Venom Prison
"Habt keine zu festgefahrene Vorstellung davon, wie Erfolg aussehen muss."
Interview
metal.de: Diese Konsistenz und das Ausarbeiten von Ideen lässt sich auch wunderbar auf eure Singles anwenden, die alle auch tolle Videos spendiert bekommen haben. Es scheint, als ob ihr für Videos mittlerweile eure „Stammcrew“ gefunden habt, da es derselbe Regisseur, dieselben Schauspieler sind. Ist das etwas, was sich dann ebenso konsistent für VENOM PRISON auch in weiteren Veröffentlichungen durchziehen wird, diese Kollaboration mit Leuten die ihr schon kennt und denen ihr vertraut? Das ihr quasi eine weitere „Signatur“ habt? Ich meine die Videos sind sehr unterschiedlich, aber meistens hinterlassen ja auch Schauspieler, Regisseure und so eine gewisse „Handschrift“, haben einen Wiedererkennungswert.
Ash: Ich denke der zusätzliche visuelle Aspekt ist sehr wichtig. Auch Leute wie dein Soundmann, Merch, Roadie spielen eine große Rolle. Alle Leute die mit VENOM PRISON in irgendeiner Funktion verbunden sind, sind ziemlich durch die Bank weg seit Anbeginn der Band an unserer Seite. Klar gibt es mal ein paar Änderungen hier und da, aber hauptsächlich sind das immer noch dieselben Leute. Unser Soundmann ist quasi das sechste Mitglied. Thomas Brooker hatte natürlich als Regisseur bei den Videos grossen Anteil an der visuellen Repräsentation von uns. Ich denke, diese Leute die dich und deine Band verstehen um dich herum zu haben hilft der kreativen Vision ungemein. Denn dann kannst du anfangen Ideen auszutauschen und du kannst einschätzen, wie das Endresultat aussehen wird. Du kennst die Stärken und weißt, was diese Person leisten kann, worin sie gut ist, wo vielleicht auch weniger. Ich halte es für äußerst wichtig eine Crew zu haben, der die Band genau so wichtig ist wie dir. Unser Soundmann Steve Kent macht so viel mehr als nur Sound, er organisiert Dinge, nimmt uns anderweitig Arbeit ab, du merkst einfach, die Band bedeutet ihm sehr viel. Und das kann man nicht einfach ersetzen. Leute, die gemeinsam mit dir gewachsen sind und die Band aufgebaut haben sind nicht einfach auszutauschen oder für Geld zu kaufen.
metal.de: Da heutzutage immer mehr Songs und weniger Alben konsumiert werden im digitalen Zeitalter, denkst du das Videos wie bei euch ein notwendiges Übel mittlerweile geworden sind? Auf der einen Seite generiert das natürlich Aufmerksamkeit, erweitert die künstlerische Komponente der Band und so weiter, aber Videos sind auch teuer.
Ash: Du hast recht, es ist sehr teuer und aufwändig, Videos zu erstellen. Aber ich denke wenn es um die kreative Vision geht und das konsistente „Paket“ der Ästhetik einer Band geht, ist es mittlerweile heutzutage einfach so wichtig, das irgendwie einzufangen. Und es gibt Bands, die das auf einem Low-Budget-Level eher machen, aber trotzdem eine gute, passende Ästhetik kreieren und damit gut fahren. Heutzutage ist es schwer, das zu ignorieren. Ich weiß, manche Leute sind der Meinung, Musikvideos seien nutzlos. Ich denke es kann ein Teil davon sein. Musik und Bewegtbild finden zueinander und kreieren gewisse Gefühle und Bilder im Kopf des Hörers. Ich denke es ist wichtig, es wird gebraucht und ist Teil des kreativen Prozesses und ein weiterer Ausdruck der Musik, wie sie vielleicht aussehen würde, wenn das irgendwie Sinn macht.
metal.de: Wo siehst du in der digitalen Gesellschaft und dem Album-Tour-Zyklus von Bands, gerade in der momentanen Situation, die momentanen Herausforderungen und wie geht ihr die an?
