Jack Frost
Totgesagte leben länger
Interview
JACK FROST hatten sich lange Zeit fast völlig von den Brettern, die die Welt bedeuten zurückgezogen und waren bis auf einen Gastauftritt unter einem Pseudonym bei einer Release Show von END END OF GREEN faktisch tot. Wie man es aber dennoch geschafft hat, sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen und wie man gedenkt JACK FROST weiter zu führen, lest Ihr in den folgenden Zeilen.
Norman: Ein Hallo an unser Nachbarland. Ich hoffe bei Euch ist alles soweit in Ordnung.
Jack Frost: Ob in unserem Land alles in Ordnung ist, daran habe ich erhebliche Zweifel. Aber Jack Frost geht’s ganz gut, Danke.
Norman: Lass uns doch mal gleich mit der neuen Scheibe einsteigen. Es ist eigentlich ungewöhnlich viel Zeit vergangen seit dem letzten Album. Bitte schildere mal kurz, was in der Zwischenzeit bei Euch los war.
JF: Nun, nach dem letzten Album und einer Tour war erst mal ein Jahr gar nichts. Wir hatten zum einen von einander dringend Abstand gebraucht, da einige Konflikte eskaliert waren und es so nicht mehr weitergehen konnte. Das andere war, dass wir vom Ärger mit Labels die Nase voll hatten, und da auch gar keinen Plan hatten, wie es weitergehen sollte. Während unserer Auszeit wurden wir dann von END OF GREEN eingeladen, auf deren Release Party als Gäste zu spielen, was wir unter anderem Namen, nämlich als THE GLOOM BALLET GRAVE DANCERS auch gemacht haben. Dazu kamen massenhaft Mails von Leuten, die uns ersucht haben weiter zu machen. Damit begann das Feuer wieder zu lodern. Wir beschlossen, uns ganz viel Zeit zu lassen und die Dinge fortan zu nehmen wie sie kommen. Wir hatten bereits einige neue Songs geschrieben als wir das Angebot von Massacre bekamen. Dann haben wir das Studio gebucht, das Album geschrieben und hier ist es.
Norman: Das passt ja auch ganz gut zu dem was ich gehört habe. Ihr habt seit dem letzten Album kaum geprobt habt und auch die Band als solche war bedroht. Was ist dran an diesen Gerüchten und wie konnte es soweit kommen?
JF: Da hast du schon ganz recht nur mit dem Unterschied, dass nicht nur kaum geprobt, sondern überhaupt nicht. Wir haben uns definitiv als aufgelöst betrachtet. Wir haben nach dem letzten Album feststellen müssen, dass unsere Vorstellungen, wie wir arbeiten wollen, sehr weit auseinander gegangen waren. Vieles ist aber lange unausgesprochen geblieben, was dazu geführt hat, dass wir an einen Punkt gelangten, wo gar nichts mehr ging. Die Labelmisere war, wie gesagt, noch der Puderzucker drüber.
Norman: Mit welchen Gefühlen seid ihr an das neue Album herangegangen und welche Intention steht hinter der Scheibe. Für mich hat das Album etwas den Charakter einer musikalischen Vergangenheitsbewältigung.
JF: Ja, vielleicht ist es das auch. Es ist immer wieder interessant, sich im Nachhinein die eigene Scheibe anzuhören und draufzukommen, was da alles eingeflossen ist. So etwas findet ja nicht bewusst statt, wir planen und beabsichtigen nichts wenn wir das Material für eine Platte schreiben. Aber wenn sie dann fertig ist, sieht man, was die Dinge waren, die uns zu diesem Zeitpunkt bewegt haben. Vermutlich ist einiges von unserer Bandgeschichte inhaltlich eingeflossen, das Album ist aber auch Momentaufnahme unserer privaten Leben in den Wochen, in denen wir die Songs geschrieben haben. „Wannadie Songs“ ist etwas überspitzt ausgedrückt, aber es geht darin um Dinge, für die sich manche Menschen die Adern öffnen.
Norman: Ihr hattet, wenn ich mich recht entsinne, auf dem letzten Album ein anderes Studio angetestet und seid jetzt aber wieder im CCP Studio gelandet. Wie kam es dazu?
JF: Ganz einfach, wir fühlen uns im CCP Studio zuhause. Wir brauchen es auch, in unserer gewohnten Umgebung zu sein, wenn wir ein Album machen. Es ist nicht unser Stil, uns irgendwo einzubunkern, ein größtmögliches Maß an dem, was wir für Normalität halten, ist für den Entstehungsprozess sehr wichtig. Wir waren im Nachhinein mit dem Sound unseres letzten Albums nicht so recht glücklich, das hat uns die Entscheidung leicht gemacht.
Norman: Wie hat sich der Aufnahmeprozess gestaltet? Erzähl mal ein wenig über die Art, wie Ihr ins Studio geht und wie sich ein typischer Tag im Studio gestaltet. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das manchmal ziemlich nervtötend sein kann und eine Menge zwischenmenschliche Probleme mit sich bringen kann.
