Feuerschwanz
"Mein Penis hat die Band gegründet."
Interview
FEUERSCHWANZ – Der schmale Grat zwischen Saufhumor und Intelligenz
Es folgt das wohl seltsamste Interview, welches ich bislang führen durfte – aber was will man von FEUERSCHWANZ auch anderes erwarten? Was mit einem offenen und freundlichen Gespräch begann, entwickelte sich rasch zu einem Wechselspiel aus schallendem Gelächter und ernsten Passagen, die zeigen, wie reflektiert die angeblich stets saufenden Satire-Rocker doch sind. Wir trafen Hauptmann Feuerschwanz und Prinz R. Hodenherz III zur Eisheiligen Nacht in Dresden und sprachen darüber, wie der Hauptmann FEUERSCHWANZ fast verlassen hätte, welche Reaktionen die letzten Presseberichte ausgelöst haben und welche Gedanken die Band über ihr Jubiläum und das nächste Album umtreiben – und auch, warum dieser Artikel möglicherweise auf einer Pornoseite veröffentlicht werden sollte.
metal.de: Was wäre für euch die perfekte erste Interviewfrage?
Prinz R. Hodenherz III (Hodi): Das fragst du jetzt? Das ist deine erste Interviewfrage? Ich würde sagen die!
Hauptmann Feuerschwanz (HF): Wie kommt man an achtzehnjährige heiße Frauen?
metal.de: Ok, dann stelle ich euch jetzt diese Interviewfrage! Wie kommt man…?
Hodi: Da antwortest du jetzt selber drauf, Hauptmann!
HF: Auf einem FEUERSCHWANZ-Konzert! Ok, fangen wir nochmal richtig an.
Hodi: Wieso habe ich den Hauptmann nur gefragt, ob er mitmachen will?
HF: Ok, jetzt mach ich richtig mit. Hm, also die perfekte erste Interviewfrage…
Hodi: Ich fand die geil, weil die uns total angeregt hat. Das war jetzt nicht so: Ich lass mich jetzt mit Fragen penetrieren, wie so ein stillduldendes Pferd in der Besamungsstation. Man wird gleich Teil eines interaktiven Prozesses mit dieser Frage. Und jetzt reden wir einfach drauf los und lachen alle – also die Frage war perfekt!
metal.de: Wir sind hier aktuell auf der Eisheiligen Nacht 2017. Welche Verbindung habt ihr zu den anderen drei Bands MONO INC., MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN und SUBWAY TO SALLY? Kollegen, Freunde, Unbekannte?
Hodi: Wir können ja mal bei gestern anfangen. Da wurde eine Pfeffi-Verbindung zu MR. HURLEY hergestellt. Die haben mich echt mit Pfeffi abgefüllt. Wir haben danach alle gerochen wie die Pfefferminzbonbons. Ich habe dann irgendwann die Segel gestrichen, um es mal in Seemannssprache auszudrücken, habe aber zu meiner Beruhigung heute gehört, dass auch MR.HURLEY daselbst nach dieser Pfeffiexplosion in der Koje lag, Chips gegessen hat, telefoniert hat und sich nicht mehr bewegen konnte. Also gestern wurde eine aromatisch-erfrischende Verbindung hergestellt. Zu SUBWAY hast du schon eine alte Verbindung, oder?
HF: Genau! In meiner früheren Band war ich Bassist. MERLONS… THE MERLONS, MERLONS LICHTER, naja gut, wir hatten viele Namen. Da haben wir im zweiten oder dritten SUBWAY-Jahr, also in den 90er Jahren, ich war erst elf Jahre alt …
Hodi: Das verwechselst du mit mir, Hauptmann!
HF: Ach stimmt. Naja da haben wir mit SUBWAY gespielt und schon damals Riesenspaß gehabt.
Hodi: Wer war damals eigentlich Vorgruppe?
HF: Wir!
Hodi: Achso, ich dachte, ihr wärt damals die Hauptgruppe gewesen.
HF: Nö, nur einmal waren IN EXTREMO vor uns. Daran erinnern sie sich irgendwie nicht mehr.
Hodi: Naja doch, Micha nennt dich doch immer den freakigen Peter.
metal.de: Und MONO INC.?
Hodi: Also Pfeffi haben wir noch nicht gesoffen, obwohl sie das bestimmt ganz gut können.
HF: Wir haben schon auf ganz vielen Festivals vor MONO INC. gespielt. Unsere Verbindung zu ihnen ist ein bisschen wie Yin und Yang. Wir sind so die naturbelassene Saufpower und dann wird es halt episch, düster.
Hodi: Tatsächlich hat man so jahrelang nebeneinander her existiert in ziemlich ähnlichen Größenordnungen.
HF: Aber auch auf einer Eisheiligen kommt man ins Gespräch.
