Odroerir
Mi Heimet - Meine Heimat
Interview
II. Heidentum, Pagan Metal & Heimat
Was bedeutet Paganismus für dich (heute) persönlich und welche Rolle nimmt dieser in deinem Alltag ein?
Die Frage ist ja, was ist Paganismus heute – explizit in dieser Gesellschaft. Als pagan (Heiden) wurden einst die Landbevölkerungen genannt, welche sich noch nicht dem Christentum gänzlich unterworfen haben. Ergo bin ich demzufolge und den Interessen denen ich hege schon mal Heide. Mit den monotheistischen Stifterreligionen kann ich rein gar nichts anfangen. Schließlich wurde durch die Kirche in unseren Breitengraden (eigentlich fast weltweit) der Glaube aufoktroyiert und mit Feuer und Schwert gegebenenfalls durchgesetzt. Vieles ist dabei für immer zerstört und verloren gegangen. Siehe alleine nur für die Germanen die Sachsenkriege. Was die Kirchengeschichte alles noch für Dreck am Stecken hat…kann sich ja jeder selbst informieren.
Zum Glück leben wir hier in Europa mittlerweile in einer säkularisierten und relativ aufgeklärten Zeit und die Vormachtstellung der Kirche ist in den Grundzügen aufgelöst. Somit muss man nicht mehr mit einer Hexenverfolgung oder ähnlich Schlimmen rechnen, wenn die eigene Konfession keine vorherrschende Staatsreligion ist. Nichtsdestotrotz läuft die Denunziation aber munter weiter. Fast jeder hat bestimmt schon die Anfeindungen mitbekommen, wenn man sich mal etwas näher mit Germanen, Kelten oder allgemein mit vorchristlichen Religionen beschäftigt. Dies ist nicht nur auf Musik bezogen, jenes erfasst auch die alternativen Religionsgemeinschaften, Reenactment oder gar Literatur. Aber zurück zum eigentlichen Thema.
In meinem Fall versuche ich zumindest mit bestem Wissen und Gewissen und einer gehörigen Portion Respekt vor der Natur und den Kulturen weltweit, einen Platz in dieser Welt zu finden. Ich kann nicht behaupten, dass ich sonderlich religiös bin, auch wenn mich die urzeitlichen Religionen und Mythologien unheimlich faszinieren und sie in den Liedern verarbeite. Zu sehr beschäftigen mich da aber auch die wissenschaftlichen und philosophischen Zusammenhänge und deren Aufarbeitung. Einen gehörigen Drang Freiheit, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit kann ich mit ruhigen Gewissen mein Eigen nennen. Aber ob das nun Pagan ist kann ich dir nicht sagen. Für mich gehört dies einfach nur zu einem gesunden Menschenverstand dazu. Es sind leider aber auch Eigenschaften, die ich in dieser Gesellschafts- und Wirtschaftsform und der Politik weltweit größtenteils vermisse.
Der gesamte, ich sage einmal, Themenkomplex Pagan Metal/ Heidnischer Metal wurde vor einigen Jahren sehr forciert. Wie hast du dies erlebt und wie siehst du das ganze Thema zum heutigen Zeitpunkt?
Na ja, es war schon erschreckend, was für ein Müll und eine Masse dem geneigten Hörer präsentiert wurde. Über Musik lässt sich ja bekanntlich streiten, dies ist jedem selber überlassen mit welchem Stilmitteln und Können man arbeitet, aber lyrisch und konzeptionell gesehen war vieles für mich, gerade im deutschsprachigen Bereich, einfach eine Katastrophe. Da kann ich verstehen, dass sich viele, welchen die Thematik schon zusagte, zurückgezogen haben.
Ein Panoptikum und Kindergarten-Kirmes-Charakter scheint da nicht mehr fern gewesen zu sein. Das Schlimme dabei war und ist, dass einige von den etablierten und ernst gemeinten Bands an den Rand gedrängt wurden oder in Vergessenheit geraten sind. Schlimm finde ich auch, dass viele von den anscheinend ziemlich dummen Fans nicht erkennen können, was Scheiße oder Gold ist. Aber so ist nunmal der Lauf der Zeit. Dies beschränkt sich ja nicht nur auf die sogenannte Heiden-Metal-Fraktion, sondern ist mittlerweile ein allgemeines Metal-Phänomen geworden. Es gibt aber auch im Pagan-Metal-Milieu ab und zu ein paar Perlen. Empfehlen kann ich da aus den letzten paar Jahren SAOR oder, wer es noch folkiger mag, NIBURTA.
Das Thema Thüringen ist allgegenwärtig bei ODROERIR. Was bedeutet Heimat für dich?
Wie schon öfters erwähnt, bin ich dort geboren und aufgewachsen. Hier in der Gegend war ich schon fast an allen Stellen, auf allen Bergen und Burgen und kann dir auch zu den meisten dazu den geschichtlichen Kontext erzählen. Da ich mit meinen Fahrrädern fast überall hinkomme, auch zu entlegenen oder schwierigen Stellen, kenne ich mich in einem größeren Umkreis ziemlich gut aus. Da sag ich dann immer so schön, dies ist „Mi Heimet“ (Schmalkalder Platt für „Meine Heimat“). Ein Grund mehr, warum auf unserem Debüt auch erst mal heimatbezogene Geschichte und Sagen verarbeitet wurden, bevor ich mich anderer Themen widmete.
In der Presseinfo distanzierst du dich von den „politisch und esoterisch angehauchten Phrasen anderer Genrebands“. Kannst du dies konkretisieren und hast du Versuche der politischen Einflussnahme bei ODROERIR, auf Konzerten o.ä. erlebt? Ihr nutzt ja bspw. Runenzeichen, welche oft falsch interpretiert werden.
In den Texten verarbeite ich überlieferte Mythologie, geschichtliche Ereignisse und vorhandenes Sagengut. Da ist kein Platz für neuheidnische oder fingierte Interpretationen, auch auf Hollywood-Wikingerattitüden kann ich verzichten. Ich kann mich nicht immer über Geschichtsdokus oder historische Filme aufregen, aber selber genauso stümperhaft in den Texten vorgehen. Politische Einflussnahme gab es bis jetzt eigentlich nicht, warum auch. Wegen dem Runenschriftzug gab es mal schon vor etlichen Jahren eine anonyme Anzeige, welche aber wegen Nichtigkeit eingestellt wurde.
Mehr zu Odroerir
Band | |
---|---|
Stile | Folk Metal, Pagan Metal |
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37308 Reviews und lass Dich inspirieren!
Deutschtümelei, aber wie und als verwechseln. Top!