Stephan Ahlers-Möller
"Diese Struktur des "Self-Publishings" bieten mir nur die großen Konzerne"

Interview

Unser ehemaliger Kollege Stephan Möller (mittlerweile Ahlers-Möller) und Redaktionsveteran für alles, was mit Kälte, Geschrammel und Bosheit zu tun hatte, hat vor kurzem mit „Aus dem Eis“ seinen ersten Roman heraus gebracht. Zum Buch, aber auch dem Leben als selbstverlegter Autor und der passenden musikalische Untermalung zum Lesen haben wir ihn ein wenig ausgehorcht.

Stephan Ahlers-Möller – Aus dem Eis (Coverart Florin Sayer-Gabor)

Direkt zum Einstieg, wie ist das Interesse am Themengebiet oder Genre bei Romanen bei dir entstanden? Du hattest dein Buch ja als Thriller aus dem groben Dunstkreis von Story und Mysterium wie bei „Das Ding“ oder „Akte-X“ angekündigt. Warum Sci-Fi-Horror und nicht ein Mittelalter-Roman oder so zum Einstieg als Romandebüt?

Horror war es bei mir irgendwie schon immer. Ich erinnere mich, dass ich schon als Kind die übernatürlichen Geschichten bei den „Drei ???“ favorisiert habe und seit ich mit zwölf, dreizehn Jahren vielleicht Stephen King entdeckt habe. Seitdem ist Horror in meinen Genen. Einigermaßen ernsthaft angefangen zu schreiben habe ich im Teenager-Alter und auch da war es schon Horror. Mittelalter, Fantasy und so weiter, das kam später als Interesse mit hinzu. Über Horror und Metal bin ich eigentlich erst mehr in nerdige Themen eingestiegen. Das kam alles später, Horror war eigentlich schon davor bei mir vorhanden. Ich möchte nicht ausschliessen, dass ich in Zukunft vielleicht in Richtung Mittelalter-Fantasy oder so mit meinen Büchern gehe, aber für den Anfang lag mir der Horror einfach näher und besser.

War das damals mehr so auf einem Fan-Fiction-Level oder hast du eigene kleine Geschichten und Ideen zu Papier gebracht?

Also meine Hauptinspiration war damals ganz klar Stephen King. Falls es den Begriff damals schon gab, wäre es aber keine Fan-Fiction gewesen. Ich habe keine Charaktere oder Stories von ihm genommen und ausgebaut, und so verstehe ich normalerweise Fan-Fiction heutzutage. Das war schon was eigenes, aber die Thematik war von Stephen King beeinflusst. Das waren so Stories wie Lehrer an meiner Schule, die sich in Zombies verwandeln. Das war so spannend als Dreizehnjähriger, auch wenn das natürlich eher als Gag gemeint war. Aber das waren so die Grundlagen.

Da du schon die Lehrer-Zombies einbringst, sind Passagen deines Buches autobiographisch? Oder interpretiere ich da zu viel herein?

Nein, autobiographisch eigentlich gar nicht. Vielleicht unterbewusst, da ich natürlich eine gewisse Sichtweise habe und irgendwas von einem selbst in den Stories und Charakteren steckt, sie sind ja von einem selbst erdacht. Aber nicht wirklich in dem Sinne autobiographisch, nein.

Trump wird einmal durch die Blume erwähnt, ein oder zwei Seitenhiebe erlaubt sich das Buch doch, ohne jetzt als Roman in irgendeiner Form ein politisches Buch zu sein. War das beabsichtigt oder eher erzählerischer Kniff, um die Geschichte zeitlich einordnen zu können?

Es war nicht eine Intention, es ergab sich einfach. Ich meine die politische Ebene ergibt sich ja allein schon dadurch, ohne jetzt zu viel zu spoilern, dass durch den Klimawandel Dinge aus dem Eis freigelegt werden. Ich bin ein politisch denkender Mensch und das kann ich nicht ausschalten, auch wenn ich mich natürlich nicht hingesetzt habe, um einen politischen Roman zu schreiben, aber meine Ansichten sind durchaus auszulesen. Wobei ich auch mich bemüht habe, es möglichst allgemeingültig und irgendwie für jeden anknüpfbar zu formulieren. Ich denke, wer Trump und Überwachung toll findet oder den Klimawandel leugnet, findet sich eh nicht in der Zielgruppe von mir wieder. Viel konkreter werde ich im Buch aber auch nicht diesbezüglich.