JF: Die zwischenmenschlichen Probleme hatten wir Gott sei Dank bereits früher zur Genüge, die haben wir dieses Mal außen vor gelassen. Die Aufnahmen zu „Wannadie Songs“ verliefen sehr unterschiedlich zu unseren früheren Alben, weil wir mit sehr rohem Material und nur wenigen fertigen Songs ins Studio gegangen sind. Wir wollten die Magie des Augenblicks nutzen und Arrangements erst im Studio ausfeilen, haben die meisten Lyrics erst verfasst, als die Musik bereits aufgenommen war und dann noch sehr intuitiv entschieden, bei welchen Parts noch andere Instrumente aufgenommen werden sollten. Was zu Beginn aber fix eingehämmert wird, sind die Drums. Die stehen und drumherum arrangieren wir das andere. Wir nehmen uns viel Zeit für die Gitarrenarrangements, die wir teilweise auch erst ausarbeiten, wenn der Gesang aufgenommen ist. Wir arbeiten da von Song zu Song sehr unterschiedlich, je nachdem was der Song braucht. Das alles hört sich jetzt vielleicht an, als hätten wir jede Studiozeit der Welt, nein: wir arbeiten für eine Slo-Mo Band äußerst schnell, was einiges an Disziplin und einen fixen Produzenten braucht. Da bleibt für Streitereien keine Zeit.
Norman: Die neue Scheibe ist an vielen Punkten noch düsterer und intensiver geworden als das Material zuvor. Insbesondere der Titelsong verkörpert diesen Charakter. Durch wen oder was werdet Ihr inspiriert? Manchmal kommen wir gar ältere Wave Sachen in den Sinn.
JF: Unsere musikalische Inspiration ist sehr weit gestreut, der grundsätzliche Hang zu dieser Art der Düsterkeit ist aber gewiss in den alten Wave Kapellen begründet. Songs wie „In a Lonely Place“ von JOY DIVISION, „Mask“ oder „Hollow Hills“ von BAUHAUS oder „Some Kind Of Stranger“ von SISTERS OF MERCY, das sind großartige Stücke, denen wir uns nahe fühlen, gerade der Titelsong ist sehr im Einfluss von solchen Sachen entstanden.
Norman: Was denkt Ihr, was JACK FROST mit diesem Album bewegen können. Oder lass es mich anders ausdrücken, welche Ziele habt Ihr Euch selbst gesteckt?
JF: Wir haben nicht wirklich ein Ziel, außer unser Ding weitermachen zu können, wenn es geht unter besseren Voraussetzungen als bisher. Ich bin bloß froh, dass die Zeit vorbei ist, wo wir Experimente mit Labels machen – sei es mit solchen, die uns unter Vertrag nehmen obwohl sie längst insolvent sind, oder mit solchen, die schlicht keine Ahnung haben.
Norman: Lasst uns mal ein wenig über die Texte reden. Habt Ihr ein bestimmtest lyrisches Konzept, welches Ihr in den Texten ausdrückt und wenn ja, wie schaut das aus?
JF: Nein, ein lyrisches Konzept gibt es nicht. Wie ich schon gesagt habe, sind die meisten Texte erst spät bzw. im Studio entstanden. Sie sind sehr unter dem Einfluss der Musik und der entsprechenden Stimmung geschrieben worden. Wir sind keine Freunde der vielen Worte, daher versuchen wir die Lyrics schlicht und kurz zu halten. Dass sich dieses Mal inhaltlich alles um den Todeswunsch dreht, hat sich so ergeben, da war kein Plan dahinter.
Norman: Ihr habt nach einigen Wirrungen, wie Du schon sagtest, nun zu Massacre gefunden. Wie kam der Kontakt zu stande und wieso habt Ihr Euch für dieses Label entschieden?
JF: Das ging sehr überraschend und flott vor sich. Wir waren gerade mit einem anderen Label am Verhandeln, als von Massacre ein Angebot ins Haus geflattert kam. Wir hatten mit Massacre davor nur über den Metal Merchant zu tun, mit dem wir schon Merchandise Geschäfte gemacht hatten. Die Entscheidung fiel uns leicht: der Vertrag ist fair, die Firma erfahren und solide.
Norman: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit bis jetzt?
JF: Ich kann nicht klagen. Noch nie wurde ein Vorschuss so pünktlich überwiesen, hehe.
Norman: Haha, da sfreut einen zu hören. Welche Pläne habt Ihr um das Album zu pushen? Werden wir Euch bald live sehen können?
JF: Es ist bis jetzt noch nicht viel geplant, wir haben seit dem Ende der Aufnahmen keine Instrumente mehr in Händen gehabt. Wir werden nicht mehr um jeden Preis auf Tour gehen, soviel ist sicher. Aber wir werden sehen, im Herbst wird sich auf jeden Fall das eine oder andere ergeben.
Norman: Ein paar Stichworte mit der Bitte um eine spontane Antwort:
JF:
Mp3 – kleine Bands profitieren, große verlieren
MTV – überflüssig wie Mastdarmkrebs im Endstadium
Interviews – interessant, Fragen zu beantworten, die man sich selber nie gestellt hat
Metalszene – hab wenig Bezug dazu
Fans – waren ein großer Antrieb um weiter zu machen
Mr. Bush – das Symptom einer vertrottelten Nation
Papst – in die Jahre gekommener Hitlerjunge
Norman: Nenne mir fünf Deiner Lieblingsscheiben aller Zeiten?
JF:
BAUHAUS – Press the Eject and Give Me the Tape (Live)
JOY DIVISION – Closer
SWANS – Public Castration is a Good Idea
ST. VITUS – Mournful Cries
THE CULT – Electric
Norman: Die letzten Worte sind Dein.
JF: Besten Dank und Grüße aus Linz! (Mournful Morales)
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Stile | Dark Metal, Death Doom Metal |
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