Kiuas
Interview mit Mikko Salovaara zu "Lustdriven"
Interview
KIUAS veröffentlichen mit „Lustdriven“ ihr bereits viertes Album, und in puncto Songs und Können der Instrumentalisten ist es ganz vorne mit dabei. Wie sehr Mikko Salovaara, Gitarrist und Hauptsongwriter bei den Finnen, aber selbst vom neuen Album überzeugt ist, ist schon etwas überraschend, wenngleich nicht unbegründet. Aber lest selbst.
Auf Euren neuen Promofotos schlüpft Ihr in die Rolle von Musikanten, vielleicht aber auch in die Rolle von Gaunern. Wenn Ihr Verbrecher wärt, welches wäre dann Euer schlimmstes Vergehen?
Nun, das wäre so schlimm, dass ich es im Rahmen dieses Interviews nicht erzählen könnte. Aber eigentlich sind wir nur dabei, unsere Musik bekannter zu machen. Wenn es ein Verbrechen ist, dann besteht es darin, dass wir unsere Musik so weit wie möglich verbreiten möchten. Andererseits halten wir die Leute davon ab, das schlimmste Verbrechen überhaupt zu begehen – nämlich unsere Musik NICHT zu hören! Das ist der Deal. Wir sind eine Art Metal-Mafia!
Was macht Eure Bande denn so speziell? Was bekomme ich von Euch geboten, was mir die Gangs auf der anderen Straßenseite nicht anbieten können?
Nun, das sind erstaunliche Talente und tolle Songs, gepaart mit unglaublichem musikalischen Können. Du wirst das aber nicht von irgendeiner Gang auf der Straße bekommen.
Wow, hört sich vielversprechend an!
Ja, es ist erstaunlich! [nach einer kurzen Pause] Aber immer, wenn ich solche Sachen erzähle, dränge ich die Leute, sich unsere Scheiben anzuhören. Meines Erachtens sprechen sie für sich selbst.
Joa, da ist etws Wahres dran. Ihr seid seit rund zehn Jahren im selben Line-Up unterwegs, was zeimlich außergewöhnlich ist. KIUAS ist so gesehen eine Art Erfolgsstory. Wie habt Ihr es hinbekommen, Euer Line-Up so stabil zu halten?
Hmm, wir sind schon seit langer Zeit gute Freunde. Wir sind – wie Du anfangs gesagt hast – eine Art Bande oder eine Gruppe von Brüdern. Auch wenn einer von uns mal nicht alles für die Band geben konnte, haben wir nie daran gedacht, unser Line-Up zu verändern. Wir haben immer zusammen an der Lösung des Problems gearbeitet. KIUAS geht über die Musik hinaus, es ist sozusagen wie eine Familie.
Weißt Du, wir haben die Band damals gegründet und von Anfang an sehr viel investiert. Wir haben viel zusammen geprobt und unsere Fähigkeiten zusammen weiter ausgebaut. Natürlich haben wir uns weiterentwickelt. Nicht immer in dieselbe Richtung, denn wir haben außerhalb der Musik natürlich alle noch einen Job und andere Interessen. Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist eine ziemliche Herausforderung. Was mich angeht, so ist Musik aber schon mein Beruf, denn ich unterrichte Gitarre.
Habt Ihr mal daran gedacht, einen zweiten Gitarristen in die Band zu nehmen?
Das haben wir tatsächlich mal, weil wir sehr viele zweistimmige Passagen in unseren Songs haben. Letztlich haben wir aber darauf verzichtet, da die Organisation schwieriger wird, je mehr Leute in der Band sind. Und live funktioniert es zu fünft sehr gut, ich würde mich da zu sehr eingeschränkt fühlen, weil ich Rücksicht auf ein sechstes Mitglied nehmen müsste.
Du schreibst nahezu die komplette Musik und die Texte…
Ja, fast. Auf „The New Dark Age“ hat unser Sänger Ilja aber auch ein paar Songs geschrieben.
Also bist Du nicht der absolute Mafiaboss bei KIUAS…
Das möchte ich schon sein, haha! Ich bin aber sozusagen ein aufgeklärter Diktator.
