Kataklysm
Interview mit Frontmann Maurizio Iacono
Interview
KATAKLYSM ist eine Band, die zwar schon einige Jahre auf dem Buckel hat, aber gerade in den letzten Jahren – zumindest kommerziell – richtig durchstarten konnte. Zwar wurde über die letzten Alben stark diskutiert, wovon auch die neueste Veröffentlichung der Kanadier, „Prevail“, nicht verschont bleiben wird, dennoch gehört die Band sicherlich zu den ganz großen im Death-Metal-Geschäft. Ein Gespräch mit Frontmann Maurizio Iacono!
Hallo Maurizio!
Hallo!
Gut, Ton läuft. Wollen wir anfangen?
Gerne.
Okay. Seit dem Release von „In The Arms Of Devastation“ sind zwei Jahre vergangen. Wie waren die so?
Sehr busy, haha. „In The Arms Of Devastation“ war ein sehr starkes Album für KATAKLYSM, das bestverkaufte unserer Karriere. Wir hatten sehr viel zu tun, waren zwei Jahre auf Tour und haben um die 300 Konzerte gespielt. Es war also eine sehr geschäftige Zeit und während wir unterwegs waren, haben wir angefangen, das neue Album zu schreiben. Und jetzt fangen wir mit „Prevail“ von vorne an.
Ja, du hast mir ja gerade erzählt, dass „In The Arms Of Devastation“ ein sehr erfolgreiches Album war. In Deutschland habt ihr das erste Mal die Album-Charts geknackt – ihr wart auf Platz 76, Gratulation!
Danke!
Ist das in anderen Länder ähnlich gelaufen? Und inwiefern kümmert ihr euch darum?
Also, das Land in dem wir „In The Arms …“ am meisten verkaufen konnten, waren die USA. Da haben wir auch die Album-Charts geknackt, aber erst fast ein Jahr später. Es scheint also so, als hätten die Leute das Album erst gekauft, nachdem sie uns live gesehen haben. Das war interessant zu beobachten. Das war aber – neben Deutschland – auch die einzige Chartposition mit dem Album. Das allerdings freut uns, Deutschland, die Metal-Welthauptstadt, haha, das ist etwas besonderes für uns und die Chance, dass wir das mit der neuen Platte wieder schaffen, ist da. Allerdings sind das nur die Charts, das ist schön, aber vor allem geht es uns darum, zu sehen, dass die Fans das Album mögen. Das ist für uns die Hauptsache.
Ihr seid ja in den letzten zwei Jahren viel auf Tour gewesen.
Oh ja, haha.
Habt ihr irgendwelche neuen Erfahrungen gemacht?
Ja, wir haben einige neue Freunde kennen gelernt. Zum Beispiel waren wir das erste Mal in Australien, das war sehr interessant. Außerdem waren wir zum ersten Mal in der Slowakei und noch ein paar anderen Ländern. Und jetzt wird das weitergehen, denke ich, denn es ist bestätigt, dass wir das erste Mal in Südamerika spielen werden, Chile, Brasilien und so. Wir sind also dabei, uns auszubreiten, wir werden für Fans spielen, die uns noch nie gesehen haben. Russland kommt demnächst auch, das gehört ebenfalls dazu. Wir haben also einige neue Erfahrungen und verrückte Dinge gemacht. Das ist das Metal-Business! Das ist Rock’n’Roll!
2007 habt ihr ja mit „The Devastation Begins“ auch das zweite Live-Album eurer Karriere veröffentlicht. Welche Intention hattet ihr dabei?
Nun, ich denke, eine Menge Leute hat KATAKLYSM noch nie live gesehen und denen wollten wir zeigen, was wir können, wie eine KATAKLYSM-Show ist, diese Perspektive wollten wir ihnen geben. Wir haben noch nie eine wirklich professionelle DVD released und das ist eine Möglichkeit, näher an die Leute heranzukommen, die wir sonst nicht erreichen können. Außerdem haben wir uns halt dazu entscheiden, sie in Deutschland zu drehen, da viele wissen, dass das KATAKLYSMs Lieblings-Ort für Konzerte ist.
Wenn du nichts dagegen hast, würde ich jetzt zu eurem neuen Album – „Prevail“ – kommen.
Nein, keineswegs.
Okay. Inwiefern wurde denn der Songwriting-Prozess vom Erfolg von „In The Arms Of Devastation“ beeinflusst?