Nein, ich wollte damit auch nicht andeuten, dass das nun unbedingt als politisches Buch zu lesen oder aufzufassen ist. Von erzählerischer Seite her, wieso startest du mit dem Prolog? Oder warum ist das Ende so offen? Ohne zu spoilern, es wirkt wie mit Hinblick auf Nachfolger konzipiert, hast du das schon direkt so geplant?

Das hat sich eigentlich nur ergeben aus dem Spiel mit Perspektiven. Ich wollte ja in der Ich-Perspektive schreiben. Ich hab es witzigerweise nicht mit dem Hintergedanken an eine Fortsetzung geschrieben, wurde aber schon mehrmals drauf angesprochen. Du bist nicht der erste, der das fragt. Es ergibt sich nur einfach gut als Anknüpfungspunkt für weitere Fortsetzungen. Es sollte nur ein offenes Ende werden, ohne wirklich befriedigenden Abschluss für den Leser, das war schon geplant. Aber da sich nun die Gelegenheit ergeben hat, macht das Fortsetzungen natürlich schmackhaft und wahrscheinlich.

Zu der anderen Frage, ich hab das einfach bei ein, zwei Autoren gelesen. Stephen King macht das etwa bei „Dolores“, aber auch Brandon Morris, ein weiter Sci-Fi-Autor, schreibt ebenfalls in der Ich-Perspektive und im Präsens, um den Leser mehr in die unmittelbaren Geschehnisse zu versetzen. Gerade bei gruseligeren Geschichten gibt das so einen Live-Faktor, der sich für mich einfach angeboten hat. Der Hauptteil wird von der Protagonistin selber erzählt. Ich habe auf eine einfachere, verständlichere Sprache geachtet und probiert, den naturwissenschaftlich-akademischen Aspekt mehr durch ihre Handlungen zu beschreiben. Andre Gabriel, mein Lektor, spielt sicher auch eine Rolle, der ein paar Begriffe raus gestrichen oder Verbesserungsvorschläge gemacht hat. Es soll ja auch kein Lehrbuch werden, sondern ist letztlich nur Unterhaltung.

Wir haben ja schon über Einflüsse eingangs kurz gesprochen, war das Buch so eine Art Liebesbrief an das Genre und gewisse Klassiker oder war die Geschichte frei von geistigen Vorbildern? Für mich macht sich diese Inspiration und die Vergleiche mit „Akte-X“ und „Das Ding“ daher bemerkbar, dass es einerseits diesen Mystery-Aspekt gibt und die klassische Verschwörungserzählung, gleichzeitig aber explizite Gewaltbeschreibung, die ja durchaus vorkommen.

Jein. Also ich würde nicht sagen, dass die Sachen mich insgesamt inspiriert haben oder beeinflusst, aber natürlich mag ich diese Filme und Serien. Es ist einfach das, was mir in dem Genre gefällt. Ich mag Eis-Settings, ich mag die Isolation der Protagonisten, ich mag Übernatürliches, ich mag auch Splatter ganz gerne. Ich wollte einfach das liefern, was ich selbst gerne lese und wo ich mich gleich heimisch fühlen würde und das geht eben in diese Richtung. Ich mag nicht so gerne Horror, der nur von Menschen handelt, für mich muss eine größere Kraft dahinter kommen. Versteh‘ mich nicht falsch, ein Buch oder Film wie „Das Schweigen der Lämmer“ ist eine intensive Erfahrung, aber für mich nur bedingt gruselig, er funktioniert für mich nicht als Horror.

Seien wir ehrlich, ich erfinde mit dem Roman das Rad nicht neu, bin aber auch ganz glücklich, einfach diverse Genrevorgaben zu bedienen. Ich mag es, ein Buch aufzuschlagen oder einen Film anzusehen und der bietet mir exakt und genau das, was ich erwarte. Es muss nicht immer grosse Kunst sein, es ist der Gefühl von etwas Heimischem und das wollte ich für Horrorfans liefern. Gewaltspitzen könnten auch weggelassen werden, andererseits stören sie nicht wirklich und ich selbst mag das auch gern lesen oder sehen, also sind sie eben mit drin.

Ok, ich wollte nur wissen, ob du beides gewollt mit drin hast, es gibt ja auch Bücher oder Filme die nur über Suspense oder Anteasern wirken und diese lassen etwa Gewalt bewusst aus. Hier ist ja beides durchaus vorhanden.

