Skeletonwitch
Interview mit Scott Hedrick

Interview

Mit ihrer aktuellen EP „The Apothic Gloom“ hat für SKELETONWITCH ein neues Kapitel in ihrer Bandgeschichte begonnen. Mit dem Wechsel am Mikrofon von Chance Garnette zu Adam Clemans (WOLVHAMMER) änderte sich so einiges, was Gitarrist Scott Hedrick im folgenden Interview zur EP etwas ausführlicher schildert. Wir trafen ihn vor dem Konzert im Wiesbadener Schlachthof, wo SKELETONWITCH als Support/Vorband von KVELERTAK aufgetreten sind. Dazu haben wir ihn durch unseren „Said But True“-Fragenkatalog gejagt und präsentieren euch die Antworten Hedricks im zweiten Abschnitt dieses Double-Feature-Interviews, beginnend mit dem Gespräch zur EP.

Cover von SKELETONWITCHs „The Apothic Gloom“

Scott Hedrick von SKELETONWITCH sprach über…

… Adam Clemans und was sich mit ihm geändert hat

Mit Adam Clemans zu arbeiten ist deutlich angenehmer, als das vorher der Fall gewesen ist. Wir als Band arbeiten wesentlich gemeinschaftlicher zusammen. Vorher kamen mir die Arbeiten immer etwas zerstreut vor. Aber Adam hat frischen Wind in den Prozess des Schreibens gebracht. Vorher war es immer so gewesen, dass wir den Song fertig gestellt haben und Chance dann seine bösen Zeilen darüber gesungen hat. Aber Adam geht da deutlich kreativer ran. Er fordert uns regelrecht heraus. Und das ist großartig. Ich habe ihm zum Beispiel mal eine Songidee als Handyvideo aufgenommen, einfach um zu demonstrieren, wie ich mir gewisse Dinge vorstelle. Und er fand das super und gab seinen Senf dazu, meckerte natürlich hier und da, gab konstruktive Kritik und lobte an anderer Stelle.

Das war etwas ganz anderes als zuvor. Vorher war der kreative Prozess zum Ende hin einfach nur furchtbar derivativ geworden. Wir hatten einfach nicht das Gefühl, dass die Musik wirklich uns repräsentierte, dass wir einfach der Wahrnehmung unserer Kritiker vollends ausgeliefert waren, im Guten wie im Schlechten. Und letzten Endes wollten wir wieder Spaß haben an unserer Musik haben, vor allem aber unseren Fans Spaß machen.

… die EP als „Proof Of Concept“

Die EP als „Proof Of Concept“ zu bezeichnen ist vielleicht etwas übertrieben. Sie ist einfach ein Mittel, um die Band voranzutreiben. Nach dem Rausschmiss unseres alten Sängers war die Zukunft der Band ungewiss. Wir standen am Abgrund und mussten irgendwie weitergehen. Entweder fällst du dann runter und knallst auf den Boden auf, oder du meisterst die Art des Fliegens. Mit dem neuen Sänger und der neuen EP ist uns letzteres durchaus gelungen. (lacht)

Auch das Artwork hatte sich geändert dieses Mal. Das ist mit ein Indikator für unseren Wandel. Es ist in Graustufen gehalten und sieht fast so aus wie ein Kupferstich. Das Cover wirkt einfach düsterer und repräsentiert unsere neue Ausrichtung. Gleichzeitig stellt es auch ein Zeichen unseres Fortschrittes dar.

… den Song „Red Death, White Light“

Ich glaube mit dem Song haben wir gezeigt, dass SKELETONWITCH Zukunft hat. Der Song war so etwas wie eine Herzensangelegenheit für uns. Und es war auch der Track, in dem die Zusammenarbeit mit Adam am deutlichsten fruchtete.

… das anstehende, neue Album

Ich meine, die Aufnahmen eins Albums oder einer EP fühlen sich schon an, als würdest du ein Leben mit der Intensität von fünf Leben führen. Es ist nicht so, wie zu festgelegten Tages- oder Nachtzeiten am Schreibtisch zu sitzen und eine dir gegebene Aufgabe zu erfüllen. Alles steht und fällt mit deiner Kreativität. Da fühle ich mich manchmal wie ein Geist, der nur so neben dem eigentlichen Leben existiert.

