Klabautamann
Interview zu 'The Old Chamber'

Interview

Klabautamann

Die Zeitgeister haben wieder zugeschlagen. Neben dem großartigen WOBURN HOUSE-Album „Sleep Summer Storm“, das den Kollegen Jan verzaubern konnte, erschien vor gut einer Woche das vierte KLABAUTAMANN-Album „The Old Chamber“. Anlässlich der wieder etwas roheren, jedoch nicht minder atmosphärischen, Ausdrucksform, die Tim Steffens und Florian Toyka gewählt haben, nutzte ich die Gelegenheit, mit Florian ein wenig über dies und das zu plaudern.

Hallo Florian! Lass mich dir zunächst ganz herzlich zur Veröffentlichung von „The Old Chamber“ gratulieren. Wie fühlt es sich an, dieses Kapitel abgeschlossen zu haben?

Oh, das fühlt sich gut an! Ist immer schön, eine Sache zu Ende zu bringen. Wurde gegen Ende etwas chaotisch mit Deadlines und verpeiltem Presswerk, aber jetzt ist alles durch und wir freuen uns sehr, endlich das neue Album präsentieren zu können!

Fein! Bevor ich jedoch zum Album selbst komme: Erzähl doch kurz, was bei KLABAUTAMANN und den Zeitgeistern seit „Merkur“ passiert ist. Wann find „The Old Chamber“ an, in euren Köpfen Gestalt anzunehmen?

Also, eigentlich hatten wir uns letztes Jahr getroffen und beschlossen, an neuem Material zu arbeiten. Ging erstmal nur mit cleanen Gitarren los. Und dann kam Tim auf einmal aus dem Nichts mit einer Menge Songs an, die er während eines Aufenthalts in einer einsamen Hütte in der Eifel geschrieben hatte. Er hat mir das Material gezeigt und ich fand es auf Anhieb super und sehr KLABAUTAMÄNNisch! Wir haben dann noch ein bisschen Zeit vergehen lassen und immer wieder über die Songs gesprochen, mit dem Ergebnis, dass wir beschlossen, sie mit KLABAUTAMANN zu verwenden. Ich habe mich dann an den Bass verkrümelt um die straighten Songs nicht mit überflüssigen zweiten Gitarrenstimmen zu verschlimmbessern. Es folgten etwa acht Arrangier-Proben mit unserem Drummer Patrick und eine total stressfreie Aufnahme-Session. Gerade fällt mir ein, dass es da eine weitere Parallele zum Debut gibt: Auch da gab es einige Songs von Tim, die er allein schon fertig und eigentlich für eine andere Band gedacht hatte. Sie bilden den Kern von „Our Journey Through The Woods“.

Nun, daher klingt das Resultat wohl nicht unbedingt so, wie man es nach „Merkur“ erwarten konnte: Wie sind die Reaktionen auf „The Old Chamber“ von Seiten der Press und der Fans bisher?

Zum Glück sehr gut. Ist jetzt ja auch nicht so, dass wir komplett was anderes machen. Die Leute, die jetzt mit dem Album eine Problem haben, müssen aber auch mal ihre Erwartungshaltung hinterfragen. Klar, ich kenne das, man haute eine Band, die man liebt, und dann kommt eine zunächst nicht sehr nachvollziehbare Entwicklung. Das muss man auch als Die Hard-Fan den Bands zugestehen. Die Welt geht nicht unter, weil es jetzt (noch) nicht „Merkur – Part II“ gibt. Das Album klingt sehr nach KLABAUTAMANN, insofern ist für uns alles ok. Vor allem hatten wir so viel Spaß mit den Songs. Und ich glaube, das geht zum Glück auch so gut wie allen Fans so – zumindest habe ich bisher nur positives Feedback.

Dann lass uns mal versuchen, die Hintergründe von „The Old Chamber“ weiter zu erkunden. Du hast ja eben gesagt, dass ihr eigentlich den mit „Merkur“ eingeschlagenen Weg weitergehen wolltet. Was kann ein Aufenthalt in einer einsamen Hütte in der Eifel anrichten, dass ihr euer Vorhaben fast vollständig über Bord werft und auch so ‚radikal‘ umorientiert?