Ja, ich wollte beides auf jeden Fall mit drin haben. Ich finde die Achtziger-Sachen von Lucio Fulci etwa bei Filmen – „Haus an der Friedhofsmauer“ als Beispiel hier genannt –  sehr brutal, aber gleichzeitig auch atmosphärisch und mir gefällt die Art, wie Splatter mit mysteriösen und hintergründigen Dingen kombiniert wird. Das wollte ich beides ein wenig reinbringen.

Was das Setting angeht, warum akademische, deutsche Protagonistin, Naturwissenschaftlerin? Die Geschichte hätte ja auch von einem kanadischen Einwohner geschildert werden können?

Ja, ursprünglich war es sogar so angedacht, ich hatte vor die Perspektive des Sheriffs zu verwenden, aber das wäre mir zu sehr in Richtung Krimianteile gerutscht und auch die Tochter spielt mittlerweile nur noch eine marginale Nebenrolle im Buch, war ursprünglich aber wesentlich ausgearbeiteter. Am besten funktioniert Horror aber, wenn ein Aussenseiter-Charakter quasi gemeinsam mit dem Leser die Story erleben kann und die Stadt kennen lernt.

Da lag es für mich nahe, eine deutsche Protagonistin zu nehmen, da ich da natürlich auch am meisten weiß und das hat mir auch die Gelegenheit gegeben, die Erlebnisse oder auch den kanadischen Schauplatz quasi aus deutscher Sicht kommentieren zu können. Vieles davon ist allerdings auch wieder rausgeflogen und gar nicht mehr in der jetzigen veröffentlichten Fassung enthalten. Aber das war die Idee dahinter. Eine Naturwissenschaftlerin als Protagonistin bot sich auch beim Thema an.

Was das Schreiben selbst angeht, hattest du bereits eine grobe Rahmenhandlung und hast dich daran entlang gehangelt, dann angefangen zu recherchieren oder standen erst die Recherchen, etwa zum Yukon-Territorium, auf die du dann die Geschichte aufgebaut hast?

Auf Kanada, genauer das Yukon-Territorium, bin ich recht früh gekommen. Ich weiß gar nicht mehr, wie genau ich dazu gekommen bin, ehrlich gesagt. Ich hatte nur gelesen, dass es dieses riesige, zivilisatorisch ziemlich verlassene Gebiet in Kanada an der Grenze zu den USA gab das im Eis liegt. Das bot sich für das Setting perfekt an, da es dort tatsächlich Dörfer gibt, die im Winter Wochen oder Monate auf sich allein gestellt sind. Da bin ich relativ früh drauf gestossen, da das Setting von Anfang an fest stand.

Die naturwissenschaftliche Seite der Story habe ich mir während dem Schreiben ein wenig angeeignet. Ganz fremd war mir das nicht. Grundlegende Kenntnisse hatte ich vor dem Schreiben und ein, zwei Dinge habe ich während dem Schreiben nachrecherchiert. Grundsätzlich mache ich mir während dem Schreiben grobe Eckpunkte der Handlung, anhand derer ich den Verlauf der Geschichte und die Entwicklung der Figuren nachvollziehen kann, der Rest entsteht beim Schreiben. Das ist einfach hilfreich. Wenn man beim Schreiben mal festhängt hat man einen Punkt, auf den man hin arbeiten kann.

Arbeitest du alleine oder schickst du während des Prozesses Iterationen des Skripts an Freunde und Familie für Feedback raus?

Nein, eigentlich nicht. Ich schreibe alleine, erst die Rohfassung. Die ist meist noch sehr chaotisch und wüst und wird mindestens zweimal überarbeitet. Einmal um grob Geschichte und Figuren zu zeichnen und im Zweiten um Dinge einzukürzen, Dialoge zu schleifen und so weiter. Ich tendiere furchtbar dazu, zu labern. Wenn ich meinen Gedanken freien Lauf lasse, kommen da irre lange Monologe bei heraus. Da kann meist viel gekürzt werden. Danach bin ich an einem Punkt , wo ich das an Freunde und meine Frau raus geben, da kommen dann Anmerkungen zurück, die ich einarbeite. Dann kommt noch einmal ein sprachlicher Feinschliff und dann geht es an den Lektor. So war zumindest bisher meine Vorgehensweise.