Dennoch bin ich mehr als froh, dass es endlich voran geht. Nach unserer Tour mit KVELERTAK wird das Aufnehmen neuen Materials allerhöchste Priorität haben. Wir haben schon mit dem Schreiben angefangen, wissen aber noch nicht so recht, wohin wir genau gehen werden. Vielleicht mehr Prog, vielleicht auch nicht, weiß ich noch nicht. Noch steht alles offen und ich bin gespannt, was heraus kommen wird.

SKELETONWITCH präsentierten sich in Wiesbaden als erstarkte Band und hatten auch kein Problem damit, nach dem Konzert mit den Fans das ein oder andere Bierchen zu zischen oder beim Merch-Stand auszuhelfen. Grund genug also, Scott mal im Rahmen eines „Said But True“-Specials ins Kreuzfeuer zu nehmen.

Scott Hedrick von SKELETONWITCH im „Said But True“-Kreuzfeuer

Von welchem besonderen Live-Erlebnis wirst du deinen Enkelkindern noch erzählen?

Naja, am wichtigsten ist mir, ihnen generell Respekt für andere Menschen beizubringen. Auf der Bühne zu stehen und kein Interesse an anderen zu haben ist für mich einfach nicht drin. Die Geschichten, die dabei herauskommen, sind mir gar nicht mal so wichtig. Ich finde es einfach schade, dass wir in einer derart respektlosen Gesellschaft leben. Da würde ich meinen Enkeln eher etwas Grundlegendes wie das beibringen, anstatt von meinen Bühnenerfahrungen zu prahlen.

Was trinkst du auf der Bühne?

Hauptsächlich Bier, das ist ja wie Wasser. (lacht) Es darf aber auch mal ein guter Wein sein.

Was war das Letzte, das während einer deiner Shows zu Bruch gegangen ist?

Das war mein Gitarrenkopf. Und meine Seele. (lacht)

Wann hast du dich auf der Bühne das letzte Mal so richtig geschämt?

Das war irgendwann auf dem Party.San. Wir haben vor gut 10000 Leuten gespielt und ich war im Begriff, ein richtig episches Solo aufs Parkett zu legen. Allerdings habe ich beim Herumfuchteln mit der Gitarre das Gitarrenkabel aus Versehen aus der Buchse herausgezogen. Also stand ich da, habe wild auf der Gitarre herumgestikuliert, aber es kam nur heiße Luft dabei heraus. (lacht)

Welche Show einer anderen Band hat dich zuletzt richtig umgehauen?

Da gibt es viele, aber eine, die mir immer in Erinnerung bleiben wird, war von NICK CAVE AND THE BAD SEEDS. Muss so zehn Jahre her gewesen sein.

Wie sieht die perfekte Backstage aus?

Wir sind da relativ bescheiden. (lacht) Wenn ihr Bier für Nate und mich, Gras für unseren Schlagzeuger Dustin und Adam sowie eine Flasche Fernet Branca für unseren Bassisten Evan hinstellt, sind wir schon zufrieden. Oh, und ein sauberes und halbwegs komfortables Bad macht uns auch immer glücklich. Ich habe in Italien mal in ein Loch im Boden kacken müssen. Muss ich nicht noch mal haben. (lacht)

Welche Rituale pflegst du vor der Show?

Wir verbennen immer etwas Palosanto, das ist eine Art Räucherholz. Es ist in etwa vergleichbar mit Weihrauch. Dazu trinken wir etwas und hören Musik, etwa JUDAS PRIEST, um ein Gefühl der Vertrautheit zu schaffen.

Wann und wo hast du zuletzt eine rauschende Backstage-Party gefeiert?

Tatsächlich war das im Rahmen dieser Tour mit KVELERTAK, als wir in Polen unterwegs waren. Wir haben eine riesige Kostümparty gefeiert. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. (lacht) What happened in Poland, stays in Poland.

Welche Show hast du am weitesten entfernt von deiner Heimat gespielt?

Das war entweder in Bukarest oder in Cluj-Napoca, beides in Rumänien.

Musstest du jemals aus gesundheitlichen Gründen eine Show absagen?

