HIM
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Interview
HIM sind zurück – mit voller Kraft und härter als zuletzt! Mehr als anderthalbe Jahre ist das letzte Album "Deep Shadows & Brilliant Highlights" alt. Jetzt steht mit "Love Metal" die vierte Platte der Finnen in den Startlöchern. Am Sonnabend waren die Jungs in der Großen Freiheit auf dem Kiez zu Gast. Kein normales Konzert, sondern der offizielle Record-Releasegig vor etwa 700 Ticketgewinnern und Pressevertretern aus ganz Europa. Karten hatte es weder im Vorverkauf, noch an der Abendkasse gegeben, so dass die Freiheit angenehm gefüllt war. Warum ausgerechnet in Hamburg? Für Ville leicht zu erklären: "Es war meine Idee, diesen Gig gerade hier zu geben. Ich liebe die Große Freiheit, ich liebe die Scandia Bar hier auf dem Kiez, ich mag Timo, den Besitzer der Bar. Es ist einfach cool hier."
Him stellten zum ersten Mal alle zehn Songs des neuen Albums „Love Metal“ (erscheint am 14. April) live vor – eine gelungene Premiere. Wer die fünf Finnen noch nie mochte, der wird sie zwar auch jetzt nicht lieben, aber wer ihnen vorwirft, die letzte Platte sei zu soft gewesen, der sollte mit dem neuen Werk mehr als versöhnt sein. Live ließen es die Jungs jedenfalls kräftig krachen und besonders „Buried Alive by Love“, gleich der erste Song, rockt so hart wie noch nie. „Soul On Fire“ spielten die Herren bereits auf dem M’era Luna Festival und zeigten nun in Hamburg, dass der Track nicht zu viel von der neuen Scheibe versprochen hatte. Wer auf einen Balladenregen gehofft hatte, der wartete vergebens. Selbst langsamere Songs wie die erste Single-Auskopplung „Funeral Of Hearts“, die am nächsten an den beiden Vorgängeralben dran ist, kamen druckvoll daher. Die offensichtliche Spielfreude der Band tat sein Übriges. Ohne Zugabe ging natürlich nichts und so kamen die Jungs noch einmal zurück und gaben fünf ältere Songs zum Besten: „Your Sweet 666“, „Right Here In My Arms“, „Heartache Every Moment“, „Wicked Games“ und „Join me“. Schmachtende Blicke und lautes Gekreische einiger weiblichen Fans beim Anblick von Frontmann Ville Valo – auch das fehlte nicht, hielt sich aber in Grenzen.
„Großartig!“ So auch der Kommentar von Ville nach dem Konzert, als er in der Sauna saß. Ja, richtig: In der Sauna, in der aber zu dem Zeitpunkt normale Temperatur herrschte. Denn nach dem Gig hieß es: After Show Party in der Scandia Bar auf dem Kiez – und dort gibt es eine Sauna, wie es sich für eine ordentliche skandinavische Bar gehört. Kräftig am Feiern war auch Bam Margera, einer der Verrückten der MTV-Serie Jackass – falls das überhaupt noch erwähnt werden muss. Der Amerikaner hat das Video zum Song „Buried Alive By Love“ produziert.
Finnen sind bekanntlich trinkfest. Da sind auch die Jungs von HIM keine Ausnahme. Zum dritten Mal innerhalb von drei Tagen feierten sie am Sonnabend in der Kiez-Kneipe. Villes Devise: „Trinken bis bei Bam nichts mehr geht.“ Zehn oder 20 Bier? Wieviel braucht er, um nicht mehr stehen zu können? „Nein, ich liege niemals am Boden. Ich trinke 20 und geh dann schlafen!“ So die Antwort des Herrn Valo.
Auch wenn am Sonntagabend eine weitere Kieztour anstand – beim Interview am Montag war er fit und hatte viel zu erzählen.
Wie groß war die Anspannung vor dem Auftritt am Sonnabend? Immerhin war es das erste Mal, dass Ihr die neuen Songs alle live gespielt habt und die meisten Leute kannten außer „Funeral of Hearts“ keinen Eurer neuen Songs.
Klar war ich ziemlich nervös, aber es ist wirklich gut gelaufen. Die Leute haben den neuen Sachen aufmerksam zugehört und es scheinbar auch genossen. So etwas ist großartig. Wir waren alle vor dem Auftritt nicht gerade die Ruhe selbst, schließlich haben wir das komplette Album zum ersten Mal live vor Publikum von vorne bis hinten durchgespielt. Es ist außerdem eine Weile her, seitdem wir das letzte Mal auf der Bühne standen.
