Isis
Isis
Interview
Es ist schon schwer für eine Band, sich bei zwei hervorragenden Alben in Folge (wie in diesem Fall "Oceanic" und "Panopticon") nochmals zu steigern und dem verwöhnten Musikliebhaber gerecht werden. Zumal der eine Teil der Fans, laut Aaron Turner, Kopf der fünfköpfigen Band ISIS "sich am liebsten immer wieder das gleiche Album erhofft und sich wünscht, dass seine Lieblingsband sich idealer weise in jeder Veröffentlichung reproduziert". Der andere Teil der Fans dürfte dann entweder die Innovation pur oder einfach eine punktuelle und interessante Weiterentwicklung erwarten. Was man denn nun vom neusten Output der Band "In The Absence Of Truth" erwarten soll und was noch Interessantes um Göttin ISIS geschieht, erklärt Aaron Turner im folgenden Interview.
„Yeah I was pretty excited about when Aaron (Harris – Anm d. Verf.) started to use double bass.“ Verkündet das von der US „Tool“ Tour gesundheitlich hörbar angeschlagene Mastermind Aaron Turner. „Insgesamt ist Aarons Drumming komplexer geworden. Klar, wir haben uns von unserer Grundausrichtung nicht komplett abgewandt. Die Vocals sind jetzt zwar leichter zu vernehmen, aber nach wie vor stehen sie im Hintergrund. Es sind Veränderungen, die nicht allzu drastisch sind und die in erster Linie ein Hörer vernimmt, der alle unsere Alben kennt. Ich denke, dass viele Leute damit gerechnet haben, dass wir in genau die entgegen gesetzte Richtung gehen würden, sprich das „Jambient“ Element noch mehr ausbauen. Allerdings findet man in diesem Album Parts, die die heaviesten und metallischsten sind, die wir jemals gemacht haben. Viele Leute wollen, dass Ihre Lieblingsband oder die Bands die sie hören wieder und wieder das gleiche favorisierte Album veröffentlichen, aber in meinen Augen ist es ungeheuerlich von einer Band zu erwarten immer gleich zu bleiben und alles wieder zu reproduzieren. Weißt Du, die meistens Bands die ich liebe haben in Ihrer Karriere bei jeder Veröffentlichung viele neue Sachen ausprobiert, wie zum Beispiel THE MELVINS. Natürlich gibt es Alben, die mir weniger gefallen als andere, aber den Fakt, dass sie versuchen sich nie zu wiederholen, weiß ich sehr zu schätzen.“
Dieser Auffassung wird ISIS ohne weiteres gerecht. Denn generell ist „In The Absence Of Truth“ kompakter und durchstrukturierter, als der Vorgänger und das Improvisierte einen Deut mehr in den Hintergrund gerückt. Das Drumming und der Gesang sind wesentlich akzentuierter. Es ist erstaunlich wie viele Einflüsse das neue Album beherbergt. Insbesondere, wenn man sich vor Augen hält, dass Aaron in seiner Freizeit sogar griechischer und äthiopischer Weltmusik frönt.
„Die Entstehung der Lieder für dieses Album war wirklich immer unterschiedlich. Mal bestanden bereits ganze Lines, mal nur ein Idee. Und manchmal ist eine Kombination aus beiden, dem Jamming und einer bereits bestehenden Struktur gewesen. So taten sich einige Tracks aus lediglich zwei Riffs hervor. Aber trotz alle dem war „In The Absence Of Truth“ zu dem Zeitpunkt als wir ins Studio gingen, weitaus durchstrukturierter und durchgeplanter als unser Vorläufer „Panopticon“. Das Artwork hingegen bietet bei dieser Veröffentlichung mehr Spielraum zur Interpretation. Bei dem letzten Album haben wir uns einer konkreten wissenschaftlichen Theorie gewidmet und wenig Interpretationsmöglichkeit zugelassen. „In The Absence Of Truth“ soll zu mehr uneingeschränkter Abstraktion anregen und etwas Mysteriöses in einem wecken.“
Trotz der vielen Nebenprojekte aller Bandmitglieder, wie zum Beispiel MGR, HOUSE OF LOW CULTURE, OLD MAN GLOOM oder RED SPAROWES liegt das Hauptaugenmerk nach wie vor auf der Band ISIS.
„Natürlich passiert es, dass einige Riffs rein funktional nicht in das Schema ISIS passen, weil sie zum Beispiel einfach zu Hardcore-lastig sind. In solchen Fällen versuche ich sie bei OLD MAN GLOOM unterzubringen. Die meiste Zeit wird selbstredend in ISIS investiert, aber ich denke, dass es auf der anderen Seite auch wichtig ist, dass jeder aus unserer Band die Möglichkeit hat, seine eigenen Ideen, die in ISIS keinen Platz gefunden haben, alleine oder in einem anderen Projekt zu verwerten. Ich würde zum Beispiel nicht auf die Idee kommen ein 15 Minuten langen „Drone /Ambient Track“ in ISIS einbetten zu wollen. Es passt derzeit schlichtweg nicht in unser Schema. Stattdessen nutze ich solche Ideen für mein Solo Projekt HOUSE OF LOW CULTURE und Mike (Gallagher – Anm. d. Verf.) bringt so etwas in seinem Ambient-Projekt MGR unter.
Ob der ein paar Jahre zurückliegende Umzug der Band von Boston ins sonnige Kalifornien nach L.A. ihre Musik oder Ihren Werdegang beeinflusst habe entgegnet Turner überzeugt…
„Es habe keine Karriere bedingte Motivation gegeben, nach Los Angeles zu ziehen, vielmehr war es ein Streben nach geographischer Veränderung und der Kompromiss war im Endeffekt diese Stadt. Allerdings sind mittlerweile 50% der Band wieder an die Ostküste gezogen, das heißt, jetzt müssen wir uns mit einer anderen Situation arrangieren.“
Dass die fünf Jungs mit wenig Zeit und großen geographischen Distanzen ein durchaus sehenswertes Resultat abliefern können, beweist die kürzlich auf dem holländischen Label „Konkurrent“ erschienene Kollaboration mit den in Glasgow stationierten Schotten AEREOGRAMME.
„Das war ein aufregendes Erlebnis. Wir hatten sehr wenig Zeit in dem Studio. Jede Band brachte ein paar „Basics“ an Ideen mit, die wir dann in Jam Sessions vereinten. Es war kein wirklicher Prozess, vielmehr ein zwangsläufiges Ergebnis aus mehreren Versuchen, das mich persönlich aber zufrieden macht.“
All diese „small noticeable changes“ und die Menge an Veröffentlichungen auf einen Schlag sind eine große Freude, jedoch steht nicht nur hinter jedem Output der Band ein Konzept, sondern im Falle der jüngst veröffentlichten DVD hat es auch einen bittereren Beigeschmack. Sie dient der Band nämlich auch als eine Form sich von alten Liedern zu verabschieden.
„Wir haben versucht die besten Aufnahmen zu nutzen. High Quality war ein Grund diese DVD zu machen, allerdings ist sie auch ein Weg ein Kapitel zu schließen und uns von alten Liedern zu verabschieden.“
Und wenn man jetzt erst erfährt, dass ein Geniestreich wie CFT von der „Celestial“ maßgeblich durch Neil Young`s Dead Man Soundtrack beeinflusst wurde, vergießt man doch die ein oder andere Träne beim Anblick solch intensiver Live Qualität dieser Band.
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