Erang
Kein weiteres Tolkien-Projekt
Interview
Unser Special zum Thema Dungeon Synth hat im letzten Monat die Gemüter erhitzt. Wir haben viele Reaktionen zum Special erhalten. Zum einen hat MORTIIS das Special mit einer Verbreitung auf Twitter gewürdigt. Zudem haben sich auch einige Künstler des Genres bei uns gemeldet. Aus einem dieser Kontakte ist das folgende Interview mit dem französischen Künstler ERANG entstanden.
I. ERANG über Dungeon Synth, Super Nintendo & Unabhängigkeit
Grüß dich. Vielleicht haben noch nicht alle unsere Leser von ERANG gehört. Kannst du dein Projekt bitte kurz vorstellen?
Ich bin ERANG und ERANG bin ich. Es ist mehr als ein „musikalisches Projekt“, denn es ist ein Teil von mir. Ich mache Dungeon Synth und Fantasy Musik unter diesem Namen und habe seit 2012 verschiedene Alben veröffentlicht. Sie alle spielen in der Welt, welche ich erschaffen habe: Das Land der fünf Jahreszeiten. Dort gibt es verschiedene Figuren, Orte usw. Also eine umfassende Hintergrundgeschichte.
Wann hast du das Genre Dungeon Synth für dich entdeckt, und welche Bands haben dich dazu gebracht, dich mit diesem speziellen Thema zu beschäftigen? Was sind deine Haupteinflüsse, wenn du selbst Musik machst?
Ich habe ein Video gedreht „About Dungeon Synth„, und dort wird eine Menge erklärt. Um es kurz zu machen: Ich mache Musik, seitdem ich 14 Jahre alt bin. Ich dachte immer, dass es niemanden interessiert und zu persönlich ist. Eines Tages bin ich über eine Seite namens „Dungeon Synth blog“ gestolpert. Dieser Blog wurde von einem Typen namens Andrew betrieben, der übrigens auch die Bezeichnung Dungeon Synth erfunden hat. Auf diesem Wege habe ich die Musik von MORTIIS entdeckt und hauptsächlich LORD LOVIDICUS. Ich spürte, dass ich nicht alleine bin, und entschied mich, mein erstes Album namens „Tome I“ zu veröffentlichen.
Hast du denn, bevor du zum Dungeon Synth kamst, Black Metal gehört und hörst du vielleicht auch noch heute Black Metal?
Ich bin seit langer Zeit ein sehr großer Musikliebhaber und habe hinsichtlich des Musikgeschmacks keinerlei Grenzen. Ich mag sehr viele Bands und Künstler in den verschiedensten Genres. Black Metal habe ich vor dem Dungeon Synth nicht wirklich gehört. Eher so normales Metal-Zeug wie METALLICA, MEGADETH usw. Seitdem ich mich mit Dungeon Synth beschäftige, habe ich einige interessante Black-Metal-Sachen ausgegraben und mag heute sehr viel davon.
Als Dungeon-Synth-Künstler bist du sehr unabhängig, insbesondere wenn man dies mit einer Band vergleicht, wo du immer verschiedene Meinungen und Sichten „unter einen Hut“ bringen musst. Wie wichtig ist Unabhängigkeit für dich?
Unabhängigkeit ist sehr wichtig für mich. Wie vorher schon gesagt, diese Musik und das Land der fünf Jahreszeiten bedeutet mehr als nur irgendein ein Fantasy-Album für mich. Ich bin eine Art „control freak“, wenn es um meine Kunst und Musik geht. Deshalb mag ich es alleine zu arbeiten.
Manche deiner Songs haben ja dieses großartige Super Nintendo-Rollenspiel-Feeling. Nimm zum Beispiel „Within the Sand Palace of Amang“. Bist du von dieser Musik inspiriert worden?
SNES-Musik ist definitiv Teil meiner Inspiration. Es ist natürlich nicht meine Hauptinspiration, aber es ist dennoch ein Teil davon. Ich wurde 1982 geboren, bin mit dem SNES aufgewachsen und habe Erinnerung an frühe RPGs wie „Zelda III“ oder „Secret of Mana“. Wenn ich also diese Sounds nutze, geht es nicht um den Super Nintendo oder um Videospiele, sondern um meine Kindheit und die Nostalgie, die ich damit verbinde.
II. Tolkien oder nicht Tolkien, das ist hier die Frage.
Erzähle uns doch etwas zur Hintergrundgeschichte von ERANG, ich sehe viele Verbindungen zur Geschichte von Mittelerde. Was ist dein Verhältnis zu Tolkien?
