Klabautamann
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Interview

"Merkur" heißt das neue Kind von KLABAUTAMANN und es ist prächtig. Zwar anders, als man das ausgehend von "Der Ort" und der EP von 2007 hätte erwarten können, aber KLABAUTAMANN selbst sind ja auch irgendwie anders. Grund genug, die Herren ein bisschen auszufragen. Tim als eine Hälfte von KLABAUTAMANN im Gespräch.

KlabautamannAnlässlich dieses Gesprächs habe ich mal im Netz nach früheren Interviews mit euch geschaut, aber so viele scheint es da ja nicht zu geben. Angesichts der guten Kritiken, die ihr bisher meist bekommen habt, würde man doch meinen, dass da mehr vorhanden sein sollte, oder?

Also ne Zeit lang haben wir wirklich nicht viele Interviews gegeben, wir hatten irgendwie beide viel um die Ohren und nicht so viel Zeit übrig. Am Anfang waren es noch ein paar mehr, allerdings dürften einige davon über Printmedien erschienen sein.

Im Promotext zur Veröffentlichung war vom wichtigen dritten Album die Rede. Was haltet ihr denn selbst davon? Sind die Reaktionen so ausgefallen, wie ihr euch das ausgemalt hattet?

Oh, ich kenne den Promotext gar nicht… aber mal davon abgesehen… ich bin es sehr zufrieden und Flo auch! Wir haben einfachere Sachen gespielt, daher war das Einspielen viel unstressiger und der Sound ist schön fett und organisch geworden. Die Texte sind auch deutlich besser gelungen als auf den Vorläufern, dank unserem Christian. Die Reaktion sind sehr positiv, einige sogar deutlich positiver, als wir erwartet hätten!

Was macht die Texte in euren Augen gelungener beziehungsweise wie sind sie denn diesmal entstanden?

Früher hatten wir viel mehr Naturromantik in unseren Texten, das ist mir im Nachhinein was kitschig. Christian hatte parallel zu unseren Arbeiten an dem neuen Album ein paar Texte geschrieben und uns geschickt, ein paar waren richtig cool. Dann haben wir nach passenden Songs geguckt und auch welche gefunden. Es ist lustig, wie sich manchmal zwei komplett unabhängig voneinander enstandene Dinge ergänzen können. Was mir diesmal an den Texten besser gefällt ist, dass sie teilweise noch etwas mystischer sind, dadurch, dass sich nicht alles immer direkt verstehen lässt. Christian benutzt häufig einfach coole Worte, zum Beispiel „wenn die Phantome flüstern“. Phantome ist schon mal voll das geile Wort und Phantome die flüstern voll das coole Bild und es passt wie die Faust aufs Auge zu der etwas wirren und kranken Stimmung im „Merkur“-Mainriff. Ganz ganz wichtig ist aber auch, dass wir deutlich metalligere Lyrics haben als vorher, brutaler. Das spiegelt die Musik im Ganzen besser wider. Vorher war die rauhe und harte Seite unserer Musik nicht so richtig in den Texten repräsentiert. Zum Beispiel „Eure Majestät, dies ist der Kopf des Verräters“ oder „verschlinge Deine Zunge“, schön asi!

Wie viel kommt denn insgesamt von außen bei KLABAUTAMANN, besonders jetzt bei „Merkur“? Ihr hatte ja auch diesmal wieder Gastmusiker an Bord, und auch Patrick Schroeder sitzt ja glaube ich seit „Der Ort“ am Schlagzeug. Wie viel Einfluss hatten die denn auf „Merkur“?

Patrick hatte mit seinem genialen Drumming natürlich erheblichen Einfluss auf die Songs. Sein tightes Spiel hat die Produktion auch deutlich erleichtert, der hat die Bassdrum so konstant und feste getreten, dass ich kaum komprimieren musste. Bin echt super zufrieden damit. Dann natürlich Christian, der nicht nur fast alle Texte beigesteuert hat, sondern bei „Der Wald ist ein Meer“ und „Noatun“ auch gesanglich unterstützt hat. Auch total wichtig für das Ganze. Nicht zu vergessen sind natürlich die Flügel- und Mellotron-Einlagen von Fredy Schnyder auf „Noatun“, die haben zwar das Gesamtflair der CD nicht so richtig beeinflusst, aber „Noatun“ ist dadurch echt nochmal viel geiler geworden. Der weiß echt, was er macht und ist 100 Mal begabter als wir alle zusammen. Das ist cool, weil das nochmal so ein Bonbönchen zum Schluss ist. Wir hatten ja auch schon auf der letzten CD ein etwas experimentelleres Stück als letztes, vielleicht wird da ja eine Tradition draus.

