Ihsahn
Ihsahn
Interview
Nachdem er mit „angL“ ein bärenstarkes, progressives Album auf dem Markt gebracht hat, war es für METAL.DE selbstverständlich bei IHSAHN nach zu horchen, was er zu seinem zweiten Soloalbum sagt und wo er die Unterschiede zu seinem ersten Solostreich sieht. Here we go:
Hi! Danke der Nachfrage. Mir geht’s sehr gut.
Glückwunsch zu Deinem neuen Soloalbum! Wie zufrieden bist Du denn mit der Scheibe?
Haha…ich bin mit der Platte natürlich sehr zufrieden. Ist ja klar!
Nachdem ich die Scheibe diverse Male gehört hatte, war ich von ihrer progressiven Ausrichtung überrascht. Ich hätte, ehrlich gesagt, mehr Black-Metal-Elemente erwartet. Wie siehst Du die Platte denn?
Nun, ich habe es mir bei „angL“ gegönnt, meine musikalische Perspektive weiter zu fassen. Man kann bei Soloalben seine eigenen Vorstellungen zu hundert Prozent umsetzten. Das ist der Vorteil gegenüber einem Bandgefüge, bei dem man immer Kompromisse eingehen muss. Gegenüber meinem ersten Soloalbum habe ich sogar noch stärker versucht, den einzelnen Songs einen völlig eigenen, von den anderen Stücken unabhängigen, Charakter zu geben. Deshalb gibt es auf der Platte auch so unterschiedliche Stimmungen und Arrangements zu hören.
Ja, ich denke auch, dass es die Mischung ist, die „angL“ so interessant macht. Die Blastbeat-Attacken passen hervorragend zu den ruhigeren oder den vertrackten Parts.
Oh, Du magst die Scheibe anscheinend wirklich…hahaha…
Das freut mich zu hören. Ich habe mir bei „angL“ auch sehr viel Mühe gegeben und sehr viel Energie in das Album gesteckt. Viele Leute denken, dass es sich bei dem Album um ein progressives handelt. Das sehe ich nur bedingt so. Natürlich sind progressive Stellen auf der CD zu hören. Das war aber keineswegs geplant. Es ist einfach die Art und Weise, wie ich die Musik schreibe. Auch, wenn sich einige der Gitarrenparts progressiv anhören, habe ich doch versucht die Songs und die Atmosphäre in den Fokus zu stellen. Ob die Stücke dabei progressiv klingen, war für mich absolut sekundär.
„angL“ ist für Dich also kein Progressive-Metal-Album? In welcher musikalischen Richtung würdest Du die Scheibe denn dann sehen?
Jein. Ich würde sagen, bei „angL“ handelt es sich um Extreme-Metal. Meine Interpretation des Begriffs „progressiv“ unterscheidet sich von anderen. Ich versuche natürlich Variationen in die Songs zu bringen, aber nicht um progressiv zu klingen. Ich lege eher Wert darauf, gute Songs zu schreiben und eine großartige Atmosphäre zu kreieren. Daher Extreme-Metal.
Ok. Dann lass uns doch mal darauf zu sprechen kommen, welche Musiker Dich beeinflusst haben, auch in Hinsicht auf „angL“. Du hörst ja nicht den ganzen Tag nur Black-Metal.
Oh, da gibt es natürlich einige. Gitarrentechnisch habe ich das Meiste gelernt, als ich zu MAIDENs „Seventh Son Of A Seventh Son“ zu Hause mitgespielt habe, weil ich das Gitarrenbuch hatte (lacht). Und ich liebe diese Scheibe! Andy La Rocque (KING DIAMOND-Red.) hat mich auch beeinflusst, weil er so ein passionierter Gitarrenspieler ist. Es gibt natürlich auch jede Menge Bands, die mich beeinflusst haben. JUDAS PRIEST, BATHORY, etc. gehören sicherlich dazu. Als Künstler hat mich Prince sehr inspiriert, aufgrund seiner vielen Talente. Ich war auch immer fasziniert davon, wie er seine Musik auf so einem Level und genau so machen konnte, wie er es wollte. Ohne in irgendeiner Weise Kompromisse einzugehen. Letztlich geht es aber nicht darum, was man mag oder was man nicht mag. Es geht um die Energie, die die Musik ausstrahlt.
