Dornenreich
Funkensprühende Musikalität
Interview
Metal.de ist stolz darauf, die im Frühjahr 2018 startende “Mystic Places”-Konzertreihe von DORNENREICH präsentieren zu dürfen. Zudem sorgte die Band mit einem ersten Teaser zum kommenden Album „Du wilde Liebe sei“ für Beachtung. Wir haben mit Evíga über beides gesprochen.
I. Dornenreich auf der Bühne
Grüße dich Evíga. Am 27.01. startete eure Tour „Mystic Places“, welche euch, mit Stopps in Leipzig, London, Paris, Dortmund, Wien, München, Hamburg, Berlin und Heilbronn, quer durch Deutschland und Europa führt. Hand aufs Herz, wie groß ist die Anspannung und die Nervosität nach zwanzig Jahren DORNENREICH?
Eine gewisse positive Anspannung ist immer da – und so soll es ja auch sein, denn diese Anspannung bringt auch die nötige Extraenergie und Spannkraft für ein intensives Konzert. Zudem werden wir neue Stücke vorstellen, was natürlich immer zusätzlich aufregend ist. Und: Unsere Musik fordert immer volle Hingabe bei der Umsetzung. Wir können diese Stücke nicht anders spielen als mit größter Leidenschaftlichkeit.
Welchen Stellenwert haben Tourtermine außerhalb des deutschsprachigen Raums für euch und wie ist die Rückkoppelung aus diesen Ländern?
Es ist immer wieder eine wunderbare Erfahrung, wenn man im nichtdeutschsprachigen Ausland die unmittelbare Wirkung der Musik an den Reaktionen des Publikums erkennen kann, zumal die Musik in diesem Fall ja meist völlig losgelöst vom textlichen Hintergrund wahrgenommen wird. Wir erleben solche Konzerte als besonderes Ereignis, das Brücken über alle sprachlichen und kulturellen Prägungen hinweg errichten kann. Und das war wohl selten wichtiger als in der angstgetriebenen und angstzerfressenen gesellschaftlichen Gegenwart, in der wir leben.
In London werdet ihr gemeinsam mit Duncan Evans (Ex-A FOREST OF STARS) auftreten. Ist der Kontakt über Prophecy Productions hergestellt worden oder gibt es eine andere Verbindung?
Als ich 2013 mit EMPYRIUM in einer Kirche in Berlin spielte, wurde der Abend von Duncan eröffnet. Und ich war damals sofort beeindruckt von seiner warmherzigen Art hinter und seiner funkensprühenden Musikalität auf der Bühne. Das ist mir in Erinnerung geblieben und so kam es, dass wir ihn kontaktierten, denn wir wollten ihn unbedingt bei unserem London-Gastspiel dabeihaben.
Der Touralltag mit Reisen, Equipment verladen, Wartezeiten usw. ist bisweilen von Stress erfüllt. Wie schafft ihr es dazwischen die Konzentration für Konzerte der Intensität von DORNENREICH aufrecht zu erhalten?
Sehr gute Frage, die wir uns auf Tour auch regelmäßig neu stellen müssen. (lacht) Am Ende ist es schlicht und ergreifend das Feuer für die Musik, auf das ich mich immer in den wenigen Minuten, bevor ich auf die Bühne gehe, besinne. Und dann ist es auch einfach die spezielle Natur unserer Kompositionen, die uns mitreißt und uns in reinen Ausdruck verwandelt. Dennoch ist deine Frage sehr berechtigt, denn die Gesamterfahrung, eine Tour zu spielen, bringt einen in vielen Momenten an physische wie psychische Grenzen (und darüber hinaus) und ist so am Ende auch nichts weniger als wertvollste Lebensschule.
„Mystic Places“ ist als Akustiktour angelegt. Was ist der besondere Reiz dieses Konzepts, welcher dich und DORNENREICH beständig zu dieser Form der Konzerte führt?
