Kamelot
Kamelot

Interview

Der heutigen Power-Metal-Szene fehlt es definitiv an frischen Ideen und unabhängigen Denkern, die sich darum bemühen, nicht immer nur dem altbekannten Klischee gerecht zuwerden, sei es durch "Schwert, Drachen und Magie"-Lyrics, oder durch kitschige Fantasy-Artworks. KAMELOT haben mit ihrem vielbeachteten fünften Longplayer "Karma" bewiesen, dass die Gratwanderung zwischen musikalischem und textlichem Tiefgang auf der einen, und fantastischer Atmosphäre auf der anderen Seite, nicht zum Scheitern verurteilt ist. Ein guter Grund den Sänger der Truppe, Roy Khan, mal genauer in die Zange zu nehmen…

He Roy, wie ist das Wetter oben in Norwegen?

Ehrlich gesagt ziemlich gut, es ist äußerst sommerlich im Moment!

Na dann habt ihr uns was voraus, hier gewittert es grade ganz kräftig! Sei es drum, lass uns zur ersten Frage schreiten: Wo siehst du denn die Weiterentwicklung von eurem letzten Album „The Fourth Legacy“ zu „Karma“ als besonders prägnant an, ist das eher auf musikalischer oder auf textlicher Ebene?

Also, was die Texte betrifft, so habe ich das Gefühl, dass wir uns eher von der klassischen Story von KAMELOT und der Tafelrunde wegbewegen, hin zu universellen und umfassenderen philosophischen Fragen und Konzepten. Die Frage nach der Bedeutung von Leben und Tot gibt natürlich einiges an Stoff her. Die Musik sehe ich dagegen als nicht gravierend verändert an, es hat nur eine natürliche Weiterentwicklung stattgefunden, die Songs sind einfach in jeder Hinsicht besser! Melodien sind stärker, wir sind noch symphonischer und bombastischer geworden, aber natürlich nur dort, wo Bombast auch angemessen ist!

Angesichts der immensen Power-Metal-Invasion aus Italien und Schweden sind viele Kritiker und Fans ein wenig negativ gegen die mannigfaltigen klischeetriefenden Veröffentlichungen eingestellt. Andererseits hört man von vielen Stimmen, dass ein Vorzug von Kamelot gerade die interessanten und anspruchsvollen Texte seien. Kannst du dir dieses Urteil erklären?

Ich habe ja bei CONCEPTION schon immer Erfahrungen im Umgang mit Texten sammeln können, und Thomas (Thomas Youngblood – Gitarrist – Der Red.) hat einfach seinen gewissen „amerikanischen“ Einfluss in die KAMELOT-Lyrics einfließen lassen, so dass diese Kombination von Textschreibern schon allein eine gewisse exotisch-prägnante Seite birgt. Wir sind irgendwie keine typischen Texter für das Genre. Ich mag nichtsdestoweniger diese „Ritter und Drachen“-Themen sehr gerne. Ich denke, dass die meisten Fans da doch sehr tolerant sind und ich liebe es einfach, auch manchmal auf diese sehr bildhaften Fantasy-Motive zurückzugreifen, weil sie, obgleich ein wenig abgenutzt, doch immer noch sehr aussagekräftig sind!

Wo wir gerade von Texten sprechen, der Song „Don’t you Cry“ hat eine ganz bestimmte Bedeutung für Thomas, nicht wahr?

Thomas hat die Idee zu diesem Song schon Jahre mit sich herumgetragen, er wollte den Tod seines Vaters irgendwie musikalisch verarbeiten. Ich denke dass Resultat kann sich wirklich hören lassen. Für mich war der Song insofern nicht ohne, als ich ihn auch auf französisch singen musste, für die französische Ausgabe der CD.

Die Geschichte von Elizabeth Bathori schient ja allgemein eine große Inspiration für Metal-Bands zu sein, nach BATHORY, VENOM, DISSECTION, und CRADLE OF FILTH sind KAMELOT ja schon die fünfte Band, die sich der ungarischen Lady angenommen hat. Wie kamt ihr auf die Idee, sied ihr generell an Geschichtlichen Ereignissen interessiert oder geht es euch eher um den menschliche Aspekt an der Sache?

Ich bin zwar nicht so besessen von mittelalterlichen Dingen wie Thomas, aber interessiert bin ich an solchen Episoden allemal. Der Song kam dadurch ins Gespräch, dass Thomas eine Seite über Elizabeth im Internet gefunden hat, als er mal wieder nach mittelalterlichen Pages gesucht hat, und da wir uns sowieso mal an einer konzeptionellen Songreihe versuchen wollten, fanden wir die Geschichte passend. Natürlich hat es uns auch gereizt, die Gräfin mal von einer anderen, mehr menschlichen Seite darzustellen, bei CRADLE OF FILTH beispielsweise wird sie ja doch in ein sehr teuflisch-vampirisches Licht gerückt. Wir nehmen uns ja immerhin auch drei Songs lang Zeit, um die Story zu entfalten.

Glaubst du eigentlich an Dinge wie Karma und Reinkarnation, oder magst du lediglich das Gedankenspiel mit solchen religiös-spirituellen Themen?

Der Song „Karma“ hat nicht wirklich etwas mit Buddhismus zu tun. Mein Vater ist zufälligerweise Buddhist, was reiner Zufall ist und weniger was mit der Wahl des Themas zu tun hat. Es war vielmehr so, dass Thomas und ich uns viel über das Leben und den Tod unterhalten haben, als ein guter Freund von mir fast and einem Herzinfarkt starb. Wir haben uns dann die Frage gestellt, ob es nach dem Tod noch zählt, ob man ein gutes oder ein schlechtes Leben geführt hat. Über solche Fragen kamen wir zum Themenkomplex, aber ich glaube nicht wirklich an diese Dinge. Alle Religionen haben interessante Standpunkte, aber ich kann mich nicht wirklich für eine entscheiden.