Das war eine sehr schwierige Sache, da das letzte Album so groß war und wir nicht dasselbe noch einmal machen wollten. Das war für KATAKLYSM sehr wichtig. Ich denke, wenn du in unserer Karriere zurückschaust, wirst du sehen, dass jedes Album nach KATAKLYSM klingt, aber anders ist – wir machen niemals dasselbe Album zwei Mal. Jedes Album ist, was es ist. „In The Arms Of Devastation“ ist ein spezielles Album, genauso wie „Serenity In Fire“ oder „Shadows And Dust“ und alle andern. Dasselbe nochmal zu machen wäre ein riesiger Fehler für uns gewesen. Wir wollten etwas anderes machen. Einige Leute haben vielleicht von uns erwartet, dass wir wegen des Erfolgs, den wir hatten, etwas kommerzieller werden, sie dachten, wir würden sozusagen die falschen Schritte machen, aber wir wollten etwas tun, was sie nicht erwarteten: Ein aggressives Album aufnehmen, ich denke es gibt mehr Blastbeats, Wut. Das ist, wonach uns war. Und ich denke, solange wir uns nicht selbst betrügen und das tun, was wir wollen, ohne unsere Integrität zu verlieren, werden wir weiterhin eine Menge qualitativ gute Alben veröffentlichen.
Und wie war der Songwriting-Prozess generell?
Wir fingen mit dem Album vor circa anderthalb Jahren während einer Tour an. Wir entschlossen uns dazu, das Touren für „In The Arms Of Devastation“ eine Weile sein zu lassen und uns auf das Songwriting zu konzentrieren, weil wir viele Ideen hatten. Nach etwa einem Jahr stand das Gerüst der Songs. Als wir dann weitertourten, legten wir das Material erstmal zur Ruhe, und als wir zurückkamen, feilten wir wieder daran, machten die Songs stärker. Ein Jahr später fühlten sie sich denn gut an und wir entschlossen uns dazu, sie jetzt fertig zu stellen und aufzunehmen. So machten wir das Album, das wir haben wollten. KATAKLYSM ist … weißt du, wir haben für uns einfach unser bestes Album gemacht – was es auch immer noch ist. Wir fühlen uns wohl, wo wir seit unseren letzten vier Alben sind, aber wir haben immer noch nicht unser eines, großes Album gemacht, auch wenn es sich im Moment so anfühlt. Vielleicht ja das nächste Mal – wir haben auf jeden Fall schon Ideen für die nächste Platte.
Du sagtest gerade, dass ihr noch nicht euer perfektes Album gemacht habt. Kannst du mir trotzdem erzählen, was „Prevail“ für dich zu einem guten, zu einem „Hammer-Album“ macht?
Hm … ich denke, das Songwriting auf „Prevail“ ist viel ausbalancierter und in sich geschlossener, als auf den letzten Alben. Auch sind wir mit der Platte ein bisschen zu den Roots von KATAKLYSM zurückgegangen, zum Beispiel mit Songs wie „Tear Down The Kingdom“ und „The Vultures Are Watching“, das geht sehr in Richtung der Old-School-KATAKLYSM. Außerdem heben wir mit Songs wie „Prevail“ oder „Taking The World By Sword“ die Natur der Band hervor. Ich denke, dass jeder, der die Alben von „The Prophecy“ (2000) bis „In The Arms Of Devastation“ mag, und nichts gegen einen Schuss Old-School-KATAKLYSM hat, dieses Album auch mögen wird. Ich bin mir sicher, dass es ein Gang durch unsere besten Veröffentlichungen ist. Das ist meine Meinung. Und die bisherigen Reaktionen zeigen, dass ich so falsch nicht liege.
Eine andere Frage: Würdest du mir zustimmen, dass die typischen Grundlagen für den KATAKLYSM-Sound irgendwo immer dieselben sind?
Natürlich. Ich meine, Leute mögen eine Band wegen dem, was sie grundsätzlich tut. Alben bedienen immer gewisse Geschmäcker – lass es mich so ausdrücken: Eiscreme. Eiscreme ist Eiscreme, aber trotzdem gibt es verschiedene Geschmäcker. Jedes Album hat einen anderen Geschmack, manche magst du, manche nicht. So würde ich diese Band beschreiben, weißt du, die Grundlagen sind dieselben, trotzdem denke ich, dass man diese Band auch deswegen mag, weil sie immer wieder ein bisschen anders klingt. Wenn du uns anhörst, weißt du nie, wie der nächste Song klingt. Bei manchen Bands kann man genau vorhersagen, dass das nächste Lied blasten wird, oder dass es melodisch ist. Bei KATAKLYSM weißt du das nie, das ist, was uns ausmacht, finde ich.