Du hattest vorhin gemeint, dass die Texte eure metallische Seite besser wiedergeben. Ich würde sogar sagen, dass Merkur insgesamt viel metallischer ist. Ist das eine bewusste Entwicklung weg von dem Verträumten auf den früheren Alben beziehungsweise besonders der EP?

Also sagen wir mal so: Wir haben uns nicht gesagt „Wir wollen jetzt metallischer werden“. Aber besonders Flo ist in den letzten Jahren auf ’nen coolen Metaltrip gekommen und hat mich auch wieder damit angesteckt. Daher hatten wir beide tatsächlich Bock auf metallischere Sachen und die Songs haben sich dann einfach entsprechend ergeben. An manchen Stellen, wenn wir uns nicht sicher waren, haben wir häufig als Begründung für eine Entscheidung gesagt: „Ach, machen wir es so, das ist Metal.“

Dieser fiese erste Teil von Merkur, den du ja schon erwähnt hast, steht in ganz krassem Kontrast zu diesem Blues-Rock-Part oder was das ist im zweiten Teil. Ist das auch so ’ne unbewusste Entscheidung gewesen oder ist das eher eine Frage von „Hey, lass uns mal ein paar Hörer verwirren, wir haben ja ’nen Ruf zu verlieren“?

Haha! Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich erstmal die Asi-Teile. Das reichte aber nicht für ein ganzes Stück, weil es irgendwie zu wenig war. Während wir überlegten, was wir weiter damit machen, klimperte Flo was auf seiner Gitarre rum, also einfach so zum Zeitvertreib, nicht mit der Intention neue Parts auszuarbeiten. Dann sagte ich: „Hey, das klingt geil, darüber spiele ich ein Solo!“ Und dann meinte ich, vermutlich mehr als Spass: „Lass das doch einfach an das Stück dranklatschen!“
Wir haben das probiert und irgendwie war das voll cool; wir haben uns ein paar mal drüber beömmelt und es dann genommen. Richtig geil wurde es dann, als wir mit den Texten rumprobiert haben. Als wir den Text „Merkur“ über das Stück gelegt haben, kam er zufällig so raus, dass das „Genieße die Langsamkeit“ genau auf den Wechsel fiel. Das hat uns total geflasht, totaler Zufall, aber total geil! Vielleicht ein Geisteskranker, der seine Medizin bekommt und erstmal voll breit wird und dann müde auf seinem Bett liegt und abchillt… keine Ahnung! Und jeder kann das natürlich anders für sich auslegen, wie er gerade lustig ist.

Ich glaube, so spontan würden euch die meisten Hörer irgendwo in die Avantgarde-BM-Ecke stecken, aber zumindest ich verbinde damit eher abgehobene Gesamtkonzepte und sowas. Habt ihr auch einen großen Plan, irgendeinen roten Faden hinter KLABAUTAMANN?

Nö, nicht wirklich… oder vielleicht doch: Einfach das machen, was wir gerade geil finden, was uns emotional oder künstlerisch gerade bewegt. Im Grunde ist der Plan, nichts zu planen, sondern einfach alles fließen zu lassen. Sobald allerdings das Album Konturen bekommt, beginne ich dann doch Pläne zu schmieden und es entwickelt sich so ein Gesamtbild in meinem Kopf. Es ist dann schwer davon abzuweichen, das heißt für mich. Flo findet das was nervig, weil Diskussionen mit mir was schwierig werden, weil ich dann echt was verbissen bin. Er würde es lieber weiterfließen lassen, aber ich bin halt so wie ich bin, lässt sich nicht ändern.

Wo würdet ihr euch denn in der Musiklandschaft verorten?

Du meinst, wenn wir uns in eine Schublade mit einer Genrebezeichnung stecken müssten?

Ja, so in etwa. Ihr werdet ja schon hauptsächlich in BM-Kreisen gehört, würde ich mal so sagen.

Schon irgendwie. Also ich sage meistens, wenn mich jemand nach unserer Musikrichtung fragt: Black Metal, aber mit Rock- und Jazz-Einflüssen und viel ruhigem Kram. Es gibt allerdings auch einige Leute in BM-Kreisen, die uns nicht mögen, weil wir nicht böse sind – wir malen uns nicht an, haben Humor, machen keine bösen Dinge, keine Nieten, keine Nägel… und wir hatten sogar schon mal gelbe T-Shirts auf der Bühne an. Das hat schon dazu geführt, dass Leute unser Konzert verlassen haben. Wir haben auch schon von einem komischen Kauz namens Lugburz Morddrohungen übers Internet bekommen, aber das ist eine andere Geschichte…

Nicht zu vergessen das Regenschirm-Bandfoto von euch.

