Lacrimas Profundere
Interview mit Oliver Nikolas Schmid
Interview
LACRIMAS PROFUNDERE haben mit „Hope Is Here“ erstmals in ihrer Karriere ein Konzeptalbum veröffentlicht. Doch nicht nur textlich geht die Band auf ihrer aktuellen Platte neue Wege. Auch musikalisch toben sich die Dark-Rocker in bisher unbekannten Gefilden aus. Wie es dazu kam erklärte uns Gitarrist und einziges verbliebenes Gründungsmitglied Oliver Nikolas Schmid im Interview.
Hey Oliver, erstmal Glückwunsch zur neuen Platte!
Hallo Dominik, ja vielen lieben Dank. Wir sind so unglaublich stolz auf das Album, vor allem weil es uns gelungen ist etwas zu kreieren, womit du dich beschäftigen musst, um es vollkommen zu begreifen. Wenn du dir aber diese Zeit nimmst, hast du dein Ticket in dieses Abenteuer, deine eigene Reise. Mit einmal nebenbei hören ist es hier nicht getan. Denn was sofort zündet, langweilt doch meist nach dem zehnten durchlauf bereits. Wir sind hier auf metal.de, weil wir genau dies zu schätzen wissen. Du kannst dir heute noch „Number of the Beast“ oder „Holy Diver“ anhören und es klingt als wäre es das erste Mal, richtig? Das sind die Platten mit denen du dich beschäftigt hast, die dich abholen und bei denen du dir Zeit genommen hast, jedes noch so kleine Detail zu entdecken. Der Lohn dafür ist, dass diese Musik für die Ewigkeit hält. So ist das zumindest bei mir immer gewesen.
„Hope Is Here“ ist das erste Konzeptalbum von LACRIMAS PROFUNDERE. Worum genau geht es in der Geschichte?
Es geht um eine Reise in die Untiefen der Wälder, um die Gefahren, die plötzlichen Wendungen und um unseren Hauptdarsteller, einen kleinen Jungen, der dort lebt, kämpft, und nach seinem Sinn des Lebens sucht. Es geht darum ob man es alleine, abgeschnitten von der Außenwelt, aushalten würde, sich immer verstecken zu müssen, wenn als Belohnung dafür die grenzenlose Freiheit winkt. Es geht um die Schönheit der Natur und das, was wirkliche Schönheit eigentlich ausmacht und was dieser Wahn aus jemanden macht. Wird ein Kind das in der Wildnis ausgesetzt wird wirklich zum Manne, wenn es zurückkehrt? Der Junge auf dem Cover hat uns jedenfalls inspiriert, uns zum nachdenken gebracht und wir hatten nur ein Ziel: Ihn zum Leben zu erwecken. Seine Gefühle sozusagen durch unsere Musik sichtbar zu machen und hoffen, es ist uns einigermaßen gelungen. Das Cover findet jedenfalls schonmal jeder geil (lacht).
Wie unterscheidet sich das Song- und Textschreiben bei einem Konzeptalbum von einer „gewöhnlichen“ LACRIMAS PROFUNDERE-Platte?
Kurz und knapp: die Herangehensweise. Bei einem „gewöhnlichen“ Album steht jeder Song für sich, du kannst einfach drauflos schreiben, weil es muss ja keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Songs auf der Platte geben. Klar schaust du dir an, wie du die Reihenfolge festlegst, um einen guten Fluss in der Scheibe zu haben. Aber wenn du eine Geschichte erzählst, ist das eben etwas völlig anderes. Es muss jeder Track zur Atmosphäre passen und ein Song auf dessen Text das Ende der Geschichte geschrieben wurde, kannst du nicht in die Mitte packen, eh klar. Du musst versuchen, ähnlich wie in einem Film, die Story musikalisch zu umrahmen. Wir haben drei Jahre gebraucht um das Ding fertig zu stellen, haben uns in den Armen gelegen und beinahe auf die Fressen geschlagen. Wenn dann aber ein Song fertig wurde der jeden begeistert, der aus allem gemacht ist was dich gemacht hat, der dir beim hören seine Geschichte erzählt, dann weißt du, du hast etwas ganz besonderes geschaffen.