Sehe ich auch so. Es ist enorm wichtig, dass man die Musik „fühlt“, die man hört…
Stimmt. Da gebe ich Dir Recht. Vor allem in der heutigen Zeit mit all dem Studio-Equipment und den technischen Möglichkeiten. Es ist mit den ganzen technischen Spielereien sehr leicht das Ziel was man vor Augen hat, zu verlieren. Daher ist es sehr wichtig, sich selbst immer daran zu erinnern, was man eigentlich erreichen will.
Wie gehst Du denn dann an die Sache heran? Wie komponierst Du Deine Musik?
Ich habe, speziell in den Jahren nach EMPEROR, viele verschiedene Dinge ausprobiert. Bei meinem ersten Soloalbum hab eich mir dann selbst die Grenze gesetzt, das ganze Songwriting nur mit zwei Gitarrenspuren, Drum-Programming und einer Pianospur zu machen. Um nicht in irgendwelchen Frickeleien zu enden, habe ich überlegt, was einen guten Metal-Song denn eigentlich ausmacht. Ganz einfach: Gitarrenriffs! Und so habe ich mich entschieden, das ganze Album auf dieser Basis zu schreiben. Ähnlich bin ich bei „angL“ verfahren. Ich habe mich auf das Wesentliche konzentriert. Wenn es so funktioniert, warum sollte man dann etwas ändern?
Da Du logischerweise der einzige Songwriter bist, stelle ich mir die Frage, ob Du denn eigentlich eine „Band-Situation“ gar nicht vermisst?
Nein, nicht wirklich. Ich fühle mich, ehrlich gesagt, sehr befreit, dass ich mich auf die kreativen Dinge konzentrieren kann. Ich finde es einfacher die Songs zu schreiben und danach die Musiker ins Spiel zu bringen, was ich sehr genossen habe. Ich habe auf dem Album, wie auf dem letzten auch, mit Asgeir Mickelson (SPIRAL ARCHITECT-Red.) zusammen gearbeitet, der einen großartigen Job gemacht hat. Mikael hat von mir die Basic-Tracks geschickt bekommen, zu denen er dann in seinem Studio die Drum-Parts eingespielt hat. Dabei hat Asgeir aber auch viele Freiheiten von mir bekommen, kreativ an seinen Parts mitzuwirken. Er war es auch, der Lars Norberg (ebenfalls SPIRAL ARCHITECT-Red.) vorgeschlagen hat. Eigentlich wollte ich die Bassspuren selbst einspielen, doch glücklicherweise überredete meine Frau mich, es doch einmal mit Lars zu probieren (lacht). Dafür bin ich ihr sehr dankbar, da auch Lars einen fantastischen Job erledigt hat. Lars habe ich übrigens noch nie getroffen. Wir brauchten uns gar nicht zu treffen, da wir uns musikalisch verstehen und Asgeir und er mir verschiedene Vorschläge zu ihren Parts geschickt haben, so dass ich frei wählen konnte, welcher Part gut für einen Song ist und welcher nicht dazu passt. Sobald ich einen anderen Songwriter mit hinzunehmen würde, wäre es ja nicht mehr „mein“ Soloalbum, hahaha…
Leuchtet ein. Lass uns doch noch kurz auf den technischen Aspekt von „angL“ zu sprechen kommen. Welches Equipment hast Du für „angL“ benutzt?
