The Cryptex
"Love Is The Answer"

Interview

CRYPTEX verbreiten Liebe

Für CRYPTEX stehen die Zeichen gut. Ihr neues Album “Once Upon A Time“ kommt am heutigen 08. Mai 2020 raus und hat hier auf metal.de gleich mal die Höchstwertung abgestaubt. Grund genug, dass wir mit Gitarrist André Jean Henri Mertens ein Gespräch darüber führen müssen. Er verriet uns, wie er zur Genrebezeichnung “Progressive Rock“ steht, was für ihn Anspruch in der Musik bedeutet und warum Wölfe verdammt cool sind.

Cryptex – Once Upon A Time (Cover Artwork)

metal.de: Die Grundbotschaft von “Once Upon A Time“ lässt sich wohl auf folgende Aussage vereinfachen: “Liebe ist die Antwort“ – oder zumindest etwas Ähnliches. Weswegen ist CRYPTEX diese Grundaussage so wichtig? Gibt es zu wenig Liebe in der Welt?

André: Genauso ist es. Es ist eigentlich so simpel, die BEATLES haben es schon in den 1960ern mit “All You Need Is Love“ besungen. Doch heutzutage spielen Themen wie Karriere, Einkommen/Reichtum, Autos und der generelle Gesellschaftsdruck, der einem auferlegt wird, oft die größere Rolle. Wir sind ja keine politische Band und unsere Texte behandeln vor allem persönliche Themen wie Vertrauen, Leidenschaft, Verlust, Trauer, Schmerz, Liebe und auch Hoffnung, mit denen sich jeder identifizieren kann. Wenn sich mehr Menschen auf das besinnen würden, was wirklich wichtig ist, würde es nicht so viel Leid und Konflikte geben. Demnach bin ich auf jeden Fall der Meinung, dass es in der Welt zu wenig Liebe gibt. Jeder vergleicht sich ständig mit anderen, nach dem Motto “schneller, höher, weiter“. Natürlich ertappt man sich auch selbst dabei, aber genau dadurch entsteht ein großer Druck. Wir versuchen mit unserer Musik das Erlebte textlich sowie auch musikalisch festzuhalten und hoffen, dass sich der eine oder andere in unserer Musik wiederfindet, zum einen textlich aber zum anderen auch musikalisch. Vor allem in der jetzigen Zeit wird einem doch noch einmal mehr bewusst, dass ein gemeinsames Miteinander elementar für uns als Individuen ist und man nicht alles als selbstverständlich ansehen darf. Love is the answer, klingt kitschig aber so ist es.

metal.de: Das Album gefällt mir aufgrund seines unfassbaren Abwechslungsreichtums besonders gut. Wie schafft man es sich bei derart vielen Stilelementen nicht in absurden Spielereien zu verlieren?

Vielen Dank, das freut mich zu hören. Wir versuchen stets all unsere Einflüsse miteinander zu verbinden und zu unserem eigenen Sound verschmelzen zu lassen. Das ist natürlich nicht immer einfach, doch gerade deswegen so spannend. Ich glaube es gelingt uns, uns nicht zu sehr in Genre- und Technik- Spielereien zu verlieren, weil wir eins immer verfolgen: Der Song ist am wichtigsten, nicht wie viele krasse Melodien oder Soli oder andere Spielereien im Song sind. Wir überlegen immer, was für den Song am besten ist und was funktioniert. In Songs wie “Reptiles“ haben wir das sehr ausgereizt, aber auch hier immer den eigentlichen Song im Fokus gehabt. Manchmal gibt es auch Momente, in denen wir regelrecht überflügelt sind von Ideen, die spontan kommen, doch wir schaffen es meist die Brücke zu schlagen. Manchmal entstehen in den Songwriting Sessions auch während des Writings an einem bestimmten Track Ideen für einen weiteren Song, die wir dann hinten anstellen. Manchmal merken wir auch, dass wir einen Song überladen haben und streichen Passagen, die unpassend sind. Wir versuchen kritisch mit unserer eigenen Arbeit zu sein und lassen oft auch nach einer Session den Song erstmal ruhen. Wenn er uns dann nach einer Woche Hörabstinenz immer noch kickt, dann kommt er auf die Platte. Es gab aber auch schon Momente, wo wir uns in kleinen Spielereien verloren haben, doch merken wir das meistens direkt und fangen dann nochmal von vorne an oder starten mit einem neuen Song. Manchmal hilft es auch sich von dem eigenen Druck, den man sich macht, zu lösen und etwas komplett anderes zu machen. Was mich immer sehr fasziniert sind Band-Dokus über Musiker, die uns beeinflussen und so schöpfen wir oft nochmal neue Energie. Dadurch, dass wir alle drei sehr unterschiedliche Geschmäcker haben, aber uns auch immer wieder die eine oder andere Band verbindet, schaffen wir es abwechslungsreiche Songs zu schaffen, die uns selbst nicht langweilen und mit denen sich jeder identifizieren kann.

