Lancer
"Die entscheidenden Faktoren hatten nichts mit der Pandemie zu tun."
Interview
Nach sechs Jahren Pause veröffentlichen LANCER mit „Tempest“ eine neue Scheibe. Neben der langen Pause hat sich auch das Bandkarussell gedreht. Es gibt einen neuen Sänger und einen neuen Drummer, genauso wie ein neues Label. Wir fragten bei Mastermind Fredrik Kelemen nach, wie es zu den ganzen Veränderungen gekommen ist und welche Pläne LANCER haben.
Hallo Frederik, vielen Dank für deine Zeit. Sechs Jahre Pause zwischen der Veröffentlichung von „Mastery“ und „Tempest“ plus ein neuen Sänger und ein neuer Schlagzeuger? Was hat sich bei LANCER in den letzten sechs Jahren getan?
Hallo, und Danke für die Einladung. Als wir 2017 von unserer Europatournee zum „Mastery“-Album gemeinsam mit HAMMERFALL und GLORYHAMMER nach Hause kamen, spielten wir noch ein paar Shows hier in Schweden, darunter das SABATON-Open-Air und eine Kreuzfahrt mit DRAGONFORCE und SONATA ARCTICA. Danach verkündeten sowohl unser Leadsänger als auch unser Schlagzeuger, dass sie die Leidenschaft und die Energie verloren hatten, um in einer Band zu spielen. Sie wollten zukünftig andere Dinge im Leben machen. Den Schlagzeuger fanden wir schnell, da wir Pontus bereits kannten und er sofort zusagte. Einen Ersatz für unseren Sänger zu finden, das war deutlich schwieriger. Wir haben mit vielen verschiedenen Kandidaten Probesessions durchgeführt. Der erste Sänger, welchen ich gefragt habe, war Christian Eriksson (ex-TWILIGHT FORCE). Er startete kurze Zeit später mit NORTHTALE, sodass er ablehnte. Es hat zwei Jahre gedauert, bis wir Jack endlich gefunden haben. Er ist der perfekte Partner und Sänger für uns. Anschließend haben wir einen Neustart hingelegt und die vorhandenen Demos verworfen. Wir haben neue Songs mit der Stimme von Jack im Hinterkopf kreiert.
Im Jahr 2019 gab es die Veränderungen in der Bandbesetzung, gefolgt vom Covid-Virus. Hat die Pandemie den gesamten Schreib- und Produktionsprozess verzögert?
Ja, die Pandemie hat uns nochmals zurückgeworfen. Es war schwieriger sich zu treffen und Songs zu schreiben. Wir schicken uns keine Ideen über das Internet, wir wollen gemeinsam proben und neue Songs formen. Ab März 2021 haben wir mit den Aufnahmen für das Schlagzeug begonnen. Die entscheidenden Faktoren, welche den Prozess verzögert haben, hatten nichts mit der Pandemie zu tun. Jack nahm den Gesang für das gesamte Album auf, stellte aber fest, dass die Aufnahme nicht gut genug war. Folglich hat er „Tempest“ noch einmal eingesungen, was eine ganze Weile gedauert hat. Anschließend hatten wir einen Trauerfall in der Familie unseres Toningenieurs im Mixing-Prozess. Er war für eine lange Zeit überhaupt nicht arbeitsfähig. Als er sich besser fühlte, finalisierten wir den Mixing-Prozess und stellten das Album um Neujahr 2022/2023 herum fertig.
Wenn du den Schreib- und Produktionsprozess von „Mastery“ zu „Tempest“ vergleichst: Was ist der Haupteinfluss von Jack und Pontus auf „Tempest“?
Der Schreibprozess ist so ziemlich derselbe wie bisher, jemand hat einen ersten Entwurf für einen neuen Song und dann arbeiten wir gemeinsam daran weiter, formen und arrangieren den Entwurf und fügen Details hinzu. Jack und Pontus sind unterschiedliche Leute als unsere früheren Mitglieder, somit haben sie automatisch andere Ideen und Herangehensweisen. Es fühlt sich einfach gut an die Beiden in der Band zu haben. Neue Leute bedeuten immer neue Energie, und das wirkt sich positiv auf die gesamte Band aus. Wir haben früh entschieden, dass wir den Sound ein wenig verändern wollen. Pontus und Jack waren ein großer Teil davon, vor allem da ein Sängerwechsel automatisch bedeutet, dass eine Band anders klingt.