Beschreibe „Lustdriven“ bitte in wenigen Worten!
Hmm, von der Musik her steht „Lustdriven“ natürlich in der gleichen Tradition wie die übrigen KIUAS-Alben, auch wenn wir uns stetig weiterentwickeln. Wir spielen Melodic und Power Metal, in Kombination mit Death und Thrash Metal. [nach einer kurzen Pause] ‚Gigantisch‘ ist der passende Ausdruck!
Okay… Ich merke schon: Du bist sehr zufrieden mit „Lustdriven“. Nenne bitte mal ein paar Gründe, warum das so ist.
Nun, in erster Linie mag ich die Songs an sich – wenn ich die Arrangements und Details mal außen vor lasse. Im Ganzen ist „Lustdriven“ ein wenig melodischer als das vorhergehende Album, ohne dass wir die Heaviness geopfert hätten. Das ist immer mein großes Ziel: Die perfekte Verbindung von Heaviness und Melodie, ohne dass es erzwungen klingt. Diesmal haben wir vermehrt orchestrale Elemente verwendet, um die Songs noch massiver und größer erscheinen zu lassen. Diese Parts wurden uns von Sami Boman maßgeschneidert.
Hattest Du diese Parts schon eingeplant, als Du die Songs geschrieben hast?
Ja, ich hatte schon Ideen für das Grundgerüst. Sami hat dann die detaillierten Arrangements weiter ausgearbeitet.
Diesmal habt Ihr mit „Lights Are Many“ und „The Quickening“ gleich zwei Balladen auf dem Album, wohingegen auf „The New Dark Age“ keine zu hören ist. Wieso gleich zwei?
Ich denke schon, dass es auf unserem letzten Album eine akustische Ballade gab, genauso wie es davor immer schon melancholischen Kram bei uns gab. Insofern sind Balladen nichts Neues für uns. Aber dieses Mal sind sie doch eher Hardrock, was durchaus Absicht war. Wir haben auch diese Seite – weswegen sollten wir nicht aus diesem Fundus schöpfen?
Die letzten beiden Songs, „Summer’s End“ und „Winter’s Sting“, unterscheiden sich durch ihren leicht mittelalterlichen Einschlag ein wenig von den restlichen Tracks. Sind sie miteinander verbunden?
Ja, bei den Titeln ist das offensichtlich, die Titel erzählen eigentlich schon die ganze Geschichte. Aber auch musikalisch gehören die beiden Songs zusammen. In den Strophen sind die Akkorde auf der Gitarre sehr ähnlich, und auch die Gesangsmelodie und die Harmonien sind dieselben.
Wovon handelt der Titel des Albums, „Lustdriven“?
Nun, einerseits hat der Titel eine sexuelle Bedeutung, und einige der Texte handeln davon. Andererseits kann der Titel auch als positive Lust am Leben interpretiert werden, was im Grunde genommen die generelle Philosophie von KIUAS darstellt.
Okay, wenn Du „Lustdriven“ mit einer Person vergleichen würdest, welche Charaktereigenschaften hätte diese Person?
Nun, zunächst erklärt es der Titel eigentlich ziemlich gut: Das wäre eine Person, die von Lust getrieben ist. Sie hätte eine etwas chaotische Einstellung, wäre nicht in allen Bereichen kontrolliert und würde stattdessen ihren Instinkten und ihrem Verlangen folgen.
Würde diese Person ab und zu auch weniger ernst sein?
Definitiv wäre das so. Der erste Song ist mit seinem Text so ein Kandidat, um diesen Aspekt zu veranschaulichen. Auch wenn die Lyrics hier und da seh ernst sind, kommt doch immer rechtzeitig der Moment, wo wieder nicht alles so ernst ist.
Ich würde gerne auf Dich und Dein Gitarrenspiel zu sprechen kommen. Wie würdest Du Deinen Stil beschreiben?
Hmm, das unterscheidet sich ein wenig von meinen generellen Fähigkeiten und der Plattform, die mir KIUAS bietet…
Also reicht das, was Du eigentlich spielen könntest, noch sehr viel weiter, als das, was wir bei KIUAS hören?
