Chaos Path
Schicksalhaft und unausweichlich
Interview
„Downfall“ ist als komplett selbstständiges Album der Kasseler-Metalheads CHAOS PATH entstanden. Ein guter Grund für ein intensives Gespräch über Vinyl, Plattensammlungen und das unausweichliche Chaos.
Grüß dich Dirk (Ancient Weapon/vocals), besten Dank für die Zusage zum Interview. Ihr seid ja alles keine Neulinge im Metalbereich und seid einigen Jahren dabei. Was habt ihr bisher so gemacht, wie kam es zur Gründung von CHAOSPATH und was war eure Intention bei der Gründung der Band?
Hallo Stefan, vielen Dank auch an Dich für die Einladung zu diesem Interview. Also tatsächlich sind wir alle schon einige Jahre im Metalbereich tätig und haben in unterschiedlichsten Bands unsere Sporen verdient. Gitarrist Viides war fast 18 Jahre bei MY COLD EMBRACE (Death Metal), Drummer Chaosblaster ist neben uns noch bei GYMIR (Pagan Metal) aktiv, Richy Backfire war in seiner Heimatstadt Berlin bei mehreren mittlerweile aufgelösten Hardcore-Bands aktiv und unser zweiter Gitarrist God of Carnage zockte in diversen Hallenser-Punkbands.
Meine Vergangenheit umfasst u.a. einige Jahre bei der Black Metal Band ANCIENT WARGOD in den End-90ern sowie bei der Heavy Metal Tribute Band REFLECTOR. Drei von uns sind auch schon seit Jahren befreundet, da man sich im Kasseler Umfeld natürlich kennt. Mit den beiden anderen haben wir dann 2016 in Kassel die Band aus der Asche gehoben mit der Maßgabe noch einmal alles auf Null zu setzen quasi neu zu starten, unseren Background und unsere Einflüsse in eine Melange zu überführen und uns nicht zu limitieren. Und so entstand CHAOS PATH.
Gibt es ein übergreifendes Konzept hinter CHAOSPATH, welches sich in eurem Debütalbum oder vielleicht sogar in der gesamten Band wiederfindet?
Der Pfad des Chaos ist vor allem die visuelle und lyrische Komponente der Band, die ich so beschreiben würde: Wir steuern unaufhaltsam dem Untergang entgegen, dem großen und letzten (menschlichen, politischen, ökologischen usw.) wahren Chaos. Der Pfad dahin ist und bleibt verschlungen, letztlich aber schicksalhaft und unausweichlich. Wir wollen den Hörer auf diesem Weg mitnehmen und ihm und der Welt die hässliche Fratze im Spiegel zeigen, die sich auftun wird, am Tage des nahenden Endes und der Apokalypse. Eine von Menschen gemachte Abrechnung, der wir uns nicht entziehen können. Und beginnend mit der Mini-LP „The Awakening“, die wir im Jahr 2018 veröffentlicht haben folgen und beschreiten wir diesen Weg auf unserer ersten Full-Length LP „Downfall“ weiter.
Ihr habt dieses komplett ohne Label herausgegeben, macht selbst die Promotion und habt physisch exklusiv auf Vinyl veröffentlicht. Wollt ihr komplett eigenständig sein oder steckt noch mehr dahinter?
Wie auch schon bei der „The Awakening“-Mini-LP, die wir auch als DIY-Vinyl veröffentlicht haben, stand für uns fest, dass wir das neue Werk erneut vorrangig auf Vinyl veröffentlichen wollen. Ursprünglich war von uns eine Mini-LP-Trilogie mit je sechs Stücken geplant, aber dann haben wir acht Songs aufgenommen und nach längeren internen Beratungen das Ganze ins Albumformat gehoben. Da ich durch meine langjährige Tätigkeit als Booker und Veranstalter viele Kontakte in die Szene habe, haben wir uns dafür entschieden wie bei der Mini-LP alles selbst zu machen, von der Veröffentlichung, über die Promo bis hin zum Booking sind wir die Schmiede unseres eigenen Wegs.
