Kissin' Dynamite
"Ich bin stolz darauf, dass es uns 17 Jahre gibt."
Interview
Mit „Back With A Bang!“ veröffentlichen KISSIN‘ DYNAMITE ein weiteres starkes Album, das nicht mit Mitsinghymnen geizt. Die schwäbische Rockband knackte mit der Scheibe die Spitze der deutschen Albumcharts und wir saßen mit Sänger Hannes Braun zu einem netten Telefongespräch zusammen, in dem er uns alle Geheimnisse, Hintergründe und Informationen preisgab. Zudem schauten wir in die Zukunft und sprachen über vielfältige Veröffentlichungspolitiken.
Moin Hannes! Ich wundere mich über den Titel „Back With A Bang!“. Ihr wart seit dem Release von „Not The End Of The Road“ nicht weg, im Gegenteil: Die Pause davor war bedeutend länger. Wieso kommt ihr mit diesem Titel nun an, mal abgesehen von der offensichtlichen Dynamit-Referenz?
Du hast Recht, dass „Not The End Of The Road“ kam, als die Pandemie auslief, aber für uns fühlt sich das anders an. Die Songs habe ich 2020 und 2021 geschrieben, als für uns nichts ging außer Streamingshows ohne Publikum. Das ganze Album ist ein Pandemiekapitel, gerade der Titelsong ist voller Hoffnung. Wir haben den gemacht, um uns selber zu therapieren. Irgendwann pisst du dich selber an, wenn du nichts zu tun hast und wir hatten auch Angst, ob die Fans und das Interesse an uns noch da sind, wenn alles vorbei ist. Viele haben uns gespiegelt, dass es ihnen auch so ging.
Der ausschlaggebende Punkt war nicht der Albumrelease, sondern ein halbes Jahr später, als wir wieder auf die Bühne durften. Das war ein Befreiungsschlag, denn da merkten wir, dass man uns nicht vergessen hat. Zudem hatten wir mit dem Ausstieg von unserem Drummer Andi Schnitzer zu kämpfen und kurz bevor es wieder losging fanden wir mit Sebastian Berg nicht nur einen geilen Drummer, sondern auch einen echten Bandbruder.
Dadurch erklärt sich, warum erst dieser Moment sich für uns wie ein Comeback angefühlt hat und nicht die lange Zeit zwischen „Ecstasy“ und „Not The End Of The Road“. Ohne Pandemie wäre ein Nachfolger zu „Ecstasy“ viel früher erschienen. Darum ist „Back With A Bang!“ für uns mehr ein Comebackalbum als „Not The End Of The Road“.
Wie ist die Entstehungsgeschichte von „The Devil Is A Woman“? Das Konzept „Gott ist eine Frau“ ist mir bekannt, aber der Ansatz ist mir neu.
Es ist eine Partynummer, die mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist. Wenn man mit den alten Konzepten „Gott“ und „Teufel“ überhaupt noch was anfangen kann, fanden wir die Vorstellung, dass der Teufel eine sexy Frau ist ansprechender als so einen gehörnten Dämon, der dir mit seinem Dreizack in den Hintern piekst (lacht).
Zudem hatten wir während unserer Karriere das ein oder andere Erlebnis mit einer Frau, die nicht die besten Absichten hatte. Das verleitet einen dazu, eine Aussage wie „The Devil Is A Woman“ zu treffen. Außerdem finden wir es gut, unseren Musikstil, der stark von den 80er-Jahren inspiriert ist, mit einer neuen Sichtweise zu würzen. Das Stereotyp umzudrehen, dass Gott und der Teufel Männer sind, fanden wir total stimmig.
„Raise Your Glass“ handelt von euren bisherigen Karrierehighlights. Was sind die in deinen Augen?
Ich bin stolz darauf, dass es uns 17 Jahre gibt. Keiner von uns hätte geglaubt, dass wir so lange existieren. Am Anfang war es einfach, wir waren alle Schüler an der selben Schule und konnten uns zum Proben treffen. Der entscheidende Punkt kommt nach der Schulzeit – einer zieht weg, der andere bekommt einen neuen Job, wieder einer hat eine Freundin, die mit der Musik nichts anfangen kann. Das ist die spannende Zeit für eine Band. Wir sind durch solche Szenarien durchgegangen, denn ich habe 900 Kilometer von den anderen weg gewohnt, sodass proben unmöglich war.