metal.de: Eure Musik wird meist mit Progressive Rock bezeichnet. Fühlt ihr euch in der Schublade wohl oder greift euch der Begriff zu kurz?

Im Grunde genommen passt diese Kategorie. Nur gibt es auch hier wieder die Progressive Rock/Metal Bands a la DREAM THEATER oder eben eher alte Progressive Rock Bands wie GENESIS oder PINK FLOYD, die ich jetzt auch dazu zählen würde, an den wir uns orientieren. Selbst Bands wie QUEEN oder THE BEATLES haben sehr viele progressive Elemente. Nur haben es diese Bands eben geschafft, alles simpel klingen zu lassen, sodass jeder etwas damit anfangen kann. Das ist auch unser Ziel. Wir wollen vielschichtige und abwechslungsreiche Musik schaffen, doch soll sie auch viele Menschen ansprechen. Wir wollen uns nicht zu sehr in Drei-Minuten-Solo-Orgien verlieren, wie ich auch schon beschrieben habe. Auf diesem Album haben wir es meiner Meinung nach geschafft, noch mehr unsere eigene Note zu vertiefen. Was ich besonders aufregend finde ist, dass wir um einiges rockiger geworden sind. Man könnte schon fast sagen, dass es auch den einen oder anderen Metal Riff gibt, das war auf den vorigen Alben nicht der Fall oder nur in Ansätzen vorhanden. Wir haben auf “Once Upon a Time“ eine klarere Linie, sind trotzdem noch verspielt, es gibt rockige Songs, aber auch ruhige balladeske Stellen, es gibt melancholische, aber auch fröhliche Stimmungen. Durch die Vielschichtigkeit der Musik ist Progressive Rock schon ein passender Begriff.

metal.de: Aus meiner Sicht macht CRYPTEX Musik mit Anspruch. Seht ihr das ähnlich oder liegt euer Fokus woanders?

Ja, da gebe ich dir Recht. Wir wollen zum einen Musik mit Anspruch kreieren, aber zum anderen wollen wir auch die Brücke schlagen und mit unserem Anspruch etwas eingängiges erschaffen. Das ist natürlich kein einfaches Unterfangen, aber Bands wie THE BEATLES und QUEEN haben das auch geschafft, das ist für uns einer der Maßstäbe. Uns ist natürlich bewusst, dass es sehr schwer ist, sich an solchen Legenden zu messen, aber das ist unser Anspruch. Ich bin immer wieder begeistert wie viel tolle Musik es in der Welt gibt. Man kann sich stetig verbessern, denn nichts ist unmöglich.

metal.de: Beim meinem ersten Kontakt mit eurer Musik kamen Assoziationen mit MUSE, GHOST und QUEEN auf. Welche Künstler inspirieren euch bei eurem Schaffen?

