Kambrium
"Stumpf ist Trumpf."
Interview
An KAMBRIUM werden sich weiter die Geister scheiden. Auch wenn die Basis der Niedersachsen letztlich Melodic Death ist, werden vermutlich nicht wenige von der Extraportion Epik und den stark im Vordergrund stehenden Keyboards abgeschreckt. Davon lassen sich KAMBRIUM natürlich nicht beirren und ziehen ihren Stiefel mittlerweile seit über 15 Jahren konsequent durch. Während das letzte Album „Dawn Of The Five Suns“ den Fokus stark auf die Gitarren setzte und die Keyboards in erster Linie für die atmosphärische Untermalung sorgten, dürfte allein das Thema Cyberpunk auf dem fünften Longplayer „Synthetic ERA“ schon klar machen, dass die Synths dieses Mal wieder sehr viel mehr Raum einnehmen und die Scheibe damit auch deutlich mehr polarisieren wird. Grund genug, uns Hauptsongwriter und Keyboarder Jan Hein zu schnappen und zu klären, warum „Synthetic ERA“ genau so klingen muss, wie es nun mal klingt.
Hallo Jan! Erst einmal die obligatorische Frage: Wie geht es Euch? Inwieweit hat Euch die aktuelle Situation als Band zurück geworfen und musstet Ihr dadurch anders an die Aufnahmen für „Synthetic ERA“ herangehen?
Tatsächlich hat uns die Pandemie, so doof es klingen mag, nach vorne gebracht. Dafür gibt es zwei Gründe. Erst einmal hatten wir dadurch einfach viel mehr Zeit für den gesamten Kreativprozess, die wir sonst nicht gehabt hätten, z.B. durch weggefallene Konzerte. Ich kann beispielsweise nicht nach einem Konzert im Tourbus Songs schreiben. Wenn man für ein Konzert probt, dann ist man zwar gemeinsam im Proberaum, probt da aber auch wirklich nur für die anstehenden Gigs und schreibt dabei nicht irgend etwas neues. Grundsätzlich schreiben wir aber ohnehin keine Songs im Proberaum, die schreibe ich alle zu Hause, weil ich dafür einfach Ruhe brauche. Also diese „klassische“ Herangehensweise im Proberaum: „Hier ist ein Riff, das klingt cool“ – das funktioniert für uns nicht. Alles was ich zu Hause aufschreibe ist quasi schon komplett durchdacht, inklusive Spannungsbögen, und ähnlichem. Da bin ich geradezu neidisch auf andere Bands, dass die das so locker im Proberaum hin bekommen. Der Vorteil an meiner Herangehensweise: Wir haben sofort die Noten, die die Jungs dann von mir bekommen, spielen es erst einmal so und dann hören wir direkt ob es funktioniert oder ob wir noch etwas ändern müssen.
Der zweite Grund, warum es uns eigentlich aktuell ganz gut geht ist, dass unser neues Album von der Bundesregierung gefördert wurde, um genau zu sein von der „Initiative Musik“. Der Kulturzweig der Bundesregierung hat aufgrund der Pandemie eine deutliche Aufstockung des Etats erhalten. Dort konnte man sich dann bewerben, das Programm heißt „Neustart Kultur“ und es gibt verschiedene Förder-Runden. So hat uns, was das angeht, die Pandemie tatsächlich in die Karten gespielt, obwohl die gesamte Situation natürlich unheimlich tragisch ist. Ich bekomme es ohnehin täglich mit, da ich im örtlichen Impfzentrum als Impfer arbeite. Erfreulicherweise hat aber auch niemand in der Band einen Job, der durch die Pandemie jetzt ernsthaft beeinträchtigt wurde.
Das war in diesem Sinne ja tatsächlich eine glückliche Fügung, da ein neues Album bei Euch ja ohnehin anstand. „Dawn of the Five Suns“ kam ja Ende 2018 raus.
