Illdisposed
Illdisposed
Interview
"Die eierlosen Nutten kommen aus dem schwulen Norden". Wohl keine andere Band nimmt das Metalbusiness mit soviel Selbstironie und kann auf so charmante Weise von sich selbst behaupten, richtig scheisse zu sein wie ILLDISPOSED. "We Suck" ist stets das Credo der Dänen, die am 29.06.2006 in der Markthalle Hamburg aufspielten. Mit im Gepäck hatten sie das neue Album "Burn Me Wicked", zu dem mir Gitarrist und Songwriter Jakob Batten bereitwillig Auskunft gab. Wie das nächste ILLDISPOSED-Album klingen wird und welche Popgröße sich unfreiwillig auf "Burn Me Wicked" verewigt wiederfindet, lest ihr im Interview.
Im Vergleich zu „1-800 Vindication“ habt Ihr auf „Burn Me Wicked“ Eure Richtung im Großen und Ganzen beibehalten, jedoch sind Veränderungen in kleinen Details spürbar. Da wären zunächst Bo´s hohe Schreie, die fast schon Black Metal Charakter haben…
Das stimmt, er screamt jetzt auch im Allgemeinen mehr als früher. Er tut dies aber nicht, damit unsere Musik dem Metalcore näher rückt, sondern einfach um mehr Variation hineinzubringen. Death Metal kann sehr schnell sehr gleichförmig klingen, daher die kleine Vocaländerung.
Variation bringt auch Mikkael Sandager von MERCENARY, der auf gleich vier Tracks als Gastsänger auftritt. Habt Ihr das Bedürfnis verspürt, eine klassische Stimme als Kontrast zu Bo´s dunkler Stimme einzubringen?
Nein, wir haben es hauptsächlich gemacht, weil wir Mikkael kannten und wussten, dass er den Job schnell erledigen würde. So mussten wir nicht drei Tage an den hohen Vocals verbringen. Der Grund für Mikkaels Einsatz ist, dass wir den entsprechenden Songs mehr Melodie verleihen und damit, wie Du sagtest, die Growls kontrastieren wollten.
Die neuen Songs erscheinen zudem dunkler, aggressiver und somit weniger zugänglich als es noch der Fall vor zwei Jahren war. Seid Ihr dieses Mal anders ans Songwriting gegangen?
Für „1-800 Vindication“ schrieben wir die Songs während unserer Proben im Proberaum, was hauptsächlich Lasses und meine Aufgabe war. Für „Burn Me Wicked“ schrieb ich zunächst alle Sachen bei mir zu Hause, nahm sie anschließend mit meinem Computer auf und gab die fertigen Resultate dann den anderen Jungs. Wir probten die neuen Songs höchstens drei oder vier Mal, bevor wir ins Studio gingen. Das komplette Material auf „Burn Me Wicked“ wurde in etwa vier Monaten geschrieben, während wir für „1-800 Vindication“ zwei oder drei Jahre brauchten. Es war für uns eine andere Art zu arbeiten aber es hat alles sehr gut funktioniert.
Wie schaut es denn mit mehr Uptempo-Songs der Marke „Back To The Streets“ aus? Ihr habt just bewiesen, dass Euch schnelle Songs ebenfalls liegen, trotzdem konzentriert Ihr Euch eher auf die groovige Midtempo-Schiene…
Also was ich schon mal sagen kann ist, dass unser nächstes Album purer Death Metal sein wird. No Bullshit…
Also „Burn Me Wicked“ ist ja auch nicht gerade Weicheiergeflöte…
Ja, aber da ist dieser ganze ausschmückende Kram drauf…Synthesizer und hohe Cleanvocals und all so was. Das wird alles nicht mehr vorhanden sein, zumindest sehen wir das im Moment so. Ich habe auch schon zwei Songs, allerdings eher als Ideen in meinem Kopf. Nach der Tour werden es bestimmt ein paar mehr sein, denn das ist die Weise, in der ich arbeite. Ich denke mir die Songs zunächst aus, bevor ich sie mit der Gitarre in Musik übersetze.
Ich habe „Back To The Streets“ gerade angesprochen, was mit einer sehr prägnanten Melodie im Chorus ausgestattet ist und bin mir absolut sicher, dass ich sie schon mal irgendwo gehört habe…
Du hast recht, Du hast sie schon mal gehört. Es sind natürlich die Backstreet Boys, haha! Die Melodie ist aus dem Song „Incomplete“ von ihrem letzten Album und eine wirklich gute Pop-Ballade. Wir haben es mit voller Absicht geklaut, weil wir dachten, dass diese Melodie richtig gut klingen würde, wenn man sie sozusagen in Metal übersetzt. Das Ergebnis ist auch ziemlich gut, denke ich. Und bisher hat auch noch niemand von den Backstreet Boys geklaut, haha…
Wissen die davon?