Hodi: Ja genau. Irgendwie sind wir nie richtig warm geworden miteinander und jetzt sind wir gerade dabei.
metal.de: Euer letztes Album “Sex Is Muss“ wurde in der Fachpresse höher gelobt als irgendeine Veröffentlichung vorher. War das sehr gewöhnungsbedürftig für euch?
HF: Nö, da haben wir uns total schnell dran gewöhnt. Wenn man 13 Jahre Gegenwind in der Nase hat, dann ist das schon ein bisschen wie Bepanthen.
Hodi: Ich fand es vor allem gestern interessant. Ich würde ERIC FISH jetzt nicht zum Feuilleton dazu zählen, aber irgendwie ist es ja doch so. Ja ERIC FISH… und auch BODENSKI hat in der Ankündigung zur Eisheiligen Nacht, die ja von SUBWAY organisiert ist, in seiner Presserolle über uns den Ankündigungstext geschrieben: “Eine Band, die vor 15 Jahren damit angefangen hat, das Mittelalter total verarschen zu wollen und jetzt die innovativste Band der Szene ist,“ Das hat er uns auch neulich nochmal gesagt, dass er das einhundertprozentig ernst meint.
HF: Das ist auch ein ganz schön krasser Ritterschlag.
Hodi: Das war geil. Und ERIC FISH gestern auch bei seiner Anmoderation, die meinen das wirklich so. Der hat das so betont. [macht ERIC FISH nach] “Hallo Freunde, FEUERSCHWANZ ist für mich intelligente…“ irgendwas. Dann habe ich aufgehört zuzuhören.
HF: Ja genau. Wie so ein kleines Kind freuen wir uns einfach.
Hodi: Yeah, juhu! Wir sind intelligent! Endlich hat es einer gemerkt! Naja und plötzlich wird man da ganz anders aufgenommen. Das ist schon ein bisschen befremdlich. Da will man mal ein bisschen den Finger in die Wunde legen und plötzlich sagen alle: “Oh ja hier, ich habe noch eine Wunde!“
HF: Textlich gesehen macht es uns auch wieder lockerer, mehr auszuprobieren.
Hodi: Eine Band findet ja auch immer in ihrem eigenen Kontext statt. Die Erwartungshaltung, die man an eine Band hat, macht sehr viel mit dem Text. Die Meister darin sind RAMMSTEIN. Die Erwartungshaltung ist nämlich immer riesengroß und man geht davon aus, dass alles, was TILL LINDEMANN von sich gibt, die Deepness des Planeten in sich trägt. Das heißt, er kann sich auch einen Spaß draus machen und singen: “I have a dick, ah!“ und die Leute denken alle: “Alter, was will er uns nur damit sagen?“ Er kann sich dabei den Arsch ablachen. Die Erwartung, die an eine Band gestellt wird, kann eine Band also auch für sich nutzen. Jetzt ist die Erwartung bei uns, dass das auch immer ziemlich hintergründig und intelligent wird. Jetzt könnten wir auch wieder anfangen ins Mikro zu furzen und das Feuilleton würde darüber Absätze schreiben. Ziemlich geil eigentlich.
HF: Naja, wenn man die Stelle richtig wählt. Aber vielleicht nicht in jedem Song.
Hodi: Wir haben uns jahrelang auch echt Mühe gegeben, gerade auf den letzten Alben. Frühen waren wir Dauerpächter der “Arschbombe des Monats“ im Rock Hard. Das hat uns irgendwann schon genervt, so sehr man das auch abfeiern kann, dass man immer gedisst wird. Wir wollten das schon mal ändern und haben uns auf den Arsch gesetzt und daran gearbeitet, dass dann musikalisch und textlich alles Hand und Fuß hat.
HF: Man muss es zugeben, es war tatsächlich Arbeit! Dabei habe ich die Band gegründet, um zu FICKEN! Ich sag immer so: “Mein Penis hat die Band gegründet.“ Das kannst du auch so schreiben, da steh ich dazu.
metal.de: Perfekte Überschrift!
HF: Naja, mein Penis hat die Band gegründet. Der hatte fünf Jahre richtig Spaß und dann fing die Arbeit langsam an. Und dann wurden FEUERSCHWANZ tatsächlich besser. Aber es war eben alles “from the heart“ … Achso, “from the cock“,
metal.de: Wie nehmen es eure Fans auf, dass ihr jetzt ein bisschen durchdachter und intelligenter seid? Das “Nachtlied“ ist ja zum Beispiel komplett ironiefrei und sehr ernsthaft geworden.
HF: Das ist sozusagen eine Tradition geworden, dass ein Lied pro Album auch tiefe Themen beackern darf. Es muss nicht, aber es darf sein.
