Korn
Korn
Interview
"Untouchables" – unberührbar oder unantastbar? Wir (Metalgreg und Counterforce) konnten nicht die Finger vom neuen Korn-Album lassen und können bereits anfangs schon eine These revidieren: Korn sind nicht unangreifbar! Den Anfang macht Metalgreg:
Die Frage ist, was hat man eigentlich von Korn zu erwarten? Bisher glich kein Album dem anderen und eine Weiterentwicklung fand immer statt. So auch diesmal. „Untouchables“ knüpft meines Erachtens da an, wo „Issues“ aufgehört hat. Mittlerweile verzichtet Johnathan Davis auf jegliches Klapsmühlen-Geschrei und Psycho-Gestöhne. Auch die Quietschsounds der Gitarren sind weg, der klackernde Slapbass ist zumindest weniger vordergründig. Aber war das nicht schon auf dem Vorgängeralbum so? Schon „damals“ haben sie die ganzen Hip-Hop-Einflüsse entfernt und sich verstärkt dem konventionellen Songwriting gewidmet. Was sich gegenüber „Issues“ lediglich geändert hat, ist der gesteigerte ‚Pop-Appeal‘.
„Make Believe“ klingt tatsächlich ziemlich strange. Garnicht mal zu poppig, sondern eher unzugänglich. Ich denke aber, dass auch einige Beispiele für geglückte Versuche in Richtung Pop zu nennen sind. Zum Beispiel die gelungene Ballade „Alone I Break“, der atmosphärische Übersong „Hollow Life“ oder das fast schon epische „No One’s There“. Allesamt Sachen, die zwar nicht nach „typisch Korn“ klingen, aber auch ihre Klasse besitzen – zumindest in melodischer Hinsicht. Hingegen sind die Songs, die sich an der Disziplin Härte orientieren („Embrace“ oder „Wake Up Hate“), Schwachpunkte. „Wake Up Hate“ klingt zudem nach Industrial irgendwo zwischen NIN und Static-X, der Tiefpunkt der ganzen Scheibe.
Da muß ich dir recht geben. Jonathan Davis überspannt die melodische Schlagseite, indem er zu Sachen „singt“, zu denen man eigentlich nicht singen kann. Ganz selten kommen noch die tiefen Grunts und die Psycho-Schreie durch, welche ich aber über weite Strecken vermisse. Ich habe häufig den Eindruck, daß er sich mit seinen Vocals erst im Refrain „wiederfindet“. Aber diese Ohrwurm-Gesangslinien der Refrains haben doch auch ihren Reiz, z. B. bei „Thoughtless“.
So weit würde ich nicht gehen und Korn mit gängigem Radiogeplätscher zu vergleichen. Auch wenn du das anders siehst, ganz so schnell erschliesst sich dieses Album auch nicht. Das Album wächst mit jedem Hören (zumindest in meinem Fall). Je nachdem, wie man zu „Ohrwürmern“ steht, entscheidet sich, ob man dieses Album annimmt oder nicht. Ich selber habe dabei keine Schwierigkeiten mit dem neuen Kurs von Korn. Unbestreitbar ist, daß sie durchschaubarer geworden sind. Ihr Aggressionspotential ist fast verflogen oder wird berechenbar vorgetragen. Aber diesen schrillen Charme des Extremen haben Korn (wie oben schon angedeutet) bereits mit „Issues“ verloren; wenn nicht schon zum Teil auf der „Follow The Leader“. Es sind halt die „neuen“ Korn, die nicht an alte Stärken herankommen, dafür aber neue besitzen. „Korn II“, sozusagen. Was meinste?
Wenn ich das Debut „Korn“ oder das Hip-Hop-lastige „Follow The Leader“ zum Vergleich heranziehe, dann zieht „Untouchables“ ohne jeden Zweifel den Kürzeren. Die Neue ist kein Klassiker geworden und schon gar nicht die Beste aus dem Hause Korn. Aber dieses Album ist immer noch gut genug um zu überzeugen, auch wenn die Erwartungen vieler Fans nicht erfüllt wurden. Was bleibt denn Korn auch anderes übrig? In Zeiten, in denen jede dritte Band auf den New-Metal-Zug aufspringt, um mit einem Sound zu musizieren, den Korn schon vor Jahren entwickelten, ist es vielleicht das einzig Richtige sich weiterzuentwickeln und die alten Pfade zu verlassen.
Abschliessend würde ich sagen, daß Korn sich aus meiner Sicht immer noch im „grünen Bereich“ befinden. Einzig Davis‘ Gesangsstil kann man als (ich betone) kleine Enttäuschung werten. Die Songs mögen unspektakulär wirken, nach ein paar Durchgängen funktionieren sie bestens. Nun zur Bewertung: Gemessen an ihren früheren Werken mag „Untouchables“ 7 Punkte verdienen. Wenn man aber mal guckt, was man von der neumetallischen Konkurrenz vorgesetzt bekommt, dann werden sie ihrem „Leader-Status“ allemal gerecht. Deshalb würde ich der Scheibe ohne Bedenken 8 Punkte geben.
45 Euro hätte ich für Korn anno 1994 auch nicht bezahlt. Aber das nur am Rande. 😉
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