Korpiklaani
Bassist Jarkko berichtet über das neue Album "Karkelo"

Interview

Die finnischen Waldfüchse von KORPIKLAANI veröffentlichen alle Jahre wieder ein neues Erfolgsalbum und ihre unbändige Kreativität scheint nicht enden zu wollen. Anno 2009 ist es Ende Juni wieder soweit und die Finnen veröffentlichen mit „Karkelo“ ihren neuesten folkigen Kahlschlag. Warum die Tatsache der vielen Veröffentlichungen für die Jungs von KORPIKLAANI überhaupt nicht außergewöhnlich ist, was zum Teufel überhaupt „Karkelo“ bedeutet und was man in Finnland außer Trübsal blasen noch machen kann, erzählte mir Jarkko, seines Zeichens Bassist bei KORPIKLAANI und euphorischer „Vodka“-Verfechter…

 

Hey Jarkko, alles klar auf dem KORPIKLAANI-Schiff?

Ich kann dir sagen, dass es uns zurzeit sehr gut geht. Wir sind erst vor ein paar Tagen von unserer Nordamerika-Tour zurückgekehrt und es war überraschend schwer für uns mit dem Jetlag umzugehen, aber es wird immer besser.

Euer neues Album wird in einem knappen Monat erscheinen. Die zeitliche Distanz zwischen euren Veröffentlichungen ist nicht wirklich lang. Kannst du mir die Beweggründe für diese effiziente Arbeitsweise nennen?

Der Grund dahinter ist ganz einfach, und zwar bestand einfach die Tatsache, dass wir genug wirklich gute Songs zusammen hatten, um ein Album zu machen. Unserer Meinung nach kann es nicht sein, dass man Musik schreibt und diese dann nicht aufnimmt und veröffentlicht. Grundsätzlich läuft das bei uns so ab, dass wir die geschriebene Musik loswerden wollen, bevor wir wirklich mit neuem Material weitermachen können. Das heißt, solange unfertiges oder nicht aufgenommenes Material bei uns herum liegt, gibt es einfach kein Weiterkommen! Anscheinend ist es nicht mehr so, dass sich die Leute daran erinnern, dass es eigentlich normal für eine Rock-Band ist, dass sie zumindest ein Album pro Jahr auf den Markt werfen. Bestes Beispiel dafür sind IRON MAIDEN. Die haben ihre ersten fünf Alben innerhalb fünf Jahren veröffentlicht und niemand hat sie gefragt, warum sie so einen Stress haben!

Eure neue Scheibe heißt „Karkelo“. Was ist die Bedeutung dieses Titels?

„Karkelo“ bedeutet ganz einfach Party. Mit KORPIKLAANI zu spielen ist eine andauernde Party, von daher könnte der Titel nicht passender sein. Der letzte Song des Albums ist bezeichnenderweise auch noch mit „Hangover“ benannt, also zeigen wir euch auch noch die Kehrseite einer Party.

Stichwort Name: Warum heißt ihr eigentlich KORPIKLAANI?

Da habe ich zwei Versionen für dich parat. Zuerst die kurze Version: KORPIKLAANI bedeutet sinngemäß „der Clan des Waldes“ und das ist genau das, was wir sind – Leute aus dem Wald. Die längere Version sieht so aus: Als die Band während der Aufnahmen zum dritten offiziellen SHAMAN-Album gezwungen wurde ihren Namen zu ändern, hat Jonne dem Plattenlabel ein paar englische Namen vorgeschlagen. Das Label hat ihm gleich eine positive Antwort gegeben und here we are – sag es einfach in Finnisch!

In der Zwischenzeit seid ihr eine der erfolgreichsten Folk/Viking Metal-Bands im hiesigen Business geworden. Wie denkst du über diese Ehre? Verspürt ihr einen gewissen Druck, wenn ihr an die Arbeiten zu neuem Material herantretet? Quasi eine Art Erfolgsdruck?

Natürlich fühlt sich das hervorragend an, wenn man als eine der führenden Bands eines Genres bezeichnet und erkannt wird. Die ursprüngliche Idee war eigentlich nur, die Musik zu machen, die uns persönlich gefällt und nebenbei ein wenig die Welt bereisen. Erfolg und Bekanntheit sind quasi nur die netten Zusätze zu dem Ganzen. Eigentlich spüren wir keinen Erfolgsdruck. Wir planen musikalisch nicht wirklich viel. Das Album besteht einfach aus den Songs, die wir zu der Zeit hatten. Wir denken nicht voraus und nehmen uns auch nicht vor, dies und jenes zu tun. Zum Beispiel ein Album voller Trinklieder zu veröffentlichen, weil es die Fans von uns erwarten. Das sind einfach nicht wir. Ich persönlich glaube, dass das der Anfang vom Ende einer Band ist, wenn man beginnt, den Erwartungen und Hoffnungen des Publikums nachzugeben, anstatt auf sein eigenes Herz zu hören. Wir sind ehrlich zu unseren Hörern und vor allem auch uns zu uns selbst. Wir versuchen nicht, irgendwer anderer zu sein, als das, was wir wirklich sind. Und so wie es aussieht, respektieren die Leute das.