Jetzt bist du ja ein selbstverlegender Autor. Was sind Vor- und Nachteile davon?

Ein Vorteil ist ganz klar, dass ich die alleinige Kontrolle habe. Ich muss mich an keinen Verlag anbiedern, damit der das rausbringt, wobei anbiedern da das falsche Wort oder zu hart ist. Ich muss keine Eingeständnisse machen oder irgendwas anpassen. Ich kann schneller veröffentlichen. Mein nächstes Buch kommt im Juli, über den klassischen Verlagsweg wäre das kaum möglich gewesen. Man muss schon den Bekanntheitsgrad eines Stephen King oder ähnliches haben, damit ein Verlag überhaupt in Erwägung zieht, zwei Bücher eines Autoren pro Jahr auf den Markt zu bringen, zumindest bei den großen Verlagen.

Der Nachteil ist, dass wirklich alles an einem hängen bleibt. Also ich darf alles selbst machen, aber ich muss auch alles selbst machen. Und was ich davon nicht kann, muss ich an andere Leute geben und bezahlen. Also etwa Lektorat oder Coverartwork, das kann ich nicht selbst leisten. Das geht natürlich vom Ertrag ab, aber die Freiheit ist mir das wert.

Wäre es zu weit hergeholt, da Parallellen zur Musikindudstrie zu ziehen? Musiker mit starkem Label im Rücken sind wahrscheinlich besser vernetzt, geben aber natürlich auch Kontrolle aus den Händen, haben Verträge und so weiter. Leute, die ihre Musik selbst rausbringen, haben mehr Arbeit und weniger Möglichkeiten, sind aber auch unabhängig. Ähnlich wird es, denke ich, im Verlagswesen sein. Was ist der schwierigste Aspekt dabei, Bücher selbst rauszubringen?

Stephan: Hm, schwer… ich würde sagen das schwierigste ist, Leute zu erreichen. Das mein ich tatsächlich in Bezug auf Werbung und Marketing. Und das fängt im besten Fall eben nicht damit an, Facebook oder Instagram für Werbeschalten Unmengen an Geld in den Rachen zu werfen. Über eine gewisse Blase herauszukommen, die sich mit Horror-Romanen oder Büchern befasst,  ist sehr schwer, habe ich festgestellt. Da bin ich momentan noch ein wenig am Arbeiten und Ausprobieren, Leute ausserhalb davon zu erreichen. Also der Start des Buches war so weit gut, ich bin da sehr zufrieden. Über gewisse Hashtags oder so erreicht man Hardcorefans, die nach dem Lesen weiter informiert bleiben wollen und einem folgen, aber eben auch nicht mehr. Und ich habe es noch nicht geschafft, über diesen Kreis heraus zu kommen.

Also das Interesse zu behalten ist das Schwierige? Welche Rolle spielen die sozialen Medien dabei? Helfen Hashtags, Teilen und so weiter tatsächlich oder ist das alles nur Augenwischerei?

Ich habe den Eindruck, dass auf Instagram tatsächlich die Vernetzung und Interaktion hilft. Facebook ist ziemlich tot, was das angeht. Bei Instagram habe ich das Gefühl, Leute noch ohne Unmengen an Geld herein zu stecken erreichen zu können. Auf Facebook bringt dir das ohne Werbe-Schalte kaum organische Reichweite. Das ist auf Instagram einfacher, aber wie bereits gesagt, auch nur innerhalb einer gewissen Blase. Bei beiden ist es schwer, über eine Bubble hinaus Leute zu erreichen, aber bei Instagram bringt Vernetzung gefühlt noch ein wenig was.

Welche Rolle spielt das Internet für Autoren wie dich für die Möglichkeit zum selbst publizieren, aber auch Austausch mit anderen Autoren, dem Lernen des Handwerks und so weiter?

Eine sehr große Rolle. Dass es überhaupt so ein Szene an kleinen Autoren gibt, in Deutschland, aber natürlich auch im englischsprachigen Bereich, Frankreich glaube ich auch, die einigermaßen erfolgreich Bücher herausbringen, ohne auf die großen Verlage als Gatekeeper angewiesen zu sein, hätte es früher nicht als Option gegeben. In der wissenschaftlichen Welt gab es gewissermaßen die Selbstpublikation schon, Belletristik eher nicht, das gab es vielleicht, war aber total verschrien. Heute ist das vollkommen anders.

