Heresy
Heresy

Interview

Wie bereits die Gebrauchsanweisung zur Platte "Warfare Of Minds" sagt: "Kehrreime in Gehirn angefräst und Dauer machen". Und dem kann man angesichts des äußerst viel versprechenden Materials, das jedem DEATH und Konsorten Fan bestens gefallen sollte, natürlich nur beipflichten. Nach dem also als höchst erfreulich zu nennenden Einstand hat metal.de bei Alex, dem Klampfer und Hauptsongwriter des Frankfurter Todeskommandos vorgesprochen, um die ungefähre Marschrichtung der nächsten Tage in Erfahrung zu bringen.

Grüße ins Land des Ebbelwoi!
Eine sehr angenehme Promo-Scheibe habt ihr da eingespielt. Habt nach dem Review bestimmt schon so manch’ Bembelsche gekippt; ist denn alles von der Gebrauchsanweisung angekommen?

Wenn wir ’n Bembelsche gekippt hätten, wär’ ziemlich wenig von der Gebrauchsanweisung angekommen, haha.

Wie ist das Feedback zur Scheibe denn insgesamt ausgefallen?

Sehr positiv, was uns natürlich sehr freut. Bei der derzeitigen Veröffentlichungsflut war ich echt positiv überrascht, dass die Demo so gut ankam, wenn man sich überlegt, was gerade neue Bands im Monatstakt auf den Markt schmeißen.

Ok, bleiben wir mal bei der Platte. Zunächst verwundert den Rezensenten doch einmal das etwas ungewöhnliche Format, in dem die Promo scheinbar vorliegt. Eine DVD-Hülle, die dennoch eine normale CD-R birgt. Wie kamt ihr auf die Idee, den Silberling derart einzutüten?

Das war ich. Grund dafür war, dass das Ganze in der Produktion billiger gewesen ist. Man braucht keinen beidseitigen Druck fürs Cover etc. Bei einer Auflage von nur 100 Stück war es auch nicht möglich, vernünftige Preise an Land ziehen zu können, so dass wir alles selbst brennen und eintüten mussten. Da hat sich die DVD Hülle als angenehmer erwiesen.

Was dann als nächstes auffällt, ist der für eine Eigenproduktion doch recht ansprechende Sound. Berichtet doch mal kurz über die Aufnahmen und die Zusammenarbeit mit Tobias Lehnert, der „Warfare Of Minds“ produziert hat.

Die Aufnahmen waren eigentlich entspannend. Das Einzige, was mich ein wenig ins Schwitzen gebracht hat, war die Tatsache, dass nicht alle Arrangements bis dato fertig ausgebaut waren; genauso wenig wie die Soli. Die habe ich teils am Abend vor dem Aufnahmetermin noch verfeinern müssen. Das Endergebnis stimmt aber, das ist die Hauptsache. Eine Produktion kann noch so nervenaufreibend sein, wenn alles fertig ist und du deine eigenen Songs erstmals über die Heimanlage anhören kannst, vergisst du den ganzen Stress, der im Vorfeld gelaufen ist.
Tobi ist zudem noch, trotz seines recht jungen Alters, extrem kompetent in dem Producing- und Mixing-Bereich. Er hat seinen Abschluss an dem renommierten Toningenieur-Institut SAE gemacht, ist seit vielen Jahren selbst Gitarrist und hat ebenfalls seine eigene Band. Mit der macht er allerdings Alternative-Zeugs, hat de facto nicht viel mit Death Metal am Hut. Ich glaube, diesen Aspekt haben wir positiv genutzt, indem wir auch (Gitarren)Sounds verwendet haben, die nicht unbedingt typisch für den Death Metal sind. Das Solo und die cleanen Gitarren in Back Street Abortion wurden über einen VOX AC 33 (eher gesagt über die Simulation dieses Amps) eingespielt. Das Ding benutzt normalerweise Brian May von QUEEN, hehe.

Einige musikalische Vorbilder, die man bei euch ausmachen kann, haben bereits Erwähnung im Review gefunden; wo seht ihr selbst eure größten Einflüsse?

Der Bezug zu BENEDICTION, den ich übrigens schon öfter gehört habe, hat mich sehr verwundert. Ich habe von dieser Band bisher nur einen Song, der vor Jahren mal auf einer Rock Hard Dynamite CD drauf war, gehört.
Ansonsten nenne ich hier mal meine persönlichen Faves Chuck Schuldiner, Andy LaRocque und Uli Jon Roth. Diese Leute haben mich sowohl im meinem Solo-Spiel als auch im Songwriting sehr inspiriert.
Die Sachen, die die SCORPIONS in den 70gern mit Roth geschrieben haben, sind einfach nicht von dieser Welt. Einige balladesken Sachen (nein, ich rede hier nicht von „Wind of Change“ und „Still Loving You“, haha) kannste heute sogar problemlos im fiesen Metal-Stil aufziehen.
Ich glaube, ich muss ebenfalls DISSECTION (von der Musik her) zu meinen Einflüssen zählen. DISSECTION haben für mich mit der „Storm…“ die perfekte Mischung aus Aggression und Melodie geschaffen. Und ebenfalls die perfekte Symbiose aus anspruchsvollem Songwriting und Wiedererkennungswert der Songs. Das habe ich ebenfalls auf WOM versucht. Allerdings ist das mir erst durch die Hilfe von Thorsten gelungen. Unsere Riffs ergänzen sich fast immer perfekt. Wenn ich mal an einer Stelle nicht weiterkomme, schüttelt er sich immer das passende Riff aus dem Ärmel.
Wie gesagt, das Spektrum an Bands, die ich (und wir) in unserer Freizeit hören, ist gigantisch. Momentan läuft bei mir die „?“ von Neil Morse, heute Mittag war es HATE ETERNAL und morgen ist’s vielleicht TRANS SIBERIAN ORCHESTRA, hehe.