Das sind tolle Referenz-Bands. Ich bin tatsächlich mittlerweile ein großer GHOST-Fan geworden, das liegt aber an einer weiteren wichtigen Band, auf die ich später noch kurz eingehen werde. Simon ist ein riesen QUEEN-Fan und auch MUSE ist eine tolle Band. MUSE schaffen es zu dritt einen so großen Sound auf der Bühne zu erzeugen – davon sind wir begeistert. Marc ist ein riesen Fan von Progressive Rock Bands wie PORCUPINE TREE, STEVEN WILSON, GENESIS, KING CRIMSON und auch modernen Bands wie AGENT FRESCO. Eine Band, die mich mehr als jede andere beeinflusst hat ist IRON MAIDEN. Diese Band bildet für mich meinen absoluten Haupteinfluss, auch wenn man es nicht direkt hört, so gibt es auf “Once Upon a Time“ viele Melodien und auch Gitarrenmelodien, die ich ohne IRON MAIDEN wohl nicht hätte schreiben können. Gitarristisch ist für mich Ritchie Blackmore mein großer Hero und natürlich DEEP PURPLE und RAINBOW. Man höre sich “Reptiles“ an, da hört man vor allem den DEEP-PURPLE-Einfluss.

CRYPTEX wollen wieder auf die Bühne!

metal.de: Für “Once Upon A Time“ habt ihr euch etwa fünf Jahre Zeit gelassen. Was ist in dieser Zeit mit CRYPTEX alles passiert?

Eine ganz schön lange Zeit. Ich glaube, dass es wichtig war diese Zeit zu haben, da wir durch viele Etappen gegangen sind, die nicht immer einfach waren. Nach dem Release von “Madeleine Effect“ haben wir getourt und hatten aber parallel schon für das dritte Album angefangen Material zu sammeln. Die Musikindustrie wandelt sich ständig und wir wollten diesmal versuchen alles richtig zu machen. Wir hatten einige tolle Festivalerfahrungen auf den Metaldays Slowenien, dem German Kultrock Festival und vor allem der 70.000 Tons of  Metal in den USA gesammelt. In der Zwischenzeit haben wir angefangen neue Songs zu schreiben und auch eine Reihe von Studio-Live-Videos gedreht, die “Rain Shelter Sessions“, die wir auch digital veröffentlicht haben. Danach kam gesammelt eins zum anderen und wir hatten das 10-Jahre-Jubiläum mit einer tollen Show in Hannover zelebriert. 2019 haben wir dann unseren lang erträumten Plattenvertrag mit SPV/Steamhammer unterschrieben, was natürlich für uns als leidenschaftliche Musiker ein wahr gewordener Traum war und nach wie vor ist. Eine Band ist eigentlich wie eine Freundin oder ein Freund. Man geht durch Höhen und Tiefen, aber das schweißt einen noch mehr zusammen. Wir sind froh, dass wir jetzt mit diesem Album zurück sind und zwar stärker, als je zuvor.

metal.de: Für das Video zum Song “Bloodmoon“ habt ihr mit einem echten Wolf zusammen gedreht. Wie anspruchsvoll war dieser Dreh?

Mit einem echten Wolf zu drehen war für uns alle sehr aufregend. Wir hatten hier auch großes Glück, denn der Wolf mit dem wir gedreht haben war super trainiert und tatsächlich ein richtiger Filmwolf, der schon auf unzähligen Videoproduktionen weltweit war. Der Wolfstrainer hat das ganze Wolfsrudel mitgebracht, insgesamt waren drei Wölfe am Set. Gedreht haben wir aber nur mit dem dunklen Wolf und dadurch, dass er so gut trainiert war und auf alle Kommandos seines Trainers gehört hat, ging es sogar recht schnell. Das war ein tolles Gefühl einen echten Wolf in unmittelbarer Nähe zu sehen. Diese Lebewesen sind sehr scheu aber zugleich auch sehr majestätisch. Im Video bekomme ich immer wieder Gänsehaut, wenn die Wolfsszenen zu sehen sind.

metal.de: Warum wurde gerade dieser Song zur ersten Single auserkoren?