Hast Du die Konzerte vermisst?
Ja, ein bisschen. Ich bin aber nicht gerade ein großer Fan davon, zu performen. Es gehört halt dazu.
Danach ging es zur After Show Party in die Scandia Bar. Konntest Du das überhaupt genießen oder hättest Du Dich nach dem Konzert lieber ausgeruht?
Dort waren so viele Leute, die ich überhaupt nicht kannte. Das war schon verrückt. Im eigentlichen Bar-Bereich war mehr Platz als in der Sauna Backstage. Es war nicht leicht sich zu erholen, aber das war okay, ich hatte dennoch eine Menge Spaß – vor allem mit Bam. Er ist ein ziemlich guter Freund.
Bam hat das Video zu „Buried Alive By Love“ produziert, ist ebenfalls hier in Hamburg und wird auch die nächsten Promo-Stationen mitmachen. Scheint, als ob sich eine Freundschaft entwickelt hat.
Wir sind bereits seit einigen Jahren befreundet. Das kam durch Zufall. Du weißt, er ist ein Skateboarder und ist bei vielen Skateboard-Demonstrationen dabei. Irgendwann kam er auch nach Finnland und hat hier „Razorblade Romance“ gekauft, weil er mein Gesicht auf etlichen Magazinen gesehen hatte. Das war gerade die Zeit von „Join me“. Er hat sich in das Album verliebt und war dann mit seiner Freundin auf einem Konzert in Amsterdam. Dort haben wir uns zwar noch nicht getroffen, aber als wir in London gespielt haben, ist er in den Backstageberich gekommen. Ich kannte ihn damals gar nicht, denn Jackass hatte gerade erst bei MTV in Amerika begonnen. So kam das alles. Er reist wegen Jackass und der Skateboard-Sachen eine Menge umher und war auch einige Male in Helsinki. So hat sich die Freundschaft entwickelt.
Jackass ist herrlich und ziemlich verrückt. Wann bist Du das erste Mal dabei?
Hoffentlich niemals. Es ist lustig, aber… Obwohl – man weiß ja nie. Abwarten. Die Jungs von Jackass sind alle total in Ordnung, nette Leute. Johnny Knoxville ist großartig. Steve-O ist exzellent… Sie sind alle wirklich nett, was mich ehrlich gesagt überrascht hat. Ich dachte, sie seien etwas arrogant, zu sehr auf sich bezogen. Es sind Gentlemen – allerdings mit schlechten Gewohnheiten.
Das Video zu „Funeral Of Hearts“ läuft seit einigen Tagen bei den Musikkanälen. Wie war der Dreh? Stressig oder konntest Du auch die Natur genießen?
Es hat Spaß gebracht, denn der Produzent Stefan Lindfors, ein finnischer Designer, ist großartig. Er kann einen 20-Minuten-Monolog halten und dir wird nicht langweilig. Das Ergebnis ist definitiv sein Werk und nicht unser. Für mich war es aus dem Grund ein schöner Dreh, da ich vorher noch nie in den Norden Finnlands gereist war. Schön war es auch in Norwegen. Dort haben wir die Bilder von dem eisigen See gedreht, auf dem ich in dem Video mit einem kleinen Ruderboot paddel. Es war ein Erlebnis – mit -40 Grad aber ein verdammt Kaltes.
Lass uns über Euer neues Album „Love Metal“ sprechen. Es beginnt mit „Buried Alive By Love“, dem vielleicht härtesten und schnellsten Song, den Ihr bisher gemacht habt. Dann kommt der relativ große Kontrast zu „Funeral Of Hearts“.
Ja, genau das war die Idee. Ein Album sollte eine Art Drama sein, denn ich verstehe eine Band auch als Band – wir machen Alben keine Singles. Es gibt immer einen Grund, warum ein Song an einer bestimmten Stelle ist. Für mich ist „Funeral Of Hearts“ der beste Song, den ich je geschrieben habe. Er ist in einer bestimmten Art und Weise klassisch. Der Chorus könnte eine Hymne sein. Du kannst den Song auf der Gitarre oder am Piano spielen und es funktioniert einfach!.
Es scheint, als wollt Ihr mit den ersten beiden Songs anzeigen zwischen welchen Grenzen sich die restlichen Tracks befinden.
Nein, eigentlich nicht. Es ist eher so, dass der erste Song verdammt hart ist und wir uns danach erstmal ausruhen müssen, es etwas langsamer angehen. So ein Kontrast am Anfang ist auch interessant für die Leute, die sich eine CD zum ersten Mal im Plattenladen anhören. Zuerst hast Du etwas härteren Stoff und dann einen eher klassischen HIM-Song.