Ash: Man muss diese Herausforderungen schlau angehen und das meine ich nicht unbedingt im wirklichen Wortsinne. Als Band musst du auf alles was du tust ein Auge haben, dich aber auch selber wertschätzen können. Ich glaube viele Bands machen das nicht genug. Weißt du, junge Bands sind oft happy überhaupt Publikum zu haben und spielen dann für vier Leute nach einer achtstündigen Autofahrt und machen sogar noch ein Minus am Ende. Dann kommst du gefrustet nach Hause und musst noch den Tank auffüllen. Auf Dauer killt das die Motivation und treibt deine Band in den Ruin, da die Stimmung immer schlechter wird. Aber viele Leute behaupten, das müsse eine junge Band heutzutage nun mal eben tun, um den Namen zu verbreiten und zu „grinden“. Aber das stimmt eigentlich nicht. Es gibt andere Wege, das zu erreichen, ohne sich scheiße zu fühlen oder horrende Summen an Geld herein zu stecken, so dass man in einer komfortableren Position ist und von da aus Dinge angehen kann. Ich glaube das ist sehr wichtig und so sind wir die Dinge als Band in jüngster Zeit angegangen. Ich meine alleine zu touren ist so teuer, egal wie viel dann als Einnahme zurück kommt und ich denke mir nur: Wieso ein Überangebot an Touren haben, das letzlich keinem zugute kommt, da man sich gegenseitig die Fans wegschnappt? Und es kann auch zu Burnout in der Band führen, was im schlimmsten Fall eine kürzere Lebenszeit der Band bedeutet, da die vorher einfach ausseinander bricht. So hat niemand etwas davon.
Stattdessen könnte die Entscheidung, einfach Musik zu produzieren, herauszubringen und so gut wie möglich zu promoten vielleicht die bessere Wahl sein. Auch als junge Band, du hast vielleicht ein Demo oder so produziert was Aufmerksamkeit erhalten hat und bringst dann vielleicht noch ein paar Singles heraus und wenn du dann zum ersten Mal live spielst sind mehr Leute da bei den Shows, weil du dir bereits einen Namen gemacht hast. Im Vergleich dazu als erstes Konzerte vor wenig Menschen zu spielen weil dich kein Schwein kennt und dabei Geld zu verbrennen erscheint mir wesentlich unlogischer. Du machst es vielleicht nicht einmal ein Jahr so, bevor du die Flinte ins Korn wirfst. Und trotzdem wird allen jungen Bands heute gesagt, dass sie genau das tun MÜSSEN.
Als VENOM PRISON sind wir mitterweile denke ich glücklicherweise in einer etwas anderen Position. Wir können zum Teil bestimmen mit welchen Bands wir gerne auf Tour wollen und so, aber es gibt keinen Druck. Um ehrlich zu sein, ich denke die Fans haben während der Pandemie nicht wirklich nachgelassen die Bands zu unterstützen, sei es über Merch oder Plattenkäufe. Die ganze Industrie hat durch die Lockdowns sehr gelitten, aber ich glaube, es ist auch immer noch sehr viel Support von Fanseite da. Bands sind nicht einfach gestorben, sie sind immer noch da. Zumindest gab es kein von manchen vorhergesagtes Massensterben bisher. Es ist eine harte Frage zu beantworten, aber es geht um das Verhalten zur Situation. Denk darüber nach, was du tun kannst, wie du gewisse Dinge tust, ob das Sinn macht, anstatt einfach blind irgendwelchen Ratschlägen zu folgen.
metal.de: In genau diesem Rahmen sieht man auch immer mehr Bands, die alles komplett alleine in die Hand nehmen und vertreiben, produzieren, promoten und so weiter. Ihr seid als Band mittlerweile bei Century Media untergekommen. Fühlt ihr euch da wohl oder ist der Weg in die Selbstständigkeit auch etwas, was ihr euch für Venom Prison vorstellen könntet?
