Leprous
Interview mit Einar Solberg zu "The Congregation"

Interview

Ihr werdet international immer bekannter. Inwiefern macht sich das für euch bemerkbar?
Grundsätzlich sind wir alle die gleichen geblieben. Jetzt, wo ich sehe, dass ich in nicht all zu ferner Zeit wahrscheinlich von meiner Musik werde leben können, ist das sehr motivierend. Bis zum heutigen Tage hab eich keinen Cent an LEPROUS verdient und es ist wirklich hart als kreativer und administrativer „Hauptmann“, so viel zu geben und nebenher noch zu einhundert Prozent seinen Job zu machen. Manchmal dachte ich mir: „Kann bitte endlich etwas passieren“ (lacht). Wir haben unsere Karriere Stein für Stein aufgebaut. Innerhalb dieses Jahres können wir hoffentlich die Schulden von unseren Vorband-Touren begleichen und tatsächlich Geld verdienen. Selbstverständlich machen wir es nicht des Geldes wegen – aber wenn ich anfange, etwas dafür zu bekommen, kann ich mich ungleich mehr auf LEPROUS fokussieren. Ohne Kompromisse oder Zwischenlösungen. Je erfolgreicher wir werden, umso entspannter werde ich.

Wie sieht es mit Nebenprojekten bei den anderen Musikern aus?
Baard ist eigentlich der einzige, der welche hat. Er spielt in einer Reihe Extreme-Metal-Bands – aber LEPROUS ist am nächsten an seinen musikalischen Vorstellungen. Er hat uns wirklich mehr als genug Zeit gewidmet. Außerdem ist er viel mehr ein „Prog-Typ“ als ein „Extrem-Metaller“. Er ist auch einer der Gründe, weshalb das Album letztlich so technisch geworden ist. Es ist derzeit ein unglaublich schöner Arbeitsgeist in der Band und, um ehrlich zu sein, war es nie besser. Ich kann absolut nichts Negatives sagen. Ich freue mich auf jede einzelne Probe –  und das sind, bis Anfang Juni, noch 27 (lacht).

Hat einer von euch eigentlich Musik studiert?
Ja, ich habe Pop-Musik studiert. Baard war auf einer Musik-Akademie. Tobias, unser früherer Drummer, hat auch studiert. Nur unsere beiden Gitarristen nicht. Einer ist Physiotherapeut, der andere Computer-Geek (kichert).

Würdest du es in Betracht ziehen, irgendwann einmal klassische Musik bei LEPROUS einfließen zu lassen?
Ja unbedingt – ich fände es toll. Ich mag klassische Musik sehr. Ich würde gerne etwas für Streicher schreiben und so etwas wie einen „klassischen Sound“ erzeugen; und natürlich wäre es nicht rein symphonisch. Ich habe zwar keine konkreten Pläne, bin aber immer offen dafür, neue Methoden auszuprobieren –  aber zunächst will ich noch ein Album machen, auf die Art, wie ich sie mit diesem Album entdeckt habe.

Würdest du das als Solo-Projekt oder unter LEPROUS verkaufen?

Unter LEPROUS. Ich mache alles mit LEPROUS. Ich bin kein Freund davon, viele Projekte zu haben. Wenn du all deine Energie in eine Sache steckst, muss es besser sein, als wenn du deine Kraft überall hin verteilst. Ich habe lieber ein sehr gutes Projekt, als mehrere mittelmäßige.

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Wie lief eigentlich die Zusammenarbeit mit dem finnischen Label Blood Music, die kürzlich „Bilateral“ veröffentlicht haben?
Es ist für ein Label immer ein Risiko, Vinyl pressen zu lassen, weil es sehr teuer ist. Blood Music kam auf uns zu und wollte eine limitierte Anzahl pressen. Das war eine Win-Win-Situation. Ich habe für meinen vinyl-fanatischen Bruder eine Kopie ergattert (lacht). Ich war ein großer CD-Sammler, aber irgendwann brauchen die soviel Platz und gehen kaputt. Heutzutage fühlt sich das so wertlos an und ich frage mich, warum ich stattdessen nicht Vinyl gekauft habe. Das ist solider, hält länger und klingt charmanter.

Wird es für „The Congregation“ ein extra Vinyl-Mastering geben?
Ja, es wurde ein separates Mastering gemacht. Ich persönlich bin ja ein Sünder. Ich höre Musik über Spotify. Das Problem dabei ist, dass du ein Kind mit zu vielen Spielzeugen wirst und nicht mehr weißt mit welchem du spielen willst; am Ende höre ich kaum mehr Musik, im Vergleich zu der Zeit, als ich noch CDs gesammelt habe.

Hast du zum Abschluss noch eine Musikempfehlung?
Wen es sich um neue Musik handelt, bin ich so ziemlich die letzte Person, die du fragen solltest. Ich habe leider nicht die Zeit, angemessen zuzuhören. Eine meiner Lieblingsbands ist MASSIVE ATTACK – ich mochte deren letztes Album („Heligoland“ anm. d. Red.) wirklich sehr gerne. Den Klassiker „Mezzanine“ natürlich auch. Ah, mir fällt gerade SUSANNE SUNDFØR mit ihrem Album „The Brothel“ ein. Leute die von ganz anderen Genres kommen, mögen ihre Musik. Das würde ich empfehlen.

Hast du eigentlich das letzte Album von STEVEN WILSON gehört?
Ich war ein großer PORCUPINE TREE-Fan. Aber STEVEN WILSON wurde mir zu sehr „Standard-Prog-Rock“, wenngleich auch sehr gut gemacht und mit sehr guten Songs. Ich habe ihn mal live gesehen, das konnte aber nicht am Ansatz mit PORCUPINE TREE mithalten. Die habe ich vier mal gesehen und es hat mich jedes mal auf Neue umgehauen. Normalerweise kann ich es nicht ausstehen, wenn Leute sagen „Ich bevorzuge die alten Sachen“, aber in dem Fall bin selbst so (lacht).

Insbesondere bei OPETH kann ich das kaum nachvollziehen.

OPETH sind eine grandiose Band. Mittlerweile sind sie mir zu sehr klassischer Prog-Rock. Ich mag den Retro-Sound nicht so sehr. Ich mag es, wenn der Sound wirklich aus jener Zeit kommt aber nicht, wenn er künstlich erzeugt wird. Das letzte Album habe ich nicht so oft gehört, aber „Ghost Reveries“ und „Watershed“ höre ich sehr oft. Trotzdem halte ich OPETH für eine sehr gute Band, genauso wie ich STEVEN WILSON für ein sehr guten Künstler halte. Wenn man Musik macht, findet man immer irgendwo etwas, was bei deiner eigenen Musik oder der eines anderen Künstlers besser sein kann (lacht). Diesmal war ich sehr stolz und glücklich mit den Songs. Vorerst hatten wir 18 Lieder. Man kommt in einen Selektionsprozess und beginnt, die verbleibenden zu perfektionieren. Naja, jetzt hab‘ ich wieder ein bisschen Distanz dazu gewonnen, weswegen ich mich ab und an frage, was wäre, wenn hier und da etwas anders wäre. Man sollte meiner Meinung nach nie aufhören, seine eigene Musik zu bewerten, sonst beginnt man, zu stagnieren.

Danke für deine Zeit und viel Erfolg mit dem Album und der Tour.

War mir ein Vergnügen. Ich werde auch langsam hungrig.

Galerie mit 22 Bildern: Leprous - Aphelion European Tour 2024 in Leipzig

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04.06.2015

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