Es gibt eine Szene von eigenständigen Autoren, die sehr gut miteinander vernetzt sind und auch die ganzen Strukturen im Netz sind dafür prädestiniert, da hilfreich zu sein. Ohne Amazon oder die Konkurrenz im deutschsprachigen Raum, also Plattformen von Thalia, Hugendubel, Weltbild und noch weitere, wäre es nicht möglich, digital Bücher unter die Leute zu bringen. Das mag man alles pessimistischer sehen mit diesen großen Firmen, ich weiß. Aber ich habe trotzdem den Eindruck, dass sich der Buchmarkt damit im positiven Sinne liberalisiert hat. Weil die Torwächterfunktion der Verlage und Agenturen dadurch ein Stück weit wegfällt.

Das ist natürlich super für Autoren, andererseits haben diese Firmen als Plattformen eben so auch eine monopolistische, marktbeherrschende Stellung inne, was die ganze Sache natürlich ein wenig zwiespältig macht, wobei das auch nicht allzu politisch abdriften soll hier.

Auch wenn mein E-Book exklusiv bei Amazon erscheint, bin ich ebenfalls kein großer Fan von Jeff Bezos. Ich wäre mit Freude zu einem Verband der deutschen Kleinbuchhändler oder so etwas gegangen, wenn die mir eine solche Plattform anbieten könnten, aber so etwas gibt es nun einmal einfach nicht. Natürlich sehe ich die Gefahr für den stationären Buchhandel, den ich auch sehr mag und irgendwie unterstützen möchte, aber dort hätte ich mein Buch zumindest noch nicht jetzt veröffentlichen können. Gäbe es nur diese Form des Buchhandels, hätte ich locker noch ein bis zwei Jahre Verlage und Agenturen abklappern müssen, ehe das Buch eine Chance auf Veröffentlichung überhaupt gehabt hätte. Ich sehe ein wenig Parallelen zur Musikindustrie Anfang der 2000er mit Napster und Co.

Es wurde viel auf Verbraucher geschimpft, die keine CDs mehr kaufen und sich illegal Musik herunterladen. Mittlerweile zeigt die Zeit, dass Verbraucher durchaus willens sind, auch für digitale Inhalte Geld zu bezahlen, man es den Leuten aber auch anbieten muss. Und das haben eben damals hauptsächlich Amazon und andere grosse Konzerne getan, während die deutschen Händler es mal wieder ein wenig verpennt haben. Es ist tatsächlich ein zweischneidiges Schwert, aber ich wage mal die Behauptung, wenn es das Modell nicht gäbe hätte es „Aus dem Eis“ frühestens in zwei bis drei Jahren auf dem heimischen Markt gegeben. Und diese Struktur des Self-Publishings, die ich nun nutzen kann, bieten mir eben nur die großen Konzerne.

Wie hältst du es privat beim Lesen: E-Book oder Taschenbuch?

Ich mag lieber ein Buch in der Hand, lese aber meistens E-Books. Aus rein praktischen Gründen. Ich bin erst im November umgezogen und vorher hatte ich schon keine Wände mehr für neue Bücher frei. Ich komm grob schon auf ein Buch pro Woche und wenn ich mir die alle kaufen würde, könnte ich irgendwann nicht mehr wohnen. Es gibt eine Handvoll Autoren von denen ich weiß, das Buch möchte ich physisch im Schrank haben und da darf es dann auch gern mal eine etwas edler gebundene Ausgabe sein, wofür ich mehr Geld ausgebe. Aber die meisten Bücher konsumiere ich als E-Book. Bei Büchern, die ich wirklich gut finde, kaufe ich mir auch das physische Produkt.

Dasselbe Problem was momentan etwa die Plattenindustrie mit langen Lieferzeiten und Materialmangel plagt, gab es ja, meine ich, auch kurzzeitig im Buchmarkt: Papiermangel, viele unnötige Neuauflagen und so weiter. Interessant, da auch gewisse Parallelen zu sehen. Auch aus Nachhaltigkeitsgründen ist digital eigentlich die schlauere Alternative. Denkst du, dass während der Pandemie trotzdem das Interesse am Medium Buch gestiegen ist? Mir fallen da etwa immer mehr Lesekreise, öffentliche Lesungen oder auch öffentliche Bücherregale, die man in vielen Städten beobachten kann, ein. Stimmst du dem zu und wenn ja, wie erklärst du das Interesse? Würdest du selber auch vielleicht gern mal eine Vorlesetour mit deinen Büchern machen?