Oh ja, hahaha!

Sind denn demnächst mal wieder Auftritte von euch zu erwarten?

Momentan sieht es nicht so richtig danach aus, zumindest nicht in naher Zukunft. Flo hat viel mit seinen anderen Projekten zu tun, besonders VALBORG. Ich habe gerade viel um die Ohren, da ich mich als Toningenieur selbständig gemacht habe. Davon ab sind wir noch etwas „geschafft“ von der letzten Aufnahmen, da wir uns wieder mal was angenervt haben und brauchen jetzt erstmal was Ruhe bevor wir wieder zusammen was machen.

Welchen Stellenwert hat denn das Spielen an sich, Proberaumjammen oder Konzerte oder sowas in der Art bei euch, oder gehts eher darum, hinterher „fertige“ Musik in den Händen zu halten?

Ich muss sagen, dass das Spielen an sich bei KLABAUTAMANN keinen besonders hohen Wert hat, das ist was schade. Früher haben wir uns immer Sachen ausgedacht, die viel zu schwer waren, die wir also nicht auf Anhieb spielen konnten. Mittlerweile hat sich das gebessert. Die Proben, die wir mit kompletter Band haben, sind immer ziemlich geil. Da aber nur Flo und ich feste Bandmitglieder sind, kommt es selten dazu. Meistens bereiten wir uns nur schnell für den nächsten Auftritt vor, proben also ein, zwei Mal und das war es dann auch schon. Ich hätte gerne ein festes Lineup für KLABAUTAMANN, mit dem wir regelmäßig proben und spielen können, aber leider findet sich kein Schlagzeuger, der gut genug ist und fest bei uns einsteigen will. Daher müssen wir uns damit begnügen, was bleibt, also hauptsächlich Komponieren und Aufnehmen.

Patrick Schroeder, der ja schon ein Weilchen bei euch ist, ist also weiterhin nur als Sessionmusiker zu haben?

Ja, so sieht es aus, und momentan ist er gar nicht verfügbar.

Um nochmal zum Stellenwert des Spielens zu kommen: Was bedeutet das denn dir persönlich? Hörst du dir eure Musik auch privat an oder ist das eher was zum Aufnehmen und Abhaken?

Ich persönlich würde gerne viel mehr spielen. So begnüge ich mich damit, mir die CDs öfter mal anzuhören. Die Demos eigentlich gar nicht, „Merkur“ kommt momentan recht häufig dran und der Rest so von Zeit zu Zeit mal. Ist ein bisschen schade, dass wir unser Repertoire nur so selten live präsentieren können…

Bist du eigentlich noch bei anderen Projekten oder Bands dabei?

Momentan nichts Festes. Ich denke drüber nach, mal ein Soloprojekt zu starten, ich habe eine Menge Material, an dem ich gerne arbeiten würde; aber das ist noch nicht spruchreif. Dann hab ich mit ’nem Kumpel noch ein Rock/Pop Projekt, das ist aber gerade was eingeschlafen, und eventuell steige ich bei HORNADO als Bassist oder Gitarrist ein. Die Mucke von denen ist echt cool, Party-Heavy-Metal meets Hippie-Rock.

Mal ein Themawechsel: Erklär doch mal, was hinter Zeitgeister steckt. Scheint ja ein recht bunter Haufen zu sein.

Ursprünglich war Zeitgeister einfach ein Mailorder. Die Idee war es, den Verkauf von den CDs der Bands des jetzigen Zeitgeister-Klans über eine zentrale Plattform laufen zu lassen, damit man nicht für jede Band einen eigenen Shop auf der Webseite einrichten muss. Das sind die Bands von Flo, Christian Kolf, Jan Buckardt und mir. So kriegen die Käufer auch mit, was sonst noch so musikalisch bei uns geht und hören sich das dann vielleicht auch mal an. Mit „Merkur“ ist Zeitgeister dann zum Label geworden. Wir haben uns entschieden die CD in eigener Hand zu veröffentlichen, da uns auf diese Weise die größten Freiheiten bleiben und es auch was mehr Gewinn auf diese Weise gibt.

Also ist das in erster Linie einfach ’ne organisatorische Sache? Wieviel Ideelles steckt denn dahinter, gerade was diese erwähnten Freiheiten betrifft?

Der Ursprung war tatsächlich nur eine organisatorische Vereinfachung. Aber Flo fand schon immer die Vorstellung cool ein eigenes Label zu haben, mit dem er richtig gute Musik veröffentlichen kann. Er hat immer davon geredet, dass es ihm wichtig sei, dass die Musik cool ist, und nicht ob die breite Masse darauf abfährt. Ich bin gespannt, wie sich das mit Zeitgeister weiterentwickelt… könnte mir schon vorstellen, das es da noch die eine oder andere coole Veröffentlichung gibt.