Zunächst mal haben wir unser Studio benutzt, hahaha. Im Ernst: Wir haben das ganze Album über „Cubase“ und andere Programme von Steinberg, mit denen ich seit 1994 arbeite, benutzt. Hinzu kommt, dass wir einen Endorsement-Deal mit Steinberg haben, deshalb ist es logisch mit diesen Sachen zu arbeiten (lacht). Für die Basics benutze ich „Groove Agent“. Das Programm ist beim komponieren der Gitarrenparts sehr hilfreich. Ebenfalls sehr hilfreich sind die „Line 6“ Produkte. Mit diesen „Modeling-Amps“ kann man ebenfalls effektiv arbeiten, ohne dass man gleich sein komplettes Rack aufbauen muss. Allerdings gebrauche ich natürlich auch immer meinen „Engl“-Amp im Studio. Du kennst das doch sicherlich: Man ist dabei Demos aufzunehmen und während der Aufnahme kommt einer dieser „magischen“ Momente, die Du dann hinterher, bei den richtigen Aufnahmen, nie wieder genau so spielen kannst. Deshalb nehme ich immer mit beiden Varianten auf. Zum einen mit der „Line 6“ Geschichte und zu anderen mit meinem richtigen Gitarren-Equipment. Für die Gesangsaufnahmen hatten wir ein extrem teures Mikrofon bestellt, auf das ich mich schon gefreut hatte. Leider wurde das Mikro nicht rechtzeitig geliefert, weshalb wir improvisieren mussten. Wir haben letztlich eine Replik eines „Neumann U47“, die ebenfalls sehr teuer, aber auch sehr gut war (lacht). Für die Aufnahmen der Akustikgitarren hatte ich dann das Glück ein Originales „Neumann U47“ ausleihen zu können. Als Haupt-Pre-Amp benutzen wir den „Universal Audio 6176“ und den „1176“-Kompressor. Dazu kommen noch diverse Keyboard-Pre-Amps, etc. Ach ja, das Wichtigste hätte ich fast vergessen, haha. „Ibanez“ Gitarren. Ich benutze bei Aufnahmen diese Gitarren, weil ich den harten Anschlag der Saiten mag und die Gitarren nicht so anorganisch klingen, wie beispielsweise „Jackson“-Gitarren. Da spielt natürlich auch rein, dass ich von „Ibanez“ eine „Custom-Build“ achtsaitige Gitarre bekomme, hahaha… Nee, ich mag die Gitarren von „Ibanez“ halt einfach!
Da wir schon mal dabei sind, hast Du denn irgendwelche Tipps für Anfänger? Oder generell für Gitarristen, die nicht gerade ´ne „Custom-Build“ achtsaitige Axt bekommen…?
Haha… Ich denke schon, dass ich einige Tipps geben kann. Ich schreibe eine Kolumne für das „Guitar World“-Magazin. Aus Erfahrung kann ich Dir sagen, dass obwohl ich ein echter Technik-Freak bin, es nicht darauf ankommt, wie viele Effekte Dein Amp hat oder was man alles mit der Technik im Studio zaubern kann. Es kommt einzig allein auf Deine Einstellung zum Gitarrespielen und Deine Finger an! Wichtig ist es außerdem, die Sachen, die man spielen will, auch unplugged zu beherrschen. Das ist ja gerade im Metal-Bereich wichtig. Wenn Du die Riffs und Licks auch ohne Deinen Amp sauber spielen kannst, kommt das den Riffs auch zugute, wenn man sie dann verzerrt spielt. Das, würde ich sagen, ist das was ich jungen Gitarristen mit auf den Weg geben kann. Be serious to what you play!
Danke für die Tipps und die ehrliche Antwort. Eine letzte Frage habe ich noch: Gibst Du uns die Möglichkeit „angL“ live zu sehen? Gehst Du mit dem Album auf Tour?
Hmm…um es kurz zu machen. Nein. Es gibt momentan keine Pläne bezüglich einer Tour, obwohl ich viele Anfragen bekommen habe. Das ist aber keine Frage, ob ich Lust habe oder nicht, sondern wo ich bei meinen Solo-Scheiben die Prioritäten sehe. Worauf fokussiere ich mich? Darauf, neues Material für ein neues Album zu schreiben, oder ein Line-Up für eine Tour zusammen zu bekommen und auch altes Material einzustudieren? Die Frage stellt sich daher nicht, weil ich keine Lust habe vier oder fünf Songs von meinem neuen Album zu spielen und den Rest des Abends EMPEROR-Material zu covern. Das kann ich machen wenn ich siebzig bin, hahaha… Irgendwann werde ich sicherlich auch live mit dem Material auftreten, klar. Ich achte ja auch beim Songwriting darauf, dass die Stücke live spielbar sind. Das werden dann aber nur vereinzelte Shows werden und keine richtige Tour!
Ok. Also hoffen wir mal, dass Du uns in Deutschland dann auch besuchst!
Klar, Deutschland ist für Festivalshows oder dergleichen immer ein guter Ort um aufzutreten.
Alles klar! Dann wünsche ich Dir für die Zukunft alles Gute und bedanke mich für das Interview!
Ich danke auch für euren Support! Schönen Abend noch!