„Karkelo“ zeichnen wieder großartige Tanz- und Trinklieder sowie die Vielfalt and verschiedenen Melodien aus. Kannst du mir etwas über den Songwriting-Prozess von „Karkelo“ erzählen?

Zurzeit sind wir vier Komponisten in der Band und jeder hat natürlich seinen eigenen Schreibstil. Für gewöhnlich entsteht ein Song aus einer Idee. Diese kann eine einfache Melodie, ein Riff, eine rhythmische Struktur oder sonst was sein. Im Grunde genommen fängst du mit der Idee an und manchmal entsteht schon nach zehn Minuten ein Song daraus, es kann aber auch sein, dass man sich zehn Monate mit derselben Idee herumschlägt und diese schlussendlich wegwirft und wieder von vorne anfängt. Normalerweise schreiben wir alle für uns selbst und die anderen hören dann erst die fertigen Demos. Manchmal ändern sich die Songs auch noch während der Probephasen oder im Studio. Üblicherweise wird da nicht mehr viel herum gewerkelt und trotzdem gibt es auf „Karkelo“ einen Titel, der komplett im Studio überarbeitet wurde.

Woher nehmt ihr eigentlich die Ideen zu euren Texten? Ist das Ganze einfach eine spontane Inspiration oder sitzt ihr da vor dem Schreibtisch und erzwingt die Texte in stundenlanger, mühseliger Arbeit?

Da solltest du wirklich unseren Haupttexter Juha Jyrkäs fragen. Die meisten Grundideen stammen generell aus der finnischen Mythologie und Kultur. Natürlich darfst du dabei nicht den Alkohol und die Frauen vergessen, die einen untrennbaren Aspekt unserer Kultur ausmachen. Juha scheint so viel zu schreiben, dass es mir fast so vorkommt, als wäre es beides – Inspiration und harte Arbeit. Natürlich brauchst du eine gewisse Portion an Inspiration, aber eine gute Idee verlangt auch viel Arbeit von dir ab, bevor du es als fertigen Songtext präsentieren kannst.

Eure Texte erzählen ja erneut von Partys, dem schönen Leben und natürlich Alkohol. Magst du „Vodka“ in Wirklichkeit auch? Seid ihr eigentlich dauernd am Partymachen in der Freizeit?

Oh ja, Vodka ist sehr gutes Zeug. Es gibt so viele verschiedene Marken und nicht alle von ihnen sind wirklich gut, aber mit einem anständigen Mixer kannst du fast jeden Vodka trinken. Wir verbringen so viel Zeit auf der Straße und mit der Band, sodass wir nicht viel Zeit haben, um mit anderen Leuten irgendwo herumzuhängen. Natürlich schmeißen wir ab und zu eine Party, aber das muss dann nicht zwingend mit den Jungs von der Band sein!

Der Großteil eurer Songs auf „Karkelo“ wurde in Finnisch eingesungen. War es eure Absicht, die Zahl der englischen Songs erneut zu reduzieren?

Nein, das war nie eine bewusste Handlung. Dieses Mal hat es sich einfach so entwickelt, das nächste Mal kann es schon wieder ganz anders aussehen. Der Grund, warum KORPIKLAANI vor Jahren mit hauptsächlich englischen Texten begannen, war, dass sich Jonne mit seinen finnischen Texten nicht wohl gefühlt hat. Er dachte, dass sich das ganze Material in Englisch einfach besser anhören würde. Wenn man in seiner Muttersprache textet, wird man teilweise einfach zu selbstkritisch im Bezug zu deiner eigenen Arbeit und nichts klingt für dich gut. Im Englischen kannst du solch banale Texte wie „Gbebop a lula, she’s my baby“ schreiben und trotzdem klingt das Ganze gut. Wie gesagt, der oben erwähnte Juha Jyrkäs schreibt für uns exzellente finnische Texte und wir versuchen natürlich, sie so oft wie möglich zu nutzen.

Gibt es ein Konzept hinter „Karkelo“? Ich persönlich kann das nicht beurteilen, da die meisten Texte – wie schon erwähnt – in Finnisch sind, und da tu ich mir leider ein wenig schwer…

„Karkelo“ ist kein Konzeptalbum im engeren Sinne, nein. Ich denke jedoch, dass unser Konzept unseren langjährigen Fans klar sein sollte. Finnische Kultur, Geschichte und Mythologie. Alkohol und Frauen. Die Basis und der Grundsatz der finnischen Kultur. Ich würde sogar sagen, jeder Kultur!

Wo habt ihr das Album produziert und wer war daran beteiligt?

Die Drums wurden in Hollola Countryside in den Petrax Studios aufgenommen, wo es einen wirklich riesigen Aufnahmeraum gibt, der wie gemacht für die Drums ist. Der Rest des Albums wurde in Lahti in den Grooveland Studios produziert und eingespielt. Der Produzent war Aksu Hanttu, der in Finnland auch für Bands wie ENTWINE oder TUNOI tätig ist.

Hat der obligatorische Mann auf dem Cover eigentlich einen Namen? Scheinbar ist der Alte schon zu eurem persönlichen Maskottchen mutiert?!