Es wäre tatsächlich dran gewesen, das Album war auch bereits komplett geschrieben und wir waren kurz davor einen Studiotermin zu buchen. Da wussten wir aber noch nicht, dass wir gefördert werden. Wir hatten uns zwar schon beworben, aber dort bewerben sich hunderte von Bands und Solokünstlern. Natürlich sind wir als kleine Nischenband eher nicht davon ausgegangen, dass wir dort genommen werden. Ich meine, wer fördert denn bitte ausgerechnet Metal, und dann auch noch solchen, bei dem rum geschrien wird? Wir hatten uns also, um ehrlich zu sein, überhaupt keine Chancen ausgerechnet. Wir waren aber tatsächlich nicht einmal die einzige Metal-Band in dieser Förder-Runde. Das kann man übrigens auch alles öffentlich einsehen, wer dort gefördert wird, das ist kein Geheimnis oder so.
Dann lass uns doch gleich mal ins Detail gehen, was „Synthetic ERA“ betrifft. Konzeptalben sind bei Euch ja quasi der Normalzustand. Wie kamt Ihr auf die Idee, von dem frühgeschichtlichen Maya-Thema jetzt direkt in eine dystopische Zukunft zu springen? Stand das Thema, ähnlich wie beim Vorgänger „Dawn Of The Five Suns“ schon vorher fest, oder kam das erst nach und nach, weil die Songs irgendwie danach klangen?
Ja genau, das Thema stand auch dieses Mal wieder vorher fest. Ich habe letztens sogar irgendwo bei YouTube einen Kommentar gelesen, dass ich offenbar schon bei der Release Show zum letzten Album mit jemandem über das Thema der neuen Scheibe gesprochen hatte. Das Thema geht bei mir aber schon bis in die Schulzeit zurück. Da habe ich im Englischunterricht ein Referat zum Roman „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ von Philip K. Dick gehalten. Das ist das Buch, aus dem dann später der Film „Blade Runner“ entstand. Ich hatte mich damals schon total in dieser Welt verloren, obwohl ich den Film gar nicht kannte. Später habe ich den Film dann irgend wann gesehen und dachte mir: „Das kennst Du doch?“. Von da an hat mich das Thema Cyberpunk wieder richtig gepackt und ich wollte es immer mal musikalisch umsetzen. Als ich dann das Album geschrieben habe, konnte ich aber natürlich nicht ahnen, dass das ausgerechnet jetzt fast schon zu einem Running Gag unter mehreren Metal-Bands wird. Wir waren schon mit allem komplett fertig, das jetzige Album Cover existiert sogar schon seit zwei Jahren. Plötzlich sehe ich das Cover Artwork von der neuen ORDEN OGAN-Platte (gemeint ist „Final Days“, Anmerk. d. Verf.) und dachte mir: „Das ist doch jetzt nicht deren Ernst!?“ Auch dort ist eine Figur in einem Kreis in der Mitte des Covers abgebildet, das Thema geht ja ebenfalls in eine ähnliche Richtung.
Damit nimmst Du mir tatsächlich schon die nächste Frage vorweg, denn das war mir im Vorfeld auch aufgefallen und ich dachte mir, dass das ja schon ein witziger Zufall ist. In meiner Review zum letzten Album hatte ich Eure Chor-Refrains ja sogar noch mit ORDEN OGAN verglichen.
Sie haben zwar einen etwas anderen Ansatz, dort geht es mehr um klassische Science-Fiction, also quasi interstellares, Aliens, usw. Sie bewegen sich, glaube ich, auch noch etwas weiter in der Zukunft als wir. Aber klar, wenn man sich jetzt nicht sehr intensiv mit dem Thema auseinander setzt, denkt man sich natürlich: „Moment, das ist ja genau dasselbe.“ Da kamen wir ein wenig unter Zugzwang und mussten unser Cover Artwork auch einigermaßen zeitnah raus hauen, denn sonst heißt es natürlich: „Ja klar, KAMBRIUM machen jetzt ORDEN OGAN nach, oder wie?“ Wir wussten aber tatsächlich nichts von deren Platte. Zu allem Überfluss sieht jetzt aber auch noch das neue Album von FEAR FACTORY („Aggression Continuum“, Anmerk. d. Verf.) unserem ziemlich ähnlich. Ein Android in der Mitte eines Kreises. Irgendwie scheint es da aktuell echt einen unbewussten Trend zu geben, in diese moderne Richtung zu gehen.
