Insidious Disease
Interview mit Marc Grewe
Interview
Muss man über Shane Embury (NAPALM DEATH), Silenoz (DIMMU BORGIR), Jardar (OLD MAN’S CHILD), Tony Laureano (ANGELCORPSE) und Marc Grewe (MORGOTH) noch großartig Worte verlieren? Nein! Hätte man jemals gedacht, dass sich diese Herrschaften mal zusammenfinden, um einen abartigen Oldschool-Death-Metal Hassklumpen zu schmieden? Absolut nicht! Das Nebenprojekt von 2005, es ist zur Band gewachsen und hat vor kurzem sein Debüt „Shadowcast“ auf den Markt gespien. Ein gut aufgelegter Marc Grewe erzählt uns, was uns mit INSIDIOUS DISEASE so alles erwartet.
Es hat ja verdammt lange gedauert – von der ersten Newsmeldung über INSIDIOUS DISEASE bis zur ladenreifen „Shadowcast“-CD zähle ich gut 5 Jahre Entwicklungszeit. Lass uns am besten ganz von vorne beginnen – wie kam dieses Zusammentreffen mit Silenoz, Shane Embury, Jardar und Tony Laureano eigentlich zustande? Wer hatte die zündende Idee? Und was hat Dich letztendlich davon überzeugt, ein Teil von INSIDIOUS DISEASE zu werden?
Der Kontakt kam über meinen alten Bandkollegen Carsten Otterbach und dessen Management zustande. DIMMU BORGIR werden seit Jahren von ihm gemanaged, und Silenoz war immer schon ein Fan von den frühen MORGOTH Werken. INSIDIOUS DISEASE wollten einen Frontman der die rohe Death Metal Energie der Songs zu 100% transportiern konnte ohne „aufgesetzt“ zu wirken… also kamen sie auf mich.
Ich bekam ein Tape und hab‘ mich sofort in die Songs verliebt! Sie haben echten Stil! So muß Death Metal im 21. Jahrhundert klingen! Nichts klingt aufgesetzt oder kopiert! Man erkennt die Einflüsse, aber sie sind einfach genial in etwas Neues transformiert worden… Würden MORGOTH heute noch bestehen… ich wünschte sie würden so klingen wie „Shadowcast“… es ist eine glückliche Fügung!
Wann startete sozusagen die „heiße Phase“, ab wann habt ihr als Band richtig losgelegt und mit dem Schreiben von Songs begonnen?
Die meisten Songs gab es schon als ich der Band beitrat. Wie gesagt, die Demos haben mich WEGGEBLASEN!!! Ich habe durchaus die „old-school“ Mentalität der Band erkannt …auch die gekonnten „Huldigungen“ an Größen diese Genres, ohne diese zu kopieren. Ich meine, wir sind auch Teil der ersten Generation und haben diese Musik mitbegründet. Rezitate sind durchaus gewollt und mit einem gewissen Augenzwinkern zu sehen…
Was kannst Du uns über den Entstehungsprozeß und die kreative Arbeit an „Shadowcast“ erzählen? Die Band ist ja immerhin in alle Richtungen verteilt (Norwegen, England, Deutschland, USA…), da trifft man sich sicherlich nicht jede Woche im Proberaum, oder?
Ich glaube, wenn man mittlerweile seit 25 Jahren mit dieser Musik verbunden ist, muss man nicht mehr 5 mal die Woche im Proberaum die Kuh fliegen lassen. Wir alle wissen genau worauf es bei gutem Songwriting ankommt. Zu exzessives Proben hätte in unserem Fall die Spontaneität gekillt! „Shadowcast“ wurde in echter old-school Manier in fünf Tagen eingeprügelt… wir wussten einfach worauf es ankommt!
Ist Silenoz die treibende Kraft beim Komponieren, oder seid ihre alle gleichermaßen daran beteiligt gewesen?
Auf jeden Fall! Silenoz ist ein großartiger Songwriter. Er hat in Jardar, seinem alten Jugendfreund, einen kongenialen Mitstreiter was das Riffing angeht, aber auch die Rolle von Tony sollte man nicht unterschätzen. Er ist einer der wenigen Schlagzeuger, die in der Lage sind, ganze Songs zu schreiben.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass das Album schon 2008 als vollendet verkündet wurde, eine Veröffentlichung war damals gegen Ende des Jahres geplant. Warum hat sich der endgültige Termin dann so extrem verzögert?
