Venom Prison
"Wir brauchen Feuer!"
Interview
metal.de: Ich denke das Schreiben hat während Corona stattgefunden, hat dich das in einen anderen „Headspace“ befördert?
Ash: Ja, es hat einen definitiv beeinflusst. Nicht so sehr in der Art wie wir Songs schreiben, das hat sich im Vergleich zu früher kaum geändert. Glücklicherweise habe ich ein Home-Studio und auch unserer anderer Gitarrist Ben hat eines bei sich zu Hause, also wir können beide bei uns jeweils aufnehmen, das ist praktisch, um Gitarrenideen aufnehmen und uns gegenseitig Ideen senden zu können. Das hat sich also nicht viel verändert. Aber als wir in den Lockdown gegangen sind, hatten wir natürlich viel Zeit um zu reflektieren und ich habe die genutzt, durch unseren gesamten Katalog von VENOM PRISON zu gehen, mir alles genau anzuhören und schon vor dem Anfangen des Schreibens vom neuen Album eine Art Bestandsaufnahme zu machen. Vielleicht alte Ideen noch einmal anzuhören, zu entscheiden, was wir dieses mal anders machen wollen und so weiter. Ich denke, das hat sehr geholfen, sich nicht zu sehr zu wiederholen und neu auszuprobieren, aber auch beizubehalten, woher die Band kommt.
Ich denke, speziell mit „Erebos“ war das Riff-Schreiben eigentlich sogar einfacher als in der Vergangenheit. Die Strukturierung der Songs, das Vereinfachen, ohne jetzt natürlich vollkommen in Pop rüberzukippen, war als Prozess wesentlich schwieriger. Die Balance zu finden war das Schwierigste, ebenfalls diese ganzen neue Ebenen im Sound einzufügen, ohne dass es sich zu gezwungen anhört. Wir haben dieses Mal Synthesizer, akustische Gitarren und vieles mehr mit drauf, was es in der Vergangenheit noch nicht gab. Ich denke, die Hörer werden das wahrnehmen, aber nicht zu sehr davon abgelenkt sein, die neuen Elementen drängen sich hoffentlich nicht zu sehr auf oder in den Vordergrund. Es sollte sich konsistent und sauber im Übergang anhören von Anfang bis Ende, das war für mich während dem Schreibprozess das Wichtigste.
Wir haben einfach experimentiert. Ben kam mit einer Idee und fragte, was ich davon halte. Und ich fand das toll, also haben wir es einfach ausprobiert. Und die Reflektionszeit über unser altes Material, die ich dieses Mal dank der Pandemie hatte, war dafür die helfende Hand. Demos konnten wir uns länger anhören und mehr überlegen, ob wir damit zufrieden waren oder nicht. Und wenn du in dem normalen Zyklus aus Schreiben und Touren bist, hast du diese Reflektionszeit meistens nicht.
metal.de: Das ist etwas, was ich von sehr vielen Bands, die während der Pandemie neue Alben veröffentlicht haben, gehört habe. Neue Elemente in den Sound hinzuzufügen, ohne dass diese die „Show“ stehlen und sich nicht gezwungen anhören, kann ein schwieriges Unterfangen sein. Passiert es dir, dass du alte Ideen wieder hervorkramst und die für neue Dinge verwendest? Gibt es dafür vielleicht sogar Beispiele auf dem neuen Album? Oder ist das alles komplett neues Material?
Ash: Ich glaube in meinem Demo-Ordner hatte ich mehr als 20 Songs oder so. Viele Ideen habe ich nach dem Anhören beiseitegelegt, aber an anderen weitergearbeitet. Also ja, definitiv gibt es alte Ideen, die auf dem neuen Album wieder neu aufgegriffen wurden! Wie ich bereits sagte, wir haben penibel darauf geachtet, uns nicht zu sehr zu wiederholen. Ich habe mich ständig gefragt: Hört sich das zu sehr nach einem alten Song an? Dann wurde es nicht verwendet. „Golden Apples Of The Hesperides“ war ein Song, der sehr früh im Prozess geschrieben wurde, aber der wurde auf die lange Bank geschoben für eine lange Zeit. Ben erinnerte mich irgendwann daran, so dass wir darauf zurückkamen und ich hatte den Song für ein Jahr lang nicht gehört. Und für mich war das ein kleiner Aha-Moment, denn das war genau die Art von Song, die ich auf dem neuen Album haben wollte, weil es neu klang.
