Kadavar und Elder
"... vielleicht einfach mal die Klappe halten und gucken, was passiert..."
Interview
Das Album ist schon ein wenig länger draussen, aber „Eldovar – A Story Of Darkness & Light“ als Kollaborationsspielwiese für ELDER und KADAVAR war dann doch zu interessant, um Nick (Gitarrist/Sänger/Hauptsongwriter ELDER) und Tiger (Drummer KADAVAR) NICHT noch ein wenig, wenn auch ziemlich verspätet, auf den Zahn fühlen zu wollen. Berliner Szene, Livepläne aber auch Vorausschau auf zukünftige Entwicklungen bei KADAVAR und ELDER gibt es im großen Interview mit den beiden.
Metal.de: Moin! Zunächst einmal: Wie geht es euch?
Nick (ELDER): Danke, mir geht‘s gut.
Tiger (KADAVAR): Ja, mir auch.
Metal.de: Prima, freut mich zu hören! Zunächst einmal eine Frage voraus, denn das war mir vorher gar nicht bewusst: Seit wann sind ELDER Wahlberliner?
Nick (ELDER): Na ja, wenn du nur mich fragst, ich bin seit 2016 in Berlin, wenn es um die Band als ganzes geht… wahrscheinlich erst seit zwei Jahren oder so. Seitdem wir einen deutschen Schlagzeuger haben und auch unser zweiter Gitarrist nach Berlin gezogen ist. Unser Bassist ist immer noch in den USA.
Metal.de: War das auch eine Bandentscheidung oder überwiegend privater Natur?
Nick (ELDER): Ne, das war alles andere als eine Bandentscheidung, das war eine persönliche von mir auszuwandern. Und dann speziell nach Berlin zu ziehen und schauen, ob ich da ein Leben für mich aufbauen könnte. Das war damals eigentlich das schlimmste, was ich für die Band hätte machen können, aber irgendwie ist der Rest dann hinterher gekommen. Aber das hatte überhaupt nichts ursprünglich mit der Band zu tun gehabt, sondern war rein privater Natur.
Metal.de: Und wie gefällt dir verglichen mit den Staaten in unserer Hauptstadt so die Szene? Also sowohl musikalisch, aber vielleicht auch was Clubkultur angeht und so weiter?
Nick (ELDER): Sehr gut, das war einer der entscheidenden Punkte, weshalb ich nach Berlin gezogen bin. Ich weiß nicht wie groß der Anteil der Szenekultur gemessen an Bevölkerungsanzahl ist. Ich glaub nicht, dass so viele Rockbands unterwegs sind, Berlin ist ja eher bekannt für seine Techno-Szene. Aber es ist einfach Fakt, dass jede Band auf Tour in Berlin halt macht. Wenn du auf Musik stehst und Bands auf Tour sehen willst, ist Berlin goldrichtig. Jede Band auf Tour hält in Berlin.
Boston, also wo ich herkomme, ist eine sehr lebendige und junge Stadt, viele Studenten. Die hat schon immer viele tolle Bands und eine aktive Liveszene gehabt. Ich hab allerdings auch nur ein Jahr meines Lebens in Boston verbracht, ich komme sonst aus dem Nordosten von Boston und nicht direkt aus der Stadt. Also so richtig Teil der Szene war ich da auch nie. Aber Berlin ist jedenfalls top.
Metal.de: Kanntet ihr euch vorher gegenseitig, also bevor ihr euch getroffen habt und dann beschlossen habt, gemeinsam Musik für ELDOVAR zu machen? Wusstet ihr um die Musik des anderen?
Tiger (KADAVAR): Ich glaub das war bei uns allen so, dass wir einiges vom musikalischen Schaffen des anderen kannten. Ich hab jetzt nicht alle Platten von ELDER gekannt, aber auch nach unserer Kooperation hat man sich vielleicht noch einmal hingesetzt und noch einmal die Musik neu entdeckt. Wenn man dann noch die Leute dahinter kennen lernt, kann man sich auch besser reinhören. Wir sind uns die Jahre zuvor immer mal flüchtig über den Weg gelaufen, haben uns jetzt aber richtig angefreundet, mit dieser Platte und der kurzen Vorgeschichte während Corona in Berlin.
Metal.de: Wie ist es denn überhaupt zum Kennenlernen gekommen? Seid ihr euch in der Berliner Szene eines Tages über den Weg gelaufen und ab da gings los?