Das wage ich zu behaupten, ja. Zum Üben spiele ich generell sehr viel soften Kram, zu dem ich dann vermehrt jazzige Soli einbringen kann. Das spiegelt sich manchmal auch in unserer Musik wider, denn sie ist manchmal sehr breitgefächert, einigen Leuten vielleicht zu sehr. Aber ich wüsste nicht, wie ich das ändern sollte.
Ich glaube, am leichtesten ist es, wenn ich zunächst meine Einflüsse nenne. Das ist an erster Stelle Paul Gilbert und von den neueren Gitarristen Jeff Loomis von NEVERMORE. Was der auf der Gitarre schreddert, ist so ziemlich mein Ideal. Daneben müssen natürlich Namen wie [Steve] Vai, Yngwie [Malmsteen], Zakk Wylde und Michael Romeo [SYMPHONY X] genannt werden. Ich versuche, deren Stile und Techniken miteinander zu verbinden und daraus hoffentlich etwas Neues zu kreieren. Das ist aber natürlich sehr schwierig und steht bei mir auch nicht an erster Stelle: Mir kommt es vor allem auf den Fluss und die Atmosphäre an.
Wenn ich mir das Album so anhöre, dann sind die Songs meist sehr eingängig. Andererseits schreibst Du aber nicht einfach nur eingängige Songs, sondern fügst immer noch irgendwelche verrückten Sachen hinzu…
Das ist richtig. In gewisser Weise treibe ich das wirklich auf die Spitze und ein bisschen auch darüber hinaus.
Welche Einflüsse hast Du denn als Songwriter?
Hmm, das mit der Catchiness der Songs ist sozusagen die Popseite. Dann gibt es die thrashige Seite, wo mich definitiv Bands wie PANTERA, MEGADETH, METALLICA und TESTAMENT beeinflusst haben. Dann gibt es noch die softere Seite und die – ich möchte das Wort eigentlich nicht sagen – exotische Seite, mit dem leichten Folk-Einschlag, der auch gerne außereuropäisch sein kann. Das war auf „The New Dark Age“ beispielsweise stärker ausgeprägt als auf „Lustdriven“. Bei all diesen Einflüssen ist es aber wichtig, dass sie so natürlich wie möglich zusammenkommen.
In dem Videoteaser zum neuen Album sagst Du, dass beim ersten Songs ein bisschen „shredding guitar wanking“ hinzuaddiert hättest. Du würdest Dich doch aber nicht ernsthaft als Gitarrenwichser bezeichnen?
Haha, wir hatten ja vorhin schon über das Augenzwinkern gesprochen. Ich glaube, dass ich zu einem gewissen Grad tatsächlich ein Gitarrenwichser bin, aber ich halte das für nichts Schlimmes! Ich glaube, jeder, der zu Hause sehr viel Zeit mit dem Üben an der Gitarre verbringt, ist ein Gitarrenwichser, haha! Aber ohne Üben ist es auch kaum möglich, diese Art von Musik zu spielen.
Ihr seid ja nun alle nicht schlecht an Euren Instrumenten, wer ist denn bei KIUAS der größte… Star?
Ich würde sagen, das ist Ilja. Er hat das größte Ego, und für einen Sänger sollte das auch so sein. Gerade live ist das eine Notwendigkeit, dass der Sänger auch der Frontmann ist.
Gute Überleitung zur letzten Frage: Wann können wir Euch live bewundern?
Ich hoffe, dass wir noch auf ein paar Festivals im Sommer zu sehen sein werden und zum Ende des Jahres eine Tour spielen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dieses Jahr noch nach Deutschland kommen werden.
Hört sich gut an! Danke für das Interview. Die letzten Worte überlasse ich gerne Dir!
Ich möchte jeden ermutigen, in unser Album reinzuhören. Außerdem gibt es in der nächsten Zeit auf unserer Website einige Specials anzusehen, Tourtagebücher und Verlosungen, bei denen es großartige Preise zu gewinnen gibt.
Photos: Terhi Ylimäinen