Diese Freiheiten hat die Band nur auf eigenen Füßen und so war der Weg für uns alternativlos. Das bedeutet allerdings nicht, dass dies auch in Zukunft der Weg sein soll, einige Labels haben schon Interesse angemeldet, doch bisher war noch nicht das zwingende Angebot dabei unseren DIY-Weg zu verlassen.
Nochmal zum Thema Vinyl. Reine Liebe zum schwarzen Gold oder warum gibt es keine CD-Version?
Unsere Marschroute ist und bleibt Vinyl, wobei wir auch gegen eine Tape-Version nichts einzuwenden hätten. Für uns hat eine CD-Version einfach keine tiefergehende Bedeutung, wir bevorzugen tatsächlich das schwarze (bzw. auch farbige) Gold. Trotzdem bieten wir zeitgemäß den LP-Käufern mit einem Downloadcode in jeder Scheibe die Option, sich das Ganze auch digital herunterzuladen und anzuhören.
Und wer weiß, sag niemals nie, wohin uns unser Konzept diesbezüglich noch führen wird. Sollte ein Label uns zur nächsten Veröffentlichung signen und dringend darauf bestehen, die jeweilige CD-Version nachzulegen, würden wir uns nicht zwingend sperren, das wäre ja Quatsch. Vinyl hat allerdings oberste Priorität, einfach weil der Charme einer Langspielplatte unerreicht ist, von der tatsächlichen Wirkung eines LP-Covers und dem Klang einer LP mal abgesehen.
Auf dem Album finden sich zwei Songs mit deutschen Texten. Warum habt ihr euch dazu entschieden?
Tatsächlich sind diese beiden deutschen Texte aus völlig unterschiedlichen Beweggründen entstanden. Der erste deutsche Text war „Der Blutmarsch“, übrigens auch tatsächlich mein allererster deutscher Text in vielen Jahren Bandaktivitäten seit 1992. Der Anstoß zu diesem Song kam vom Gitarristen Viides, der eine Textidee in den Proberaum mitbrachte, in der es um einen Soldaten geht, der an einem beliebigen Morgen wieder zurück in den Krieg gehen muss und ahnt, dass es sein letzter Tag auf dieser Welt sein wird. Eine grauenhafte Vision, die noch mehr dadurch pervertiert wird, dass er einem beliebigen Anführer in einen Krieg folgt, den er nie begonnen oder gewollt hat. Kriege haben nichts Gutes, wünschenswertes oder heroisches an sich, daher passten die harschen deutschen Lyrics emotional am Besten zu der räudigen musikalischen Untermalung, um die Beklemmung, Angst und den Schmerz am ergreifendsten umzusetzen.
„Unter Wölfen“ ist der Vinyl-Bonustrack und die „deutsche“ Version des ebenfalls auf der Platte befindlichen Titels „Among Wolves“. Hier reizte es mich einfach zu erfahren, ob der sehr apokalyptische Text auch in deutsch funktionieren würde. Nachdem die Version eingesungen war, haben wir in der Band beschlossen, sie auch zu veröffentlichen, da sie trotz nahezu identischem Inhalt eine völlig andere Wirkung hat und eindringlicher und zerrissener den Hörer in den Bann schlägt.
Wie es generell mit deutschen Texten weitergeht, lässt sich daraus aber nicht erschließen, Hauptsprache der CHAOS PATH Lyrics wird englisch bleiben.
Eure Platte ist mit bekannten Gästen gespickt. Woher kennt ihr die Leute?
Eigentlich sind die Gäste alle Freunde und Bekannte der Band. Die meisten sind Musiker aus Kassel beziehungsweise der Region, die wir oft schon viele Jahre kennen und mit denen wir schon viele Shows mit CHAOS PATH und/ oder den Bands, in denen wir früher waren, zusammen gezockt haben. Territorial gesehen sind diesbezüglich unsere Freunde von NIGHT DEMON aus Ventura (USA) die einzige Ausnahme; mit ihnen hat sich in den letzten Jahren durch meine Bookingtätigkeit bei den „Masters of Cassel“ eine echte Freundschaft entwickelt und im Zuge dessen haben wir im Hochsommer 2018 als Support für die Jungs einen extrem heißen Gig hier im K-19 in Kassel gespielt. Und daher haben wir alle Anfang 2019 angefragt, ob sie Ihren Beitrag zum „Chaos Choir“ auf unserer neuen Scheibe leisten wollen und alle haben zugesagt und eine tolle Performance abgeliefert.