Könnt ihr euch vorstellen in Zukunft häufiger Konzeptalben zu schreiben oder wird das eher eine einmalige Sache bleiben?
Ehrlich gesagt, war es schon eine Menge harter Arbeit und ich hasse ja jegliche Art von Arbeit. (lacht) Daher bin ich aktuell erstmal froh dieses Mammutprojekt abgeschlossen zu haben. Somit denke ich also eher nicht. Rob unser Sänger schreibt glaub ich aber schon an der Fortsetzung. Also Rob, wenn du dies hier liest: Sorry Bro, du kannst den Stift wieder aus der Hand legen!
Ich empfinde das neue Album als die bislang zurückhaltendste und melancholischste LACRIMAS PROFUNDERE-Platte. Würdest du das so unterschreiben?
Ja, nachdem „Antiadore“ eigentlich unsere heavieste – gibt es das Wort überhaupt? – Platte wurde, sind wir jetzt sehr viel mehr in die melancholische Seite gewechselt und es geht wieder in Richtung unserer ganz alten Scheiben, schwere Riffs und sehr viele wunderschöne Melodien. Wir wollten etwas anderes versuchen, sonst wären wir uns selbst, was das Konzept anbelangt auch nicht treu geblieben. Was würde es für einen Sinn ergeben zu sagen wir machen ein Konzeptalbum, das genauso klingt wie eines der Vorgänger die kein Konzept inne hatten. Das Wort „zurückhaltend“ finde ich aber nicht sehr treffend, weil ich denke es ist mehr unsere mutigste Scheibe. Bei einigen Leuten ist das Wort Konzeptalbum ja doch schon etwas angestaubt. Gerade jene wollten wir aber vom Gegenteil überzeugen. Dann ist dies seit vier Alben wieder eine Platte, die wir selbst produziert haben und wir starten mehr als ungewöhnlich, gleich mit dem längsten Song mit weit über 6 Minuten in die Reise. Wenn du dir in jenem Song alleine den Chorus gibst, der ohne Vorwarnung direkt in die Fresse knallt, dann ist das schon alles andere als zurückhaltend! (lacht)
„Antiadore“ habt ihr 2013 noch bei Napalm Records veröffentlicht, wo ihr seit 1999 unter Vertrag standet. „Hope Is Here“ erscheint dieser Tage über Oblivion/SPV. Wie kam es zu dem Labelwechsel?
Jeder der 17 Jahre verheiratet ist wird mir beipflichten, es gibt gute und es gibt weniger gute Jahre. Napalm waren und sind lange und gute Freunde, ich hoffe die Jungs und Mädels sehen das ähnlich. Aber es war irgendwie an der Zeit für uns etwas Neues auszuprobieren, bevor wir in Rente gehen. Ich denke es gibt sehr wenige Bands, die 18 Jahre beim selben Label releasen, tja und da gehören wir jetzt auch dazu! (lacht)
Rund um die Veröffentlichung von „Hope Is Here“ spielen LACRIMAS PROFUNDERE einige Festival-Gigs und seid im Herbst als Support von IN EXTREMO unterwegs. Wann können eure Fans sich denn mal wieder auf eine Headliner-Tour von euch freuen?
Ja, es ist uns eine ganz besondere Ehre mit IN EXTREMO zu spielen. Gerade sitze ich im Bus auf dem Heimweg von der Burgentour und seh mir die Bilder an, es war super schön. Die Band ist so nett zu uns und wir können den Oktober kaum abwarten bis es in Hamburg, Erfurt und Berlin für uns weitergeht. Aber klar wird es auch eine eigene Tour geben und auch hier ist es nicht so ganz die eigene, weil wir einen gleichberechtigten Partner an unserer Seite haben werden und zwar unsere Kumpels von A LIFE DIVIDED. Da unser Tony ja in beiden Bands aktiv ist und beide Bands sich schon so lange schätzen und kennen, geisterte die Idee schon eine halbe Ewigkeit in unseren Köpfen herum, aber durch verschiedene Verpflichtungen auf beiden Seiten, war uns das bisher nicht möglich umzusetzen. Umso mehr freuen wir uns, dass es im Januar und Februar 2017 endlich soweit ist. Leider ist noch etwas hin, aber Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Die Tickets gibt es aber schon zu kaufen!
