Keep Of Kalessin
Interview mit Obsidian Claw über "Reptilian"

Interview

Nach den Erfolgsscheiben “Armada” und “Kolossus” haben die Norweger von KEEP OF KALESSIN nun ihr neues Album “Reptilian” am Start, nachdem sie erst kürzlich die Metal-Welt mit ihre Teilnahme am Melodi Grand Prix, dem norwegischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest, schockten. Was die Band im Nachhinein über diese Teilnahme denkt und warum “Reptilian” das bisher stärkste Album der Band ist, erzählt uns Kopf der Band Obsidian Claw im Interview.

Keep Of Kalessin

Grüß dich, Obsidian! Wie geht es dir heute?

Hallo! Mir geht es gut. Momentan sind wir in Hamburg und genießen ein leckeres Abendessen, bevor es dann zur Show geht!

Alles Gute zum bevorstehenden Release eures neuen Albums “Reptilian” am 13. Mai. Wie fühlst du dich damit?

Ach, ich stehe der Sache sehr relaxed gegenüber. Wir haben das Album vor mehreren Monaten fertig gemacht und mittlerweile habe ich sogar schon an neuen Songs gearbeitet und für andere Bands einige Produktionen übernommen, also habe ich schon eine gewisse Distanz zum Album gewonnen. Aber ich freue mich bereits sehr auf das Release, weil der Rest der Welt “Reptilian” dann endlich auch hören kann.

Ihr sagt, “Reptilian” sei das bisher stärkste KEEP OF KALESSIN-Album. Warum seid ihr dieser Meinung?

Zum einen ist die Produktion entschieden besser als bei allen anderen bisherigen Alben, darüber bin ich sehr glücklich. Außerdem sind die Songs ausgesprochen stark, es gibt mehr Variationen und Groove auf diesem Album. Wir haben bereits einige der Songs live gespielt und sie werden definitiv viel zu unserer Live-Präsenz beitragen. Zudem ist die Musik immer noch einzigartig, keine Band klingt wie wir und das ist heutzutage sehr wichtig!

Was wolltet ihr mit dem Titel “Reptilian” ausdrücken? Nehmt ihr Bezug auf den Drachen “Kalessin”, der Namensgeber für KEEP OF KALESSIN war, oder gibt es andere inhaltliche oder musikalische Gründe?

Über Jahre haben wir die Symbolik des Drachen in unseren Lyrics und unserem Image genutzt, also dachten wir, wir gehen damit diesmal aufs Ganze. Der Titel impliziert außerdem, dass das Album einfach straighter ist als bisher. Es ist instinktiver und das macht Reptilien doch zum großen Teil aus.

Euer Musikstil wird meist als episch und zugleich extrem bezeichnet. Auf „Reptilian“ ist das Keyboard intensiver zu hören, es gibt viel cleanen Gesang, die Screams und Growls wirken teilweise weniger aggressiv und insgesamt wird schlichtweg etwas weniger „geprügelt“. Der extreme Anteil ist natürlich immer noch sehr hoch, aber würdest du sagen, ihr habt dem Epischen diesmal höheres Gewicht zugesprochen als bisher?

Ich denke, das kann man nur im Vergleich zu “Kolossus” so sagen. “Reptilian” ist unser thrashigstes Album und ich denke sogar, dass es mehr extreme Vocals darauf gibt. Aber ja, wir haben das auch sehr gut mit epischen und melodischen Parts verschmelzen lassen. Insgesamt hat “Reptilian” einfach viel mehr Power und ist direkter.

Ich habe zu „Reptilian“ bereits einige Meinungen gehört und diese gehen ziemlich weit auseinander. Von den einen als würdiger Nachfolger zu „Kolossus“ und besonders auch „Armada“ gefeiert, verschmähen viele, die bereits seit vielen Jahren treue Anhänger sind, das Album als zu poppig. Wie würdet ihr eure Entwicklung über während der letzten drei Alben beschreiben und wie denkst du, fügt sich „Reptilian“ nun in eure Diskographie ein?