Ich denke nicht. Und ich glaube, das ist ihnen auch völlig egal, hehe…
Eine weitere Hommage findet sich mit „Throw Your Bolts“. Absicht?
Nein, überhaupt nicht. Meine Absicht war eigentlich einen Song zu schreiben, der an unser erstes Album „Four Depressive Seasons“ erinnert. Als wir während der Studioaufnahmen die Gitarrenharmonien zu diesem Song hinzufügten, fiel uns auf, dass es „ein bisschen“ nach BOLT THROWER klingt, haha. Bo dachte dann, es wäre cool, wenn wir den Song „Throw Your Bolts“ nennen. Schließlich sollen die Leute sich ja nicht zu viel den Kopf darüber zerbrechen, hehe.
Und nun die nächste Ehrerbietung: der Rausschmeisser „Illdispunk´d“ hätte beinahe ebenso auf einem MOTÖRHEAD Album erscheinen können…
Es ist einfach nur ein sehr ehrlicher Song, der die Geschichte von fünf dummen Jungs aus Dänemark erzählt, hehe. Das ist alles, was es ist und ehrlich gesagt einer der truesten Songs, den wir je geschrieben haben. Er bringt zur Sprache, was wir sind: fünf betrunkene Idioten…
Die eierlosen Nutten aus Dänemark…
Exakt, hahaha!
Gibt es denn einen thematischen Hintergrund bei den Lyrics?
Ja, die Texte handeln eigentlich von der Liebe aber nicht von der guten Seite. Es geht um ihre schlechte Seite, bei der dich deine Freundin rausschmeisst und verlässt und du diesen Schmerz nur mit Alkohol und Drogen überwinden kannst. Das ist etwas, was wir alle hin und wieder probieren und erfahren…also nicht die Drogen, davon versteh ich nichts, hehe. Aber wir alle haben die Schattenseiten der Liebe erfahren…
Bei „Burn Me Wicked“ haben zum zweiten Mal hintereinander Ziggy und Tue Madsen die Produktion respektive das Mixen übernommen. Habt Ihr Eure perfekte Kombination gefunden?
Ich denke schon, ja! Tue und Ziggy sind sehr gute Freunde von uns und das Studio nur einen Steinwurf von unserem Zuhause entfernt. Ziggy interessiert es auch nicht, wenn wir uns danebenbenehmen, was wir im Studio ständig machen. Wir nehmen nicht den ganzen Tag auf uns sind ständig ernsthaft bei der Sache. Stattdessen gammeln wir auf dem Sofa rum, trinken und beschimpfen ihn…so ein Zeug halt, haha! Aber er versteht das, weil er uns kennt. Jeder andere Produzent würde graue Haare kriegen, weil wir wirklich sehr kindisch sind.
Warum habt Ihr Euch letztes Jahr eigentlich so viel Zeit mit der Suche nach einem neuen Gitarristen gelassen, nachdem Ihr Lasse im März geschasst habt?
Weil wir nicht nur einfach einen Gitarristen um eines Gitarristen Willen haben wollten, sondern jemanden, der ein guter Freund ist ordentlich mit uns feiern kann. Tatsächlich haben wir Martin [Thim, stieg im August 2005 ein, Anm.d.Red.] kurz nach Lasses Entlassung gefragt, dazu zu stoßen aber er hatte nicht die Zeit dazu. Wir wussten, dass wir nur ein wenig warten mussten, also machten wir mit nur einem Gitarristen weiter. Martin hat für uns vorher als Roadie gearbeitet und das Merchandising gemacht und ist jemand, auf den man sich wirklich verlassen kann. Er spielt zudem auch bei der Death Metal Band EXMORTEM, kann also auch bestimmt einiges zum nächsten Album beitragen.
Die dänische Metalszene erlebt momentan einen sehr starken Aufschwung. Woher kommt diese plötzliche Präsenz?
Ich denke es liegt am neu gewonnen Bewusstsein der Bands, die Grenzen Dänemarks zu überschreiten. Wir hatten schon immer eine gute Metalszene, die sich aber nur auf das Inland konzentriert hat. Die Bands spielten nur bei uns, so dass niemand von ihnen Wind bekam. HATESPHERE zum Beispiel haben dann plötzlich angefangen, überall in Europa aufzutreten, auch wenn es nur für ein paar hundert Euro Gage war. Plötzlich spielten unsere einheimischen Bands überall wie etwa auch MNEMIC: sie spielten auch auf einmal überall für ein Appel und ein Ei und das hat die Aufmerksamkeit auf Dänemark gelenkt. Zuvor hat niemand wirklich die Eier gehabt, in anderen Dimensionen zu denken aber irgendwann kam der Stein ins Rollen.
Und nun noch die obligatorischen letzten Worte an die Fans…
Na ja, vielleicht ist es jetzt schon ein bisschen zu spät zu sagen, wir sehen uns auf der Tour…die ist nämlich schon in vollem Gange, hehe. Aber checkt mal unser neues Album, wirklich groovy und brutal, hehe!
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