Tiger (KADAVAR): Wir konnten im letzten Jahr eigentlich kaum irgendwas machen, wir konnten keine Konzerte spielen, keine Leute treffen, wie man das sonst so gewohnt ist. Es war eine völlige Ausnahmesituation für uns, dass wir uns im Oktober 2020 mit beiden Bands treffen konnten und bei uns im Studio einfach mal wieder irgendwas erleben, unter Leute und Musik machen. Natürlich teilen wir beide auch viele von den leidvollen Erfahrungen, wir haben als Bands beide dasselbe erlebt, nämlich auf dem Platz zu hocken und nicht vom Platz zu kommen. Ich weiß gar nicht mehr im Detail wie es genau dazu gekommen ist, aber wir haben uns dann mal an einem Abend getroffen und ausgetauscht…
Nick (ELDER): (Grätscht rein – Anm. d. Redaktion) … wenn ich dich kurz unterbrechen darf, ich glaube das kam einfach von einer Facebookfrage, die ich in einer Gruppe gestellt habe auf meiner Page, was es für Studios in Berlin und Umland gibt und darauf hat Lupus sich gemeldet und gemeint, wir sollten uns einfach mal euer Studio anschauen. Denn wir waren gerade in einer Phase wo wir uns Studios für die nächste ELDER-Platte angeschaut haben. Wenn ich mich nicht irre hatte Lupus uns einfach nur zum Studio gucken eingeladen.
Tiger (KADAVAR): Stimmt, so war es.
Metal.de: Ihr hattet ja beide recht ähnliche Erfahrungen als Bands, da ihr sowohl im Lockdown neue Musik aufgenommen und rausgebracht habt als auch nicht touren konntet. Für KADAVAR gab es allerdings trotzdem ein paar Live-Auftritte, ich weiß nicht ob ELDER auch ein wenig spielen konnten.
Nick (ELDER): Nein, wir haben seit 2019 gar nicht mehr live gespielt.
Metal.de: Jetzt kamen ja sogar zwei neue Platten im Lockdown für ELDER raus, die „Gold & Silver Sessions“ und auch das neue Album „Omens“. Habt ihr die beide dann auch schon bereits in Berlin aufgenommen?
Nick (ELDER): Die „Gold & Silver Sessions“ haben wir tatsächlich hier in Berlin während einer kurzen Tour-Pause in drei Tagen aufgenommen und die „Omens“ haben wir in Frankreich aufgenommen. Aber das war so eine lange Reise endlich mal ein Studio zu haben, wo wir nicht so lange hinfahren müssen, aber das ist eine andere Story (lacht).
Metal.de: Jetzt habt ihr beide als Bands eine relativ ähnliche Entwicklung durchgemacht. ELDER ist ja als Stoner/Doom-Band mit ein wenig Prog dazwischen angefangen, heute ist von ersterem kaum noch was dabei, KADAVAR waren klassischer 70er Classic Rock/Psychedelic Rock und gehen spätestens seit „The Isolation Tapes“ auch ein wenig in Richtung Kraut Rock. War das für euch beide als Bands jetzt eine neue Phase, in der ihr euch beide neu erfinden wolltet und somit gut zusammengepasst habt oder auch zusammen neues ausprobieren wolltet?
Tiger (KADAVAR): Erfinden wollen würde ich nicht unbedingt sagen, aber doch schon irgendwie Grenzen austesten und die Herausforderung als zwei Bands zu einer zu verschmelzen. Ich würde sagen, es war gar nicht anders möglich als sich so ein bisschen drauf einzulassen und zu gucken, wo findet man einen gemeinsamen Nenner. Als wir gemerkt haben, dass die Zusammenarbeit ganz gut funktioniert, haben wir fast ein Spiel daraus gemacht nachzuforschen, was so musikalische Ideen sind, die wir in unseren Hauptbands eigentlich nicht ausprobieren würden oder unterbringen können. So ist dann irgendwie eine Atmosphäre geschaffen worden, wo wir ganz natürlich und spontan einfach das bannen konnten, was uns in den Kopf kam. Es war also nicht unbedingt geplant, es hat sich einfach aus dem Flow ergeben.
Metal.de: Wer hatte denn die erste Idee dazu? Existierte das bereits von Anfang an nachdem ihr euch kennen gelernt hattet?
