Korn - Interview mit Head
"Leiden hat uns geholfen!"

Interview

Bist du jemand, der Songs zielgerichtet dafür benutzt, sich in gute Stimmung zu bringen oder in trauriger Stimmung trösten zu lassen?

Meistens nutze ich dafür instrumentale Musik. Es gibt so eine Sammlung von CDs namens „Without Words“, da ist unter anderem auch die Band HAMMOCK vertreten. Das klingt alles sehr traurig, was die spielen, aber letztendlich bringt es mich dazu, mich gut zu fühlen. Häufig werde ich gefragt, warum ich mir sowas anhöre, es wäre einschläfernd oder würde einen depressiv drauf bringen. Na ja, mich macht sowas letztendlich wieder gut gelaunt.

Viele Leute scheuen sich davor, sich mit sowas zu umgeben, wollen sich immer glücklich fühlen. Mal den Gegensatz auszureizen, kann auch effektiv sein, ich mache das auch so. Man muss ja auch wissen, was Schmerz bedeutet, um Freude zu empfinden.

(lacht) Okay, dann kannst du das ja verstehen.

Kommst du eigentlich aus einem musikalischen Elternhaus?

Nein, meine Eltern können überhaupt nicht singen (lacht) oder irgendwie nur im Ansatz ein Instrument bedienen (lacht). Aber sie waren immer große Fans von Musik, ich erinnere mich an QUEEN und BILLY JOEL, sowas lief bei uns immer. Irgendwann wurde mir bewusst, dass ich das mag, und ich fing an, mir eigene Musik zu besorgen. Das waren dann IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST, MÖTLEY CRUE und OZZY OSBOURNE. Es ging dann fließend, dass die Musik mich komplett für sich einnahm und mein Leben wurde.

Für dich gab es also nie eine berufliche Alternative?

(lacht) Nein, obwohl … stimmt doch nicht so ganz. Ich interessiere mich etwas für Immobilien, momentan verkaufe ich gerade ein Haus, das ich gebaut habe.

Mit deinen eigenen Händen gebaut?

(lacht) Nein, ich habe es geplant und auch bei der Inneneinrichtung mitgewirkt. Also sowas macht mir schon Spaß, aber ich wollte jetzt nie Anwalt werden oder irgendein Quatsch.

Rock’n’Heim Festival, Hockenheim im August 2014, © N. Schmidt

Was war denn dein erster Song, den du auf der Gitarre gespielt hast?

„Smoke On The Water“, aber ich hatte keine Ahnung von überhaupt nichts. Ich nahm die Gitarre (stellt dies pantomimisch dar) und zupfte irgendwie so rum (singt die Töne des Songs komplett schief), suchte mir so irgendwie im Blindflug die Töne zusammen. In meinem Kopf hörte sich das ungefähr richtig an.

Ich dachte damals, es wäre schlau, mit „Paranoid“ anzufangen, bin dann aber auch bei „Smoke On The Water“ gelandet, weil der Hammer-on mir dann zu kompliziert war.

(nimmt mich auf den Arm) pfff, „Paranoid“ ist ja mal sowas von einfach.

Ja genau, für dich jetzt natürlich, aber doch nicht damals als erstes Lied. Von den BEATSTEAKS habe ich früher auch viel gespielt, kennst du die?

Ne. Oder, ach nein doch (aufgeregt) doch, doch die kenne ich. Das sind doch die mit dem einen Lied, das so ähnlich einfach ist wie „Iron Man“, so ein einfacher Song, der aber enorm einprägsam und cool ist (Anmerk. d. Verf.: Er meint und summt „I Don’t Care As Long As You Sing“). Bei den KORN-Songs ist es übrigens auch so, dass wir viele Songs haben, die eigentlich einfach sind, aber eben dann mit Groove überzeugen. Bei GOJIRA oder CAR BOMB ist es genau andersrum, verdammt sind die technisch versiert, das ist geil.

CAR BOMB! Ja die sind gut, so djentig und haben letztes Jahr ein gutes Album herausgebracht.

Ja, ja geil! (zeigt es mir begeistert auf seinem Handy)

Du teilst hier ganz schön viele Komplimente aus, was war denn das beste Kompliment, das du je zu deiner Musik bekommen hast?

Deine Musik hat mein Leben gerettet.

Und du wusstest, dass sie es wirklich ernst meinen?

Ja, auf jeden Fall. Jonathan ist so emotional mit seinen Songs, seit Jahren, und man merkt, dass das die Fans seit Jahren begleitet und berührt. Für mich gibt es nichts Schöneres.

Dabei ist genau das ein häufiger Kritikpunkt an KORN, dass sich die Texte angeblich immer noch um Teenagerprobleme drehen würden und es für Männer eures Alters nicht angemessen sei. Kann ich schwer nachvollziehen. Meiner Meinung nach legt man das innere Kind nie ab und kann darüber immer singen, ohne an Authentizität zu verlieren.

Sehe ich ähnlich, deine Probleme sind dein ganzes Leben lang in dir drin. Komplexe und Ängste, die man hat. KORN hat sich schon immer um den Prozess des Leidens gedreht, am Anfang als Teenager, ganz klar. Jetzt geht es eher um Beziehungen, das Gefühl, alleine zu sein und solche Dinge. Letztendlich kommt es darauf an, ob man es ernst meint oder nicht.

Da passt es ganz gut, dass das aktuelle Album von KORN „The Serenity Of Suffering“ heißt. Denkst du, dass es möglich ist, sich an Leiden zu gewöhnen?

Was ich über die letzten Jahre gelernt habe, ist, dass Leiden gute Dinge produzieren kann. Ernsthaft, je mehr du leidest und darüber hinwegkommst, desto mehr … (stockt) ach nein, ich will das eigentlich richtig formulieren … es macht dich auf jeden Fall stärker. Manchmal begegne ich Menschen, die immer auf der Mittellinie spazieren und dann bei Konflikten einknicken.

Dann merke ich, dass ich stärker bin, weil ich schon einiges durchgemacht habe. Immer eine Sache der Perspektive, jeder hat fröhliche und traurige Zeiten, ob das jetzt unbedingt gleich Leiden sein muss, weiß ich nicht (lacht). Das waren Jonathans Worte. Er sagt, dass es für ihn normal ist, schlecht drauf zu sein. Leiden hat uns ganz schön geholfen mit der Musik (lacht). Keine Ahnung, ob unser Leben jetzt toller wäre, wenn wir von Anfang an Texte wie BLINK 182 geschrieben hätten (lacht).

Das Leben hat dir auch nichts versprochen.

Genau (lacht).

Galerie mit 22 Bildern: Korn auf dem M'era Luna 2017

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08.04.2017

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