Trivium
"Härtere Gefilde sind ganz natürlich für uns"

Interview

Er ist ein ganzes Stück jünger als der Rest von euch (24 Anm. d. Red.). Hat das die Chemie in der Band irgendwie beeinflusst?

Erstaunlicherweise nicht. Er ist jung, aber in Sachen Musik feiert er so ziemlich die gleichen Sachen, wie wir. Und das ist wirklich eine Seltenheit. Ich meine, wir waren selbst eine außergewöhnliche Band, als wir anfingen. Als wir auf die ersten großen Touren gingen, waren wir gerade 18. Unsere Haupteinflüsse waren Melodic-Death-Metal-Bands, die schon viel früher am Start gewesen sind. Bands wie IN FLAMES und SOILWORK. Und daher ist es schwierig für uns, Leute zu finden, die dieselbe Musik wie wir auf die selbe Art und Weise fühlen. Aber Alex ist so ein seltener Fall. Ich meine, seine Lieblingsdrummer sind Gene Hoglan (DEATH, TESTAMENT, FEAR FACTORY und viele, viele mehr Anm. d. Red.) und Nicholas Barker (CRADLE OF FILTH, DIMMU BORGIR u. a. Anm. d. Red.). Der Typ ist zu jung, um PANTERA jemals live gesehen zu haben, aber kennt Vinnie Pauls Drumming in- und auswendig. Es ist eine großartige Sache, das wir ihn gefunden haben.

Rückblickend betrachtet, war die Art und Weise, wie wir das Album zusammengesetzt haben, total verrückt. Wenn es nicht so gut geklappt hätte, wäre es ein Desaster geworden. Aber es hat geklappt und ich bin sehr gespannt auf das, was wir als nächstes noch schaffen können, wenn uns noch mehr Zeit zur Verfügung steht.

Kannst du mir noch ein paar Worte dazu sagen, womit ihr euch diesmal textlich beschäftigt habt?

Vor allem in den letzten Jahren ist vieles ziemlich aus dem Ruder gelaufen. Es war traurig zu sehen, wie die Leute sich zunehmend voneinander entfernten, wie ganz plötzlich niemand mehr Differenzen untereinander überbrücken konnte. Es war traurig zu sehen, wie Menschen andere Menschen und ihre Ängste ausnutzten und ausbeuteten. Die Lyrics auf „The Sin And The Sentence“ haben sich grob um dieses Thema herum entwickelt.

Es gibt auch Texte auf dem Album, die aus einer deutlich persönlicheren Perspektive geschrieben wurden. Songs wie zum Beispiel „Betrayer“ und „The Wretchedness Inside“ beschäftigen sich mehr mit Beziehungen und inneren Problemen der Menschen.

Ich glaube, wenn man das Album in Gänze betrachtet, haben die Songs schon alle einen ähnlichen Vibe. Auch wenn sie vielleicht textlich nicht unbedingt zueinander passen. Aber die Art, wie sie performt werden, die Musik, die Melodien, das hält sie irgendwie zusammen. Wir wollten, dass das Album wie aus einem Guss klingt. So dass es, obwohl es kein Konzeptalbum ist, eines sein könnte. Das war sozusagen unser Ziel.

Wie sieht es mit dem Albumtitel aus? Vermittelt der eine Art Oberthema, das man auf alle Songs übertragen könnte?

Das war eigentlich nicht angedacht, aber mittlerweile haben mehrere Leute etwas in diese Richtung bemerkt. Möglicherweise haben wir etwas erschaffen, ohne diese Verbindungen dabei selbst herzustellen. Der Titel ist erst einmal einfach dem Titeltrack entnommen. Die Kurzfassung hierzu: Es geht um die Tatsache, dass Menschen täglich online andere Menschen angehen, die sie überhaupt nicht kennen. Sie sagen schlimme Dinge. Manchmal scherzen sie auch nur, oder was auch immer. Aber oft geraten diese Situationen außer Kontrolle und am Ende stehen Tausende oder Millionen gegen eine Person. Man hält sich nicht täglich vor Augen wie oft diese Dinge passieren und die Frage ist doch: Wer richtet hier über wen? Die Sünde steht dem Richtspruch gegenüber.