Okay. Wo kommt denn dann die Inspiration her, immer wieder ein neues Death-Metal-Album, einen neuen Geschmack, auf dieselbe Basis zu legen?
Wir sind alle Freaks, Mann, haha. Ich denke, dass es oft hilft, dass wir einfach vier Freunde sind, die sich schon seit immer kennen. Diese Band ist eine der wenigen, die ein wirklich intaktes Line-up hat, sowas zu sehen, ist echt selten! Wir bemühen uns, das so beizubehalten, und es hilft ungemein beim Songwriting, es macht es so einfach, weil alle daran Spaß haben. Diese Tatsache macht das Songwriting so inspirierend. Wenn du etwas gerne machst, findest du auch immer einen Weg zur Inspiration.
Und die Lyrics auf „Prevail“? Kannst du mir darüber was sagen? Gibt es ein Konzept oder so?
Na ja, es gibt zwei Konzepte auf „Prevail“. Ich habe auf „In The Arms Of Devastation“ – zum Beispiel in „Crippled And Broken“ – ein Konzept über Krieg, bzw. Nachkriegssyndrome angefangen, welches ich in manchen Songs weitergeführt habe, in „The Chains Of Power“ oder „Blood In Heaven“, worin es um den Geisteszustand von Soldaten geht. Das ist ein Thema, das mich sehr interessiert, weil ich einige Freunde habe, die zur Zeit im Krieg sind. Sie schreiben uns Briefe und ich finde es sehr spannend, zu lesen, wie sie sich fühlen, während sie kämpfen. Darüber wollte ich unbedingt was schreiben, sodass du das vielleicht als Konzept sehen könntest. Aber der Aufhänger des Albums ist KATAKLYSM selbst, die 15 Jahre, in denen wir Alben geschrieben, immer weitergemacht und nie aufgegeben haben, darüber, dass man für seine Träume kämpfen muss. „Prevail“ ist das durchbrechen von allem, was dich davon abhält, deine Träume zu verwirklichen. Für uns das Überstehen all der Scheiße, das in unserer Karriere über uns geredet wurde. Als wir anfingen, wollte uns keiner helfen und wir entschieden uns einfach, das zu tun, was wir für richtig hielten, verstehst du? „Prevail“ ist kein negatives, sondern eher ein optimistisches Album, darin geht’s um das Zurückschlagen. Ich bin nicht religiös, weißt du. Im Religionsunterricht erzählen sie dir, wenn dich einer schlägt, sollst du ihm auch die andere Wange hinhalten, aber so bin ich nicht, ich schlage zurück, haha. Das ist ziemlich genau das, worum es auf der Scheibe geht, darum, sich zu wehren.
Du sagtest gerade, dass in der Vergangenheit jede Menge Scheiße über euch erzählt wurde. Das habe ich nicht mitbekommen, ich dachte immer, dass ihr immer eine erfolgreiche Band wart, nachdem ihr erst einmal aus dem Proberaum raus gekommen seid. Eben, dass ihr euren Weg gemacht habt.
Richtig. Das ist mehr auf unsere alten Tage bezogen, auf die frühen und mittleren 90er. Heute natürlich nicht mehr, heute sehen die Dinge ganz anders aus. Die letzten, na ja, lass mich sagen, acht Jahre waren prima. Aber davor hatten wir einige Probleme in der Industrie, weil wir nicht wirklich passten, eine andere Band waren. Das hat sich natürlich gehörig verändert, jetzt ist alles cool, aber wir mussten immer kämpfen, wir waren immer so etwas wie die schwarze Katze … oder besser das schwarze Schaf. Aber ich mochte das, ich mochte es immer, „anders“ zu sein. Für mich war das nie ein Problem, aber jetzt ist es schon cooler.
Okay, ein anderes Thema: Soweit ich weiß, seid ihr in der modernen kanadischen Metalszene eine der größten und wichtigsten Bands. Siehst du das auch so? Fühlt sich das so an?
Ja, definitiv. Also, ich möchte nicht sagen, dass wir die wichtigste Band sind, aber wir sind mit Sicherheit die populärste. Wir machen das jetzt nun einmal seit vielen Jahren und es ist so, dass wir nicht nur in Kanada, sondern auch im Rest der Welt halbwegs bekannt sind. Und sicher sind wir im Moment der Topseller in Kanada, ja, aber das interessiert mich nicht wirklich, ich möchte nur sichergehen, dass die Band gute Musik macht und Shows auf die Beine stellt, die die Leute mögen. Wenn ich meine Fans die Fäuste in die Luft recken sehe und sie sagen höre, dass das Konzert großartig war, dann denke ich, dass ich meinen Job getan habe. Dann macht das Spaß.