Mit den beiden neuen Mitgliedern in der Band änderte sich auch der Sound von LANCER zwischen „Tempest“ und „Mastery“. Wie würdest du den neuen Stil beschreiben? Welche Musik und Bands haben dich im Songwriting- und Produktionsprozess beeinflusst?
Uns wurde gesagt, dass „Mastery“ vielleicht mehr für Fans von ENFORCER war und „Tempest“ eher EDGUY-Fans anspricht, wie unsere älteren Alben. Wir hatten den Plan uns ein wenig vom typischen europäischen Power-Metal-Sound zu entfernen. Wir haben kein Problem damit mit EDGUY oder HELLOWEEN verglichen zu werden. Am Ende wollen wir unser eigenes Ding machen, wo die Musik einfach wie LANCER klingt. Ich denke, wir haben eine große Vielfalt an Songs auf „Tempest“ und haben Einflüsse sowohl innerhalb als auch außerhalb des Genres. Es ist viel dynamischer und organischer und klingt einfach lebendiger. Ja, man hört immer noch die EDGUY-Einflüsse, aber auch ein bisschen ANGRA und ganz andere Bands, die großartige Songwriter sind. Ich denke da an Namen wie NIGHT FLIGHT ORCHESTRA oder DREAM THEATER. Was die Produktion angeht, war es für uns immer sehr wichtig nicht Teil des sogenannten „Loudness-Krieges“ zu sein, der gerade stattfindet. Es wird alles ausgereizt und super komprimiert ist. Aus diesem Grund gibt es heute so viele unhörbare neue Alben. Was aber passiert mit den Produktionen, welche ein großes Klangbild mit viel Platz zwischen den Instrumenten benötigen?
Neben den Veränderungen in der Band ist LANCER auch bei einem neuen Label. Warum habt ihr euch für ein deutsches Label entschieden?
Als wir das „Mastery“-Album auf Nuclear Blast veröffentlicht haben, ging ein Kindheitstraum in Erfüllung. Ich bin mit Unmengen von Alben aufgewachsen, die von Nuclear Blast veröffentlicht wurden. Es war für uns eine große Ehre, als Markus Wosgien uns unter Vertrag nehmen wollte. Er ist so ein toller Kerl und einer der Besten in der ganzen Branche. Als wir später erfuhren, dass er die Arbeit bei Nuclear Blast aufgegeben und ein neues Label gegründet hatte, war Fireflash unsere allererste Wahl. Zum Glück war Markus am Album und einer Zusammenarbeit mit uns interessiert. Der große Unterschied ist jetzt, dass wir bei Nuclear Blast die kleinste Band mit der niedrigsten Priorität waren, bei Fireflash sind wir eine der Bands mit der höchsten Priorität. Dafür sind wir sehr dankbar.
Hat LANCER Pläne für eine Europatournee mit Shows in Deutschland? Wenn ja, habt ihr jetzt schon einige Termine?
Wir haben im Moment noch nichts gebucht, aber wir sehnen uns so sehr danach wieder auf Tour zu gehen. Es ist lange her, dass wir unsere Fans das letzte Mal getroffen haben. Wir wissen noch nicht wann und mit wem, aber es muss schnell passieren. Zunächst werden wir im Herbst einige Release-Shows hier in Schweden spielen, danach werden wir sehen welche Optionen es gibt. Deutschland ist die Heimat und Geburtsstätte des Power Metal, also ist es für uns der beste Ort, um auf Tour zu gehen.
In der Vergangenheit waren LANCER mit Bands wie FREEDOM CALL oder HAMMERFALL unterwegs. Gibt es eine Band, mit der du gerne auf der Bühne stehen würdest?
Alle Bands und ihre Crews, mit denen wir getourt sind, waren immer großartig und haben alle Support-Acts auf Augenhöhe behandelt. Wir haben gehört, dass es nicht immer der Fall ist. Der einzige Wunsch, den wir für eine Tour haben, ist ein respektvolles miteinander. Aber abgesehen davon würden wir gerne eine der wirklich großen Bands unseres Genres begleiten, wie zum Beispiel HELLOWEEN. SABATON wäre auch nett, wir haben die Band schon einmal getroffen und es sind wirklich großartige Jungs.
Vielen Dank für deine Zeit, die letzten Worte gehören dir.
Vielen Dank für die Interview-Möglichkeit. Wir hoffen, alle unsere Fans auf Tour in Deutschland zu sehen. Wir vermissen Euch!