Allegaeon
"Ich glaube der beste Ansatz dazu, solche Themen in einem Song zu verarbeiten, sollte Ehrlichkeit und Authentizität sein"
Interview
Metal.de: Ihr habt auch immer wieder interessante Cover, natürlich gab es die zu RUSH oder auch etwas Klassisches von Bach, habt ihr für spezielle Editionen von „Damnum“ etwas besonderes geplant?
Riley: Nein, aus dem Grund haben wir uns diesmal gegen ein Cover entschieden, wir hatten so viele bereits in der Vergangenheit, wir haben nicht mehr wirklich Bock darauf. Wir wollen uns momentan einfach mehr auf unsere originelle Musik fokussieren, ohne Hörer noch zu verwirren. Denn was wir schreiben und was wir covern ist oft sehr unterschiedlich. In der nahen Zukunft werden wir Cover erst einmal an die Seite stellen. Wer weiß, in ein paar Jahren gibt es vielleicht sogar mal ein Cover-Album oder eine EP, aber momentan ist das nichts, dem wir noch mehr Aufmerksamkeit schenken wollen.
Metal.de: Da ich gerade im Hintergrund von dir das wunderschöne Prinzessin Mononoke-Poster sehe, wäre Filmmusik oder so etwas in der Art interessant für euch? EPICA haben ja etwa auch eine Attack-On-Titan-Ep herausgebracht.
Riley: Für mich persönlich wäre das definitiv etwas, was ich in Erwägung ziehen würde. Ich bin ständig auf der Suche nach kleinen Projekten, wo ich singen oder vielleicht auch ein Instrument spielen kann, also als private Kollaboration könnte ich mir das durchaus vorstellen. Ich bin ein großer Videospiel- und Animefan. Wenn eine solche Kollaboration sich irgendwann mal in Zukunft ergeben würde, sofort.
Ich meine ein paar unserer Labelmates machen das ja auch, BRAND OF SACRIFICE haben Berserk als Vorlage, CAPRA die Dark Souls-Reihe, viele Metalbands sind in den letzten Jahren auf den Zug aufgesprungen und ich finde es cool. Es ist immer gut, Homage für andere Kunst zu zollen. Für ALLEGAEON eher weniger. Wir sind grundsätzlich solchen Dingen nicht abgeneigt, aber ich sehe die Gefahr, irgendwann als „Gimmick-Band“ angesehen zu werden, was wir definitiv nicht sind oder sein wollen.
Es wird irgendwann einfach unoriginell, da man quasi fremde Ideen nimmt und es in ein anderes Medium überträgt. Wir wollen unsere originelle Musik spielen und nicht zur Cover-Band werden. Nichts gegen Bands die diesen Weg gegangen sind oder als Coverbands gestartet sind oder das als Springbrett für ihr eigenes originelles Material verwenden, wie es im Prinzip SHADOW OF INTENT gemacht haben, aber das ist einfach nichts für uns. Wir würden das einfach als Musiker persönlich nicht verwenden wollen und Freizeitdinge quasi in der Freizeit lassen und lieber andere, originelle Dinge in unserer Musik verwenden und darüber zu schreiben.
Metal.de: Ich würde das gar nicht so streng sehen, die „normalen“ Metalbands haben ja auch oftmals sehr thematisch beschränkte, aber oft auch trotzdem ziemlich ergiebige Themen. Die meisten Black oder Power Metal Bands halten Tolkien hoch und auch CANNIBAL CORPSE haben nach all den Jahren immer noch Wege gefunden, über Gore schreiben interessant zu halten. Es kann eine Limitation sein, sich einen thematischen Rahmen und Grenzen zu setzen, kann aber vielleicht auch helfen, die Kreativität neu zu befeuern indem man probiert, das irgendwie frisch zu halten.