Nach dem Maya-Thema wollte ich etwas ganz anderes machen. Wir hatten uns außerdem schon vor dem letzten Album innerhalb der Band darauf verständigt, dass jedes künftige Album ein ganz anderes Thema behandeln soll. Darin wollen wir dann auch wirklich versinken. „Dawn Of The Five Suns“ klang für uns so, wir für uns eben Maya-Einflüsse klingen müssten, zumindest sollte eben die dazugehörige Atmosphäre rüber kommen. Das gleiche gilt jetzt für das Cyberpunk-Thema. Der Hörer sollte sich bestenfalls schon während des Intros mitten in dieser Welt befinden. Natürlich nehmen wir immer ein paar Kernelemente mit, finden es aber total spannend, uns nicht zu wiederholen. Ich könnte jetzt nicht das zehnte Viking-Metal-Album machen. Meine Freundin meint immer: „Jetzt macht doch endlich mal nen Piraten-Album.“ Klar, können wir machen, aber es wird dann definitiv nur eines.
Die nächsten beiden Themen stehen aber tatsächlich ohnehin bereits fest, ohne dass ich dazu an dieser Stelle zu viel verraten möchte. OK, eines kann ich aber doch schon sagen. In unserem Logo befindet sich ja dieser Horus-Stab. Eines der nächsten Alben wird also auf jeden Fall das Thema Ägypten behandeln.
Das wäre aber natürlich nicht so ein starker Kontrast zum Maya-Thema gewesen.
Genau. Wir hatten zwar überlegt, ob das jetzt vielleicht schon Sinn machen würde. Das Problem ist nur, dass zu dem Zeitpunkt, als ich den Jungs das Thema des Albums verraten habe, schon 90% der Songs geschrieben waren, natürlich mit dem Cyberpunk-Thema im Hinterkopf. Ich schreibe meistens schon ein komplettes Album durch. Damit mussten allerdings auch erst einmal alle klar kommen, da außer mir keiner in der Band irgend welche Berührungspunkte mit dem Thema hatte. OK, vielleicht unterbewusst ein wenig. Martin (Simon, Growls und Bass, Anmerk. d. Verf.) hat beispielsweise viel „Deus Ex“ (Computerspielserie, Anmerk. d. Verf.) gespielt, was auch ein wenig in Richtung Cyberpunk geht. Im Nachhinein merkt man erst, wie riesig dieses Thema eigentlich ist. Allein ein Bild von Tokio in rot-blauem Licht und sofort denkt man an Cyberpunk. Mir fallen dazu entsprechend echt tausende Geschichten ein, die ich dann auch in den Texten verwurste.
Als ich das erste Mal hörte, dass das Thema Eures neuen Albums in Richtung Zukunft und Cyber-Technologie geht dachte ich, um ehrlich zu sein, erst einmal: „Ach Du scheiße, dass könnte echt cheesy werden.“ Gerade wenn solche „bleepigen“ Synthesizer stark im Vordergrund stehen, klingt das Ergebnis oft ziemlich nach Plastik. Hast Du diese Gefahr auch gesehen? Was hast Du gemacht, um genau das zu vermeiden?
Tatsächlich hatten wir diese Diskussion zuerst auch innerhalb der Band. Wir machen einmal im Jahr ein größeres Meeting, wo wir die letzten zwölf Monate Revue passieren lassen und natürlich über die Zukunft der Band sprechen. Als ich dann das Thema ansprach, wusste niemand wirklich etwas damit anzufangen. Karsten (Simon, Clean Vocals und Gitarre, Anmerk. d. Verf.) war auch wirklich skeptisch, weil er genau das dachte, was Du gerade angesprochen hast. Allerdings hatte bis zu dem Zeitpunkt auch noch keiner der anderen Synth Wave gehört. Ich selbst war aber schon voll in dieser Welt. Diese Musik übt so einen Sog auf mich aus, wenn ich dann abends im Dunkeln beim Autofahren die richtige Synth-Wave-Playlist an mache, die eben nicht cheesy ist, sich eher in Richtung 80er orientiert. Hier fallen mir vor allem DANCE WITH THE DEAD ein. Ich hatte dazu auch mal ein Erlebnis. Ich war mit ein paar Freunden im Kino und wie es auf der Rückfahrt dann eben öfters ist, wenn alle platt sind, wird nicht mehr so viel geredet. Ich habe dann die besagte Synth-Wave-Playlist gestartet und alle hatten das gleiche Feeling, wurden total in den Bann dieser Mucke gezogen, obwohl sie sowas überhaupt nicht kannten. Cheesy fand das dabei auch niemand.