Jeder, mit dem ich gesprochen habe und der das Album mehr als einmal intensiv angehört hat, sagt, dass es unser bisher stärkstes Album ist. Ist ist mehr “metal” als zuvor. Wie ich sagte, es gibt mehr Groove und thrashigere Elemente als bei “Kolossus”. Wenn jemand das anders sieht, versteift er sich bestimmt zu sehr auf “The Dragontower”, weil es einfach der poppigste Song ist. Andere Tracks wiederum sind extremer als das, was wir vorher gemacht haben. Menschen sollten die Musik nicht nur bezugnehmend auf das Image der Band betrachten. Extreme Atmosphäre kommt von den Riffs und der Musik selbst. Nur weil eine Band Corpsepaint trägt, ist sie nicht automatisch extrem. KEEP OF KALESSIN ist eine der extremsten Bands Norwegens, wenn man nach der Musik urteilt. Aber wir sind auch sehr abwechslungsreich und nehmen deshalb ebenso gern mal den Fuß vom Gas, um melodische Parts als Kontrast zu den extremen einzufügen.

Seht ihr die Entwicklung der Band als natürlichen Prozess oder entscheidet ihr gezielt über neue stilistische Einflüsse und Änderungen im allgemeinen?

Ich konzentriere mich nicht darauf, neue Elemente in die Musik einzubringen. Ich kreiere einfach den Musik-Stil, den ich selbst gern höre und alles, was ich tue, verläuft ganz natürlich. Ich bin absolut der Meinung, dass all unsere Alben in einem natürlichen Prozess entstanden und jetzt, wo die Produktion auch viel besser ist, kann man noch genauer hören, wie einzigartig der Stil von KEEP OF KALESSIN ist.

Was für Reaktionen habt ihr bereits auf das Album erhalten von Label, Presse, Fans oder auch dem privaten Umfeld?

Alle sind sehr aufgeregt, was das Album betrifft. Und jeder, der sich Zeit für das Album nimmt, wird definitiv eine Menge qualitativen Metal finden. Es gibt eine Menge Details, die man beim ersten Hörern noch nicht bemerkt und die Songs entwickeln sich. Leider ist Musik heutzutage zu einem Produkt geworden, dem man nicht mehr dieselbe Menge an Zeit widmet, wie früher. Es ist also schwierig für Bands, ihre Botschaft rüber zu bringen, besonders für uns, die wie uns auf detaillierte Musik spezialisiert haben, die Zeit braucht, um verstanden zu werden.

Ihr habt euch entschlossen, in diesem Jahre am Melodi Grand Prix, dem norwegischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest, teilzunehmen und hattet erstaunlichen Erfolg, auch wenn ihr nicht gewonnen habt. Wieso habt ihr euch dazu entschlossen teilzunehmen und hattet ihr keine Angst, eure Fans damit zu enttäuschen, an einer solchen „kommerziellen“ Veranstaltung teilzunehmen?

Wir haben uns entschieden, teilzunehmen, weil es eine große Chance für eine Band ist, sich vielen Menschen “auszustellen”. Außerdem dachten wir, es würde bestimmt viel Spaß machen. Wir wussten, dass wir von einigen engstirnigen Metalheads kritisiert werden würden, aber wir können nun wirklich keine Entscheidungen treffen, die darauf basieren, dass wir Angst haben, was andere von uns denken. Eigentlich wäre es gerade nicht der Metal- und im besonderen der Black Metal-Ideologie entsprechend, seine Endscheidungen von den Meinungen anderer abhängig zu machen. Leider gibt es genügend Menschen in der Metal-Szene, die das nicht verstehen, aber die sollten sich wirklich mal fragen, wer in diesem Szenario wirklich “true” ist und wer nicht. Wir stellen uns schließlich einer Herausforderung. Wir sind diejenigen, die sich für etwas aufopfern. Wir sind diejenigen, die keine Angst haben, etwas zu riskieren, während andere sagen, sie hätten es nie getan aus Angst, Fans zu verlieren oder einen falschen Eindruck zu vermitteln. DAS ist Verrat – etwas zu tun oder nicht zu tun aus Angst, Fans zu verlieren. Und außerdem: was ist eigentlich so schlimm daran? Wir sind im Fernsehen aufgetreten, na und? Und ja, es hat Spaß gemacht, wir haben viel gelernt und haben großartige Menschen kennen gelernt. Ich bin nicht der Meinung, dass man eine “Metal gegen den Rest der Welt”-Mentalität vertreten sollte. Ich verstehe auch nicht, warum die Metal-Szene solche Angst vor so etwas hat. Es gibt tatsächlich Menschen, die behaupten, wir ruinieren die Metal-Szene damit, wie kann sowas bitte sein? Im Gegenteil, es bringt der Metal-Szene wirklich viel. Es ist schließlich wichtig, auch andere Menschen zu erreichen!