Schon beim Schreiben dieses Songs war uns direkt bewusst, dass dieser Song die erste Single wird, die wir vom neuen Album präsentieren wollen. Schwer zu beschreiben, aber für mich hat dieser Song das gewisse Etwas. Er vereint alles, was uns wirklich ausmacht und setzt im Vergleich zu früheren Singleauskopplungen nochmal eine Schippe drauf. Vor allem in Puncto Härte, es gibt hier einige richtig knackige Gitarrenriffs, die schon fast RAMMSTEIN-artiges Feeling transportieren mit einem pumpenden Drum Groove. So etwas hatten wir bisher noch nicht in unserer Musik. Auf der anderen Seite verdeutlicht dieser Song auch die melancholische Seite unserer Musik, fängt mit einem tragenden Pianomotiv an und ist eine richtige musikalische Reise, die in einen epischen Post Rock Part mündet. In diesem Song ist für jeden etwas dabei.

metal.de: Gibt es ein Lied auf “Once Upon A Time“, dass euch hinsichtlich der Botschaft oder musikalischen Raffinesse besonders viel bedeutet?

Ich denke ich spreche für die Band, wenn ich auch hier den Song “Bloodmoon“ nenne. Auch als wir den Song das erste Mal geprobt haben, spürten wir da etwas Besonderes. Er ist sehr vielschichtig gestaltet aber nicht zu überladen und trotzdem eingängig. Wenn man die Augen zu macht und auf Play drückt kann man direkt in den Song eintauchen. Ich denke auch, dass dieser Song eine richtige Wucht wird, wenn wir ihn live performen. Auch die Chorelemente sind in diesem Song sehr gelungen und noch erweitert durch tolle Frauenstimmen. Am Schluss gibt es eine regelrechte musikalische Explosion und das kickt mich immer wieder. Ich denke jeder von uns hat auch mal wechselnde Favourites auf der Platte, “Haunted“ beispielsweise ist eine sehr rockige Nummer mit orientalischen Momenten, die wir auch sehr mögen, da sie wieder neue Facetten der Band zeigt. Doch “Bloodmoon“ packt mich immer wieder aufs Neue, wenn ich ihn höre und bildet meinen Lieblingssong des Albums.

metal.de: Aktuell habt ihr keine Möglichkeit live aufzutreten. Wie hart trifft euch als Band die Corona-Krise?

Die Corona-Krise trifft natürlich jeden Musiker und Kreativschaffenden sehr hart. Für uns als Band ist es mit dem Release des neuen Albums natürlich sehr schade, da wir es nicht live spielen dürfen. Doch Gesundheit geht vor und wir sind trotzdem optimistisch, dass wir wieder live spielen werden und hoffen, dass wir möglichst viele Länder mit dieser Platte bespielen dürfen. Das wird denk ich noch etwas dauern. Unsere Release-Show haben wir auf Oktober verschoben und hoffen, dass diese stattfinden wird. Wir sind froh, dass die Platte wie geplant erscheinen wird und sind schon auf die Resonanz gespannt. Bisher gab es sehr viele tolle Kritiken und das beflügelt einen. Es gibt auch immer wieder mal Stimmen, die gar nichts mit der Platte anfangen können aber auch das ist legitim. Wir wollen anecken und jeder hat natürlich seinen eigenen Geschmack. Auch von euch 10 von 10 Punkten zu bekommen hat uns sehr gefreut. Neben dem Live-Spielen ist social networking heutzutage fast genauso wichtig und gerade hier sind wir momentan aktiver als je zuvor. Wir versuchen einfach das Beste aus der Situation zu machen und bleiben positiv und optimistisch.

metal.de: Wie können euch die Fans am besten unterstützen?

Kauft das Album und unseren Merch, folgt uns auf Spotify und abonniert uns bei Youtube, Facebook und Instagram. Und wenn wir wieder live spielen dürfen freuen wir uns natürlich über jeden Zuschauer.

metal.de: Wie sollte es für CRYPTEX nach der Krise am besten weitergehen? Was wünscht ihr euch?

Wir hoffen, dass wir vor allem wieder live spielen dürfen. Wir sind eine Live-Band und die Bühne ist der Ort wo unsere Musik zum Leben erweckt wird. Ein Album zu komponieren und zu produzieren ist natürlich toll, aber wir machen es vor allem um es live zu performen. Abseits davon hoffen wir, dass wir viele Leute mit dieser Platte und generell mit unserer Musik begeistern können und ihnen ein wenig Hoffnung schenken in Zeiten wie diesen. Um nochmal zum Anfang zurückzukehren: “Love is the answer“.  Bleibt gesund und vor allem positiv.

08.05.2020
Exit mobile version