Riley: Ja, absolut. Ich meine ALLEGAEON haben das ja selber gemacht mit unserem Fokus auf Wissenschaft. Ich denke es ist wichtig für eine „Themen“-Band, das nicht als Limitierung zu betrachten. Klar, benutze es als Leitlinie für Design, Cover, Texte, was auch immer, aber ich finde wenn man es zu sklavisch nutzt und das Thema MUSS jetzt damit unbedingt in Verbindung stehen oder es MUSS diese Lyrics haben, kann es kreativ auch ganz schnell klaustrophobisch werden.
THE BLACK DAHLIA MURDER ist ein gutes Beispiel, sie haben Horror als grobes Oberthema, aber finden immer noch viele neue Themen über die man schreiben kann und bringen konsistent gute, hochqualitative neue Alben heraus, die keine blossen Kopien sind.
Metal.de: Gibt es hinsichtlich „Damnum“ irgendetwas, was in dieser Hinsicht wichtig ist oder das Leute nicht wissen, es aber sollten?
Riley: Nein, eigentlich nicht wirklich. Wie schon gesagt haben wir uns vom „Wissenschaftsgebiet“ thematisch entfernt, es hat sich für uns fad und nicht wichtig in den momentanen Umständen angefühlt. Das neue Album hat definitiv eine „humanere“ Seite, manche Leute werden das wissen wenn sie es hören, weil sie Promomaterial oder Interviews wie dieses lesen, aber viele werden das vielleicht auch nicht wissen. Und ich denke für beide Personengruppen sollte es eine gute Erfahrung sein. Also eine Überraschung für Leute die uns kennen, aber auch interessant für Leute, die uns vielleicht noch nicht kennen. Viel mehr gibt es eigentlich nicht dazu zu sagen. Wir wollten das Album nur mehr nach „uns“ klingen lassen.
Metal.de: Wie seid ihr einen Song wie „Called Home“ angegangen, in dem es um Suizid euch nahe stehender Personen geht, da ihr dort ja teilweise Originalmaterial wie Zitate aus einem Abschiedsbrief verwendet? Wie kann man die feine Linie zwischen Bewahrung der Würde des Opfers und vielleicht etwas Sensationsheischendem bei so einem delikaten Thema betreten?
Riley: Der Song war hauptsächlich von mir und Greg, bei mir natürlich textlich, Greg musikalisch. Wir haben uns beide im jeweils anderen Bereich aber unterstützt. Wir haben beide über die letzten paar Jahre jeweils uns wichtige Personen an Suizid verloren. Für mich ist es einfach aus mir herausgeflossen, ich musste darüber schreiben um meine Gedanken und Gefühle herauszulassen, für Greg war das nicht notwendigerweise ebenfalls so erforderlich, er hat sich hauptsächlich über die Musik ausgedrückt.
Wenn man jemanden so verliert, fühlt man viele verschiedene Sachen. Natürlich die Trauer über den Verlust, der mit Tod natürlicherweise einher geht, aber auch Schuld, da man sich fragt was man hätte tun können, um das zu verhindern. Dann auch natürlich Ärger über den vermeintlichen Egoismus dieser Person. Es ist ein weites Spektrum von Emotionen, die mit dem Verlust einer geliebten Person einher gehen und ich denke Greg hat es gut geschafft, die musikalisch alle mit einzufangen.
Greg hat mir ein paar Dinge gegeben, die er gerne eingearbeitet sehen wollte, genauer von einer Notiz der Person die er verloren hatte, teilweise auch Dinge die er selber geschrieben hatte und ausdrücken wollte und für mich gab es textlich ebenfalls Gefühle und Gedanken, die ich teilweise von mir selber aber auch aus anderen Quellen genommen habe. Ich habe mich teilweise aus Literatur bedient, die in einer Beziehung mit mir und der Person stand, die ich verloren habe und andere kleine Erinnerungen. Ich glaube der beste Ansatz dazu, solche Themen in einem Song zu verarbeiten, sollte Ehrlichkeit und Authentizität sein.
