Liquid Tension Experiment (LTE)
Interview mit Tony Levin

Interview

Mir ist kürzlich aufgefallen, dass es eine Deluxe Edition von dem Album mit vier weiteren Tracks gibt. Kannst du dazu genaueres erzählen?

Gute Frage, ich bin genau die Person, die keine Ahnung hat von diesen Tracks. Diese neue Ausgabe unseres Album habe ich selbst erst vor Kurzem bekommen. Es sieht fantastisch aus und an die ganzen Songnamen kann ich mich eh nicht erinnern. Also fürchte ich, dass ich dir nicht sagen kann, welche Jam-Tracks es zusätzlich drauf geschafft haben und wie sie heißen und so weiter.

Wie viele Stücke habt ihr denn insgesamt aufgenommen? Mehr als die acht regulären Tracks jedenfalls.

Ja, ich kann dir aber gar nicht genau sagen, wie viele insgesamt, oder welche Aufnahmen es zu einem Stück gebracht haben. Wir haben jede Nacht zusammen gejammt und die anderen Jungs, besonders Mike Portnoy, haben sich alles angehört und es dann in Stücke arrangiert, ich habe die Aufmerksamkeitsspanne nicht und dem ehrlich gesagt auch nicht viel Beachtung geschenkt. Ich warte, bis das Album draußen ist und höre dann, was es aufs Album geschafft hat (lacht). Denn das ist wichtig für später, wenn wir wieder touren. Ich muss wissen, was gespielt wird. Denn letzten Endes kommen die fertigen Songs von, hm, ich würde schätzen vielleicht fünf bis zehn stunden Rohmaterial, das wir aufgenommen haben. Wir sollten eine Pressemitteilung haben, die das erklärt, vielleicht gibt es die sogar, ich habe es nur nicht mitbekommen. Also da kann ich leider nicht weiter helfen. Wahrscheinlich alles Jam-Sessions, die es nicht aufs reguläre Album geschafft haben.

Wie war es, nach mehr als 20 Jahren wieder zusammen Musik zu machen?

Wir haben zwar über 20 Jahre nichts mit LIQUID TENSION EXPERIMENT aufgenommen, aber haben uns in der Zwischenzeit trotzdem gesehen und auch in verschiedenen Konstellationen miteinander Musik gemacht. Deswegen war das keine große Überraschung oder Neuigkeit, aber ab der ersten Minute im Studio fühlte es sich einfach so an wie vor 20 Jahren. Die Energie war dieselbe, der Vibe zwischen uns und auch die Art, wie war arbeiten, war exakt gleich. Das war vielleicht die Überraschung an der ganzen Situation, eine gute noch dazu, weniger die neue Musik. Es gab ein wenig Business-Diskussionen, aber das war in zehn Minuten abgehakt, danach haben wir zusammen gespielt und hatten eine tolle Zeit. Ich hab Espresso für alle gemacht, so wie schon vor 20 Jahren (lacht).

Gibt es noch irgendwas, sei das musikalischer oder persönlicher Natur, was es noch für dich als Herausforderung gibt? Gibt es vielleicht sogar Dinge, mit denen du in musikalischer Art zu kämpfen hast?

Ich würde nicht das Wort kämpfen benutzen. Ich denke nicht, dass ich mit irgendwas musikalisch kämpfe, aber ich fühle mich in vielerlei Hinsicht musikalisch herausgefordert. Ein besserer Spieler zu sein, ein besserer Musiker, mehr Output zu haben, am besten noch sehr bedeutsamen Output. In einer guten Art und Weise allerdings, nicht in einer, die mich stresst. In gewisser Weise fühle ich mich genauso wie mit vierzehn Jahren. Ich liebe es Bass zu spielen, Musik zu machen, am besten mit anderen Menschen und versuchen, ein besserer Spieler zu werden. So fühlte ich mich in dem Alter und genauso fühle ich mich jetzt. Ich fühle mich nicht angekommen oder als ob ich in einem Lernprozess irgendwas hinter mich gelassen hätte, ich bin immer noch in diesem Prozess und fühle mich wie mit 14. Wenn ein Stück fertig geschrieben ist oder live eine Show besonders gut war, bin ich da natürlich stolz drauf. Aber der nächste Gedanke, der mir kommt, ist: „Wie hätte ich das besser spielen können? Welche Teile an meinem Spiel kann ich anders oder effektiver gestalten?“

Es ist eine konstante Herausforderung und das hat mein Leben über sehr gut funktioniert. Ich sage nicht, dass jeder so leben oder üben sollte, aber für mich hat das gut funktioniert. Ich hatte die Möglichkeit und das Glück, während meiner frühen Karriere mit Musikern zusammenspielen zu können, die wesentlich besser als ich waren. Mit guten Mitspielern wächst man persönlich von der Erfahrung. Der Drummer bringt vielleicht eine gewisse Schwingung, eine gewisse Freude mit seinem Spiel ein, die sich auf die anderen überträgt. Der Gitarrist arbeitet hart und steckt damit den Rest der Gruppe an, sodass man sich fragt, ob man nicht mehr üben sollte und so weiter. Und das färbt auf dich ab. Und auf diese Weise kann man eigentlich von allen guten Künstlern lernen. Und wenn es nur ist, wie man auf der Bühne eine bessere Persönlichkeit hat. Das muss man dann vielleicht nicht kopieren, aber so lerne ich vielleicht von einem guten Frontmann, selbst wenn ich als Bassspieler im Hintergrund stehe, wie man ein besserer Frontmann ist, nur dadurch, mit dabei zu sein.

Was wäre vor dem Hintergrund dein Ratschlag an junge Musiker oder vielleicht gerade erst gestartete Musiker?

Ich habe nicht wirklich einen Ratschlag, denn ich hatte viele glückliche Zufälle und Möglichkeiten, durch die sich meine Karriere gestaltet hat und ich glaube nicht, dass man das so gut replizieren kann, aber ich will noch etwas zu dem Spielen mit anderen Musikern sagen. Man sollte so viel und so oft wie möglich mit anderen Musikern zusammen spielen, vor allem wenn sie besser als man selbst sind und dann nicht eingeschüchtert sein, sondern sich davon inspirieren lassen, umso härter an sich zu arbeiten. Denn nur so können wir lernen und wachsen und am Ende bessere Musiker werden. Die wenigsten von uns haben einfach nur Talent, haben also ein Instrument in die Hand bekommen und waren auf Anhieb perfekt. Zumindest niemand, den ich so kenne. Manche mögen das können, aber das sind sehr wenige Musiker. Die meisten von uns lernen durch Üben, aber auch den Austausch mit anderen Musikern, die besser sind als wir. Ich würde liebend gern weiter darauf eingehen, aber ich habe bald das nächste Interview, mach’s gut!

Tony, lieben Dank für deine Zeit, es war mir eine Ehre!

 

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Quelle: Head of PR, Tony Levin
30.04.2021

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