Hodi: Das ist auch megaspannend. Da haben die Fans auch ein bisschen gebraucht, um das aufzunehmen. Das wurde dann aber auch ganz schnell Teil der Fankultur bei “Auf Wiederseh’n“ live ein paar Tränen zu verdrücken und dann wieder ordentlich abzufeiern.
HF: Das war ja für uns als Band auch total neu, ein Riesending!
Hodi: Das war gigantisch. Teilweise ist es dann auch auf Konzerten ein bisschen schief gegangen, wenn Leute, was man ihnen auch echt nicht verübeln kann, besoffen und auf Partymodus sind. Und dann fing ich an dieses Lied anzusagen und es kommt “Olé, Olé, Olé!“ dazwischen. Das hat mich immer richtig verletzt.
HF: Die Wut, die dann kam, war aber auch so richtig ehrlich.
Hodi: Ja ich habe dann versucht, das Lied auch so zu singen. Ich habe da echt wütend gesungen.
HF: Das ist nicht schön, es sind aber auch alles Facetten von Schmerz und Verlust. Da gehört Wut auch dazu. Darum war das ein ganz schöner Prozess, den du da durchgezogen hast, weil tatsächlich jede Version des Liedes irgendwie anders war.
Hodi: Genau, das war richtig krass. Sollten wir eigentlich mal wieder spielen.
HF: Ja auf jeden Fall. Es ist ja eh bald “Jubiläum“.
metal.de: Jubiläum?
HF: Ja übernächstes Jahr [2019, Anm. d. Red.] werden wir 15. Das wird zelebriert. Lanzeflott [Sir Lanzeflott, Schlagzeug, Anm. d. Red.] sagt immer, wir hätten ja auch mal unser Elfjähriges feiern können. Man könnte eigentlich jeden Tag feiern. Aber gut, wir halten uns dann doch an die Tradition von anderen.
Hodi: Runder Geburtstag ist doch was Schönes.
HF: Da haben wir dann auch einiges vor.
Hodi: Eigentlich auch Bullshit. Man könnte ja mal von diesem ganzen metrischen Blödsinn abweichen und die magischen Zahlen feiern. Unser Siebenjähriges oder Dreizehnjähriges…
HF: Stimmt, die Primzahlen!
Hodi: Das würde ja zu SUBWAY TO SALLY total gut passen, wenn die nicht 25 Jahre feiern sondern [macht ERIC FISH nach]: “SIEBEN!“ oder “DREIZEHN!“ oder [macht stark gealterte Stimme nach] “42 – Hallo Freunde!“ Das ist übrigens ein weiterer Aspekt dieser Tour. Früher hatten wir einen ganz anderen Respekt… naja eigentlich nicht, eigentlich ist der Respekt eher gestiegen. Aber wenn man ERIC jetzt so einen Witz vor den Latz knallen würde, dann würden sich alle den Arsch ablachen. Wenn also der gegenseitige Respekt da ist, kann man auch anfangen sich gegenseitig in die Eier zu treten und alle lachen drüber.
metal.de: “Sex Is Muss“ basiert ja auf den Geschehnissen in Osnabrück 2015. Kam nach der Konzertabsage noch irgendein Nachspiel? Eine Reaktion auf das Album zum Beispiel?
Hodi: Leider wenig. Man hätte es vielleicht auf irgendeine lustige Art noch ausschlachten können oder so einen kleinen Beef draus machen, wie das Rapper manchmal so kollegial machen. Ist leider nix geworden, da sind die leider nicht entspannt genug.
HF: Eigentlich hätte man sie ja tatsächlich besuchen können, mit Kamera und so.
Hodi: Da hätten wir nochmal Imitative zeigen müssen.
HF: Ja das hätte von uns kommen müssen. Das wäre superinteressant geworden, das echte Gespräch zu suchen.
Hodi: Ich denke aber seitdem auch selber über den Inhalt des ganzen Themas nach, denn die Platte löst ja keine einzige Sexismusfrage.
HF: Ja seitdem hast du so ein Trauma mit “Wunsch ist Wunsch“. Ich finde nach wie vor, das ist eine deiner genialsten Nummern. Du lehnst dein eigenes Lied ab. Das darfst du nicht!
Hodi: Ach es liegt doch gar nicht daran, Hauptmann. Es war immer das mit der Bühnenshow. Wir haben da immer Typen auf die Bühne geholt, die sich als Fee verkleiden und fett abgehen. Dann haben wir auf der letzten Tour angefangen es andersrum zu machen, also Frauen, die sich als Mann verkleiden. Und das geht nicht! Das ist Sexismus, leider! Aber es funktioniert einfach nicht. Geschlechter sind verschieden und eine Frau, die sich als Mann verkleidet, findet das nicht witzig. Andersrum schon. Warum, weiß ich nicht.
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