Es muss nicht aus einer falschen Ebene kommen, aufklärerisch nach dem Motto: Wir haben hier dieses wichtige Thema und ihr solltet euch da alle mit beschäftigen. Wenn man das so angeht, kommt es finde ich aus der falschen Motivation. Für uns war es einfach eine Möglichkeit und Herausforderung, mit uns selber ehrlich zu sein und unsere Gefühle in einer Art und Weise zu konfrontieren, die sich durch diese Verluste ergaben. Ich denke es ist uns ganz gut geglückt. Musikalisch ist es sehr verschieden von unserem normalen Material. Der erste Teil hat für mich ziemliche OPETH-Vibes, die Mittelstrecke ist sehr zurück genommen und das Ende ist ziemlich angepisst, denn so fühlt man sich auch teilweise während des Trauerprozesses.
Metal.de: Da die Touren bisher schon so oft verschoben wurden weiß ich nicht, ob ihr momentan für europäische Termine Voraussagen treffen könnt, in den USA scheint ja wieder einiges anzulaufen. Habt ihr schon genaueres?
Riley: Leider nein, es ist eine sehr flüchtige Situation momentan und wir arbeiten so, dass wir momentan annehmen, dass alle geplanten Touren stattfinden können. Wenn der Zeitpunkt nämlich kommt, müssen wir vorbereitet sein. Also genug geprobt haben, Tickets gebucht und so weiter. Wenn wir also unter der Vorstellung weiter machen, dass wir nicht touren können, die Situation weiterhin schlecht ist und bleibt, kommen wir so auf keinen grünen Zweig.
Was wenn eine als abgesagt geltenden Tour dann doch stattfindet und wir sind nicht vorbereitet? Es ist ja auch organisatorisch keine Kleinigkeit. Es ist trotzdem wichtig im Hinterkopf zu behalten, dass Touren auch kurzfristig abgesagt werden können. Die Situation ist sehr unterschiedlich je nach Ort. Jedes mal wenn es nach Licht am Ende Tunnels aussieht, kommt was anderes um die Ecke. Es ist natürlich frustrierend, aber ich würde eher für die Gesundheit meiner Fans gesorgt haben, als die Tour durchgezogen zu haben.
Ich war letztes Jahr mega angepisst, nicht touren zu können, ich hatte mich sehr auf die Faces Of Death Tour gefreut und Europa ist generell eine unserer liebsten Touring-Stationen, wir lieben es dort zu spielen, aber auch die Städte zu sehen. Aber dann kam Omikron, Grenzen wurden geschlossen und ich bin mittlerweile dankbar, dass wir nicht touren konnten. Stell dir vor wir wären getourt und dann eingeschlossen, könnten nirgendwo ein oder ausreisen, das wäre ein Albtraum gewesen. Also bin ich dankbar dafür, dass Leute eher die richtigen Schlüsse aus den Erwartungen gezogen haben und das jetzt, vielleicht auch um ein weiteres Jahr, verschoben haben. Lieber sicher und geplant, als ständig sich ändernd, was neue Probleme mit sich bringt.
Metal.de: Was wäre ein Tourpackage, was ihr gerne noch spielen wollen würdet? Vielleicht auch für musikalische Kollaborationen?
Riley: Es gibt Tonnen von Bands mit denen ich gerne touren wollen würde. Ich bin ein großer Fan von SHADOW OF INTENT, der Sänger Johann von OPHIDIAN I lebt sogar ziemlich bei mir in der Nähe in San Diego, Kalifornien und mit ihm hab ich auch schon gesprochen und abgehangen.
ARCHSPIRE sind Kollegen die wir schon lange kennen, mit denen wir aber tatsächlich noch nicht gemeinsam getour haben, deshalb bin ich mega happy, dass nun auf dieser Tour nachholen zu können. Ich hab auch Dean für eine Interviewserie bereits gesprochen, er hat für seine „4 Levels Of Death Metal“-Reihe letztens noch ALLEGAEON-Songs gelernt, also es gibt schon Crossover zwischen uns. Es gibt unzählige mehr, aber das sind vermutlich momentan meine Top 3.
Metal.de: Daumen gedrückt, dass das Package dann demnächst auch stattfinden kann, danke dir für deine Zeit und viel Erfolg mit Tour und Album.
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Stile | Progressive Death Metal, Technical Death Metal |
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