Nick (ELDER): Also eigentlich kam schon an unserem ersten Abend des Kennenlernens die Idee auf, sich zu treffen und zusammen ein wenig zu jammen. Gear rüberholen, mikrofonieren, spielen und einfach gucken was passiert. Es war aber schon eine spontane Angelegenheit, denn zumindest war nicht von Anfang an klar, also nicht für mich und uns, dass daraus auch gleich eine Platte wird. KADAVAR haben ja im Gegensatz zu uns schon Kollaborationserfahrung mit anderen Bands, von daher weiß ich nicht, ob es da schon eine Art Schablone gab. Also für uns war es erst mal kein Ziel, nur jammen, spielen, gucken was passiert. Natürlich war im Hintergrund ein wenig die Hoffnung da, dass daraus mehr wird und unterbewusst hat man das vielleicht dann mehr in diese Richtung gepusht. Vielleicht haben wir dann auch „gezielter“ gejammt und nicht einfach nur 12 Stunden einen Ton gespielt, wie wir das sonst tun (Tiger lacht über Nicks Anmerkung).
Metal.de: Ich habe in anderen Interviews gelesen, dass die eigentlichen Jam-Sessions später noch ein wenig geändert und ausgearbeitet wurden, aber wie wurde den entschieden, wessen Ideen verwendet wurden oder wer was macht? Ab welchem Punkt entscheidest du Nick, für ELDER oder ihr Tiger, bei KADAVAR, das bauen wir jetzt ein? Gab es da auch Spannungen und Momente, wo man sich nicht einig war oder war das alles relativ „easy going“?
Nick (ELDER): Also ich hab in Erinnerung, dass es relativ lässig abgelaufen ist. Klar, es gab ein paar Momente wo man sich herausgefordert gefühlt hat, da man ja auch mit anderen musikalischen Ideen konfrontiert war, die nicht die eigenen sind. Wenn man von Kooperation spricht bedeutet das, dass jeder Platz für die Meinung von anderen lassen muss, was zumindest für mich als Hauptsongwriter von ELDER dann schon etwas neues war. Es war aber auch eine angenehme Abwechslung, mal aus dieser Rolle raus zu kommen und zu merken, ok ich muss nicht als aktiv gestaltendes Element bei jedem Part des Songwritings dabei sein und sich manchmal einfach treiben lassen. Wenn man nicht versteht, was eine gewisse musikalische Idee bewirken soll, vielleicht auch einfach mal die Klappe halten und gucken, was passiert. Es gab Songs mit Stellen, wo meine Hände nicht mit im Spiel waren und die ich anfangs gar nicht verstanden habe, die aber für die gesamte Platte auch hörbar gut getan haben.
Metal.de: Könnt ihr dafür ein Beispiel geben?
Nick (ELDER): „In The Way“, der Akustiktrack, hat wahrscheinlich auch am längsten gedauert zu schreiben, war die härteste Nuss zu knacken. Es gab sogar wei Versionen von dem Song. Du kennst ja ELDER, es gibt bei uns keine Akustiksongs, ich hab auch noch nie versucht einen zu schreiben und deshalb hab ich mich anfangs sehr schwer damit getan. Aber es hat sich auch entwickelt und nachdem ich mich darauf eingelassen habe und mir Parts rauspicken konnte, die eine gute Mitarbeit von mir garantieren konnten, ist es auch ein guter Song geworden. Aber das ist etwas, was es sonst in „meiner Welt“ sonst so nicht gegeben hätte.
Metal.de: Würdet ihr sagen, dass es Songs gibt die mehr die ELDER-Handschrift tragen und andere eher die KADAVAR-Handschrift?
Tiger (KADAVAR): Ich hab bei der Nummer „From Deep Within“ es dunkel im Kopf, ich glaube Nick und Mike sind da mit den ersten Riffs dafür um die Ecke gekommen, aber es hatte vielleicht auch mit der Aufmerksamkeit auf den zweien zu tun, da ich es nicht gewohnt war, zusammen mit anderen Musik zu machen und erst einmal den beiden nur beim Spielen zugehört habe. Ich hab auf dem Track auch Synthesizer gespielt, nicht Drums, daher war ich auch sowieso an einem ganz anderen Ort. Bei dem Track haben wir glaube ich auch gut herausgefunden welche Schnittmenge unsere beiden Bands haben und wie man die verbinden kann. Ich denke jeder Song auf dem Album hat etwas von beiden Bands. Jetzt habe ich den Faden verloren.
