Anachoret
Negative Sichtweise auf die Welt und das Leben
Interview
Das ANACHORET-Debüt „Syndrom“ zählt zu den positiven Überraschungen der letzten Monate. Ein guter Grund, einmal mit Alleinunterhalter K.C. ausführlich zu sprechen und das weitestgehend unbekannte Projekt in den Fokus zu rücken.
Grüß dich! Erstmal Glückwunsch zum ANACHORET-Debütalbum. Ein beeindruckendes Album, welches mir beim Hören viel gegeben hat. Wie sind die ersten Reaktionen auf die Platte ausgefallen und wie zufrieden bist du mit dem Start der Veröffentlichung seit Anfang Februar 2022?
Servus und vielen Dank! Die Reaktionen sind größtenteils richtig gut ausgefallen. Einige Reviews haben das Album gelobt und auch von einzelnen Personen habe ich sehr positive Rückmeldungen bekommen. Insgesamt bin ich recht zufrieden mit dem Start, man muss natürlich auch bedenken, dass es nicht gerade einfach ist, eine doch ziemlich unbekannte Band zu promoten, gerade bei der Flut an guten Veröffentlichungen in letzter Zeit.
Das Album ist über das alteingesessene Label Folter Records veröffentlicht worden, eine der besten Adressen für Black Metal in Deutschland. Wie kam es zur Kooperation mit diesem Label, nachdem ANACHORET bisher eher im absoluten Underground aktiv bzw. passiv gewesen ist?
Definitiv! Ich habe einfach nach der Fertigstellung des Albums bei Folter Records angefragt und mich dann mit dem Label geeinigt. Ich denke das Label spricht für sich und wie ich auch bei der Anfrage betont habe, Alben wie die ersten beiden von TODTGELICHTER, welche über das Label erschienen sind, haben mich dazu bewegt, mein Album an Folter Records zu schicken und siehe da, die Rückmeldung war positiv. Durch diese Kooperation konnte das Album natürlich auch besser promotet werden, als das bei kleineren Black-Metal-Labels der Fall gewesen wäre.
Kannst du uns einen kurzen Einblick in das lyrische Konzept von „Syndrom“ verschaffen? Welche Gefühle und Themen treiben dich auf diesem emotionalen Album?
In den Texten geht es, wie auch schon bei den früheren Releases, um eine negative Sichtweise auf die Welt und das Leben. Dabei greife ich gerne auf Metaphern aus der Natur zurück. Einen direkten roten Faden gibt es allerdings nicht. Ich verarbeite schlicht meine persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse und alles andere, das mich mich auf irgendeine Art emotional berührt. Beispielsweise „Chasing the Night Sky“ handelt im wesentlichen von der Atmosphäre der Nacht, die einerseits Geborgenheit, andererseits aber auch etwas Bedrohliches ausstrahlt. Solche Gegebenheiten faszinieren mich unglaublich und lassen sich gut auf menschliche Empfindungen allgemein und im Speziellen auf Meine transferieren.
„Syndrom“ ist im Wesentlichen als One-Man-Projekt entstanden, kann ich das so behaupten? Was sind für dich persönlich Vorteile und Motivation ein Album „auf eigene Faust“ anzugehen? Wie genau bist du die Komposition und Aufnahme des Albums technisch gesehen angegangen und aus welchen Schaffensperioden stammen die Stücke auf dem Album?
Genau, ANACHORET ist generell ein One-Man-Projekt und bis dato habe ich alles an Musik selbst geschrieben und eingespielt. Für die Kompositionen ist das Dasein als Solo-Projekt insofern von Vorteil, dass ich absolut keine Kompromisse eingehen muss und die Musik einfach so umsetzen kann, wie ich es mir vorstelle. Die Motivation dazu ist bei mir eigentlich immer präsent und seit dem ich Instrumente spielen kann, möchte ich auch eigene Musik schreiben.
Bei den Aufnahmen zu „Syndrom“ hatte ich wie auch bei allen anderen Veröffentlichungen davor Hilfe von einem sehr guten Freund, der einen mobilen Aufnahmeservice mit Namen A-TonWerk betreibt. So konnte ich alle Instrumente im gemeinschaftlichen Proberaum einspielen und die Vocals aufnehmen. Ich habe für die Songs zunächst jeweils ein Grundgerüst komponiert und über dieses dann versucht passende Leadgitarren zu finden. Die Drums hatte ich dabei schon ungefähr im Kopf und die Texte entstanden immer wieder nebenbei und wurden dann auf die fertige Musik angepasst.
Die Stücke müssten alle so ab 2018 entstanden sein, allerdings habe ich mich auch bei ein paar Riffs bedient, die schon früher entstanden sind und für die ich noch keine Verwendung gefunden habe.