Ach, das ist alles ganz einfach. Kreativität lässt sich nicht planen. Klar, wir hatten uns gewisse Sachen vorgenommen, aber Tim war eben inspiriert und dann muss man auch in der Lage sein, von seinen ursprünglichen Vorstellungen abzuweichen und sich einfach mitreißen zu lassen. Keine Ahnung, ob das unter kommerziellen Gesichtspunkten sinnvoll ist, aber das uns zum Glück scheißegal sein.

Nun klingen eure Aussagen im Info-Sheet fast ein wenig „genervt“ von modernem, avantgardistisch angehauchten Black Metal. Habt ihr tatsächlich die Schnauze voll von derartigen Strömungen oder ist das nur eine ’selling proposition‘ für „The Old Chamber“, hehe?

Eher Letzteres, haha! Die Erfahrung zeigt, dass viele Redakteure wissen wollen, was sie schreiben sollen, anders kann ich mir das häufige 1:1-Kopieren der Album-Informationen nicht erklären. Wobei ich mich auch vor „Merkur“ nie für modernen Black Metal interessiert habe. Ich kriege von aktuellen Entwicklungen eh so gut wie nichts mit und höre sowieso kaum Black Metal, egal welcher Strömung. Obwohl im Moment die „Vempire“ von CRADLE läuft…

Die Produktion des Albums könnte in diesem Zusammenhang die atmosphärische Retrospektive Lügen strafen, denn der Klang ist glasklar, druckvoll und differenziert. Wieso habt ihr euch für diesen Sound entschieden, statt auch hier ungeschliffener und „ursprünglicher“ zu agieren?

Auch hier würde ich nicht von „entschieden“ sprechen. Wir haben einfach beschlossen, den Mix an unseren langjährigen Freund und Weggefährten Armin Rave zu geben (er hat auch das Debut gemischt), und das ist dabei raus gekommen. Es klang auch einfach nach der Aufnahme alles von alleine schon gut und rund und fett und Armin hat dann mit seinem Know-how und seinem Analog-Studio eben das Ganze noch perfektioniert, anstatt alles künstlich schlecht oder roh zu machen. Das ist aber alles super und ok so, das Album ist dynamisch und druckvoll und atmet. Alles klingt natürlich und angenehm, wir sind sehr zufrieden.


Wie ist bei KLABAUTAMANN eigentlich die Aufteilung? Du und Tim, ihr seid beide als Gitarristen beteiligt – wer schreibt den größeren Teil der Musik? Hat sich auf „The Old Chamber“ im Vergleich zu „Merkur“ etwas daran geändert?

Ja, in der Tat, siehe oben. Mir blieb auch gar keine Zeit, Songs bei zu steuern, Tim kam ja quasi mit ’nem fertigen Album an, haha! Vorher haben wir immer beide Songs beigesteuert, mal Tim mehr, mal ich. Dieses Mal habe ich mich darauf beschränkt, mit zu arrangieren, Bass zu spielen und hier und da ein paar zusätzliche Gitarren beizusteuern, die aber mehr der Atmosphäre dienen als großartig in die Songs einzugreifen. Da wir aber beide prinzipiell ein großes Bedürfnis nach zweistimmigen Gitarren haben, werden wir beim nächsten Album sicher beide wieder an der Gitarre zu hören sein.

Bei den Texten erübrigt sich diese Frage: Laut Booklet stammen alle Texte von Maria Koch, deren Familie anscheinend eine Gastgeber-Rolle für den Eifel-Aufenthalt spielte. Kennt ihr die Dame schon länger – und falls nicht, wie kommt es, dass es offenbar eine künstlerische Schnittmenge zwischen ihr und euch gibt?

Maria ist Tims Freundin! Sie hat auch schon für „Merkur“ einen Text geschrieben („Herbsthauch“).

Ah, das erklärt natürlich alles. Gibt es denn so etwas wie ein Konzept hinter „The Old Chamber“? Falls nicht, gibt es so etwas wie einen roten Faden?