Um ehrlich zu sein, Tolkien ist nicht mein Haupteinfluss, und das sehr bewusst. Lass es mich klar sagen: Ich liebe seine Bücher, aber ich wollte vermeiden, nur „ein weiteres Tolkien-Projekt“ zu werden. Wie auch immer, er ist natürlich einer (oder vielleicht sogar DER) Meister dieses Genres, sodass es schwer ist, nicht in irgendeiner Form mit ihm in Verbindung zu stehen. Wenn wir über Drachen oder Elfen reden, klar, da bin ich bei Tolkien. Aber der Kern meiner Welt und die Dinge und Gefühle, die ich ausdrücken möchte, stehen definitiv nicht in Verbindung mit der Arbeit von Tolkien.
Du hast also, anstatt ein bestehendes Konzept aufzugreifen, eine eigene Welt erschaffen. Kannst du uns bitte in dieses Konzept einführen?
Das Land der Fünf Jahreszeiten ist sehr wichtig für mich. Teile davon sind eine reine Erfindung meinerseits, ich kann dort meiner Phantasie freien Lauf lassen. Andere Teile sind von alten Fantasy-Filmen, Büchern oder Rollenspielen inspiriert. So drücke ich diesen Einflüssen gegenüber meine Bewunderung aus. Der letzte Teil ist inspiriert durch echte Personen und die Ereignisse meines täglichen Lebens, durch die Familie oder Freunde, gute und schlechte Momente. All dies kommt im Land der Fünf Jahreszeiten zusammen.
Vor einigen Tagen hast du die Meldung veröffentlicht, dass „The First Age“ vermutlich das letzte Album für eine lange Zeit sein wird. Erzähle uns bitte etwas über deine Pläne für die Zukunft?
Im Moment durchlebe eine Art künstlerischer Depression (oder auch nur eine Depression), wenn man das so sagen kann. Ich muss weiterhin jeden Tag arbeiten und erschaffen (Musik oder Zeichenkunst), aber ich weiß noch nicht, was ich genau machen will und in welche Richtung es gehen wird. Also werde ich die Zeit diese Arbeit machen lassen, und wir werden sehen, was am Ende dabei herauskommt. Ich mache momentan sehr abgefahrene Musik, und ich weiß nicht, ob ich diese jemals veröffentlichen werde. Ich weiß es wirklich nicht.
Wie wird es denn mit deiner Fantasy-Welt weitergehen? Wirst du diese für andere Projekte nutzen, beispielsweise für ein Buch?
Ich habe schon in mehreren Interviews gesagt, dass ich an einem Buch arbeite. Aber, wie ich dort auch schon erwähnte, ein Buch zu schreiben ist ein langer und harter Weg und ich suche immer noch nach einer Herangehensweise die Geschichte so zu erzählen, wie ich es mir vorstelle. Um es kurz zu machen, ich muss einen Weg finden ein „Dungeon Synth Buch“ zu schreiben, da ich eigentlich keine klassische Novelle verfassen möchte. Aber selbst wenn ich wollte, vermutlich bin ich nicht talentiert genug dazu. Ich bevorzuge es, die Sache nach meinen Vorstellungen umzusetzen und etwas Persönliches zu schaffen. Aber im Moment ist diesbezüglich nicht wirklich etwas geplant. Ich würde außerdem gerne mehr Videos produzieren, wie es es hier beispielsweise getan habe.
Was ist deine Meinung bezüglich der modernen Welt, des modernen Europas, des modernen Frankreichs?
Ich bin sehr nostalgisch, wenn es um meine Kunst geht. Aber ich lebe definitiv nicht in der Vergangenheit oder, noch schlimmer, in einer goldenen fiktiven Vergangenheit, welche in Wahrheit nie existiert hat. Deshalb habe ich keine definitive oder generische Meinung über die moderne Welt. Manche modernen Dinge sind großartig, andere nun mal nicht. Selbiges gilt für die Vergangenheit. Es ist ja nicht so, dass moderne Dinge automatisch gut oder schlecht sind. Und außerdem waren heutige „klassische“ Dinge seinerzeit auch mal modern, nur halt vor vielen Dekaden. Der Gedanke, dass es eine goldene Zeit gab, in der alles gut und schön war, ist meiner Meinung nach ein Irrglaube und zeigt meistens, dass die Leute Ängste haben, mit denen sie nicht umgehen können.