Es ist zwar kein richtiger Name, aber wir nennen ihn „Vaari“, das bedeutet „Grandpa“ im Englischen. Ich denke auch, dass er zu unserem Maskottchen geworden ist. Zumindest verwenden wir ihn und nutzen ihn aus, so viel und so oft wir können!

Habt ihr auch noch ein paar Songs in Reserve, die ihr auf dem aktuellen Album nicht veröffentlicht habt?

Nein, nicht wirklich. Wir hatten zwar ursprünglich mehr Songs, haben dann aber die überschüssigen weg geworfen, bevor wir ins Studio gegangen sind. Wir waren gerade dabei einen weiteren Song von unserem Violinisten Hittavainen aufzunehmen, aber im Endeffekt konnten wir uns auf kein passendes Arrangement im Studio einigen und deswegen haben wir uns entschieden, das Ganze etwas zu verschiebe und es auf dem nächsten Album wieder zu probieren.

Hörst du dir auch Genre-Kollegen der Marke TYR an oder stehst du privat auf anderen Stoff?

Das kommt natürlich auf die Person an. In den letzten paar Jahren sind wir mit vielen Kollegen getourt und ich habe viele erst dadurch kennen und ihre Leistungen schätzen gelernt. Ich persönlich muss zugeben, dass TYR nicht meine Favoriten sind, obwohl ich die Jungs trotz allem wirklich mag. Ich bevorzuge da eher die langsame, melodische und sehr Doom-lastige Musik von MOONSORROW.

Wen oder was würdest du als deinen persönlichen musikalischen Einfluss bezeichnen?

Definitiv Tony Iommi. Grundsätzlich ist fast alles geil, was der Mann je gemacht hat. Geezer Butler und Steve Harris waren immer meine favorisierten Bassisten, obwohl ich dann später merkte, dass die ganze Welt voll Menschen ist, die hervorragend mit dem Bass umgehen können, wie zum Beispiel Geddy Lee, Pekka Pohjola oder der großartige John Entwistle. Natürlich darf man nie auf Lemmy Kilmister und MOTÖRHEAD vergessen. Jedes Wörterbuch sollte ein Bild von Lemmy beinhalten, das das Wort Rock’n’Roll definiert!

Im letzten Interview mit metal.de sagtest du, dass die finnischen Medien KORPIKLAANI nicht wirklich berücksichtigen. Hat sich diese Situation in den letzten Jahren und Monaten verändert?

Ich denke, dass sich das geändert hat. Zumindest die letzte Ausgabe des größten, finnischen Musikmagazins hat eine große Story über uns gebracht und in den nächsten ein, zwei Monaten wird eine weitere erscheinen.

Wie wählt ihr die aktuelle Setlist aus? Mittlerweile habt ihr ja eine erweiterte Backlist großartiger Songs, sodass fast schon die Qual der Wahl regiert?!

Normalerweise verwenden wir die Songs, von denen wir wissen, dass sie live funktionieren. Um die alten Klassiker, wenn man das so nennen kann, kommen wir sowieso nicht herum, denn die erwartet jeder. Du hast Recht, der Backkatalog ist wirklich groß geworden, sodass wir auch manchmal auf etwas verzichten müssen. Wenn ein neues Album auf den Markt kommt, ersetzten wir ein paar der alten Songs durch die neuen. Wir lassen dann Titel weg, die in den letzten drei bis vier Jahren unentwegt in der Setlist waren. Automatisch gibt es dann ein paar enttäuschte Fans im Publikum, doch es gibt so viele Leute, die uns schon so oft gesehen haben und eine kleine Änderung begrüßen.

Was sind deine Pläne für die nächste Zeit? Habt ihr eine anstehende Tour in eurem Terminkalender stehen?

Wir sind, wie schon zuvor erwähnt, gerade aus Nordamerika zurückgekehrt und den Juni können wir uns daher frei nehmen. Da gibt es nur zwei oder drei Festival-Auftritte, nicht mehr. Im Juli geben wir dann aber wieder richtig Gas und spielen ein paar Festivals in ganz Europa und auch das restliche Jahr wird sehr hektisch werden. Wir werden auch am europäischen Ableger des Paganfest im September und Oktober spielen.

Hast du einen speziellen Ort, an dem du gerne deine Freizeit verbringst, um einfach einmal zu relaxen?

Zuhause. Wenn du in einer Band spielst, bist du immer umgeben von Menschen, von daher ist die beste Möglichkeit zum Entspannen, einfach einmal von allen wegzugehen. Das eigene Zuhause ist da der beste Ort.

Vollende folgenden Satz für mich: „Musik bedeutet für mich,…

…die beste Art, um mein Leben zu leben.“

Hast du noch etwas, das du gerne loswerden möchtest? Was wären deine berühmten letzten Worte?

Nein, das war’s eigentlich und meine letzten Worte spare ich mir lieber noch für später auf ;-)!

Danke Jarkko!

Danke dir.

Galerie mit 25 Bildern: Korpiklaani - Wolkenschieber Winter Tour 2024 in Saarbrücken
26.05.2009

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