Katalepsy
Interview zu "Autopsychosis"

Interview

Katalepsy

Wenn man derzeit über ein aktuelles Album aus dem Brutal-Death-Sektor spricht, das vor Reinrassigkeit strotzt und gleichsam eine immens hohe Qualität aufbietet, kommt man um „Autopsychosis“ der russischen Truppe KATALEPSY nicht herum. Das zweite Album der Band erfindet das Rad beim besten Willen nicht neu, kombiniert aber bekannte Elemente zu einer ultratödlichen Mischung, die sich jeder Brutalofan sicherlich am Liebsten intravenös injizieren würde. Grund genug, mal gen Osten nachzufragen.

Hallo Jungs und Grüße nach Russland! Bist du überrascht, dass “Autopsychosis” überall so gut aufgenommen wurde?

Hi Kollege, super mit dir reden zu können! Du hast absolut Recht – wir sind vollkommen überrascht, dass “Autopsychosis“ in der ganzen Welt so gut aufgenommen wurde. Wir haben sehr hart gearbeitet, und, ganz ehrlich, wir waren unheimlich müde und haben rein gar nichts erwartet. Wir wollten nur eins – endlich dieses Album abschließen und die CD in den eigenen Händen halten. Aber jetzt, wo wir haufenweise gute Reviews erhalten haben, sind wir auf jeden Fall bereit, richtig weiterzumachen. Gute Reaktionen sind praktisch so etwas wie das Lebenselixier für Musiker, weiterzumachen.

Für alle, die KATALEPSY bisher nicht kennen: Könntest du in ein paar wenigen Sätzen erklären, worum es in eurer Musik geht?

KATALEPSY ist Brutal Death Metal aus Moskau. Wir versuchen nicht allein Death Metal zu spielen, sondern auch eine entsprechende Show zu liefern. Wir benutzen zwar keine Flammen oder nackte Schönheiten – nur fünf Musiker und etliche Zuhörer, aber unsere Shows strotzen vor Energie und Leidenschaft. KATALEPSY spielen ihren eigenen Stil mit Wiedererkennungswert – vielleicht war das auch der Grund dafür, dass wir einen Deal mit Unique Leader zustande brachten. Lass mich wenigstens noch ein paar Daten referieren: Wir haben bisher zwei Alben und zwei EP’s aufgenommen und in 17 Ländern mehr als 100 Shows gespielt. Dabei haben wir drei Ozeane gesehen und denken nicht daran, dies irgendwann sein zu lassen.

KATALEPSY ist eine der wenigen russischen Bands, die über die Grenzen hinaus bekannt werden konnten. Warum denkst du, dass euch bisher dieser Erfolg zuteil wurde?

Ich denke das ist einfach musikalisches Glück. Haufenweise gute Bands sitzen in ihren Rehearsal-Räumen und kein Mensch kennt sie. Wir haben viel gearbeitet, viel Zeit mit Proben verbracht und eine Menge Songs und Shows vorbereitet. Dann hat uns das Schicksal eine Chance gegeben, die wir genutzt haben. Ein anderer Aspekt ist, dass wir aus Moskau kommen, sodass es für uns einfach ist, nach Europa zu reisen und Shows zu spielen. In Russland führen alle Wege zwangsläufig durch Moskau. Wenn du hier in einer anderen Stadt lebst, bleibt anfangs nur der Weg durch Moskau. Das ist dann deutlich teurer und benötigt viel Zeit.

“Autopsychosis” ist ein abwechslungsreiches Death-Metal-Album mit einem zerstörerischen Sound geworden, wie man es am besten von einigen amerikanischen Legenden kennt. Woher kamen eure wesentlichen Inspirationen?

Unsere Inspirationen kommen von der dunklen Seite, haha! Sicherlich haben wir nicht folgendes gedacht: “Oh, lass den Song noch technischer als BENEATH THE MASSACRE machen” oder “ DEVOURMENT sind Kult, lass uns wie die spielen!”. Wir spielen einfach nur die Art von Musik, die wir in unseren Köpfen und Herzen tragen. Wir denken nicht über Attribute wie “Slam”, “Technical”, Brutal” oder “Old School” nach – das können Kritiker oder Shops machen. Alle von uns haben unterschiedliche musikalische Wurzeln in sich und das spiegelt sich in unseren Gesamtwerken wider. Aber ganz ehrlich, lass mich eine Sache sagen: Wir sind von hochqualitativer Musik mit bestem Sound inspiriert.

Um mal über Brutal Death Metal zu sprechen: Ist es überhaupt noch möglich, etwas völlig Neues zu kreieren oder geht es nur um die Kombination bekannter Elemente?

Ich denke, dass vollkommen neue Elemente unmöglich sind – oder die entsprechende Musik wird nicht als Brutal Death Metal durchgehen. Aber diese Art von Musik ist derart vielseitig und kann auf so viele unterschiedliche Weisen gespielt und interpretiert werden, dass es praktisch unendlich Kombinationsmöglichkeiten gibt. Ich verstehe die Frage, ob Death Metal tot ist. Meine Meinung ist aber, dass Death Metal immer lebendig sein wird, weil es immer Zombies und andere Maniacs geben wird, die den Sound so brutal wie möglich halten wollen.

Ich gehe mal davon aus, dass die unserer Leser nicht allzu viel über die russische Death-Metal-Szene wissen. Kannst du etwas über deren Existenz erzählen? Woher kommen die meisten Bands?

