Stephan Ahlers-Möller
"Diese Struktur des "Self-Publishings" bieten mir nur die großen Konzerne"

Interview

Unser ehemaliger Kollege Stephan Möller (mittlerweile Ahlers-Möller) und Redaktionsveteran für alles, was mit Kälte, Geschrammel und Bosheit zu tun hatte, hat vor kurzem mit „Aus dem Eis“ seinen ersten Roman heraus gebracht. Zum Buch, aber auch dem Leben als selbstverlegter Autor und der passenden musikalische Untermalung zum Lesen haben wir ihn ein wenig ausgehorcht.

Stephan Ahlers-Möller Aus dem Eis Cover Artwork Buch

Stephan Ahlers-Möller – Aus dem Eis (Coverart Florin Sayer-Gabor)

Direkt zum Einstieg, wie ist das Interesse am Themengebiet oder Genre bei Romanen bei dir entstanden? Du hattest dein Buch ja als Thriller aus dem groben Dunstkreis von Story und Mysterium wie bei „Das Ding“ oder „Akte-X“ angekündigt. Warum Sci-Fi-Horror und nicht ein Mittelalter-Roman oder so zum Einstieg als Romandebüt?

Horror war es bei mir irgendwie schon immer. Ich erinnere mich, dass ich schon als Kind die übernatürlichen Geschichten bei den „Drei ???“ favorisiert habe und seit ich mit zwölf, dreizehn Jahren vielleicht Stephen King entdeckt habe. Seitdem ist Horror in meinen Genen. Einigermaßen ernsthaft angefangen zu schreiben habe ich im Teenager-Alter und auch da war es schon Horror. Mittelalter, Fantasy und so weiter, das kam später als Interesse mit hinzu. Über Horror und Metal bin ich eigentlich erst mehr in nerdige Themen eingestiegen. Das kam alles später, Horror war eigentlich schon davor bei mir vorhanden. Ich möchte nicht ausschliessen, dass ich in Zukunft vielleicht in Richtung Mittelalter-Fantasy oder so mit meinen Büchern gehe, aber für den Anfang lag mir der Horror einfach näher und besser.

War das damals mehr so auf einem Fan-Fiction-Level oder hast du eigene kleine Geschichten und Ideen zu Papier gebracht?

Also meine Hauptinspiration war damals ganz klar Stephen King. Falls es den Begriff damals schon gab, wäre es aber keine Fan-Fiction gewesen. Ich habe keine Charaktere oder Stories von ihm genommen und ausgebaut, und so verstehe ich normalerweise Fan-Fiction heutzutage. Das war schon was eigenes, aber die Thematik war von Stephen King beeinflusst. Das waren so Stories wie Lehrer an meiner Schule, die sich in Zombies verwandeln. Das war so spannend als Dreizehnjähriger, auch wenn das natürlich eher als Gag gemeint war. Aber das waren so die Grundlagen.

Da du schon die Lehrer-Zombies einbringst, sind Passagen deines Buches autobiographisch? Oder interpretiere ich da zu viel herein?

Nein, autobiographisch eigentlich gar nicht. Vielleicht unterbewusst, da ich natürlich eine gewisse Sichtweise habe und irgendwas von einem selbst in den Stories und Charakteren steckt, sie sind ja von einem selbst erdacht. Aber nicht wirklich in dem Sinne autobiographisch, nein.

Trump wird einmal durch die Blume erwähnt, ein oder zwei Seitenhiebe erlaubt sich das Buch doch, ohne jetzt als Roman in irgendeiner Form ein politisches Buch zu sein. War das beabsichtigt oder eher erzählerischer Kniff, um die Geschichte zeitlich einordnen zu können?

Es war nicht eine Intention, es ergab sich einfach. Ich meine die politische Ebene ergibt sich ja allein schon dadurch, ohne jetzt zu viel zu spoilern, dass durch den Klimawandel Dinge aus dem Eis freigelegt werden. Ich bin ein politisch denkender Mensch und das kann ich nicht ausschalten, auch wenn ich mich natürlich nicht hingesetzt habe, um einen politischen Roman zu schreiben, aber meine Ansichten sind durchaus auszulesen. Wobei ich auch mich bemüht habe, es möglichst allgemeingültig und irgendwie für jeden anknüpfbar zu formulieren. Ich denke, wer Trump und Überwachung toll findet oder den Klimawandel leugnet, findet sich eh nicht in der Zielgruppe von mir wieder. Viel konkreter werde ich im Buch aber auch nicht diesbezüglich.