Das Album ist sehr dynamisch oder besser gesagt, jeder Song enthält dynamische Elemente. Es gibt keinen ausschließlich ruhigen Track zum Beispiel.
Du nimmst mir die Worte aus dem Mund. Genau das war der Gedanke. Wir wollten es nicht so haben, wie auf „Razorblade Romance“, wo ein harter Song auf einen ruhigen folgt. Ich wollte das Album etwas dynamischer gestalten und zwar genau in der Weise, wie Du gesagt hast. Jeder Song sollte beide Extreme haben: love and metal. Das ist auch der Grund für den Albumtitel „Love Metal“.
Als Ihr angefangen habt, an dem Material für das Album zu arbeiten – wie genau wusstet Ihr, in welche Richtung die Songs gehen sollten?
Wir hatten eine bestimmte Idee, als wir anfingen. Die hat sich aber immer wieder verändert, weil so viele Leute an dem Album beteiligt waren: Wir sind in der Band alleine fünf Leute, dann der Produzent, der Mixer… Ich bin froh darüber, wie es schließlich geworden ist. Ich denke, dass es definitiv das beste Album dieses Jahres ist.
Wann kommen Dir die besten Songideen? Bei einigen geht das am besten, wenn sie auf Klo sitzen…
Nachdem ich Sex hatte. Definitiv! Das ist wirklich der beste Zeitpunkt für mich. Vielleicht ist das schrecklich, aber nachdem ich Sex hatte bin ich immer am Singen. Nicht so etwas wie Pavarotti, aber ich liege im Bett und es fängt einfach an zu arbeiten.
Es gibt Songs, die man mag, es gibt welche, die man liebt und es gibt solche, die gehen durch und durch, so dass sich ein seltsames Gefühl in der Magengegend breit macht. Für mich ist „Fortress Of Tears“ so ein Song.
Ich liebe die Lyrics zu „Fortress Of Tears“. Es sind die einfachsten auf dem ganzen Album, aber ich liebe die Idee, die dahinter steckt. Du kannst eine Festung aus Tränen aufbauen – und das ist genau der Gedanke, den ich so mag. Eine Festung ist wie ein sicherer Himmel oder ein Hafen, aber wenn sie aus Tränen gemacht ist, wird die Bedeutung eine andere. „Fortress Of Tears“ ist schon als Name schön. In einer Beziehung gibt es immer Blut, Schweiß und Tränen. Es ist nicht immer Sonnenschein.
Meine Lieblingssongs sind allerdings „Sweet Pandemonium“ und „The Path“.
„The Path“ hat etwas Episches.
Ja, stimmt. Der Hintergedanke war, dass wir am Ende eines Albums immer einen etwas anderen Song hatten. „The Path“ hat irgendetwas von Cat Stevens und das ist es, was ich daran mag. Er ist folkig und ich liebe den Chorus und die Lyrics. Auf den Song bin ich wirklich stolz.
I walk through the garden of…
Er ist sehr klassisch.
Warum habt Ihr Euch dazu entschlossen, mit Hiili, dem Produzenten Eures ersten Albums, wieder zusammenzuarbeiten?
Hiili ist ein guter Freund und er macht exzellente Arbeit. Wenn Du neue Leute triffst, neue Produzenten, weißt Du nie, was Du am Ende bekommst. Es ist wie wenn Du dem Typen an der Kasse bei McDonalds 20 Euro gibst und nicht weißt, was Du gleich essen wirst. So eine Situation wollten wir vermeiden. Der experimentellere Part war das Mixen, was wir mit Tim Palmer gemacht haben. Mit ihm hatten wir vorher noch gar nichts zu tun gehabt. Er ist ein großartiger britischer Gentleman, der in Amerika lebt. Er war der erste, der eines unserer Alben gemixt hat und sofort und komplett verstanden hat, um was es uns geht. Es war schon verrückt, weil wir wirklich nur über kleinste Details reden mussten. Wir mussten nicht mal vor Ort sein – 20 Minuten waren wir täglich im Studio. Ich hoffe, dass es Tim auch gefallen hat, denn ich würde gerne wieder mit ihm zusammen arbeiten.
Welchen Einfluss hatte Burton auf das neue Album? Immerhin hat er eine klassische Ausbildung.