Als grobes Konzept kann man sicher anführen, dass es bei Tim diese alten Black Metal- und Wald-Feelings gab, das, was wir auch verspürt haben, als wir in den Anfangstagen Bands wie ENSLAVED, ULVER, BORKNAGAR, HADES usw. entdeckt haben. Diese Gefühle haben ihn dazu inspiriert, die Songs so zu schreiben. Es gibt aber keine inhaltliche Konzeption, soweit ich weiß.

Auch für das Artwork habt ihr mit John Bauer jemanden „von außerhalb“ gewinnen können, der bereits für „Our Journey Through The Woods“ das Artwork lieferte. Mich erinnert das Bild ein wenig an „Goldlöckchen und die drei Bären“. Gibt es also auf „The Old Chamber“ auch ein Bettchen, in dem Goldlöckcken gelegen, ein Becherchen, aus dem sie getrunken, ein Tellerchen, von dem sie gegessen hat? Sind die drei Kuttenträger ähnlich gutmütig wie die drei Bären?

Die drei Typen sind Menschen, Freunde, Fans, die für dieses Album unsere Gefühle und Beweggründe und somit unsere Entwicklung nachvollziehen können und wollen. Sie erhalten einen Schlüssel für die „Old Chamber“ und dürfen – wenn sie an dem leicht pampigen Troll vorbei kommen – eintreten und es sich gemütlich machen und sich von der Musik verzaubern lassen. Das darf man aber auch gerne anders sehen. Interpretationen des Artworks sind immer spannend und ergeben oft erst im Nachhinein einen Sinn (bzw. viele „Sinne“ – je nach Betrachter).

Lass mich zum Schluss noch einmal auf den Hintergrund der Zeitgeister eingehen: Mein Gefühl sagt mir, dass – wenn ich „Merkur“ wirklich mal weiterdenke –KLABAUTAMANN und ISLAND sich musikalisch und atmosphärisch ziemlich nahe kommen würden. Siehst du das ähnlich oder sind es für dich zwei vollkommen verschiedene Welten?

Das sind für mich zwei verschiedene Welten. Ich hoffe, dass wir 2012 endlich das neue ISLAND-Album fertig haben, dann wirst Du auch sehen, wohin bei ISLAND die Reise geht.

Ich bin sehr gespant. Und bin ich aber auch bei meiner letzte Frage angelangt: Gleichzeitig zu „The Old Chamber“ habt ihr das neue WOBURN HOUSE-Album „Sleep Summer Storm“ veröffentlicht. Bei uns hat letztgenannte Scheibe sogar einen Punkt mehr abgeräumt als KLABAUTAMANN – wie sind die Reaktionen anderer Magazine? Was sagt eigentlich das ROCK HARD zu WOBURN HOUSE?

Hahaha, das Rock Hard… keine Ahnung. Da ich es seit über 10 Jahren nicht mehr lese, werde ich das vermutlich nicht mitbekommen. Ist mir auch eigentlich vollkommen wurscht. Aber nachdem das Debut abgefeiert wurde und das zweite Album von irgend einer Praktikantin die Arschbombe verpasst gekriegt hat, wäre jetzt eigentlich wieder ein totales In-den-Himmel-loben angesagt. Jaja, das war schon witzig. Am Ende bekommt man durch so etwas vermutlich mehr Aufmerksamkeit, als wenn man selbst im oberen Durchschnitt zwischen den ganzen anderen Reviews untergeht. Sehr schön wurde diese Tatsache ausgenutzt, als Thor uns für Ekpyrosis ein von Ironie nur so triefendes 0 von 15 Punkten-Review geschrieben hat. Viele Leute haben das nicht verstanden und sich aufgeregt – Aufmerksamkeit ohne Ende!

Gut, dann danke ich dir für deine Zeit und deine Mühe und wünsche euch viel Erfolg für die frisch veröffentlichten Alben! Die letzten Worte gehören selbstverständlich dir:

Letzte Worte? Ok: erst einmal vielen Dank an all die treuen Fans, die sich das Album gekauft haben, obwohl am Tag der Veröffentlichung das Release mal wieder umsonst im Netz war. Und sonst… genießt die kalte Jahreszeit, macht es euch gemütlich und habt ne stressfreie Zeit mit viel Musik und ner großen Kanne Tee auf dem Tisch!

28.11.2011

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