Zusammengefasst ist unser Highlight, dass wir während all dieser Jahre zusammengehalten haben und nichts uns auseinandergebracht hat. Das ist für uns „Raise Your Glass“ und keine Wacken-Gigs oder Chartpositionen. Du misst dein Leben nicht in Meilensteinen, sondern es ist ein großer Film, der sich in Hochgeschwindigkeit vor deinem inneren Auge abspielt.
„Back With A Bang!“ kommt in vielen verschiedenen Varianten auf den Markt. Seid ihr im Designprozess involviert und wie entscheidet ihr euch für die einzelnen Versionen?
Wir sind die ganze Zeit involviert. Am Ende des Tages geht es uns um die Musik, alles andere ist nur eine Geschenkverpackung und da ist die Frage, was in dem Geschenk drin ist. Wir wollen jedem Fan was anbieten. Es gibt Retrofans, die Bock auf Vinyl und Tape haben und die reißen einem die Dinger aus den Händen. Ich kann das nachvollziehen, ich habe früher auch viel Kassette gehört.
Bei anderen Produkten wie der Box oder dem Earbook fanden wir es gut, noch ein extra Goodie mit reinzupacken. Wir versuchen, einen Mehrwert für den Fan zu kreieren. In der Box ist eine Bauchtasche drin und wir haben keine Bauchtasche am Merchstand, somit ist die Box eine kostengünstige Gelegenheit für den Fan, das neue Album plus eine Bauchtasche zu bekommen. Es ist auch ein goldenes Ticket drin, mit dem ein Gewinner auf ein Konzert seiner Wahl kommen kann und dort einen Einblick in das ganze Drumherum bekommt. Wir machen eine Backstageführung mit uns und unserer Crew, beantworten Fragen und geben die Chance, uns als Menschen hinter der Bühne kennenzulernen.
Das „Meet & Greet“ bekommt einen negativen Touch, weil Bands angefangen haben, es zu verkaufen. Wir haben das auch gemacht und dafür mächtig Kontra bekommen, obwohl wir dachten, das Interesse sei da. Wenn du jeden Abend dankenswerterweise vor einer vollen Halle spielst, kannst du nicht mehr herauskommen und jeden einzelnen begrüßen, auch wenn wir das gerne täten. Darum verschenken wir jetzt durch die Box ein Meet & Greet und haben da auch Bock drauf.
Wir hoffen, dass wir am Ende des Tages für jeden etwas dabei haben und jeder Fan etwas findet, womit er glücklich ist. Am Ende des Tages kannst du es nicht jedem Recht machen. Es gibt Stimmen, die sagen wir machen das nur des Geldes wegen und früher hätte eine einfache CD auch gereicht. Zu „Megalomania“-Zeiten bekamen wir Mails von Leuten, die unsere Musik gerne kaufen wollen, sie es aber nicht können, weil wir keine Vinyl rausgebracht haben. Es ist wie im Restaurant: Eine schlechte Bewertung geben viele eher ab, wenn das Essen schlecht war als eine gute Bewertung, wenn das Essen gut war.
Was wäre als Stadionrockband euer Traumstadion, in dem ihr gerne spielen würdet?
Wembley fällt mir als erstes ein, weil ich ein großer Fan des Konzertes von GUNS ‚N ROSES und SKID ROW 1991 dort bin. Das wäre ein Traum, aber wir sind natürlich keine Deppen. Wir sagen zwar „Bring Back Stadium Rock!“, aber was wir mehr als die Stadien zurückbringen wollen ist das Lebensgefühl. Es geht darum mit 1000 Gleichgesinnten und einem Bier in der Hand eine geile Rockband zu gucken.
Natürlich wäre es schön, mal im Stadion zu spielen, doch ob das für Bands, die nicht AC/DC oder METALLICA heißen noch möglich ist, zeigt die Zukunft. Wir freuen uns darüber, dass aus Clubs nun final Hallen geworden sind.
Wie kam es zu eurer Mitarbeit bei der Rockstarvilla?
Für uns ist das eine lustige Aktion gewesen. Die Leute kennen uns von der Bühne und wir natürlich auch, denn das ist unser natürliches Habitat. Wir fanden es spannend, uns von einer anderen Seite zu zeigen, die nichts mit Musik zu tun hat. Wer das ganze Ding ernst nimmt, hat das nicht verstanden. Es ist unter dem Motto „Easy Entertainment“ zu verbuchen. Für uns war es eine wunderbare Zeit, die wir nicht missen wollen.
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