Long Distance Calling
Im Gespräch mit Jan und Dave (Teil 1/2)

Interview

Long Distance Calling

Schön ist, wenn man mit Bands auch mal anders als üblich ins Gespräch kommt und nicht nach Schema F arbeiten und vorgehen muss. Nach einem fantastischen Konzertabend in Bremen entwickelte sich anstatt eines abgeklärten Frage-Antwort-Interview-Spielchens ein sehr nettes, lockeres, aber auch inhaltlich spannendes Gespräch mit Jan und Dave von LONG DISTANCE CALLING. Da wir alle oft wild durcheinander gequatscht und gefachsimpelt haben, habe ich auf die genaue Angabe verzichtet, ob nun Jan oder Dave geantwortet hat (manchmal waren es auch schlichtweg beide). Im Folgenden könnt ihr den ersten Teil des Interviews lesen, dessen Veröffentlichung ich bewusst etwas hinausgezögert habe (das Interview fand Ende 2011 statt), da die Jungs hier und da auch etwas zum nächsten Release erzählt haben und wir uns einig waren, das Thema noch etwas aufzuschieben.
Wir hatten gerade das Konzert Revue passieren lassen und nach einer absolut verdienten Schwärmerei meinerseits fiel mir spontan eine Frage ein, die wohl viele Anhänger der Band brennend interessieren dürfte…

Hattet ihr schonmal die Chance, einen von euren Songs mit Gesang („Built Without Hands“, „The Nearing Grave“, „Middleville“) live zu spielen?

Nein, never

Was?

Das hat noch nie geklappt.

Na, dann muss einer von euch mal ran ans Mikro, oder was?

Na, das Problem ist halt, wir sind alle nicht so die großen Sänger und die Songs sind vom Gesang schon echt gut. Und wenn, dann soll das eigentlich auch nur mit den Originalsängern stattfinden, wenn sich das irgendwann mal machen lässt. Oder halt jemand, der das extrem gut hinkriegt…

Ui, also nur mit den Originalen… da müsstet ihr den Bush für „Middleville“ aber von ganz schön weit her rankarren.

Och, vielleicht mal aufm Festival oder so…

ANTHRAX auf dem Summer Breeze, das wär doch mal was.

Ihr habt 2011 eindeutig dort gefehlt!

Jo, auf dem Summer Breeze haben wir auch schonmal gespielt, als letzte Band, mitten in der Nacht, um 3:20 Uhr. Sehr spät.

Wobei da natürlich schon eher Metal abgeht. Ihr seid da doch sicher sowas wie Exoten gewesen, oder?

Ja, aber das hat trotz der späten Zeit erstaunlich gut funktioniert. Sowieso…

Long Distance Calling

Merkt ihr auf Konzerten im allgemeinen, dass die Resonanz des Publikums anders ist, dadurch, dass ihr keinen Gesang habt?

Ja. Auf Support-Shows, wo uns über die Hälfte der Leute noch nie gesehen haben, sieht man das richtig, wie alle überlegen, was wir da wohl machen. Und wenn sie dann doch auftauen und mitgehen, ist das ein sehr schönes Gefühl. Es ist halt so für uns nicht der einfache Weg, aber ich glaube auch, dass es so nachhaltiger ist. Es ist natürlich einerseits auch schwieriger für uns, weil man mit einem Sänger die Leute einfach schneller erreichen kann, aber andererseits sticht man halt so auch raus. Wir haben das seinerzeit trotz anfänglicher, erfolgloser Sängersuche einfach für uns entschieden, Instrumental zu arbeiten.

Ach, ihr wolltet erst mit einem Sänger…?

Ja, klar, aber alles was wir ausprobiert haben, hat halt nicht so zum Rest gepasst. Gesang hat zu unserer Musik irgendwie nichts mehr hinzugefügt. Unsere Songs funktionieren auch so. Wir waren uns da relativ sicher und standen dahinter. Das ist ja auch das wichtigste.

Spielt ihr denn manchmal mit dem Gedanken, ein ganzes Album mit Gesang aufzunehmen?

Ja, schon, aber es würde dann wohl aussehen, als ob wir auf Teufel komm raus was mit Gesang machen will. Vielleicht aber irgendwann auch mal eine EP mit Gesang oder so…

Aber sagt mal, wie ist das eigentlich… Ihr fühlt euch ja nicht unbedingt der Post-Rock-Szene zugehörig, werdet da aber immer wieder reingesteckt. Seid ihr nur mit Bands aus diesem Bereich unterwegs oder spielt ihr auch mit Metal-Bands?

Überhaupt nicht! Wir haben uns von Anfang an dazu entschieden, den schweren Weg zu gehen und nicht nur mit anderen Post-Rock-Bands zu touren, wobei man so sehr schnell in der Szene groß werden kann, aber diese Szene ist halt nicht so groß. Wir haben zum Beispiel mit DREDG getourt, AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD, OPETH, ANATHEMA….

Hey…DREDG…geil… da fällt mir ein, habt ihr die aktuelle Platte mal gehört? Was haltet ihr von „Chuckles & Mr. Squeeze“?