Nick (ELDER): Ja, ich würde Tiger zustimmen, „From Deep Within“ ist der einzige Song der Platte wo man sagen kann, hier hört man ganz klar ein ELDER-Riff. Das war auch der Song, der am schnellsten realisiert wurde, wo wir Ideen hatten und den am selben Tag noch komplett aufgenommen haben. Das war ein wenig so „Ok, du hast ein Riff, ich hab ein Riff, lass die zusammen packen“. Es war ein zerstückelter Prozess, nicht so kollaborativ wie der Rest.
Metal.de: Würdet ihr sagen, dass die Musik nun auf „Eldovar“, aber auch euren jeweils letzten Platten, also „The Isolation Tapes“ und „Omens“, die Richtung ist, die ihr weiter verfolgen wollt? Also die Musik, die ihr spielen wollt? Oder wäre eine Art „Rückweg“ zu dem Sound von etwa „Lore“ auf ELDER-Seite oder „Berlin“ von KADAVAR auch wieder denkbar?
Nick (ELDER): Ich kann die Frage recht einfach beantworten, da unser nächstes Album sogar schon aufgenommen ist. Das geht nicht wirklich in dieselbe Richtung, es geht für uns auf jeden Fall wieder in die eher härtere Richtung. Für uns war das eine nette Gelegenheit etwas anders zu machen, uns auszuprobieren auf dieser psychedelischen Ebene, sodass ich das ein wenig aus meinem System hatte. Jetzt hatte ich wieder den Bedarf nach ein wenig mehr Härte, was in den letzten Jahren deutlich gefehlt hat in meinem Leben. Die psychedelischen Elemente sind natürlich immer noch ein Teil unseres Sounds und werden das auch immer bleiben, aber die sind vielleicht nicht mehr so stark im Vordergrund wie bei „Omens“ oder „Eldovar“.
Tiger (KADAVAR): Also ich habe schon das Gefühl, dass wir von „The Isolation Tapes“ als auch „Eldovar“ irgendwas mitnehmen, was Erfahrung und an Ideen so gewonnen und mitgenommen wurde, um in Zukunft dann daraus zu schöpfen. Ich würde nicht sagen, dass an uns als Band die letzten zwei Jahre spurlos vorbeiziehen und keine Bedeutung für uns gehabt haben, eben auch musikalisch. Wir freuen uns auf jeden Fall darauf, im nächsten Fall wieder touren zu können und ein wenig wieder in unseren normalen „Groove“ zu kommen. Ich glaube wenn wir auch wieder in Kontakt mit Leuten sind, wird sich das auch wieder in die ausgetretenen Pfade zurück entwickeln und wir auch ein paar „normale“ KADAVAR-Songs schreiben, wenn es so etwas gibt (lacht).
Metal.de: Gerade da ihr Touren anspricht, wäre so etwas wie eine gemeinsame Tour denkbar, also sowohl als Package im Sinne von KADAVAR und ELDER als auch eben mit „Eldovar“? Oder vielleicht auch, unwissend ob das für euch als Bands passen würde, eine Akustikshow oder so etwas?
Tiger (KADAVAR): Akustik finde ich super schwierig, ich weiß nicht ob wir uns da jemals mit wohlfühlen würden. Das haben wir einmal für den Rockpalast gemacht und waren nicht drauf vorbereitet. Danach haben wir uns unausgesprochen vorgenommen, dass nie wieder zu tun. Denkbar finde ich eine Tour auf jeden Fall, aber realistisch ist die momentan nicht. Es kamen schon sehr viele Fragen aus dieser Richtung und das wäre auch super cool, steht aber ein wenig in den Sternen. Ob wir 2022 alle die Zeit dafür haben ist fraglich.
Nick (ELDER): Es wäre ja grundsätzlich auch sehr anstrengend mit KADAVAR auf Tour zu gehen…
Tiger (KADAVAR) : … wir fordern unsere Mitmenschen ja auch immer sehr heraus
(beide grinsen)
Nick (ELDER): Ich weiss nicht ob die „Eldovar“ auch überhaupt gut umsetzbar wäre, also alleine von der Besetzung her, müssten wir alle auf der Bühne, wechseln sich ELDER mit KADAVAR ab, wenn ja für welche Songs und so weiter…
Tiger (KADAVAR): … wir würden das wahrscheinlich auch gar nicht zu sechst hinbekommen, wir bräuchten streckenweise bis zu 10 Leute, wenn alles gespielt werden und nicht vom Band kommen soll.