“The Dragontower” ist eingängiger als all unsere anderen Songs, also war er passend für eine solche Veranstaltung, mit den anderen Songs hätte das nicht funktioniert. Aber nur so präsentiert man extremen Metal dem Mainstream-Publikum, man gibt ihnen etwas, dass sie verstehen können. Dann werden die Kinder anfangen zu suchen und rutschen immer mehr auch in den extremen Metal hinein. Plötzlich hat man eine neue Generation von Metal-Fans, die Metal ihr ganzes Leben unterstützen werden, einige Jahre später nach Wacken pilgern und viele andere Bands ebenso kennen lernen. Ruiniert man so den Metal? Es ist außerdem nötig für eine Band wie uns, auch mal ein paar Veränderungen einzubringen und tatsächlich haben wir nur die Drums ein weniger runter gedreht. Was die Gitarrenarbeit angeht, klingt der Songs sehr ähnlich zu “The Wealth Of Darkness” oder “Ascendant”. Persönlich mag ich außerdem einiges an Pop, Rock oder Trance Musik, ebenso wie “The Dragontower”, das zählt. Ich mache Musik nicht, um Fans zufrieden zu stellen, sondern mich. Das ist kein Verrat!

Was für Reaktionen habt ihr im speziellen auf die Teilnahme und den Song erhalten?

Unsere Fans haben sehr positiv darauf reagiert, aber natürlich gab es auch Metal-Fans, die einen Scheiß über KEEP OF KALESSIN wissen und demnach negative Kommentare in Foren usw veröffentlichten. Aber wie ich schon sagte, was für eine Metal-Band wären wir, wenn wir uns von irgendwelchen Kindern in Foren diktieren lassen würden, wie wir unser Leben leben sollen oder wie es bei der Band zu laufen hat? Ich habe bereits Black Metal gemacht, als die noch in den Windeln lagen und wir haben die Unterstützung der norwegischen Szene hinter uns. Bands wie EMPEROR, DIMMU BORGIR, GORGOROTH und DARKTHRONE unterstützen uns und haben sogar für uns gevotet, weil sie genauso gut wie wir wissen, dass, was wir getan haben, das beste ist, was der norwegischen Metal-Szene seit langem passiert ist und dass es das “trueste” ist, was wir hätten tun können.

Seid ihr sehr enttäuscht dass ihr nicht gewonnen habt? Wie hättet ihr euch eure Chancen als Metal Band im internationalen Vergleich eingeräumt, nachdem bisher angetretene Metal-Bands ganz verschiedene Platzierungen erreichen konnten (LORDI 2006: 1. Platz, TERÄSBETONI 2008: 22. Platz)?

Nein, nicht wirklich. Wir haben bei dem Wettbewerb mitgemacht, um einen unserer neuen Songs einer großen Anzahl von Menschen in Norwegen zu zeigen und wir dachten nie, überhaupt so weit zu kommen. Das regionale Finale zu gewinnen und beim Landesausscheid auf dem 3. Platz zu landen, war bereits ein großer Sieg für uns. Zudem haben wir uns eine Menge Türen damit geöffnet, in Norwegen noch größere Erfolge zu erzielen. Ich bereue nur, dass es nicht so weit kam, die für den internationalen Ausscheid geplante Show zeigen zu können, sie wäre großartig gewesen!

