Korn
Interview mit Ray Luzier über "The Paradigm Shift", 20 Jahre KORN und Liebe zur Musik
Interview
Ok, wir sprachen gerade über „Never, Never“, also mich hat der Songs irgendwie sofort an „Make Believe“ vom Album „Untouchables“ erinnert.
Genau.
Denn man muss wirklich auf den Text achten und dann merkt man auch, dass er gar nicht sooo weich ist, wie man erst denkt, nur weil „love“ darin vorkommt…
Für mich, da ich ja selbst ein langjähriger, großer Fan von KORN war und bin, ist die Kritik echt schwer zu verstehen. Es ist schon nachzuvollziehen, dass die Leute einen Sound von KORN wollen, den sie eben schon kennen. Bei „The Path Of Totality“ war es ja auch so ähnlich mit den Rückmeldungen, aber wie schon gesagt: Warum immer das Gleiche tun, macht was Neues! Das Ding muss laufen, frisch bleiben.
Von „The Paradigm Shift“ habe ich mir die Deluxe Version mit der DVD über die Entstehung der Platte gekauft. Ich war etwas überrascht darüber, dass anscheinend jeder- außer Jonathan- für die Musik verantwortlich ist und er dann wiederum allein verantwortlich für die Texte. Geht ihr immer so vor?
In diesem Fall war das so, ja. Bei „The Paradigm Shift“ haben wir tatsächlich die Basis zu viert geschaffen und Jonathan kam später dazu, es hat sich aber einfach so ergeben. Er hat eigene Dinge erledigt und ist später dazugestoßen. Bei „Korn III – Remember Who You Are“ war es wieder ganz anders und wir haben alle zu viert, damals ja ohne Brian, daran zusammen gearbeitet. Bei „The Path Of Totality“ war Jonathan dann sehr stark eingebunden, hat viel mit Produzenten gemacht, Munky und Fieldy kamen dann später dazu und ich mit dem Schlagzeug erst danach. Das ist bei jedem Album also ganz anders.
Ihr habt also kein striktes Vorgehen für eine Albumerschaffung?
Nein, es gibt keine Formel, was gerade im Moment gut ist wird getan. Wir haben übrigens gerade wieder zwei KORN-Songs gemacht, die sogar meiner Meinung nach die besten sind, die ich von KORN je gehört habe – jemals! Die kommen im Sommer raus und hier war es eigentlich genauso spontan. Jonathan rief an, dass er einige Ideen hätte und angefangen habe, etwas zu basteln. Wir schickten es zu Brian, der wieder zu Munky… es läuft also nicht nach Plan, sondern immer anders.
Das scheint wohl schon die Antwort auf meine nächste Frage zu sein, nämlich warum KORN nach all den Jahren wohl noch so erfolgreich sind?
Alle Bands sagen ja immer, dass sie die besten Fans haben. Ich will gar nicht sagen, dass wir die besten Fans haben, aber wir haben eine Menge so richtig harte Die-hard-Fans. Da draußen ist ein Mädchen, die sieht heute ihre 56. KORN-Show, zieh dir das rein- ihre 56. KORN-Show! Unglaublich. Musik hat mehr Macht, als wir denken. Es ist eine Lebenseinstellung, nicht nur so ein Ding… Jede Band beeinflusst die Leute anders. Manche sind nur so drauf, dass sie von jeder Band ein oder zwei Songs mögen. Aber ein Die-hard-KORN-Fan mag jeden Song von uns, die fliegen in andere Länder, in den USA hin und her. Als ich in die Band kam, war ich mir gar nicht darüber bewusst, dass es tatsächlich weltweit ist. Manche Bands sind bekannt in USA, oder nur in Kanada, aber KORN ist tatsächlich weltweit präsent. Und trotzdem gefällt es natürlich auch nicht jedem, ich bin schon oft sehr abschätzend gefragt worden: „Warum spielst du denn in dieser Band?! Ich hasse die.“. Anderseits kommen dann andere, fangen an zu weinen und erzählen mir, dass die Band ihr Leben gerettet und über eine schwere Zeit hinweggeholfen hat. Das ist es doch, was Musik ausmacht.
Wäre doch total langweilig, wenn jeder dieselbe Musik gut finden würde und es nur das eine Ding gäbe. Die Leute tauschen sich emotional über ihre Lieblingsbands aus und vor allem ist Musik eine universelle Sprache. Vollkommen uninteressant, welche Sprache du sprichst, alle kommen zusammen auf diesen einen Nenner. Wir haben in Südafrika gespielt und jetzt hier in Deutschland, Australien… es ist einfach eine tolle Sache.
Ist das etwas, dass du auch in der „School Of Roth“ gelernt hast? (Anmerkung d. Verf.:Ray hatte die Ehre die Weisheiten von David Lee Roth über Jahre gründlich aufzusaugen und ist somit anerkannter Absolvent)
(lacht) Das kann man nicht lehren. Ich habe viele Jahre an einer Universität in Hollywood, Kalifornieren zum Thema Musik unterrichtet. Für mich war das echt lustig; man kann Technik unterrichten, seine Erfahrung weitergeben, aber letztendlich kannst du nicht „Seele und Herz“ als Fach anbieten. Das hat jeder in sich drin, es steckt ganz tief in uns drin und kann nicht auf ein Papier geschrieben werden. Letztendlich konnte ich also nur an der Oberfläche unterrichten, war aber immer lustig zu beobachten, wenn Schüler dann an diese Grenze stießen.