Ja genau, daher auch die größeren Pianoparts. Besonders bei „The Sacrament“ ist das deutlich. Man musste ihm nur sagen, spiel es so, wie ein klassischer Musiker es tun würde. Er ist ein exzellenter Musiker, kennt sich mit der theoretischen und praktischen Seite aus. Das ist natürlich nett. Es ist schon lustig, denn er hat bereits bei unserem allerersten Gig mit uns gespielt. Da er aber in einer anderen Band war, konnten wir ihn nicht für HIM gewinnen. Als Juska aufhörte, hat Mige bei Burton angerufen und gesagt: „Wir brauchen Dich jetzt.“ Das ganze ist wie ein Kreis, der sich geschlossen hat.
Im Herbst soll es auf Tour gehen, richtig?
Ja, die Idee ist da. Erstmal werden wir aber bis Ende August so viele Festivalgigs spielen, wie wir können. Im September heißt es dann Ausruhen bevor wir am 1. Oktober in Finnland mit der Tour starten und dort ein paar Konzerte geben. Der Rest ist noch nicht gebucht.
Stimmt es, dass ihr in kleineren Locations, als auf der letzten Tour spielen wollt?
Wir wollen die Konzerte während der Tour auf jeden Fall in Locations wie der „Großen Freiheit“ spielen. Falls sich das Album gut verkauft und uns viele Leute sehen wollen, spielen wir lieber zwei Nächte am selben Ort anstatt einmal in einer großen Halle. Man verliert sonst die Intimität und das ist Mist. Letztes Mal in Hamburg haben wir in der Sporthalle gespielt – es war okay. Es ist nett, in großen Hallen aufzutreten, aber es geht etwas verloren. Man kann das nicht in gut und schlecht einteilen, es ist anders. Intimere Clubs, keine großen Hallen – in Deutschland und auch woanders!
Liebe ist ein großes Thema in Deinen Texten. Was bedeutet das Wort für Dich persönlich? Was fällt Dir spontan dazu ein?
Meine Freundin. She is my sweetheart. Liebe bedeutet nicht: Lass uns eine Pille schmeißen und uns alle lieb haben. Es geht um Respekt gegenüber anderen. Respekt gegenüber Dir selbst und die Fähigkeit zu Verstehen. Man selbst ist nur einer von vielen, aber da ist etwas, was uns alle zusammenhält. Liebe oder das Fehlen von Liebe ist der Grund für alles, was wir tun. Man muss sich selbst verstehen, aber das ist nicht leicht und dauert oft ein Leben lang.
Und am Ende hat man es meistens doch nicht geschafft.
Die Reise ist meist interessanter als der Zeitpunkt, an dem Du am Ziel bist. Wenn Du als Kind mit Deinen Eltern verreist, irgendwohin fliegst, ist es immer cool. Wenn Du schließlich da bist…
Kommen wir zum US-Markt: Habt Ihr bereits bei Universal unterschrieben?
Ja, der Deal steht. Sie werden etwas auf den Markt bringen, es steht jedoch noch nicht fest, was und wann. „Razorblade Romance“ war im Gespräch. Mal sehen, was passiert. Dumm ist natürlich, dass es in den USA bereits eine Band mit unserem Namen gibt. Mit denen gab es einige Probleme. Wir hoffen immer noch, dass wir denselben Namen tragen dürfen.
Was ist es, dass Dich an Finnland reizt?
Das ist schwer für mich zu sagen, denn ich bin ja dort geboren, meine ganze Familie lebt da. Ich liebe Helsinki – es ist wie das skandinavische Los Angeles. Das Meer ist der schönste Ort, zu dem man gehen kann. Die Hand seiner Freundin halten, auf einen Berg gehen und auf das Meer blicken – das ist großartig. Helsinki ist besonders im Sommer schön. Die Leute kommen aus ihren Häusern. Mit Finnen ist es so wie mit Bären. Die Tiere haben ihren Winterschlaf und mit den Finnen ist es ähnlich. Im Winter sind sie nicht sonderlich aktiv, aber wenn die Sonne rauskommt, sind sie überall. Das ist schon lustig. Du siehst dann all die Männer in den 40ern mit kurzen Shorts und ohne Oberteil. Sie trinken Bier und sehen sich die Frauen an.
Menschen haben Träume, Hoffnungen, Wünsche – erzählst Du mir einen von Dir?
Ich hoffe, dass es keinen Krieg gibt, aber wie es aussieht, hört Gott mich nicht. Auf die Band bezogen hoffe ich natürlich, dass es uns lange gibt, wir eine gute Zeit haben werden, Songs schreiben können und dass es Leute gibt, die unsere Musik lieben. Ich bin wirklich glücklich zur Zeit. Es wäre schön, wenn es einfach so weitergehen könnte.
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