Ja, ich glaube die Entwicklung ging schon früher los, aber Corona hat einen extra Boost gegeben. Lesereisen, aber auch Lesungen in Buchhandlungen zum Beispiel sind dadurch sichtbarer geworden, auch dass sie wegen Corona zwangsweise auf eine digitale Ebene ausweichen mussten, wodurch sie viel einfacher zugänglich waren. Man musste nicht mehr in derselben Stadt wohnen oder reisen, sondern konnte von überall teilnehmen. Ich glaube, das hat eine Rolle gespielt und während Corona hat auch jede Form der Unterhaltung gefühlt einen Aufwind erlebt. Egal ob Filme, Serien, Gaming oder eben Bücher. Ich habe jetzt keine Zahlen parat, aber ich glaube, das Bedürfnis nach Unterhaltung ist im Lockdown schon gestiegen.

Eine Lesung würde ich auf jeden Fall in Betracht ziehen. Ich habe noch keine Angebote bekommen, aber ich wäre definitiv am Start. Also, wer das hier liest und gerne „Aus dem Eis“ vorgelesen haben möchte in seinem Laden: Man kann mich kontaktieren (autor@stephan-ahlers-moeller.de – Anm. d. Redaktion).

Was wären deine Top 5 an Büchern die man gelesen haben sollte?

Darf ich auch Reihen nehmen? „Der Herr der Ringe“  von Tolkien ist ein Muss, einige Stephen-King-Romane. „Shining“ wäre mein Liebling, der bessere Einstieg wäre wahrscheinlich „Es“, auch wenn es ein ziemlicher Schinken ist. „Die Berge des Wahnsinns“ von Lovecraft wegen der popkulturellen Bedeutung. Seien wir ehrlich, Lovecraft hat so ziemlich alles in die Richtung nachhaltig beeinflusst, was Horror und Fantasy angeht. Für meine Generation haben die „Harry Potter“-Bücher auch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung gehabt.

Ich bin mir bewusst, dass es mit JK Rowling ein paar Probleme gibt, wobei ich das jetzt gar nicht werten möchte, aber das tut der Kunst oder den Büchern dahinter ja nichts. Der Einfluss ist nicht zu unterschätzen, auch heute nicht. Sonst würde ich noch die „Königsmörder-Chroniken“ von Patrick Rothfuss nennen, „Der Name des Windes“ ist das erste Buch aus der Reihe. Das ist für mich die mit Abstand beste Fantasy-Reihe, die in den letzten Jahren heraus gekommen ist. Hot Take: Schlägt selbst „Game Of Thrones“.

In Bezug auf dein Buch, es spielt im Eis, es geht um Isolation und Grauen und das passt eigentlich perfekt auf dein ehemaliges Steckenpferd bei metal.de: Black Metal. Welche Band würdest du dir für eine Intonation wünschen und welcher Sprecher sollte das Hörbuch einsprechen? Mir kommen auch BELTEZ bei dem Gedankenspiel in den Sinn, die ja auch eine Geschichte vertont haben auf ihrem letzten Album.

Stephan: Hm… also wenn ich träumen darf und IHSAHN sich auf die Wurzeln zurück besinnen würde, wären EMPEROR klasse für eine Vertonung oder vielleicht auch FORTRESSE, da die ja Kanadier sind und thematisch ebenfalls ganz zu Hause da wären. Was ein Hörbuch angeht, David Nathan ist eine Legende als die deutsche Stimme von Johnny Depp, der auch so ziemlich jedes Hörbuch von Stephen King oder Lovecraft eingelesen hat. Franziska Pigulla wäre eine zweite Kandidatin, leider kann ich sie nicht mehr fragen, da sie vor ein paar Jahren verstorben ist. Kennt man vielleicht als die deutsche Stimme von Dana Scully. Die hat auch einige Horror-Bücher eingesprochen.

Was neue aufstrebende Autoren aus dem Horror/Sci-Fi-Bereich angeht, wen muss man unbedingt gelesen haben?