Also ja, das wäre ein Beispiel für eine ältere Idee, die neu aufgegriffen wurde. Natürlich wurde noch ein wenig dran gedreht, wir haben mit der Struktur gespielt, Dinge hinzugefügt und so weiter. Und wie ich bereits sagte, die Zeit zum Reflektieren hat dabei geholfen. Denn das war ein Song, von dem ich anfangs gesagt hätte, er kommt niemals aufs Album, aber mittlerweile gab es einen Reifeprozess, so dass ich sagen kann: Ja, dieser Song gehört verdammt nochmal aufs Album, denn er passte in dem Moment einfach perfekt! Also das ist tatsächlich etwas, was häufig bei uns passiert.
metal.de: Wenn mich nicht alles täuscht, habt ihr letztes Jahr auch das Bloodstock 2021 gespielt und das war euer einziges Konzert. Wie war diese Gelegenheit für euch und wie das Feedback der Fans?
Ash: (überlegt) … nein, ich glaube, das war letztes Jahr tatsächlich unsere einzige Show. Es war fantastisch! Wir waren vor dem Auftritt schon am Überlegen, wie wir unsere Shows noch ein wenig aufpimpen könnten und waren uns einig: Wir brauchen Feuer! Ben hat in unserer Band-WhatsApp-Gruppe geschrieben: „Leute, ich will Feuer!“ und ich hab dann einfach mal bei ein paar Leuten angefragt. Ehrlich gesagt hab ich nicht damit gerechnet, dass es so einfach war. Ben fragte mich, was ich getan habe, um das hinzubekommen, und ich antwortete ihm, dass ein paar Emails an die richtigen Leute gereicht haben. Als wir dann die Zusage beim Bloodstock hatten waren wir alle froh und aufgeregt. Und da gibt es einen Grund für: In der Lockdown-Phase haben wir noch eine Show gespielt, die letzte bevor keine mehr gingen, und das war das Damnation-Festival an der Leeds-Universität.
Es war auch eine tolle Show und ein paar Freunde und Bekannte haben gefilmt und während des Lockdowns habe ich das Videomaterial ständig mir angeschaut und überlegt, wie wir unsere Shows noch ein wenig verbessern können. Und rückblickend betrachtet hatte ich den richtigen Riecher, denn bei der Show dachte ich mir: „Was, wenn das die letzte Gelegenheit für uns in nächster Zeit ist, live spielen zu können?“. Also habe ich einfach Freunde und Bekannte angefragt, ob die nicht die Show filmen könnten. Und gleichzeitig haben wir uns auch Gedanken gemacht um die Show: Lasst uns Feuer besorgen, 20 Lautsprecherkabinette auf die Bühne, um eine Wand zu haben und so weiter. Natürlich hat der Show-Aspekt eine Rolle gespielt, aber auch die Überlegung, dass wir die letzte Show echt gut machen, bevor wir vielleicht im schlimmsten Fall erst in 2-3 Jahren wieder auftreten können. Und das war das Gefühl, was wir hatten, ehrlich gesagt. Also dass wir wenigstens ein tolles Memoire mit der letzten Show hatten, bevor wieder alles den Bach runtergeht, was Live-Aktivitäten angeht.
Aber es war echt cool und wir werden definitiv probieren, so etwas in kommende Shows auch einzubauen, die Leute waren toll und haben uns warm empfangen, tolle Reaktionen. Wir haben so lange keine Show gespielt und gehen dann ohne irgendeine Ahnung, was zu erwarten ist, wieder auf die Bühne und da habe ich nicht mit so einer positiven Stimmung gerechnet. Es ist im Moment Feuer überall, eine massive Lautsprecherwand, ein Meer von Leuten die klatschen. Ich glaube wir alle brauchten das wieder, nicht nur die Band. Auch die Fans.
metal.de: Wären Livealben oder vielleicht auch Videomaterial als Veröffentlichung etwas, was ihr euch mit VENOM PRISON gut für die Zukunft vorstellen könntet? Für viele Bands spielt so etwas mittlerweile kaum noch eine Rolle im Gegensatz zu „regulären“ Alben.
Ash: (versteht die Frage ursprünglich ein wenig falsch – Anm. d. Redaktion). Also ich bin ein großer Fan davon. Ich liebe es, Live-Studio-Performances zu gucken. Ich habe letztes schon von PLACEBO eine Studio-Session gesehen. Ich setze mich in VENOM PRISON dafür ein, selber auch so etwas zu machen, denn ich glaube, Leute mögen das auch. Es war am Anfang der Pandemie noch verbreiteter und wird immer weniger, da gebe ich dir Recht. Aber es gibt so viele neue Möglichkeiten, kreativ zu werden als Band heutzutage, vielleicht ist da einfach das Interesse und die Luft raus? Aber ich würde das für uns definitiv in Betracht ziehen.
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