Unvergleichlich lebendige Dynamik, unmittelbare Intensität, entwaffnende Intimität – all das bedeuten Akustikkonzerte für uns. Sie lassen uns die Magie und die emotionale Wucht der Musik in einer nackten Eindringlichkeit spüren, die uns unsagbar kostbar ist und die, wenn sie sich mit dem speziellen Geist mancher Spielstätte sowie mit uns und unserem Publikum verbindet, zu einer tiefen, verwandelnden Erfahrung werden kann. Hier geht es um etwas. Diese Konzerte bergen ein Geheimnis, das jeder Anwesende in seinem Herzen mitnimmt.
Bisweilen nutzt ihr sehr alte Stücke bei Erstellung eurer Setlist. Was ist für dich die Antriebsfeder bei der Wiedererweckung von 15-20 Jahre alten Stücken?
Wir ehren damit die Tatsache, dass viele unserer Stücke in Inhalt und Form zeitlos sind und einen stimmigen dramaturgischen Spannungsbogen bilden können. Und es freut mich selbst sehr, dass ich nach wie vor viele Anknüpfungspunkte in Musik und Text alter Stücke finde, auch wenn ihre Entstehung mitunter zehn oder gar zwanzig Jahre zurückliegt. Freilich kann ich mich heute nicht mehr in allem finden, was wir vor sehr vielen Jahren entstehen ließen, doch in erstaunlich vielem – und das hat gewiss zentral damit zu tun, dass es mir in DORNENREICH von Anfang an um existenzielle Themen und Perspektiven gegangen ist, die für jeden Menschen früher oder später von unbestreitbarer Relevanz sind. Es gibt in der Tiefe der 22 Jahre DORNENREICH einen klaren roten Faden.
II. „Du wilde Liebe sei“ im Anflug
Vor einigen Tagen habt ihr einen Teaser als Vorgeschmack für euer kommendes Album, das im nächsten Jahr erscheinen wird, veröffentlicht. Kannst du uns schon verraten, welche Stücke die Besucher der Tour erwarten dürfen?
Unsere Setlist ist sehr umfangreich. So viel ist sicher. Und abgesehen von Paris, wo wir lediglich Gäste bzw. ein Teil des gesamten Programms sein werden und nur zwei neue Stücke spielen werden, werden wir an jedem weiteren Abend drei neue Stücke in ein dramaturgisch ausgefeiltes Set integrieren. Es wird bei diesen neuen Stücken sogar eines dabei sein, von dem im Demo-Trailer noch gar nichts zu hören ist, das allerdings einen emotionalen Eckpfeiler des Albums bilden wird.
Am Demo-Trailer von „Du wilde Liebe sei“ hat mich insbesondere der sehr natürliche und ungeschliffene Charme der Aufnahme und die tiefe, stimmungsvolle Perkussion begeistert. Vermittelt die Demo bereits einen echten klangtechnischen Eindruck des Albums oder werdet ihr im weiteren Arbeitsverlauf noch andere Pfade einschlagen?
Die drei in diesem Trailer kombinierten Auszüge decken zwar nur einen Teil des gesamten Albums ab, doch ja, die generelle Ausrichtung des Albums hinsichtlich Klangbild und Hauptinstrumentarium ist hier bereits repräsentativ, und es freut mich natürlich, dass dir der erdige bzw. ungeschliffene Charme zusagt. Gerade die Perkussion und dabei wiederum insbesondere die tiefe Bass-Djembe wird einen wichtigen Teil des Albums bilden und in manchen Stücken noch stärker, als am Demo-Trailer bereits zu erkennen ist, in den Vordergrund rücken.
Es ist sicherlich nicht alltäglich, dass eine Band frühe Arbeitsversionen eines kommenden Albums auf die Setliste einer Tour schreibt. Ist dies ein Ausdruck eurer gereiften Künstlerpersönlichkeit und des damit verbundenen Selbstbewusstseins?
Es gab nun vier Jahre lang keine neue Musik von uns zu hören und zumal sich die neuen Stücke so unbändig und energetisch präsentieren, wollen wir unbedingt bereits einige ins Programm mit aufnehmen. Und ich denke, dass es auch für das Publikum wirklich spannend ist, neue Stücke mindestens ein Jahr vor ihrer Veröffentlichung zu hören.
Vielen Dank und wie sagt man so schön – see you on tour!