Okay. Kannst du uns denn vielleicht einen Eindruck verschaffen, wie die heutige kanadische Metalszene aussieht?
Das ist eine große, starke Szene, für die sehr viele geile Konzerte gespielt werden. Du kannst irgendeine Band fragen, die in Nordamerika getourt ist, und sie wird antworten, dass Montreal, Quebec oder Toronto mitunter die größten Shows gewesen sind. Die Konzerte sind einfach großartig. Ich weiß zwar nicht, warum das so ist, aber unser Land hat eine der größten Metalszenen, worauf wir sehr stolz sind.
Ich gehe mal davon aus, dass ihr von dem Geld, das ihr mit KATAKLYSM verdient, leben könnt … .
Richtig.
Ist die Band denn auch wirklich ein Vollzeitjob?
Ja, definitiv. In den letzten vier, fünf Jahren war es wirklich so, dass wir rund um die Uhr mit der Band beschäftigt waren. JF (Jean-Francois Dagenais, Gitarrist – Anmk. d. Red.) hat noch ein eigenes Studio und produziert also eine Menge Bands, aber im Grunde ist die Band das, was wir machen. Max (Duhamel, Drums – Anmk. d. Red.) hat noch einen kleinen Job, aber nur, weil er nicht einfach nur rumsitzen kann. Ich mache nebenbei noch den ganzen Promokram hier in Amerika, aber auch nur aus dem Grund, dass ich nicht einfach nichts machen kann. Wir halten uns also immer beschäftigt, haha.
Das wird dann auch der Grund sein, warum du um diese Zeit noch Interviews gibst, haha …
Richtig!
Gut.
Dann habe ich noch zwei Fragen von einem Metal.de-Forenmitglied mit dem Nickname „Zeylo“.
Okay.
Zunächst fragt er, ob in der nächsten Zeit eine Europa-Tour ansteht, die euch auch nach Deutschland und vielleicht Berlin führt.
Ja, gibt es. Wir sind bereits bestätigt, das wird im November oder Dezember sein. Was Berlin angeht bin ich mir nicht sicher, aber ich glaube, Leipzig wird dabei sein. Berlin aber wahrscheinlich auch. Auf unserer Myspace-Seite ist das bereits angekündigt. Die Tour wird mit MORBID ANGEL, MARDUK, KEEP OF KALESSIN und ARSIS laufen. Das wird eine ziemlich lange Tour werden, aber wir sind zusammen mit MORBID ANGEL Co-Headliner – ich bin sicher, dass das cool sein wird.
Okay. Zeylos zweite Frage besteht darin, dass er seit drei Wochen mit professioneller Betreuung lernt, zu growlen und nun gerne wissen möchte, wie du zu dieser Art von Gesang gekommen bist und was für Tipps du geben kannst.
Also, am Anfang wird man auf jeden Fall einige Male seine Stimme verlieren, zumindest war das bei mir so, sogar auf Tour. Man muss halt die richtigen Übungen und das richtige Warm-up beherrschen. Und vor allem kommt dieser Gesang aus der Magengegend. Ich schätze, viele Leute denken, das käme aus der Kehle, aber du musst die Luft und die Kraft richtig aus dem Magen herauspressen. Bei Black-Metal-Screams wird deine Kehle mehr beansprucht, aber das ist, wie es bei Growls läuft.
Hattest du professionelle Hilfe?
Ich hatte einen Lehrer für das Atmen. Du musst zusehen, dass du nicht zu viel Text auf einmal herauspressen willst, sondern auch genug Luft holen, sonst ruinierst du deine Stimme. Außerdem musst du auch immer genug Wasser trinken. Das sind die Tipps, die ich deinem Freund geben kann.
Okay. Dann gehören die berühmten letzten Worte dir!
Gut, dann möchte ich auf diesem Wegen den ganzen Legionen von KATAKLYSM-Fans in Deutschland und auch dir dafür danken, dass du das Interview machst. Und es ist zwar eine Weile her, dass wir das letzte Mal in Deutschland waren, aber wir freuen uns sehr auf die Tour. Ihr könnt einiges an neuem Material, sowie jede Menge Power erwarten und ich hoffe, viele von euch zu sehen.
Dann danke ich dir!
Ich danke dir für das Interview!
Alles klar! Tschüss!
Tschüss!