Naja, das übliche Gezeter und Gezerre mit Plattenfirmen hat sich schon etwas zu lang hingzögert. Letztendlich haben Century Media einfach das beste und schlüssigste Angebot gemacht. Wir sind sehr stolz und glücklich, dass wir die Chance bekommen!
Ursprünglich war ja auch von 12 Songs die Rede, auf dem vorliegenden Album finden sich jedoch nur noch 9. Stand von Anfang an ein klares Ziel am Ende des Weges, oder hat sich unterwegs, bis zur Vollendung, noch etwas Entscheidendes an „Shadowcast“ geändert?
Nö, wir haben 12 Songs aufgenommen. Warum nur 9 veröffentlicht werden, kann nicht beantworten. Wir hatten ja einige Probleme wegen der Texte usw., vielleicht ist das der Grund. Ich rege mich nicht mehr darüber auf…
Das bringt uns gleich zum nächsten Punkt. Ich habe gehört, dass euch bzw. eurem Label das Artwork und auch die Texte einigen Ärger beschert haben. Einige Presswerke haben sich angeblich verweigert, weil „Shadowcast“ für sie „zu heiß“ bzw. zu blutrünstig ist. Vielleicht kannst Du uns ja mal kurz in das lyrische Konzept des Albums einführen und verraten, ob es denn wirklich so schrecklich ist. Ich meine, nicht dass euch irgendwann noch die inkompetente BPjM auf die Füsse tritt…
Naja, sag ich ja… wir durften einige der Fotos des Coverartworks nicht drucken lassen… absoluter Quatsch! Die Texte und die Lyrics sind schon provokativ, aber wir glorifizieren nicht Gewalt! Die Leute, die uns zensieren, sollten sich die Texte mal genauer durchlesen. Ich bin echt sehr angepisst deswegen. Ich bin ein friedliebender Mensch. Wir halten der Gesellschaft den Spiegel vor. Gewalt herrscht mittlerweile eher im verborgenen, und genau das wollen wir aufdecken und thematisieren… leider raffen es mal wieder einige Leute nicht. Schade, aber das ist 2010!
Bevor das Album in die Läden kommt, konnten schon einige Festivalbesucher eure Musik erleben. Wie hat die Meute auf INSIDIOUS DISEASE reagiert? Haben euch die Eindrücke in dem, was ihr tut, bestärkt?
War geil! Niemand kannte die Band, niemand kannte die Songs. Am Ende waren 3500 Leute da, die vor Freude geschrien haben… soviel können wir nicht falsch gemacht haben.
INSIDIOUS DISEASE sind eine Band, die aufgrund ihrer bekannten Mitglieder schnell das „Allstar“-Label aufgedrückt bekommt, und nicht selten erzeugen solche Projekte einen sehr hohen Erwartungsdruck. Was hältst du von der Bezeichnung? Habt ihr das Gefühl, gewissen Erwartungen gerecht werden zu müssen, oder zieht ihr einfach euer Ding durch?
Dieses „All Star“ Ding ist totaler Quatsch. Keiner in der Band fühlt sich als Star, oder sonstwas. Die frühe DM-Bewegung hatte sehr viel mit der Punk/DIY Sache gemeinsam, und genau so sehen wir die Sache auch.
„Shadowcast“ ist nach meinem Empfinden ein gutes Album, allerdings auch nicht der Oberhammer, den ich vielleicht erwartet habe. Es ist eine ordentliche Portion Old School Death Metal, schön brutal, gnadenlos und natürlich mit einem der geilsten Death Metal Shouter am Mikro. Welche Vorzüge hat das Album aus Deiner Sicht, und was verbindest Du persönlich mit diesem Album?
Ja, genau so sehen wir das auch. Wir sind nicht die „Neuerfindung des Rades“… da gibt’s ja genug andere Bands, die das von sich behaupten. Wir sind einfach nur „AUF DIE FRESSE“!!
Auch im Death Metal ist ja derzeit Old School wieder mächtig angesagt. Es ist nur schade, wenn viele jüngere Hörer inbrünstig von Old School schwärmen, dabei aber einen Namen wie Marc Grewe nicht kennen, und noch keine einzige Death Metal Platte gehört haben, auf der „old school“ sozusagen noch „new school“ war. Ist es für Dich eine logische Folge gewesen, Deine Stimme einem Old School Projekt zu leihen, oder kannst Du Dich auch für die moderneren Auswüchse dieses Genres erwärmen? Was für eine Rolle spielt Death Metal in Deinem musikalischen Leben?
Death Metal ist für mich nur bis 1993 existent. Alles was danach kam, interessiert mich nicht wirklich, zumindest hat es keinen Einfluss auf mein musikalisches Schaffen.