Vor über 10 Jahren erschien über „Karge Welten Kunstverlag“, ein Underground-Label aus dem heutigen MOSAIC-Umfeld, deine erste Demo „Am Rande aller Lichter“. Wie kam es zu dieser Veröffentlichung bei Karge Welten, wie stehst du heute zu deiner ersten Demo und warum hat es über zehn Jahre gedauert, bis nun mit „Syndrom“ dein erstes Album erschienen ist?
Karge Welten Kunstverlag hat zu der damaligen Zeit einfach viel veröffentlicht, das mich sehr inspiriert hat und deshalb habe ich dort mein Glück versucht. Von meiner Seite war 2011 noch alles sehr unprofessionell, aber das Label hat mir zum Beispiel auch mit dem Cover geholfen und letztendlich das Tape veröffentlicht. Ich habe ihm damals einfach eine E-Mail geschrieben und ihm die Songs geschickt und er schien davon recht überzeugt gewesen zu sein. Wenn ich mir das Teil heute anhöre, muss ich schon lachen, bin aber trotzdem ein wenig stolz auf das Demo. Eigentlich denke ich, dass ich alles aus meinen technischen Fähigkeiten zu dieser Zeit rausgeholt habe und man muss natürlich bedenken, dass ich bei den Aufnahmen gerade 18 Jahre alt war, aber heute würde ich auch so vieles anders machen.
Wenn ich heute deine erste Demo bzw. die EP „Horizont“ (2015) betrachte, wird eine musikalische und konzeptionelle Entwicklung sehr deutlich. Während Demo und EP auf eine klassische Kittelsen-Ästhetik aufbauten, wirkt „Syndrom“ sowohl musikalisch als auch optisch emanzipiert und damit ein stückweit persönlicher. Kannst du dies bestätigen und wie sind deine Gedanken in diesem Zusammenhang?
Zum Teil kann ich das auf jeden Fall bestätigen. Gerade was mein musikalisches Können angeht habe ich mich durch die letzten Jahre des Musizierens natürlich weiterentwickelt. Am Schlagzeug zeigt sich das meiner Meinung nach am deutlichsten. Was das Persönliche betrifft muss ich sagen, dass mich gefühlt immer noch dieselben Dinge antreiben wie damals. Ich würde auch sagen, dass meine Musik immer sehr persönlich war, aber klar, Persönlichkeiten entwickeln sich nun mal auch weiter und dieser Prozess wird oft erst nach einer längeren Zeitspanne erkennbar. Speziell zu der Ästhetik der Cover-Gestaltung kann ich sagen, dass ich immer noch mit allen bereits verwendeten Bildern einverstanden bin und mir auch offen lasse, ob ich in Zukunft wieder auf diesen Stil zurückgreifen möchte. Es kommt natürlich auch darauf an, wie sich die Musik entwickelt und was bildlich dann dazu passt.
Bei der Durchsicht deiner sonstigen Veröffentlichungen und anderen (aktiven) Bands erkennt man ein klares Muster deiner Kontakte und Verbindungen zu anderen Bands, in denen du auch teilweise selbst aktiv bist. Kannst du uns etwas über dieses Umfeld und/oder diese Szene erzählen?
Wir machen teilweise schon bald 15 Jahre gemeinsam Musik und sind heute noch gemeinsam aktiv. So weit ich weiß haben wir als Musiker mit Black Metal in unserer Region um den Landkreis Traunstein und das Berchtesgadener Land auch ein Alleinstellungsmerkmal. Diese Verbindungen bedeuten mir, und ich denke auch allen anderen, sehr viel. Wir haben große Teile unserer Jugend miteinander verbracht, haben die Musik gemeinsam für uns entdeckt, sind auf Konzerte und Festivals gefahren und haben gemeinsam Bands und Projekte gegründet. Klar sind ein paar gegangen und ein paar Neue dazu gekommen, aber im Großen und Ganzen ist das Umfeld immer noch das gleiche. Für mich hat alles mit der Band IDISENFLUCH angefangen und ehrlich gesagt kann ich gar nicht glauben, dass das schon so lange her ist. Ich bin aber sehr froh darum, dass immer noch so viel aus dieser Zeit geblieben ist und wir auch immer noch wirklich Bock auf die Musik haben.
Gibt es aktuell weitere Pläne zu ANACHORET und falls ja, kannst du uns erste Details verraten?
Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck daran ANACHORET auf die Bühne zu bekommen. Dazu helfen mir einige Live-Musiker aus dem bereits genannten Umfeld. Wenn alles nach Plan läuft, möchte ich auch dieses Jahr noch ein weiteres Album aufnehmen. Neues Liedgut entsteht eigentlich permanent und ich habe mir selbst den Anspruch gesetzt, in Zukunft einfach aktiver zu bleiben und meine Ideen schneller umzusetzen.
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