Nick (ELDER): Ich halte es einfach für unrealistisch. Ich hätte Bock, das mal in Berlin für einen Termin aufzuziehen, aber eine komplette Tour? Das wird schwer. Unsere Managements sprechen auch schon seit Jahren miteinander und es hat bislang nie zeitlich geklappt.
metal.de: Ok, schade. Wie sieht es mit Weihnachtsshows aus? Oder den Covern von Songs in der momentane Zeit? Manche Bands machen das ja, wie steht ihr zu Weihnachten? Etwas zum in Erwägung ziehen oder eher bleibt mir bloß weg damit?
Tiger (KADAVAR): Das einzige was man Weihnachten feiern sollte ist Geburtstag. Und wie man vielleicht weiß bringt eigentlich Lemmy die Geschenke und nicht der Weihnachtsmann.
Nick (ELDER): Ich glaube auch nicht, dass wir uns damit anfreunden könnten, das ist einfach nicht unser Stil. Man brauch sich ja auch nicht mega ernst nehmen als Band, aber meist find ich das schon sehr banal, was unter dem Banner dann da so veröffentlicht wird.
metal.de: Konntest du denn schon in Berlin gut durch Gastronomie und Getränkekultur durch oder haben KADAVAR dich eingeführt Nick?
Nick (ELDER): KADAVAR haben diese Phase wahrscheinlich schon längst hinter sich, oder?
Tiger (KADAVAR): Wir haben glaube ich eine Flasche Berliner Luft in unserem Proberaum stehen, aber ich glaube nur ich weiß, wo die auch ist. Nicht unbedingt mein Lieblingsgetränk, aber trotzdem legendär.
Nick: Vielleicht bin ich da zu wenig deutsch für. Die traditionelle Berliner Esskultur ist nicht unbedingt feine Küche. Keine Ahnung, Currywurst und Berliner Weiße mit Schuss habe ich schon in meinen jüngeren Jahren als Tourist ausprobiert. Berlin hat natürlich daneben auch vieles zu bieten, aber vielleicht gefällt mir einfach nur euer deutsches Fast Food nicht.
metal.de: Gibt es für KADAVAR vielleicht einen amerikanischen Künstler und ELDER einen deutschen, mit dem ihr in Zukunft vielleicht mal gerne zusammen arbeiten würdet? Kann lebendig oder tot sein. Und euch gegenseitig dürft ihr nicht nehmen 😉 !
Nick (ELDER): Boah, das ist ne schwierige Frage. Es wäre cool mir Michael Schenker mal für ein Album auszuleihen, damit er mir die ganzen Gitarrensoli einspielt (lacht). Das ist eher eine Frage für unseren anderen Gitarristen Mike, der macht sich eher um so Dinge Gedanken, ich habe vor dieser Kooperation noch nie wirklich über andere Partner nachgedacht.
Tiger (KADAVAR): Das ist eine Frage, wo man erst einmal ewig überlegen muss. Da muss ich glaube ich gerade echt passen.
metal.de: Jetzt habt ihr ja alle relativ viel gewechselt bei „Eldovar“ und jeder hat auch außerhalb seines „Stammplatzes“ Instrumente gespielt. Trotzdem vielleicht mal konservativ gefragt: Was ist in euren jeweiligen Positionen sonst das wichtigste, also jeweils als Gitarrist/Hauptsongwriter und Schlagzeuger, vielleicht nicht nur bei euren Bands, sondern auch insgesamt in der Musik?
Nick (ELDER): Also klar bin ich irgendwie Gitarrist und Hauptsongwriter bei ELDER, aber ich sehe mich persönlich gar nicht mehr so sehr in der Rolle als „Gitarrist“, eher als Komponist. Ich spiel ganz passabel Gitarre denke ich, aber zu Hause habe ich tatsächlich viel mehr mit Synthies und Keyboards gespielt als eine Gitarre in die Hand zu nehmen. Der Fokus auf die Musik und das „Gesamtprodukt“ ist mir mittlerweile einfach viel wichtiger als die Gitarre an sich. Wir haben uns musikalisch als Band auch weg von reiner Gitarrenmusik entwickelt, das spiegelt diesen Reifeprozess glaube ich wieder. Aber trotzdem, wenn ich natürlich live auf der Bühne stehe und hinter mir der Amp steht hat Gitarre auch eine ganz andere Power und natürlich hat das was Kraftvolles. Aber es geht bei ELDER ja nicht nur darum, sondern hauptsächlich um die Melodien, die Emotionen, die dadurch heraufbeschworen werden. Aber natürlich bin ich auch mit Gitarre aufgewachsen, das ist ein Teil von mir.