Was Horror angeht, bin ich grosser Fan von G.S. Foster, Pseudonym eines ebenfalls deutschen Schriftstellers, der sich selbst herausbringt. Geht eher in Richtung übernatürliche Krimis, „Der Geist des Psychopathen“ ist ein Buch von ihm, bald erscheint „Der Vampir von Hollywood“. Es hat eine leicht trashige Unternote und ist sehr spaßig zu lesen. Ansonsten empfehle ich, da ich gerade schon auf dem trashigen Pfad bin, die „Inglorious Bitches“-Reihe von Benny B. Savage, wo in einer alternativen Zeitlinie amerikanische Agentinnen während des zweiten Weltkriegs im Reich Nazis killen. Auch noch nennen würde ich Brandon Q. Morris, was eher schon in Richtung Hard-Sci-Fi geht, trotzdem sehr spannend.

Du sagtest bereits, dass im Juli vielleicht schon dein neues Buch erscheint, womit können Leser da rechnen?

Wenn alles gut geht, wird das sogar schon Juni. Da erscheint der erste Teil einer Reihe über eine Eliteeinheit des Vatikans die immer dann gerufen wird, wenn die Menschen mal wieder mit alten Göttern und Dämonen paktieren und nichts Gutes dabei herum kommt. Ist ein wenig zwischen Horror und Splatter angesiedelt. Voraussichtlich im August oder September kommt noch ein Action/Sci-Fi-Abenteuer was etwas in Richtung Indiana Jones gehen wird. Ein reicher Snob und eine Anarcho-Punkerin müssen sich gemeinsam verbünden gegen Geheimdienste. Auch das soll Auftakt zu einer Reihe werden. Geplant ist, abwechselnd diese beiden Reihen zu bespielen und irgendwann soll auch noch eine Fortsetzung zu „Aus dem Eis“ her. Soweit zumindest der Plan.

Ok, klingt danach, dass du die nächsten Jahre gut beschäftigt sein wirst.

Ja, die Bücher kommen ja schon bald, aber ich habe bereits weitere Ideen und Pläne und wenn ich die alle so umsetzen und ausformulieren werde wie ich möchte, bin ich locker bis 2024 beschäftigt. An Ideen mangelt es mir nicht, eher an der Zeit, sie umzusetzen.

Warum sollten auch Leute, die mit dem Genre sonst nichts anfangen können, „Aus dem Eis“ lesen?

Weil ich in meinem Glauben eine spannende Protagonistin habe, Themen, die jeden etwas angehen und zumindest Krimi-Fans mit der Aufklärungsarbeit in der ersten Hälfte des Buches vielleicht auch glücklich werden könnten. Wen ich enttäuschen muss sind Leute, die Romantik in der Geschichte brauchen.

Was hat dir beim Schreiben deines ersten eigenen Buches am meisten Spaß gemacht?

Ich glaube tatsächlich die Splatterszenen. Ich weiß nicht, was das jetzt in Konsequenz über mich aussagt, aber mich damit zu beschäftigen hat mir sehr viel Spaß gemacht (lacht).

Hast du dafür extra recherchiert?

Naja, ich hab meinen Zivi bei den Maltesern im Sanitätsdienst gemacht und war auch danach noch ein paar Jahre ehrenamtlich als Einsatzsanitäter tätig, also ein bisschen in dem Bereich Erfahrung habe ich. Und für den Rest habe ich ein wenig die Fantasie spielen lassen.

Wo können Leser dich finden und über deine Bücher auf dem Laufenden bleiben?

Stephan: Auf meiner Webseite stephan-ahlers-möller.de kann man auf dem Laufenden bleiben und auch meinen Blog lesen, den ich ein wenig vernachlässigt habe in letzter Zeit, aber ich gelobe Besserung. Dort kann man sich auch für meinen Newsletter anmelden. Sonst die üblichen Socials, also Facebook, Instagram, kurzzeitig habe ich über Twitter nachgedacht, aber das ist eigentlich schon der Vorhof zur Hölle, also lasse ich das besser bleiben.

Danke dir und viel Erfolg mit „Aus dem Eis“!

Danke dir, gebt uns Indie-Autoren eine Chance, für Kritik sind wir alle offen, wir freuen uns über jede Unterstützung. Wir geben uns viel Mühe und wollen möglichst professionell sein. Sollte das nicht gelingen, kann man sich meist direkt an uns wenden. Bewertet bitte Bücher da, wo ihr sie kauft, damit tut ihr jedem Autoren einen großen Gefallen. Sonst freue ich mich auf einen hoffentlich reibungslosen Festivalsommer, man sieht sich!

 

Quelle: Jitsi-Interview Stephan Ahlers-Möller
12.05.2022
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