Auf was für Bands stehst du denn so, ich meine damit Metal-Heroen und sonstige Musiker? Ich glaube es stand auf der Band-Homepage, dass du ein großer Fan von BJORK aus Island bist. Kannst du mir erklären, wie man diese Musik genießen kann? Ich dachte immer, sie wäre die Ursache für die vielen Selbstmorde in Island!

(Roy wirft sich an dieser Stelle ziemlich weg) Ich denke das Wetter hat auch seine Anteil an dieser Tatsche! Naja, für mich als Musiker ist es halt sehr interessant, wie sie organische und elektronische Sounds einsetzt und auch wie sie mit ihrer Stimme umgeht, das hat schon was faszinierendes. Natürlich ist das was ganz anders als Metal, aber man muss sich als Musiker immer mit solchen Exoten befassen, sonst kopiert man sich irgendwann nur noch selbst. ARTCH und PAIN OF SALVATION mag ich auch sehr gerne, aber ich höre meistens in die verschiedensten Sachen rein um mich zu inspirieren. Sehr Schade finde ich, dass ich Musik generell nicht mehr so genießen kann wie früher, weil ich sie nur noch analysiere!

Ihr habt euch ja schon mit den vergangenen Alben von eurem früheren Aufnahmetempel, dem alterehrwürdigen Morrisound-Studio in Florida, abgewandt und habt euch nach Wolfsburg begeben. Wie kamt ihr eigentlich dazu, macht es denn nicht mehr Spaß eine Platte in Floria aufzunehmen als in Wolfsburg?

Nun, wenn du in Florida lebst wie unserer Jungs, dann wird dir die Sonne auch mal zuviel. Ich mag Florida zwar gerne, aber wenn es um Aufnahmen für ein Album geht, dann sind uns die Leute mit denen wir zusammenarbeiten wichtiger als die Location. Nächstes Mal wollen wir aber vielleicht den anderen Weg gehen und unsere Stammcrew von Wolfsburg ins Amiland fliegen, damit die sich mal vom wahnsinnig aufregenden Leben in einer Stadt wie Wolfsburg erholen können!

Was hältst du denn vom Internet und seinen Möglichkeiten? Ich hab gehört, dass du und Thomas beim Songwriting intensiv von Dingen wie MP3s und E-Mails gebrauch gemacht habt, um über den großen Teich hin Kontakt zu halten? Was denkst du denn über Napster und die ganze Diskussion über Internet-Piraterie?

Es ist richtig, das wir bei der Sichtung interessanter Song-Fragmente und Ideen für ein Album, sowie zum normalen Gedankenaustausch, das Internet sehr stark nutzten, eine Technik, die man sich vor 15 Jahren so noch nicht erträumt hat. Napster finde ich übrigens großartig, ich kann zwar verstehen, wenn sich große Bands über die Verluste beklagen, das ist schon legitim, aber für alle anderen ist es toll! Wenn viel Geld im Spiel ist, verliert leider fast jeder seinen Humor. Grundsätzlich ist es doch toll, das eine Underground-Band aus Island ihre Songs so streuen kann, dass man sie dann in Korea oder Südamerika runterlädt? (Wenn die Band nicht BJORK heißt, dann ja! – der Red.)

Wie kommt es denn, dass du als norwegischer Metalhead nicht in einer Black-Metal-Band gelandet bist, so richtig mit Corpsepaint und meterlangen Nieten?

(Lacht) Naja, ich fand die Szene schon immer recht interessant, konnte mich aber musikalisch nie so ganz damit identifizieren. Ich kenne Leute die mehr in der ganzen Szene drinstecken, aber für mich gilt, dass Black-Metal nicht die Form ist, in der ich meine Gefühle am besten zum Ausdruck bringen kann. Außerdem ist das ganze ja auch ein bisschen überbewertet, die Metal-Szene insgesamt ist hier zwar sehr Black-Metal-orientiert, aber Norwegen ist so ein kleines Land, hier gibt es von allem sehr wenig, vor allem Metaller!

Was hältst du vom Nu-Metal?

Ich finde es schon gut, dass die Magazine und Musiksender über diese Acts berichten, das hält wenigstens das Interesse der Leute für harte Klänge wach. Schade ist natürlich, dass die Mediengiganten diese Bands so ausschließlich featuren, und es gar keinen Platz mehr für konventionellen Metal gibt. Es herrscht einfach zu wenige Vielfalt, seit zehn Jahren wird man mit Grundge- und Rap-Metal zugeschüttet, ohne jemals was anderes zu sehen! Aber die ganze Sache ist schon wieder so aufgeblasen und dadurch lächerlich, das der Trend bald rückläufig werden wird.

Es gibt also Hoffnung! Was treibt ihr denn so, wenn ihr nicht gerade musiziert?

HAHA! Meistens Dinge, die man mit musizieren verbinden kann! Wenn mal Zeit bleibt, gehe ich gern in die Natur, Bergsteigen und Klettern mag ich sehr gerne!

Vielen Dank für das Interview! Wie geht es denn nun mit KAMELOT weiter?

Unser nächstes Album wird endlich einen konzeptionellen Aufbau haben, denn wir haben eine Idee gefunden, und das war das einzige, was uns noch zu einem Konzeptalbum gefehlt hat! Noch wird aber nix verraten, keine Sorge! Dann geht es natürlich aufs BANG YOUR HEAD und auf ausgedehnte Europatournee!

26.03.2002
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