Nein, das ist noch nicht vorgekommen. Mir war diverse Male übel, aber das war nie ein Grund für mich, eine Show abzusagen. Wenn, dann sagen wir unsere Auftritte eher aus logistischen Gründen ab.

Wie viele Stunden Schlaf bekommst du im Durchschnitt auf Tour?

Schon so fünf bis sechs Stunden pro Nacht.

Auf welche landestypischen Dinge freust du dich im Vorfeld einer Tour?

Nun, in Deutschland sind es definitiv das Essen, die Gastfreundlichkeit, der Underberg und die Ehrlichkeit der Fans. Damit meine ich, dass es echt Leute in Deutschland gibt, und das nicht zu knapp, die nach einer Show sich die Zeit nehmen, um zu uns zu kommen und uns zu sagen, wie scheiße wir im Gegensatz zu vor drei Jahren oder so gespielt haben. (lacht) Am Anfang denkst du dir: „Alter, f**k dich“, aber irgendwann lernst du das zu schätzen. Es gibt tatsächlich einen Blog im Netz, in dem die Leute diese Erfahrungen austauschen und sagen, wie kacke wer-auch-immer heute gespielt hat. Es ist einfach dieser verrückte, teilweise echt ungezügelte Scheiß, den einem die deutschen Fans erzählen, auf den ich mich immer freue. Das und der Underberg. (lacht)

Wurdest du schon einmal verwechselt?

Ja, mit einer Zeichentrickfigur aus „Metalocalypse“. Oder Tom Petty.

Wurdest du schon einmal richtig verarscht?

Ich bin mal einem üblen Streich von meiner eigenen Band aufgesessen. Unser Merch-Typ hatte mal richtige scharfe Soße mitgebracht. Ich liebe scharfes Essen und scharfe Soße. Wir waren mal mit ENSLAVED in den Staaten unterwegs und Ivar Bjørnson hatte diese scharfen Chicken Wings mitgebracht. Die habe ich geliebt. Aber als eben der Merch-Guy die Soße mitgebracht hatte und ich unserem Tourbusfahrer gerade bei etwas geholfen hatte, wollte ich, dass mir die Jungs mal ein Brot mit etwas scharfer Soße machen. Aber die haben mir viel zu viel von dem Zeug drauf gemacht. Es war einfach so scharf, dass mir schlecht geworden ist. Ich habe mir einen Eimer genommen und rein gekotzt. Der ganze Bus hat gelacht. Ich wollte eigentlich auch lachen, aber die Fresse hat mir so sehr weh getan, dass ich nicht mehr konnte. (lacht)

Hattest du schon einmal Probleme mit dem Gesetz?

Eigentlich nur, wie ich noch ein Jugendlicher/Heranwachsender war. Ich habe wie ein Europäer getrunken, obwohl ich in den Vereinigten Staaten lebte. Wenn du irgendetwas über US-Gesetze weißt, dann weißt du auch, wie das ausgegangen ist.

Wann warst du zuletzt richtig wütend auf jemanden?

Das war wiederum auf der aktuellen Tour bei unserem Konzert in Köln. Der Tontechniker hatte einfach keinen Plan von seiner Arbeit oder einfach keinen Bock. Wir haben ihm anfangs durchgehend klar machen wollen, dass unser Sound noch nicht stimmte, aber er hat einfach alles ignoriert. Irgendwann kam glaube ich der Chef an, hat ihn zurecht gestutzt und soweit ich weiß, wurde er nach diesem Desaster auch gefeuert. Ein furchtbarer Tontechniker war das. Er hat mich auch richtig wütend gemacht. Normalerweise werde ich nicht so schnell zornig, aber an dem Tag haben die anderen Bandmitglieder mir ins Gesicht gesehen und gesagt: „Ach du Scheiße, Scott ist sauer“.

Was war das Inspirierendste jenseits von Musik, das du zuletzt gesehen hast?

Definitiv die tolle Kunst, die ich im Brooklyn Museum gesehen habe. Die hat mich regelrecht zur Musik inspiriert.

Was würde man am wenigsten von dir erwarten?

Einmal, dass ich richtig sauer werde, dann aber auch meinen Musikgeschmack. Ich liebe Weltmusik, Jazz und die Werke, besonders die Experimentelleren, von Miles Davis.

14.12.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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