Ich weiß nicht ob ich die Frage so einfach beantworten kann, alle Instrumente sind mir wichtig, aber Gitarre macht mir schon am meisten Spaß wenn es darum geht, „laut“ zu sein. Ich bin aber auch ein bisschen raus, da ich einfach in letzter Zeit so wenig live gespielt habe und zuhause kommt es selten vor, dass ich Gitarre spiele, da setz ich mich eher ans Keyboard. Da verliert man auch ein wenig das Spielgefühl, was einen sonst so begleitet hat. Da ist man dann auch ein wenig raus. Ich hab auf jeden Fall ein Riesenloch, was Livekonzerte angeht, das ist etwas was in den letzten Jahren extrem gefehlt hat und deswegen bin ich vielleicht auch ein wenig weg von der Gitarre gekommen.
metal.de: War das bei KADAVAR ähnlich wie bei ELDER so, dass euch live spielen nicht nur um der Routine willen, sondern auch im Sinne von vielleicht Inspiration ein wenig gefehlt hat? Hatte die experimentelle Phase Auswirkungen darauf, wie ihr euer Hauptinstrument nun quasi mehr oder weniger zu schätzen wisst, nachdem ihr euch ja auch an anderen Dingen ausprobiert habt?
Tiger (KADAVAR): Der Live-Aspekt ist auf jeden Fall total wichtig. Man lernt mit jeder Show noch etwas neues dazu, es gibt immer noch Feinheiten an denen man arbeiten kann. Das Feedback vom Publikum ist auch etwas unersetzliches, um die Musik wirklich tief spüren zu können. Ich glaube wir haben auf unseren Shows immer wieder neu neu für uns formuliert, was gut funktioniert. Das läuft auch unterbewusst ab, wir setzen uns nicht später hin und analysieren unsere Shows, das passiert einfach wenn man live spielt.
Es gibt einfach eine gewisse Tiefe beim live spielen, in der sich die Musik mit dem Zustand von einem selber und auch anderen Menschen verbindet. Das ist nicht zu replizieren und deshalb muss es live auch irgendwann unbedingt wieder los gehen. Ich würde sagen, dass ich in diesen Momenten auch meine Rolle am Schlagzeug gefunden habe. Ich wollte nie Schlagzeuger werden, die Rolle hat mich irgendwie gefunden, es hat sich einfach irgendwie so entwickelt. Ich kann alle Instrumente so ein bisschen spielen, aber mit KADAVAR hat sich Schlagzeug einfach als Hauptinstrument für mich herauskristallisiert und auch den Stellenwert für mich persönlich erst mit der Band gewonnen.
metal.de: Ihr seid ja gerade bei KADAVAR auch mit sehr viel Leidenschaft dabei, es steckt ja auch ein gewisser Showaspekt als Entertainmentfaktor bei euch mit drin, auch gerade speziell du am Schlagzeug. Ist das etwas, was du bewusst dann mitmachst oder seid ihr einfach so „in the Zone“? Ich meine das nicht kritisch, das gibt ein ganz anderes Energielevel als eine Band, die „nur“ da steht und ihre Musik stumpf runterspielt.
Tiger (KADAVAR): Letzteres, darum geht es auch ja auch, das ist das Ding. Man will ja für die Zuschauer und auch sich selber am Limit spielen, so geht es mir zumindest. Ich möchte aufhören, irgendwelche normalen oder analytischen Gedanken während einer Show zu haben, sondern es muss einfach losgelöst davon funktionieren. Als Übung ist das viele Bewegen und expressiv sein einfach nur das Mittel dafür. Das ist zumindest meine Wahrnehmung, dass das über diesen Weg am besteh geschieht, um in diesen Zustand zu kommen. Wie für andere Tanzen vielleicht super wichtig ist, weil sie damit ihre Emotionen, ihren Zustand und sich selbst ausdrücken in der Bewegung, ist das bei uns eben die Musik, auch in dieser expressiven Art. Das ist für mich einfach das Schlagzeug spielen.
metal.de: Das wäre es dann soweit von mir, danke für eure Zeit und man sieht sich hoffentlich demnächst auf Tour!
Nick (ELDER): Danke dir auch.
Tiger (KADAVAR): Danke, tschau!