Kreator
Wenn Hass regiert
Interview
„Man hat eine Verantwortung, wenn man in einer Band ist, die so einen Status wie KREATOR hat.“
Aber da du die Kutte von ’84 erwähnst: „Become Immortal“ ist ein sehr ungewöhnlicher Song für euch. Zum einen musikalisch, weil er sehr auf klassischen Heavy Metal abzielt, aber auch inhaltlich, weil du dich überraschend zurückblickend zeigst, was man sonst weder in Interviews noch bei der Musik von KREATOR von dir kennt.
Ich wollte mal so einen Song machen. Ich habe ein Album von TOCOTRONIC gehört, das autobiografisch war. Das fand ich toll und ich dachte mir so „Wie wäre es, wenn ich das auch mal mache, ohne das blöd und peinlich ist?“ Das war die Herausforderung. Ich wollte auch wieder ein Bild zeigen. Ich wollte ein Rückblick, der keiner ist. Es ging um eine Aufbruchstimmung. Die Bands vor KREATOR, TYRANT und wie sie alle hießen, waren bis auf TORMENTOR normale Heavy-Metal-Bands. Wir waren erst bei TORMENTOR brutaler. Eigentlich blickt der Song noch weiter zurück. Das ist der Stil, den wir etwa mit TYRANT gespielt haben. Das geht klar und ist meiner Meinung nach nicht peinlich. Du weißt, was ich meine. Es gibt ja so Leute, die erzählen dauernd von früher und für mich ist das langweilig. Man kann das mal erzählen, aber dann verrennen die sich darin und der Abend vergeht und du guckst schon auf die Uhr und dann kommt noch eine alte Geschichte. So soll der Song nicht sein. Der ist eher für jemanden, der jetzt gerade Heavy Metal entdeckt und sagt ihm: „Hey, das ist das, was wir damals erlebt haben. Vielleicht erlebt ihr das 2022 ähnlich.“ Dass man sozusagen die Fackel weitergibt.
Im Text heißt es an einer Stelle „Remember where you came from“. Wie wichtig ist das Thema Herkunft für dich und welche Art von Herkunft ist damit überhaupt gemeint?
Das ist eine gute Frage. Es ist eigentlich eine innere Einstellung. Ich habe immer versucht, eigenständig zu leben und mich von allen zwängen unabhängig zu mache, sowohl materieller als auch anderer Art. Ich habe einen großen Freiheitsdrang. Trotzdem ist es mir wichtig, dass man sich daran erinnert, woran man herkommt und nicht überheblich wird. Dass man dankbar dafür bleibt, wie es heute ist und sich daran erinnert. Wenn wir zum Beispiel auf Tour gehen, möchte ich, dass die Vorbands eine tolle Zeit haben und dass es ihnen gut geht. Wenn ich jemandem helfen kann, indem ich ihm eine alte Gitarre schenke, die ich übrighabe, dann mach ich das und er fängt damit selbst was an. Man hat auch eine Verantwortung, wenn man in einer Band ist, die so einen Status oder Erfolg wie KREATOR hat. Man muss sich Gedanken darüber machen, was mit der Musik passiert, wenn man nicht mehr da ist.
KREATOR blicken über den musikalischen Tellerrand
In „Conquer And Destroy“ ist DRANGSAL als Gastsänger zu hören. Sofia Portanet wiederum ist in „Midnight Sun“ dabei. Wie kommt es, dass ihr in der jüngeren Vergangenheit häufiger Feature-Gäste hattet, die mit Metal auf den ersten Blick nichts am Hut haben?
Das hängt damit zusammen, dass ich mittlerweile in Berlin wohne. Da habe ich mich mit vielen Musikern verbunden. Gerade so jemand wie DRANGSAL wird in eine Schublade gesteckt, aber er ist ein richtig inspirierender Typ, der mich bei jedem Treffen inspiriert. Und bei „Midnight Sun“ wäre es sehr offensichtlich gewesen, wenn ich jemanden von einer Symphonic-Metal-Band dazu hole. Aber es mit Sofia zu machen, war nicht offensichtlich, weil viele Metal-Fans sie vielleicht gar nicht kennen. Ich finde es immer gut, wenn solche Welten aufeinandertreffen, denn dann entsteht etwas Neues.
Als ich das Video zu „Midnight Sun“ gesehen habe, dachte ich sofort, wenn das nicht von dem Film „Midsommar“ inspiriert ist, weiß ich nicht mehr weiter.
Nicht nur das Video, sondern auch der Song ist davon beeinflusst worden, weil ich großer Ari-Aster- und generell Horror-Fan bin. Ich suche überall nach Inspiration und der Film schrie nach Metal-Video. Der Song übernimmt die Geschcihte von „Midsommar“ jetzt nicht eins zu eins. In dem Song geht es um kultisches Verhalten, darum, dass Leute etwas blind folgen, egal wie absurd es ist und das sehen wir in „Midsommar“. Visuell wurde es natürlich sehr inspiriert, aber eben nur inspiriert und hat auch eigene Elemente.
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