Wenn Du erlaubst, würde ich gern einen Schwenk Richtung MORGOTH unternehmen. In einem Interview vor knapp zwei Jahren habe ich gelesen, dass „Shadowcast“ für Dich das Beste seit „Cursed“ ist. Vielen MORGOTH-Fans werden da sicherlich die Alarmleuchten angegangen sein. Mal Hand aufs Herz – steht „Shadowcast“ wirklich auf Augenhöhe mit dem MORGOTH-Klassiker?
Das meine ich wirklich! Ich glaube, dass MORGOTH 2010 durchaus so klingen könnten wie INSIDIOUS DISEASE.
Nach MORGOTH, POWER OF EXPRESSION und Deinem Gastspiel bei COMECON war so gut wie nichts mehr von Dir zu hören… deshalb die kurze und schlichte frage: Was hat Dich nach so langer Zeit und Business-Abstinenz dazu bewogen, es nochmal am Mikro zu probieren?
Ich bin mittlerweile im Filmbusiness tätig, was leider sehr zeitaufwendig ist. Man verdient zwar ganz gut, aber hat relativ wenig Zeit… deshalb ist INSIDIOUS DISEASE die ideale Band für mich!
MORGOTH hatten eine seltsame Wandlung hinter sich. Zwei geile EPs, das geniale „Cursed“, dann ein Top-Album („Odium“) mit fremden Einflüssen, das aber nicht mehr nach MORGOTH klingt und dann mit „Feel Sorry For The Fanatic“ der Abstieg ins Belanglose… Wer hat die Band denn damals so ins Abseits bugsiert? Wieso musstet ihr euch mit Gewalt vom Death Metal verabschieden, es lief doch so gut damals… oder doch nicht?
Wer „Feel Sorry…“ als belanglos interpretiert, hat die Platte nicht verstanden! Nachwievor ist das eine Platte, auf die ich sehr stolz bin. Sie zeugt von dem Geist, den MORGOTH immer inne hatten… niemals auf der Stelle treten, immer weiter, innovativ sein, Neues entdecken, sich vor nichts verschließen. Leider waren wir wohl zu schnell, das wurde uns zum verhängnis.
Weißt Du, was Deine Ex-Bandkollegen von MORGOTH zur Zeit treiben, z.B. Rüdiger Hennecke?
Klar! Meine alten Bandkollegen sind nachwievor meine allerbesten Freunde. Rüdi und Sebi wohnen auch mittlerweile in Berlin und wir sehn uns regelmäßig.
Nun wieder zurück zu INSIDIOUS DISEASE. Das neben der Musik zweitwichtigste Thema bei einer „Allstar“-Band, welches die Fans brennend interessiert: Wie wird es weitergehen? Viele solcher Projekte zerbrechen oft, bevor überhaupt ein Album zustande kommt, ihr hingegen habt über die Jahre tapfer durchgehalten. Wie sieht’s aus mit Auftritten und einer Tour?
Wir werden bestimmt keine zweijährige World-Tour machen, aber mit Sicherheit wird es Ende des Jahres/Anfang nächsten Jahres eine Tour geben… ich denke, dass wir auf jeden Fall ein paar Festivals spielen werden.
Wirst Du – werdet ihr alle INSIDIOUS DISEASE treu bleiben? Ich meine nur, Shane hat z.B. eine ganze Latte an Projekten am Hals und bei den anderen Musikern sieht es „leider“ ganz ähnlich aus. Wie gut stehen zur Zeit die Chancen für ein Nachfolger von „Shadowcast“?
Wie gesagt, es gibt schon drei neue Songs, die schon jetzt in meinem MP3 Player rotieren, zu denen ich mir kranke Melodien ausgedacht habe und schon jetzt kaum an mich halten kann, sie jedermann vorzuspielen… so gut sind sie!
Hast Du zur Zeit noch andere musikalische Projekte am Laufen?
Ich hab hier in Berlin ein paar Bands gehabt. SUICIDE BY COP und ACTION JACKSON. Momentan arbeite ich mit einem Freund aus Paris an einem Ding, was ein wenig in die SUNNO))/BORIS Richtung geht.
Ok Marc, HERZLICHEN DANK für die Geduld beim Antworten der Fragen! Habe ich noch was vergessen?
Da ja unser Album zensiert daher kommt, habt Ihr die Möglichkeit unser komplettes Artwork auf unser Seite runterzuladen: www.insidious-disease.com oder www.myspace.com/insidiousdisease
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