Die Entscheidung, „Merkur“ auch auf Vinyl rauszubringen, kam die auch auf Betreiben von Zeitgeister?

Die Idee kam vom Hoschi von Heavy Horses, er hat „Der Ort“ und auch die EP von uns rausgebracht und steht voll auf Vinyl. Ich selbst habe gar keinen Plattenspieler, finde es aber cool das Cover in der entsprechenden Größe zu bekommen! Das ist der Hauptnachteil an CDs: die Bilder sind einfach zu klein!

Wie stark achtest du bei CDs oder überhaupt Veröffentlichungen auf Artwork?

Stark. So habe ich beispielsweise zum Heavy Metal gefunden, da ich als kleiner Racker in einem Spanien-Urlaub Postkarten von Iron Maiden gesehen habe. Fand ich total geil und hab ich mir etliche von gekauft. Ich wusste gar nicht, dass das ne Band ist, aber als ich das dann herausgefunden habe, hat mich natürlich interessiert, wie diese Band klingt. Und auf irgendeinem Flohmarkt hab ich dann die „No Prayer for the Dying“ gefunden.
Der Typ hat mir dann auch gleich noch MEGADETH – „Rust in Peace“ und MÖETLY CRÜE – „Dr. Feelgood“ aufgeschwatzt und meinte das klingt ähnlich. Und so startete mein Trip in den Heavy Metal, das hat mich total geflasht! Aber auch jetzt noch finde ich ein gelungenes Artwork sehr reizvoll. Ich kaufe mir zwar keine CDs mehr nur aufgrund des Covers, aber wenn Musik, Text und Artwork zueinenander passen ist das einfach total der Hammer. Ist für mich irgendwie auch voll wichtig, um eine mentale Repräsentation von einem Album zu bekommen. Ich habe kaum Bezug zu Alben, die ich nur als mp3 habe.

Wie siehst du denn diese zunehmende Ver-mp3-ung der Musik?

Ich sag mal so: ich kann schon verstehen, dass viele Leute von der CD als Medium auf das Internet wechseln. Es ist ja schon komfortabler und die CD-Preise sind teilweise auch echt dreist. Ich persönlich bin da aber einfach anders geprägt, ich will ein ganzes Album haben. Ich mag es vor meiner CD-Sammlung zu stehen und mir ein Album rauszusuchen. Und ich mag das Ritual, die CD aus der Hülle zu nehmen und in die Anlage einzulegen. Davon ab lese ich mir aber auch gerne durch wer bei der CD mitgespielt hat, wer sie produziert hat, wen die Musiker grüßen und was eventuell noch so für komische Sprüche zu finden sind.
Sowas geht bei mp3s einfach voll verloren, man hat viel weniger Bezug zu den Musikern, das Album als Einheit geht mehr und mehr verloren und – da mp3s meist über PC-Speaker oder IPOD-Kopfhörer konsumiert werden – die Anforderungen an die Produktion ändern sich, und die Produzenten ziehen tatsächlich auch entsprechend nach. Ich hab letztlich mal gelesen, dass die großen Tonstudios langsam aber sicher pleite gehen, da nicht mehr viel Bereitschaft dazu besteht, viel Geld für gute Produktionen auszugeben. Das kommt sicher auch daher, dass die Hörer das wegen der Komprimierungsverluste und minderwertiger Abspielmöglichkeiten nicht mehr zu schätzen wissen. Es gab ja so eine Zeit, da hatte jeder ’ne fette HIFI-Anlage im Wohnzimmer stehen. Erst da lohnt es sich natürlich viel Geld in eine fette Produktion zu investieren. Aber mal davon ab ist es heutzugtage mit PCs ja sehr einfach und günstig möglich, ausreichend gute Produktionen im Proberaum oder zu Hause zu machen.

Welche war die letzte CD, die du dir gekauft hast?

Ich habe mir letztlich drei CDs auf einmal gekauft: besagte „Dr. Feelgood“ von MÖETLY CRÜE (hatte ich nur als Kassette) und „And Justice for All“ und „Ride the Lightning“ von METALLICA. Als ich zu Hause war, habe ich festgestellt, dass ich mir die MetaLLICA-CDs wohl schon vorher gekauft hatte, aber das war mir entfallen …

Jo, das wär’s dann von mir. Hast du noch Anmerkungen?

Bands, denen der Sound der neuen KLABAUTAMANN zusagt, können gerne mal auf www.nomad-recordings.com schauen! Das ist die Seite von meinem mobilen Tonstudio. Ansonsten vielen Dank für das Interview, hat Spaß gemacht!

16.08.2009

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