LACRIMAS PROFUNDERE haben bereits auf der ganzen Welt gespielt. 2012 wart ihr in China, noch bevor Größen wie IRON MAIDEN oder METALLICA dort zum ersten Mal aufgetreten sind. Wie kam es dazu?
Ach sieh an, das wusst ich jetzt gar nicht. Das ist ja cool. Ich liebe das Abenteuer und freue mich immer tierisch wenn wir wieder ein Angebot aus einem Land erhalten wo wir noch nie zuvor waren. Wenn aus jedem Angebot gleich eine Tour würde, wären wir noch öfters unterwegs aber wenn etwas auf unseren Tisch flattert, sagen wir erstmal „cool“ und versuchen es möglich zu machen. Gleich als Headliner nach China zu gehen war natürlich auch wieder ein Risko für alle Beteiligten. Aber was wäre der Rock’n’Roll“ ohne Risiko? Auch sind wir schon oft auf die Schnauze gefallen mit unserer Einstellung, aber diesmal wurde es belohnt und wir wurden sogar vom Flughafen abgeholt! (lacht) Wir haben vier Konzerte von Beijing bis nach Shanghai gespielt die alle proppenvoll waren. Wir haben die Mauer und die Verbotene Stadt besucht und sind erst letztes Jahr wieder zu den Midi Festivals zurückgekehrt und haben Japan und Korea gleich mit drangegangen. Wir haben in Harbin, der Stadt des Eises gespielt, wo wir nachmittags auf die Bühne mussten weil ab 19:00 Uhr in dieser Jahreszeit wegen der Kälte keiner mehr auf die Straßen geht und wurden in Chang Chun vom Bürgermeister der Stadt begrüßt. Aber wohl nur, weil wir uns am Flughafen als SLAYER ausgegeben hatten. (lacht) Das ist übrigens seit unser Tour durch Südamerika unser Running Gag. Keiner versteht den Namen LACRIMAS PROFUNDERE beim ersten Mal, aber die Leute kennen Namen wie SLAYER, METALLICA oder OVERKILL, aber meist keine Gesichter dazu. Also waren wir an jedem Flughafen eine andere Band. Als sich aber rumgesprochen hatte „SLAYER“ wären eben gelandet und wir in einen anderen Raum geleitet wurden, weil der Chef des Flughafens mit seiner Mannschaft und den Stewardessen ein Foto mit uns wollte, waren wir doch froh schnell den Flughafen verlassenen zu können, bevor hier einer zu googlen begann. (lacht) Das sind einzigartige Erlebnisse, die wir nie vergessen werden.
In den letzten 23 Jahren habt ihr so einige Bandmitglieder kommen und gehen sehen. Welche Besetzungswechsel hatten besonders große Auswirkungen auf die Band?
Ein Besetzungswechsel ist nie schön, weil man verliert ja nicht nur ein Bandmitglied, sondern in der Regel auch einen langjährigen Freund. Jeder hat sein Privatleben und man sieht sich ohne die Band und die Proben einfach nicht mehr so häufig und verliert den engen Kontakt. Es ist hart so viel zu spielen wie wir und trotzdem deinen Lebensunterhalt nicht davon bestreiten zu können. Wenn es mal gut läuft und du könntest zwei Monate leben, dann ist der Bandbus kaputt, oder deine Villa auf Sevilla benötigt neue Abflussrohre. (lacht) Nein im Ernst. Es ist ein hartes Brot und wenn einer sagt, ich möchte eine Familie gründen, oder nicht für einen Gig um 15:00 Uhr nachmittags vor 14 Besuchern auf der Nebenbühne satte 10 Stunden im Bus hocken, dann lass es mit der Mukke, bzw. bewirb dich nicht bei uns! (lacht)
Galerie mit 14 Bildern: Lacrimas Profundere - Hope Is Human Tour 2017 in BochumGalerie mit 16 Bildern: Lacrimas Profundere - Within Temptation auf Wasserschloss KlaffenbachMehr zu Lacrimas Profundere
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Stile | Gothic Metal, Gothic Rock |
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