenn es später ist und man ‘ne coole Lichtshow machen kann, ist es geil. Von daher würde ich wahrscheinlich Club bevorzugen.

Fast-Food oder Essen gehen?

Essen gehen. Oder selber kochen.

Preußen Münster oder Borussia Dortmund?

Ist mir komplett egal, bei Fußball bin ich der falsche Ansprechpartner. Interessiert mich eigentlich gar nicht.

Gemeinsam ‘ne Runde Playstation oder lieber Gesellschaftsspieleabend?

Ich hab früher zwar auch gezockt, aber als ich dann mit der Musik angefangen habe, war das auch nicht mehr so interessant. Dann lieber schön gemeinsam was spielen.

A: Ok, dann sind wir von meiner Seite aus so weit durch, noch irgendwas von deiner Seite?

F: Ich würd mich freuen, wenn die Leute das Album auschecken und uns auf Konzerten besuchen und uns da mal “Hallo” sagen. Da freuen wir uns immer drüber!

A: Da hab ich fast noch ne Bonusfrage: Nervt es eigentlich als Band wenn man ständig auf Shows oder Festivals von den Fans angequatscht wird oder seht ihr das nicht so eng?

F: Kommt auf die Situation an. Ich freu mich eigentlich immer absolut, wenn jemand sich mit mir unterhalten will oder auf meine Musik steht. Was schlimm ist, sind so Leute, die schon leicht einen sitzen haben und nicht mehr aufhören, einen vollzulabern. Da muss man dann sich immer freundlich aus dem Gespräch losreißen. Die machen das ja aber nicht extra. Generell bin ich immer sehr interessiert daran, was die Leute über unsere Musik denken. Auch wenn die einem sagen die letzte Platte war scheiße. Dann kann man nämlich zurück fragen, warum.

A: Danke für deine Zeit und bis hoffentlich bald live!

 

Tourtermine:

Shit, veraltete Infos!Die Tourdaten, die hier einmal standen, sind veraltet. Hier findest Du aktuelle Tour- und Konzertdaten.

 

Galerie mit 34 Bildern: Long Distance Calling – 15 Years „Avoid The Light“ Anniversary Shows 2024 in Stuttgart
Quelle: Florian Fuentmann, LDC
27.01.2018

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