Für die eigenen Songs habe ich aber natürlich trotzdem darauf geachtet, dass der Mix aus dem, was wir eigentlich im Kern sind und diesem neuen Element, was wir jetzt hinzufügen möglichst ausgewogen bleibt und nicht eines von beiden zu sehr überwiegt. Die Synth-Sounds haben wir dieses Mal außerdem komplett selbst gebastelt und nicht irgend welche Presets verwendet. Die Sounds haben wir von Grund auf am Rechner neu gebaut, darauf sind wir auch sehr stolz. Sie klingen vielleicht an einigen Stellen wie etwas, was man schon einmal gehört hat, aber so gibt es die nicht noch ein zweites Mal. Da hatten wir schon das Gefühl, dass das nicht cheesy oder peinlich ist. Dazu tragen aber auch die Melodien bei, die nicht alle in Dur angelegt sind, sondern viele in Moll, was ja grundsätzlich eher düster-melancholisch klingt, eben weniger poppig.
Es war uns also schon wichtig, dass wir uns nicht selbst unsere Wurzeln heraus reißen, sondern bei dem bleiben, was wir eigentlich können. Karsten meinte dazu, dass das was vorher ein Instrument gespielt hat, jetzt eben von einem anderen übernommen wird und ich finde, das trifft es ganz gut.
Tatsächlich finde ich auch, dass im Vergleich zur letzten Platte, auf der die Gitarren sehr stark im Vordergrund standen, sie dieses Mal etwas weiter in den Hintergrund gerückt sind. Würdest Du das ähnlich sehen?
Sie haben natürlich trotzdem ihre Momente, aber grundsätzlich habe ich dieses Gefühl tatsächlich auch. Die Gitarren sind zwar immer da, wir haben sie aber zugunsten der Atmosphäre etwas zurück genommen. Nicht damit es unbedingt super synthetisch klingt, sondern um damit eine bestimmte Atmosphäre zu kreieren.
Ich hätte gesagt, dass die Riffs dieses Mal stärker im Fokus stehen, als die melodischen Lead-Gitarren.
Ja, das war auch Maxi (Maximilian Werner, Gitarre, Anmerk. d. Verf.) dieses Mal sehr wichtig, dass wir ein wenig mehr Groove dabei haben. Gerade im langen Titelsong haben wir Riffs dabei, die hätte ich auf keinem anderen Album bisher so geschrieben. Teilweise habe ich sogar das Gefühl, dass das Album ein wenig härter ist, obwohl die Gitarren zurück genommen wurden, was aber auch zu einer düsteren Atmosphäre, einem düsteren Zukunfts-Szenario passt. Die Gitarren sind also vielleicht dieses Mal, betrachtet man die einzelnen Riffs, etwas simpler. Insgesamt, mit allem was drum herum passiert, ist es im Ganzen aber komplexer geworden. Ich habe aber auch versucht, dieses Mal etwas eingängiger zu sein, ganz besonders im Song „Nightly Beast Mode“. Der ist einfach darauf ausgelegt, von vorne bis hinten eingängig zu sein.
Ich habe mich dabei auch gefragt, ob Ihr Euch dachtet: „Hey, lasst uns einfach die eingängigsten Melodien die wir geschrieben haben alle in einen Song packen!“
Ja (lacht). Tatsächlich habe ich mir das in etwa so gedacht. Bei vielen Bands ist es ja so, dass sie für ein Album dreißig Songs schreiben und sich am Ende davon die besten raus suchen. Das ist für mich irgendwie Ressourcenverschwendung. Ich schreibe tatsächlich nur die Songs, die dann auch auf das Album kommen. Dann achte ich aber auch darauf, wenn ich einen Song darauf auslege, dass er eingängig sein soll, dass das am Ende auch wirklich so ist. Das ist bei POWERWOLF beispielsweise auch nicht anders. Wir haben ja das vorletzte Album („The Elders‘ Realm“, Anmerk. d. Verf.) bei Charles Greywolf in seinem Studio aufgenommen. Der meinte auch zu uns, dass bei ihnen eine Melodie, die nicht eingängig ist, sofort verworfen wird. Und bei diesem einen Song habe ich mir das auch so überlegt, dass er einfach von vorne bis hinten eingängig sein muss.