Was hat sich für euch in eurem Heimatland verändert nachdem ihr so in der Öffentlichkeit gestanden habt? Werdet ihr auf der Straße um Autogramme gebeten oder von einer kreischenden Meute Teenies verfolgt ;-)?

Nun ja, wir sind in Norwegen nun eine sehr bekannte Band und tatsächlich passiert es, dass und normale Menschen auf der Straße erkennen und Fotos, Autogramme oder einfach mit uns sprechen wollen. Aber eigentlich hat sich für uns geändert, dass wir auf dem Punkt sind, an dem wir eine viel intensivere Promo machen können und viel bessere Verkaufszahlen für unsere CDs erreichen als zuvor. Dies gibt uns mehr Freiraum und Geld für die Band.

Ihr seid in diesem Monat in Europa auf Tour und die meisten Gigs finden in Deutschland statt. Siehst du Deutschland als einen wichtigen Markt für eure Musik oder generell euren Musikstil an?

Ja der Markt ist wichtig, aber auch der mit dem meisten Wettbewerb. Wir haben einige Fans in Deutschland, die KEEP OF KALESSIN auch wirklich verstehen, aber die breite Masse zu erreichen, ist für uns wirklich schwierig. Das Problem ist, dass man die meisten Menschen bei Live-Shows erreicht. Musik auf CD und live geht nicht zwingend Hand in Hand. Etwas kann wirklich klasse auf einem Album klingen, aber bei einer Show kein bisschen. Dieses Problem hatten wir bei KEEP OF KALESSIN schon oft und ich verstehe, dass es schwierig ist, uns live anzuschauen, wenn man das Album nicht kennt.
Das ist also ein fortwährendes Dilemma für uns. Sollten wir Musik machen, die passend für CDs oder für Shows ist? Ich weiß, dass viele Bands sich über die Jahre verändert haben, um ihre Musik live-freundlicher zu arrangieren und siehe da, sie werden dadurch wirklich bekannter. Leider sind die Alben dann schrecklich langweilig!
Für uns allerdings ist das Album wichtiger. Bei “Reptilian” denke ich aber, dass wir endlich einen Mittelweg gefunden haben, von dem sowohl die CD als auch unsere Shows profitieren werden. Deshalb freue ich mich sehr darauf, die Songs in unser Live-Set einzubauen.

Ihr tourt gemeinsam mit Gorgoroth. Wie kam es dazu? Freut ihr euch darauf und was habt ihr für Erwartungen?

Mittlerweile sind wir ja bereits seit einer Weile auf Tour und alles läuft prima. Wir haben eine super Zeit gemeinsam mit GORGOROTH und GRAVDAL und die Shows waren auch alle gut bisher. Die Crew ist ebenfalls klasse und kümmert sich sehr gut um alles, sodass wir nur noch unser bestes auf der Bühne geben müssen. Unser Drummer Vyl spielt sowohl bei GORGOROTH, als auch bei KEEP OF KALESSIN, also arbeitet er wirklich sehr hart, aber er macht einen super Job. So kam es auch zu der gemeinsamen Tour, KEEP OF KALESSIN war auf der Suche nach einer Tour vor dem Album, auf der wir “Reptilian” promoten, einige Interviews geben und bereits einiges Tracks vorstellen können. Vyl wäre sowieso mit GORGOROTH auf die Tour gegangen also haben wir uns einfach zusammen getan.

Plant ihr weitere Gigs in diesem Jahr, vielleicht einige Festivals, besonders in Deutschland?

Ja wir spielen einige Festival-Gigs, aber ich denke in Deutschland sind es nur das Rock Hard Festival und das With Full Force.

Danke für das Interview. Du hast die letzten Worte!

Danke auch für das Interview. Und ich hoffe, dass die deutschen Fans das neue Album aufnehmen und darin versinken können.

05.05.2010

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