Nein, ich wollte damit auch nicht andeuten, dass das nun unbedingt als politisches Buch zu lesen oder aufzufassen ist. Von erzählerischer Seite her, wieso startest du mit dem Prolog? Oder warum ist das Ende so offen? Ohne zu spoilern, es wirkt wie mit Hinblick auf Nachfolger konzipiert, hast du das schon direkt so geplant?

Das hat sich eigentlich nur ergeben aus dem Spiel mit Perspektiven. Ich wollte ja in der Ich-Perspektive schreiben. Ich hab es witzigerweise nicht mit dem Hintergedanken an eine Fortsetzung geschrieben, wurde aber schon mehrmals drauf angesprochen. Du bist nicht der erste, der das fragt. Es ergibt sich nur einfach gut als Anknüpfungspunkt für weitere Fortsetzungen. Es sollte nur ein offenes Ende werden, ohne wirklich befriedigenden Abschluss für den Leser, das war schon geplant. Aber da sich nun die Gelegenheit ergeben hat, macht das Fortsetzungen natürlich schmackhaft und wahrscheinlich.

Zu der anderen Frage, ich hab das einfach bei ein, zwei Autoren gelesen. Stephen King macht das etwa bei „Dolores“, aber auch Brandon Morris, ein weiter Sci-Fi-Autor, schreibt ebenfalls in der Ich-Perspektive und im Präsens, um den Leser mehr in die unmittelbaren Geschehnisse zu versetzen. Gerade bei gruseligeren Geschichten gibt das so einen Live-Faktor, der sich für mich einfach angeboten hat. Der Hauptteil wird von der Protagonistin selber erzählt. Ich habe auf eine einfachere, verständlichere Sprache geachtet und probiert, den naturwissenschaftlich-akademischen Aspekt mehr durch ihre Handlungen zu beschreiben. Andre Gabriel, mein Lektor, spielt sicher auch eine Rolle, der ein paar Begriffe raus gestrichen oder Verbesserungsvorschläge gemacht hat. Es soll ja auch kein Lehrbuch werden, sondern ist letztlich nur Unterhaltung.

Wir haben ja schon über Einflüsse eingangs kurz gesprochen, war das Buch so eine Art Liebesbrief an das Genre und gewisse Klassiker oder war die Geschichte frei von geistigen Vorbildern? Für mich macht sich diese Inspiration und die Vergleiche mit „Akte-X“ und „Das Ding“ daher bemerkbar, dass es einerseits diesen Mystery-Aspekt gibt und die klassische Verschwörungserzählung, gleichzeitig aber explizite Gewaltbeschreibung, die ja durchaus vorkommen.

Jein. Also ich würde nicht sagen, dass die Sachen mich insgesamt inspiriert haben oder beeinflusst, aber natürlich mag ich diese Filme und Serien. Es ist einfach das, was mir in dem Genre gefällt. Ich mag Eis-Settings, ich mag die Isolation der Protagonisten, ich mag Übernatürliches, ich mag auch Splatter ganz gerne. Ich wollte einfach das liefern, was ich selbst gerne lese und wo ich mich gleich heimisch fühlen würde und das geht eben in diese Richtung. Ich mag nicht so gerne Horror, der nur von Menschen handelt, für mich muss eine größere Kraft dahinter kommen. Versteh‘ mich nicht falsch, ein Buch oder Film wie „Das Schweigen der Lämmer“ ist eine intensive Erfahrung, aber für mich nur bedingt gruselig, er funktioniert für mich nicht als Horror.

Seien wir ehrlich, ich erfinde mit dem Roman das Rad nicht neu, bin aber auch ganz glücklich, einfach diverse Genrevorgaben zu bedienen. Ich mag es, ein Buch aufzuschlagen oder einen Film anzusehen und der bietet mir exakt und genau das, was ich erwarte. Es muss nicht immer grosse Kunst sein, es ist der Gefühl von etwas Heimischem und das wollte ich für Horrorfans liefern. Gewaltspitzen könnten auch weggelassen werden, andererseits stören sie nicht wirklich und ich selbst mag das auch gern lesen oder sehen, also sind sie eben mit drin.

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Quelle: Jitsi-Interview Stephan Ahlers-Möller
12.05.2022

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