Auch der Gesang sollte sofort im Ohr bleiben. Ich habe allerdings nicht darauf geachtet, ob man den als richtiger Sänger auch so singen würde. Wir hatten damals auf unserem zweiten Album „Dark Reveries“ AMANDA SOMERVILLE als Gast dabei und die meinte zu mir: „Das würde man so aber nicht singen, ich schreibe das mal um“. Das war mir bei „Nightly Beast Mode“ auch total egal, es sollte nur eingängig sein.
Der Song ist außerdem nicht super schnell, sondern eher im Mid-Tempo gehalten, man kann halt mitklatschen und auch mitsingen. Entsprechend werden wir den auch auf jeden Fall live spielen. Das könnte durchaus so eine Art Evergreen werden – ähnlich wie „Season Of The Sea Witch“, den wir auch immer live spielen werden. Erfreulicherweise macht es auch noch verdammt viel Spaß ihn zu spielen, da jeder in jedem neuen Part eine Melodie zu spielen hat und es einfach für keinen langweilig wird, jeder seinen Moment hat.
Das einzige Problem beim Schreiben: Normalerweise ist ein Song ja so aufgebaut, dass der Refrain den Höhepunkt darstellt. Die catchy Melodie vom Anfang stand aber schon. Ich dachte mir: „Wie soll ich die denn bitte nochmal toppen?“. Also habe ich letztlich gesagt: „Stumpf ist Trumpf. Du nimmst einfach diese Melodie nochmal und lässt Karsten dazu singen. Passt.“ Es muss ja nicht immer der super komplexe Songaufbau sein.
„Stumpf ist Trumpf“ ist auf jeden Fall schon mal ein heißer Kandidat für die Headline des Interviews.
Verdammt (lacht).
Mit „Toss A Coin To Your Witcher“ habt Ihr schon einmal einen Song einem Computerspiel gewidmet. Jetzt kommt mit „Synthetic ERA“ ein Album, was sich meiner Meinung nach ein wenig an klassischen Computerspiel-Soundtracks orientiert, gerade der Name CHRIS HÜLSBECK kommt mir da in den Sinn. War das, neben Synth Wave auch ein Thema bei der Entstehung des Albums?
Richtig. Diese Bit-Sounds alter Computerspiele-Soundtracks wurden ja quasi in die Synth-Wave-Welt mit aufgenommen. Ich denke man könnte durchaus auch eine Instrumentalversion von einem der Album-Tracks als Untermalung für ein Game nehmen, das würde durchaus passen.
Ihr seid auch selbst Gamer, nehme ich an?
Total. Ich bin allerdings eher Konsolen-Fan. Jetzt habe ich mir aber ein Gaming-Laptop zugelegt, das könnte sich also demnächst etwas ändern. Natürlich habe ich „Cyberpunk 2077“ auch durchgespielt. Mir fällt jetzt aber spontan auch kein anderes Game aus dem Bereich Cyberpunk ein. Aber ich denke die Musik des Albums würde zu allem futuristischen gut passen, oder z.B. auch zu Rennspielen. Ich hatte damals sogar CD Projekt RED (Entwickler des Spiels „Cyberpunk 2077“, Anmerk. d. Verf.) angeschrieben, ob sie noch Musik brauchen. Die haben sogar ganz nett geantwortet, hatten aber den Soundtrack schon komplett.