Ash: Wir sind mit VENOM PRISON bislang überall ziemlich gut behandelt worden und waren sehr zufrieden bei Labels. Ich hab lieber Kontrolle über mein momentanes Umfeld und die Situation als mir zu viele Gedanken um die Zukunft zu machen. Ich denke, es ist eine gute Sache als Band DIY zu machen, ich will das nicht kleinreden. Weißt du, es gibt heuzutage so viele unterschiedliche Mögilchkeiten deine Musik in die Welt zu bringen, unterschiedliche Wege funktionieren für unterschiedliche Bands. Spotify bekommt zum Beispiel viel Hass ab und ich weiß warum, aber die Kehrseite ist eben auch, dass viele unbekannte Bands da drüber eben entdeckt werden können. Gäbe es Spotify mit seinem Algorithmus nicht, hätte ich persönlich so viele tolle Bands gar nicht erst gefunden.
Das ist ein mächtiges Werkzeug. Ich weiß, dass der Geldaspekt davon echt bemitleidenswert ist und ich gehe mit der Kritik konform, aber der Fakt, dass so viele Bands darüber auch die Möglichkeit haben, relativ einfach ihre Musik einer weltweiten Hörerschaft zur Verfügung zu stellen ist auch nicht kleinzureden. Manche stellen sich vor, dass wenn man kein Majorsigning bei einem Toplabel hat weniger reißen kann, aber das stimmt nicht. Du kannst als Band immer Dinge tun, die dir weiterhelfen, egal wie klein sie auch sein mögen. Solange du einen soliden Plan für dich hast, wie du weitermachen willst, ist alles gut. Ob mit oder ohne Label. Heutzutage gibt es dafür definitiv genug Möglichkeiten. Es gibt viele selbstproduzierte Bands, die super erfolgreich damit sind. Und auch Bands für die das Label gut funktioniert. Wichtig ist nur, dass du weißt was du willst und wie du die Sache angehen willst.
Und realistisch bleiben. Wenn du mit einer Einstellung herangehst, die nächsten METALLICA zu werden, ist das wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt. Wir als Band haben nie unsere Karriere geplant, sondern einfach das getan, was uns Spaß gemacht hat. Und wie willst du überhaupt Erfolg messen? Vor allem in diesem Zeitalter? Wenn du Millionen Klicks hast, Millionen auf dem Konto? Für mich ist Erfolg als Band einfach Dinge besser gemacht zu haben als zuvor. Egal ob das bei einem neuen Album ist, eine Tour oder so, solange das gut abgeschlossen wurde und wir vielleicht noch von Fehlern aus der Vergangenheit lernen konnten bin ich happy.
metal.de: Wow, das ist eine gute Philosophie, nicht nur für die Musik, auch fürs Leben.
Ash: Absolut, fixier dich nicht auf irgendwelche Ziele, die vielleicht einer von Millionen Menschen erreichen kann, stell nur sicher, dass du dein Bestes gibst in dem Moment, wo du etwas tust. Denn Leute werden das irgendwann bemerken und anerkennen, deine Kunst irgendwann respektiert. Habt keine zu festgefahrene Vorstellung davon, wie Erfolg aussehen muss.
metal.de: Das ist ein schöner Schlusspunkt, falls du noch etwas an die Fans von VENOM PRISON loswerden willst, hier ist der Platz:
Ash: Ja, danke für eure Zeit und nehmt euch eine Kopie von „Erebos“ von irgendwo her mit! Es sollte zum Zeitpunkt wo das hier online geht schon draussen sein. Und ihr könnt eine Band nicht nur mit dem Kauf supporten, es reicht schon, wenn ihr uns euren Freunden vorstellt oder Songs teilt. Vielen Dank!
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Stile | Death Metal, Hardcore / Grindcore |
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