Jo, ich bin Ultra-Fan und komm überhaupt nicht drauf klar. Ich bin echt enttäuscht von der Scheibe. Ich hab versucht mir das Teil schön zu hören, bin aber kläglich gescheitert. Die davor war schon nicht mehr so cool, obwohl DREDG eine meiner drei Lieblingsbands sind.

„Catch Without Arms“ ist einfach nur göttlich.

Ja, die ist klasse, wobei ich „El Cielo“ noch einen ticken besser finde.

Ihr seid viel auf Tour gewesen in letzter Zeit. Erst Deutschland, in Russland wart ihr… Ihr seid schwer am Start oder?

Naja, es sieht mehr aus, als es tatsächlich ist. Wir haben 2011 rund 60 Shows gespielt. Wir sind halt ständig irgendwo, aber zwischendurch immer mit einem Päuschen, was auch dafür gut ist, damit keine negative Routine reinkommt.

Negative Routine…?

Heißt, wenn du 200 Shows im Jahr spielst, kannst du halt nicht jeden Abend alles geben und hast halt auch nicht immer Bock drauf. Und durch diese kurzen Pausen, die wir einbauen, haben wir dann auch wieder extrem Lust zum spielen. Das ist uns wichtig.

Long Distance Calling

Bleibt dazwischen auch Zeit, um neues Material zu schreiben?

Da sind wir gerade bei.

Was peilt ihr genau an?

Ende 2012 ins Studio. Das ist der Plan.

Es wird natürlich auch wieder ein Stück mit Gesang geben…?

Wir sind grad am überlegen, wie wir das das nächste Mal machen, denn genauso wie bisher wollen wir das nicht wieder haben.

Habt ihr einen Favoriten?

Klar, wir haben eine riesige Liste gemacht, auch mit völlig übertriebenen Wünschen. Aber erstmal, um all das zusammenzutragen, was wir uns halt vorstellen könnten. Fragen kostet ja auch nix…

Zum Beispiel…?

Maynard James Keanan von TOOL. Oder halt Paul Rodgers, wäre auch cool… aber wird nie klappen, kannste abhaken. Wir haben das halt trotzdem unserem Verlag vorgelegt, die sind sehr gut vernetzt… mal gucken.

Naja, ihr habt ja durchaus schon richtige Nummern am Start. KATATONIA haben mittlerweile ja auch schon einen Namen. Den Sänger von ANTHRAX kriegt sicher auch nicht jeder…

Joa, stimmt.

Spannend übrigens, dass ihr alles ausschließlich Sänger aus der Metal-Szene hattet.

Ja, weil wir auch alle mehr oder weniger aus der Ecke kommen.

Worauf steht ihr so?

Alles von BOB DYLAN über TOOL bis ENTOMBED. ALICE IN CHAINS noch, DEFTONES, A PERFECT CIRCLE.

Die kommen ja auch nicht ausm Quark mit was neuem…

Ne, fürchterlich.

Auf jeden Fall.

Wir haben halt vorher fast alle selbst in teilweise auch etwas moderneren Metalbands gespielt.

Hüpfmetal?

Nenene, das war mitunter auch so ISIS-angehauchtes Post-Zeugs…

Und ganz früher?

Boah, da hab ich New Metal gemacht, aber das ist ja schon ein ganz anderes Kapitel.

Unsere jetzige Band ist ja entstanden, weil wir einfach mal was anderes machen wollten, völlig ohne jegliche Pläne damit. Wir hatten uns einfach nur am Wochenende zum jammen getroffen. Der kleinste Nenner bei uns war da PORCUPINE TREE. Das war zur „In Absentia“- und „Deadwing“-Zeit, wir haben die alle so unfassbar abgefeiert. Wir haben uns dann immer mal getroffen, fünf, sechs Stunden gespielt und dann einfach mal direkt was aufgenommen. Es gab ein super Feedback und dann hatte sich das Alles irgendwie verselbstständigt. Dann waren wir eine Band. Tja, da sind wir also.

Eure Entscheidung, das zu machen, was ihr halt macht, war jedenfalls richtig. Ihr seid ja nun auch schon einige Jahre am Start.

Über fünf sind es mittlerweile.

…und euer Name wächst, kann man nicht anders sagen.

To be continued…
Im nächsten Teil des Interviews mit Jan und Dave von LONG DISTANCE CALLING könnt ihr unter anderem lesen, wie es zu der Split mit LEECH kam, wie sie beim Songwriting vorgehen und wie im Studio gearbeitet wird.

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25.05.2012

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1 Kommentar zu Long Distance Calling - Im Gespräch mit Jan und Dave (Teil 1/2)

  1. Trekker sagt:

    Long Distance Calling auf dem Summer Breeze 2010, was war das göttlich! Mitten in der tiefsten Nacht bei tiefsten Temperaturen ausgeharrt, aber es hat sich gelohnt. Auch wenn die Herren der deutschen Post Rock-Schöpfung nur vier oder fünf Songs spielen konnten, bis die Veranstalter die Schotten dich gemacht haben: Es war absolut awesome!