„The Sin And The Sentence“ fühlte sich wie ein guter Titel an, um dieses Konzept zusammenzufassen. Denn es ist ein wirklich altes Problem. Es war nicht immer mit den sozialen Medien verknüpft. Es waren Hexenjagden, der Glaube an Übernatürliches, die Suche nach Sündenböcken. Auf meine Art habe ich die metaphorische Hexenjagd genutzt und die Idee auf unsere heutigen Zustände bezogen.

Wie groß ist dein Anteil am Songwriting bei TRIVIUM ganz allgemein?

Das kommt drauf an. In Sachen Texte haben Matt und ich dieses Mal so ziemlich alles gemacht. Musikalisch sind sowohl Matt, Corey als auch ich involviert. Wir entwerfen komplette Grundgerüste für die Songs und dann kommen wir zusammen und überarbeiten sie, spielen sie, verbessern sie. Oder wir kommen während der Proben selbst auf neue Riffs. Es gibt also wirklich nicht ein Patentrezept dafür, wie es mit einem Song losgeht. Wir lassen es einfach ganz natürlich geschehen. Wir bringen unsere Ideen ein und verfeinern sie gemeinsam. Es scheint so, als ob es für uns auf diese Art einfach am besten funktioniert. So holen wir immer das Beste aus uns heraus. Und wir wissen, dass, wenn zwei Typen in der Band etwas nicht fühlen, es vielleicht einfach nicht die richtige Idee ist.

Cover von TRIVIUMs "The Sin And The Sentence"

Albumcover von „The Sin And The Sentence“

Sicherlich. Man hört nur oft, dass es bei vielen Bands nur einen oder zwei Haupt-Songwriter gibt, während der Rest einfach alles abnickt.

Alles hat seine Vor- und seine Nachteile. Es ist möglicherweise einfacher, eine dauerhafte Vision für die Musik zu erhalten, wenn nur eine Person schreibt. Andererseits kann es passieren, dass diese Person irgendwann nicht mehr die richtigen Inspirationen findet. Das ist ganz natürlich. Jeder hat ab und an eine Schreibblockade, während der dann einfach nichts Gutes mehr kommen will. Inspiration braucht ihre Zeit. Für mich war es immer angenehm, zu wissen, dass, solange ich nur das beste Material einbringe, es egal ist, ob es nun einer oder sechs Songs sind. Das ist das einzige was zählt, denn alle anderen werden auch ihre besten Ideen einbringen und daraus wird am Ende schon etwas werden.

Hast du einen oder mehrere Lieblingssongs auf dem Album?

In dieser Sache schwanke ich immer ein bisschen, weil ich mir immer das ganze Album anhören muss damit es sich richtig anfühlt. Immer wenn ich ein oder zwei Songs höre, möchte ich auch den Rest hören. Zuletzt war aber definitiv „Betrayer“ mein Liebling. Wir werden den Song auf der nächsten Tour live spielen und ich höre ihn aktuell sehr häufig. Als ich angefangen habe, diesen Song zu schreiben, habe ich gleichzeitig auch an „The Sin And The Sentence“ geschrieben. „Betrayer“ fühlt sich wie ein Begleiter dazu an. Beide Songs haben klare Gemeinsamkeiten. Als wir mit den Proben anfingen, haben wir dafür gesorgt, dass diese nicht mehr allzu offensichtlich waren. Aber beide Songs fühlen sich noch immer wie Geschwister an. Und ich mag sie beide wirklich gerne.

Ich fürchte, unsere Zeit ist leider rum. Danke, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast!

Sehr gerne, vielen Dank!

Galerie mit 22 Bildern: Trivium - Summer Breeze Open Air 2023

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16.10.2017

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