Downfall“ ist ein ganz schöner Brodem aus verschiedenen Genres. Erzähl uns doch etwas über eure Plattensammlung und aktuelle Platten, die euch gepackt haben. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass auch „Sanctimonious“ von ATTIC dazugehört?!
Oha, Plattensammlung, ich glaube die Dimensionen unserer Sammlungen würden die Grenzen dieses Interviews locker sprengen, was vor allem an Viides, Chaosblaster und mir liegt, deren Tonträgersammlungen mehrere Tausend Exemplare umfassen. Viides beispielsweise ist aktuell völlig begeistert von den neuen Alben von DEVIL MASTER und MAYHEM, während er sonst zwischen IRON MAIDEN, HELLHAMMER und DARKTHRONE alles sammelt, was ihm in die Hände fällt. Der Chaosblaster ist eher Death-Metal-Tradionalist und liebt die schwedische Schule genauso wie die amerikanische. Zwischen SUFFOCATION, DEATH, ENTOMBED, IMMOLATION, OBITUARY u.a. verirrt sich aber auch mal ein Scheibchen von AKERCOCKE oder TOOL.
Richy Backfire kann es aktuell nicht räudig genug sein und daher finden sich CANNIBAL CORPSE, SODOM, DARK FUNERAL, MAYHEM u.a. auf seinem Plattenteller – ab und zu dürfen es auch mal alte Punkhelden wie SLIME oder UNTERGANGSKOMMANDO sein. Der God of Carnage hört gern Rasereien á la ARCHGOAT, FUNEBRARUM oder DISSECTION, liebt Punk á la EXPLOITED und steht aber auch auf Melodiöses wie MERCYFUL FATE, TRIBULATION, LOST HORIZON und tatsächlich genauso wie ich auf ATTICs „Sanctimonious“-Scheibe, die wir beide – natürlich als Vinyl – in der Sammlung haben.
Ich für meinen Teil bin wahrscheinlich musikalisch am breitesten aufgestellt; neben IRON MAIDEN, GHOST, KREATOR, SATYRICON, BODYCOUNT, DISMEMBER uvm. laufen aktuell die aktuellen Scheiben von BORKNAGAR, VISIGOTH, TANITH und SORCERER bei mir. Und eben gern auch immer wieder die beiden fantastischen ATTIC-Scheiben.
Zum Abschluss mal eine unvermeidliche Frage – wie geht es bei CHAOSPATH weiter?
Im Moment läuft nach wie vor die Promotion für unser aktuelles Album „Downfall“, das sehr gut ankommt und auch in vielen Magazinen ausgesprochen toll bewertet wird, so dass von der Vinylauflage von 500 Stück schon fast 40% verkauft sind. Die ersten Termine für 2020 für unsere intensiven und packenden Live-Shows sind mit 25.4. Weser Metal Meeting (Wesertalhalle, Reinhardshagen, u.a. mit HEATHEN), 9.5. Berlin (Blackland, u.a. mit NOCTURNAL) und 21.11. Landau (Gloria, u.a. mit ARKUUM) auch bereits gebucht und es folgen in Kürze weitere.
Daneben sind wir natürlich am Songschreiben für unser drittes Release, dass voraussichtlich 2021 herauskommen wird, aber noch kein festes Datum hat. Alles Wichtige erfahrt immer immer auf unserer Homepage www.chaos-path.de oder bei Facebook www.facebook.com/chaospath666.
Vielen Dank für das Interview und besorgt Euch unsere Scheibe „Downfall“ und auch unsere Mini-LP „The Awakening“, beides gibts im Shop auf unserer Homepage. And then let the Chaos flow…