Ich habt einen sehr aktiven You Tube-Kanal und zeigt immer wieder Filme von Begegnungen mit euren Fans. Sie haben Tattoos mit euren Gesichtern, basteln aufwendige und echt abgefahrene Dinge für euch und geben letztendlich die Liebe zu KORN über Generationen weiter. Oder auch der kleine Lukas, der auf dem Rücksitz im Auto seiner Eltern richtig passioniert bei KORN mitsingt. Was daran fasziniert hat ist ja nicht, dass ein kleines Kind mitsingt, sondern dass er so extrem emotional dabei ist.
Ja, abgefahren! Da draußen standen eben auch 3-Generationen-Fans! Mein Sohn singt auch schon „Spike In My Veins“, er hat seinen ganz eigenen Tanzstil entwickelt und ist schon sehr eingegroovt und routiniert, ich habe ihm das nie gezeigt. Er macht es einfach so.
Warst du denn Fan von einer Band, schon in so jungen Jahren?
Als ich sehr klein war, waren es – klingt jetzt komisch, denn viele bezeichnen sie als Clowns – KISS. Die waren so mächtig, mit ihrem Feuer und ihren ausgearbeiteten Charakteren und ihrer Show. Da war ich als 8-jähriger enorm beeindruckt und habe auch gleich angefangen, deren Songs auf dem Schlagzeug zu spielen. Dann kamen LED ZEPPELIN, AC/DC und IRON MAIDEN, RUSH, FRANK ZAPPA, also so’n Zeug.
Zeigt dein Sohn auch schon musikalische Ambitionen?
Ein bisschen, bei uns zu Hause stehen überall Instrumente rum und er hat jederzeit Zugang dazu, er hat auch ein kleines Schlagzeug. Ich habe ja gerade KXM (Anmerkung d. Verf.: Band mit Ray Luzier, Doug Pinnick von KING’S X und George Lynch von LYNCH MOB und ex-DOKKEN) gemacht, dazu spielt er immer Luftgitarre, macht echt Spaß ihm dabei zuzusehen.
Welchen Tipp würdest du jungen Musikern geben, mal abgesehen von den Emotionen, was sollte man beachten?
Man sollte Musik für sein Leben gerne lieben. Wir touren jetzt gerade wieder und glaub mir, wir machen das bis wir sterben. Das ist kein kurzzeitiges Ding und dann machst du was anderes. Letztendlich ist es auch egal, ob man viel oder wenig Geld verdient, denn etwas muss dich antreiben und dann kannst du gar nicht mehr anders. Man kann nicht sagen: Doktor, Anwalt oder Musiker?! Das ist ein Ausnahmeberuf, und irgendwie kannst du noch nicht mal wählen, denn die Musik wählt dich. Wenn du befallen bist, dann begleitet dich das dein ganzes Leben. Für mich ist das in Ordnung, es macht Spaß. Viele fragen mich auch, was ich tun würde, wenn mein Sohn Musiker werden will. Ist mir doch total egal, er soll werden was er will. Wichtig ist, dass er glücklich ist.
Euer Tourplan sieht richtig krass aus: Deutschland, Schweden, Finnland, Russland, Kanada, dann zurück nach Amerika. Du bist ja jetzt, auch ohne KORN, seit über zwanzig Jahren dauernd auf Tour. Hat man da überhaupt noch Lust zu reisen?
Da wir Kinder haben, ist es jetzt echt hart. Wir versuchen nie länger, als vier bis fünf Wochen am Stück weg zu sein und stehen natürlich in ständigem Kontakt. Jetzt sind wir in den Vierzigern (grinst) und nicht mehr 22. Das fühlt sich also alles anders an. Der Jet-lag dauert länger und man braucht länger, um sich vom Gig zu erholen. Dafür dreht es sich jetzt nur noch um Musik, für den ganzen Zirkus drumherum ist gar keine Zeit mehr und die Drogenprobleme, die KORN in den letzten Jahren hatten, sind damit erledigt. Ich habe niemals in meinem Leben Drogen genommen, darauf bin ich sehr stolz. Ich habe nie eine Zigarette geraucht, noch nie Pott geraucht und trinke höchstens mal ganz selten ein Glas Rotwein. Das hat meiner Meinung nach auch sehr viel damit zu tun, dass ich überhaupt noch die Energie habe, das zu tun. Viele meiner Freunde aus dem Musikgeschäft waren davon betroffen, sie haben Drogen genommen und jetzt holt es sie mit den Jahren ein. Sie wollen und können nicht mehr touren und es fehlt ihnen einfach die Power.
KORN hat sie zum Glück noch und selbst wenn wir müde werden oder Jet-lag haben – wenn wir auf die Bühne gehen, geben wir 110%!
Na dann, auf die nächsten 20 Jahren KORN!
© Alle Konzertfotos im Artikel: Nadine Schmidt
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