Zu „Toss A Coin To Your Witcher“: Da sind wir damals leider ein wenig zu spät dran gewesen. Zwei Wochen nachdem der ganze Hype um die Serie „The Witcher“ gestartet war und eigentlich schon wieder leicht abebbte, kam unsere Version des Songs raus. Allerdings ging er dann im Nachhinein bei Spotify durch die Decke – also für unsere Verhältnisse zumindest. Auf YouTube achten wir da gar nicht mehr so stark, weil die Aufrufzahlen dort absolut miserabel sind. Wir verstehen selbst nicht so genau warum. Bei Spotify sieht das allerdings deutlich besser aus. Als Beispiel: Dort wo „Nightly Beast Mode“ bei YouTube aktuell 2000 Views hat, sind wir bei Spotify gerade bei 20.000 Streams. Künftig werden wir uns also mehr auf Spotify konzentrieren, da man dort eher Chancen hat, gesehen zu werden, durch die ganzen Playlists. Das ist dort ja super wichtig. Wenn Du es in eine der offiziellen Playlists von Spotify schaffst, ist das richtig gut. „Nightly Beast Mode“ wurde auch tatsächlich in die offizielle Heavy-Metal-Playlist aufgenommen. Da war „Toss A Coin To Your Witcher“ auch wirklich ein Türöffner. Damit waren wir in mehreren Playlists vertreten, die Leute machen sich dann wiederum eigene Playlists, in die sie den Song aufnehmen und daraus wird dann eine gewisse Dynamik. Sollte es zur zweiten Staffel also wieder einen Song geben, der uns auch selbst gefällt, sind wir sicher sofort dabei.
Dieses Mal habt Ihr auch weibliche Clean Vocals auf dem Album, in „Nature Error 404“ zusammen mit Martin und Karsten, die Ballade „After It All“ trägt sie sogar komplett. Wie kam es dazu und wer hat die Vocals denn eigentlich beigesteuert?
Die Vocals hat Ulli Perhonen von SNOW WHITE BLOOD eingesungen. Sie ist eine langjährige Freundin von uns. Aber natürlich ist sie nicht nur super lieb, sondern hat in meinen Ohren auch eine tolle Stimme und verbindet vor allem viele verschieden Stilrichtungen miteinander. Ich habe mich entsprechend gefreut, dass sie sich bereit erklärt hat, bei „Nature Error 404“ mitzumachen. Der Song war aber auch von vornherein darauf ausgelegt, dass dort zwei Personen singen. Auch wenn man das vermutlich nicht so heraus hört, aber die Gesangslinien sind so geschrieben, dass man jeweils eine der beiden Stimmen raus nehmen könnte, die Hauptmelodie aber trotzdem erhalten bleibt. Das Video dazu schneide ich übrigens gerade, das wird in Kürze erscheinen und sie ist darin auch zu sehen. Wirklich cool wäre natürlich, wenn wir das mit ihr auch live irgendwie hin bekommen könnten, zumindest bei einzelnen Gigs.
Zum Abschluss eine vielleicht noch etwas umfangreichere Frage: Ich habe bei Euch immer das Gefühl, dass Ihr es schafft Leute aus vielen Metal-Bereichen zu vereinen. Beispielsweise findet Euch auch unser Kollege, der sich sonst hauptsächlich mit Prog und richtig obskurem Zeug beschäftigt, ziemlich geil. Selbst Leute die sonst eher ziemlich trve unterwegs sind und eigentlich schreien müssten „geh mir weg mit dem Kitsch und den ganzen Keyboards“ scheinen bei Euch gerne mal eine Ausnahme zu machen. Ist Dir das auch schon aufgefallen und was denkst Du, woran das liegen könnte?
Klar, das ist mir auch schon aufgefallen. Aber woran das liegt? Vielleicht liegt es wirklich in der Verbindung der einzelnen Stilrichtungen, wo wir aber keinen der Einflüsse überdramatisieren und besonders in den Vordergrund stellen, bis er den Hörer nervt. Offenbar bekommen wir meistens noch die Kurve, bevor jemand genervt ist und gehen dann wieder in eine andere Richtung.
Für mich selbst ist es halt einfach nur Epic Melodic Death Metal. Da ist ja aber eigentlich schon für jeden was dabei. Es ist episch, melodisch, beinhaltet aber auch Death-Metal-Passagen. Vielleicht holen wir dadurch einfach viele Leute ab, haben eine recht große Schnittmenge. In einer Review wurde auch mal geschrieben, dass wir der feuchte Traum der WACKEN-Veranstalter wären, weil wir die Merkmale aller Headliner-Bands in einer vereinen würden. Das ist es wohl am ehesten. Wir kombinieren vieles verschiedenes, versuchen aber nichts überzustrapazieren. So langweilig es vielleicht klingt: Die Mischung macht‘s.
Das ist doch ein schönes Schlusswort. Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast.
Danke für das entspannte Interview!
Hinweis: Das Interview wurde per Skype geführt.