Die Szene ist nicht allzu breit, weißt du. Allerdings haben wir einige exzellente Truppen wie FETAL DECAY, CEPHALIC IMPURITY, SCRAMBLED DEFUNCTS, OSSUARY ANEX, PERVERSE DEPENDENCE, 7HTARGET, BIG END BOLT oder CREMATED LIVES. Diese Jungs treten allesamt richtig Arsch! Einige dieser Bands haben ein paar tolle Underground-Deals mit Labels wie Comatose Music, Brutal Bands oder Sevared Records an Land gezogen. Viele von denen sind auch gerade dabei, in Europa durchzustarten, wie man auf etlichen Plakaten von Festivals lessen kann. Dazu haben wir noch einigere kleinere Bands, doch die Szene ist nicht besonders stark. Wir haben keine Death-Metal-Hauptstadt in Russland. Jede größere Stadt hat ein bis zwei größere Bands und mehrere Kleinere. Alle von mir genannten Kapellen verteilen sich über das ganze Land.

Mit Unique Leader Records arbeitet ihr mittlerweile mit einem äußerst erfolgreichen Label im Death-Sektor zusammen. Wie kam es denn zu dem Kontakt?

Es ist so, dass unsere Releases in den USA sehr bekannt sind und auch unser altes Label, Soulflesh Collector Records, haufenweise Platten dorthin verkauft hat. Im Jahr 2010 haben wir zwei Songs für eine EP aufgenommen, die gezeigt hat, dass wir nun vielseitiger und technisch komplexer agieren. Diese haben wir zu einigen größeren Labels gesendet. Unique Leader waren die ersten, die uns ein ernsthaftes Angebot gemacht haben und wir haben akzeptiert. Für mich als großer Death-Metal-Fan ist es eine besondere Ehre, dort untergekommen zu sein, denn ich liebe DEEDS OF FLESH, DECREPIT BIRTH, GORGASM und natürlich DISGORGE. Auf einer Ebene mit diesen Bands zu stehen, ist ganz einfach großartig. Ich habe beinahe alle Alben von Unique Leader Records in meiner Sammlung, denn es ist schlichtweg ein Beweis für Death Metal hoher Qualität.

Für den Song “Evidence Near Death” habt ihr einen recht simpel und essenziell gehaltenen Videoclip produziert. Warum habt ihr euch dort eher ans Wesentliche gehalten?

Am Anfang hatten wir durchaus den Plan, auch eine Story einzubauen. Aber je intensiver wir über diese Idee nachdachten, desto schlechter und problematischer wurde sie. Du solltest einen Haufen Kohle investieren und eine Menge Freunde und gute Beziehungen in diese Richtung haben, um einen passendes Video aufnehmen zu können. Demnach haben wir diese Idee verworfen und uns schlichtweg dabei gefilmt, wie wir einen frischen Song spielen. Dazu kamen ja noch einige Line-Up-Wechsel, schließllich hatte in Russland noch niemand unseren neuen Drummer Eugen gesehen, genauso wir Frontmann Igor. Folglich haben wir die Beiden im Clip-Format vorgestellt.

Das Cover-Artwork von “Autopsychosis“ wirkt sehr detailliert und interessant. Kannst du die Verknüpfung zur Thematik herstellen?

Ich liebe wirklich das neue Artwork! Es wurde von Vladimir Smerdulak erstellt – einem russischen Metalartist, der nun in Prag lebt. Es war keine einfache Arbeit, doch es hat perfekt funktioniert. Ich kann neuen Bands, die noch nach frischem Blut für ihr Artwork suchen, nur empfehlen, mit Smerdulak in Kontakt zu treten – dieser Mann weiß einfach ganz genau, wie man düstere Kunst einbringt. Über die Themen von “Autopsychosis”: Das ist das Tor und der Schlüssel – also der Weg zur Welt von H.R.Giger und dem Fenster zu dem Garten von H.P.Lovecraft. Ich bin sehr beeinflusst von Clive Barkers Literatur, den Gedichten von William Blake, Cormac McCarth’s “Road“, Nevil Shute “On the Beach“ und anderen Visionen über das Ende der Welt. Das sind die Phantome und Träume in einem tiefen apokalyptischen Schlaf.

Da ihr in Moskau lebt: Ein großer Traum von mir ist eine Tour mit der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland. Das könnte durchaus ein Reiseweg mit tollen Inspirationen für Künstler sein. Wenn eine Metalband dort Inspiration schöpfen würde, wie hörte sich deren Output an?

Das ist eine großartige Idee, mein Freund! Ich denke, das kann prächtig funktionieren, denn Russland hinter dem Ural ist eine andere Welt. Selbst wenn wir dorthin kommen, fühlen wir mysteriöse Winde und verschleierte Geheimnisse. Es könnte sich um traurigen Doom Metal unter tiefem Schnee oder Pagan Black Metal Flammen unter dem Banner alter Götter handeln. Dazu kommen Ambient-Landschaften mit gefrorenen Sternen und Brutal-Death-Atmosphären unter bedingungslosem, lebensfeindlichem Frost. Ich hoffe für dich, dass du dein Vorhaben eines Tages realisieren kannst: Mächtige Natur, riesige Wälder, endlose Flüsse, Frost und Schnee.

Dann danke ich dir für das Beantworten der Fragen und wünsche euch alles Gute. Du darfst gerne noch etwas loswerden, wenn du möchtest!

Danke für das tolle Interview und dein Interesse an KATALEPSY! Für die Death-Metal-Fans möchte ich sagen: Besucht Konzerte, kauft CD’s und T-Shirts, unterstützt einfach eure favorisierten Bands – hier ist noch lange nichts beendet und es fließt noch immer Blut in der Death-Metal-Szene! Dass wir in Russland leben, spielen und atmen sollte kein Problem sein! Unterstützt den Underground und “Keep It Brutal!”

12.03.2013

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