An dieser Stelle möchte ich euch auch noch mal für den Mut danken, vielschichtigere Songs zu schreiben und nicht nur draufloszupoltern, wie es im Death/Thrash-Genre ja oftmals zum eindimensionalen Standard gehört.
Vor allem die Klampfen überzeugen und es gibt anstatt King’scher Quietschereien auch mal klassische Soli. Ist dies alles Konsequenz eines höheren Qualitätsanspruches?

Unter anderem. Wie schon bereits erwähnt, versuche ich, Songs zu schreiben, die technischen und songwriterischen (was ein Wort) Anspruch haben, aber dennoch im Refrain immer wieder erkennbar bleiben sollten.
Der andere Aspekt ist das breite Spektrum an Musik, die ich höre. Von Tschaikowsky über Pat Metheny, JETHRO TULL, bis zu CANNIBAL CORPSE und CRYPTOPSY ist da wirklich fast alles dabei.

Nun liegen ja erst drei Songs vor, wie wollt ihr euch entwickeln, wenn ihr euch in Zukunft mal an ein Album setzt. War „Warfare Of Minds“ schon ein eindeutiger Richtungsweiser oder erwarten diejenigen, die diese Promo schon beachtlich fanden, letztlich auf der ersten Langrille, wenn sie denn kommt, gänzlich andere Töne?

Ja und nein. Ich denke mal, dass wir mit der Demo zu einer gewissen Duftmarke gelangt sind; die werden wir auch so schnell nicht wieder ablegen, denn das ist die Musik, wie ich sie mir vorstelle. Dennoch wird das Album eine deutliche Weiterentwicklung vorweisen. Meine Devise ist (meistens zumindest, hehe): überall noch extremer werden. Alle Fragmente, die wir mit Heresy benutzen, werden weiter ausgebaut. Es wird melodischer, brutaler, vertrackter, einfacher etc. Dieses Vorhaben ist groß, aber auch machbar. Ich habe jetzt schon wieder tausende Ideen, die ich in der nächsten Zeit mal zu Papier (bzw. Festplatte) bringen werde.
Heresy wird sich immer weiter entwickeln. Schließlich machen wir diese Musik für uns. Wir leben sie, wir lieben sie und wir werden immer versuchen, das Ganze noch zu verbessern. So was klingt zwar doof, wenn man gerade sein erstes Demo rausgebracht hat, aber who cares?

Wann können wir denn mit dem ersten HERESY-Longplayer oder sagen wir mal nächsten Output rechnen?

Wie gesagt, die Ideen und erste Songs sind vorhanden. Heute habe ich auch ein Telefonat mit einem Frankfurter Drummer geführt, was schon mal ein Riesen-Fortschritt darstellt. Wenn der Klausurenstress, in dem Eva und ich uns momentan befinden, erstmal vorbei ist, werden wir anfangen, uns gemeinsam über das Album Gedanken zu machen. Produzieren wird es wahrscheinlich wieder Tobias Lehnert. Die Zusammenarbeit war super, der Sound ist gut geworden. Da kann man noch wesentlich mehr rausholen, vor allem, wenn man mal bedenkt, dass „WOM“ nicht gemastert wurde; zumindest nicht im konventionellen Sinn.

Zur Bandzusammensetzung: Auf Klampfer Thorsten hat der Rest ja runde acht Jahre Abstand, stellt das vielleicht Probleme dar?

Absolut nicht. Thorsten und ich ergänzen uns absolut. Wir gehen privat mit unseren Lebensgefährtinnen weg; die Chemie stimmt. Ich habe noch nie viel Wert auf Alter gelegt. Ich kann mich mit einem 60 Jährigen genauso gut unterhalten wie mit einem 18 Jährigen. Bei Thorsten, Marko und Eva ist das ähnlich.

Welchen musikalischen Hintergrund haben die einzelnen Bandmitglieder?

Ich habe bei der Heidelberger Death Metal Band „INTO DARKNESS“ Bass gespielt; davor gab es ein paar versuchte Projekte und Coverbands. HERESY ist sozusagen mein erstes (und hoffentlich auf lange Sicht einziges) Baby.
Thorsten hat auch schon bei einigen Metal-Bands gezockt, die allerdings nie das Licht der Bühne erblickt haben.
Eva war jahrelang Sängerin bei „MISFIT“, einer Power Metal Band, die beachtlich viel rumgekommen ist und Marko hat in seiner Umgebung (er kommt ja aus dem Heidelberger Raum, wo ich auch bis vor knapp 2 Jahren gelebt habe) noch ein thrashig angehauchtes Projekt.

Nun auch mal ein Lob an eure Frontwutz: endlich mal wieder ein vernünftiger Eber, der zur Mucke passt. Mit was gurgelt der gute Marko denn so?

Schnaps, Bier, Marlboro und Kaffee. Seine Stimme ist genial. Er schafft es giftig, brutal und gleichzeitig noch differenziert zu klingen. Zumindest kann ich raushören, was der da ins Mikro grunzt, aber ich habe ja auch den größten Teil der Texte verfasst, haha.

Bei euch hat zudem ein Meedsche die klassische Position für Frauen in Metalbands dieses Genres übernommen: das Langholz. Ist sie schon Chef oder muss sie noch Kaffee kochen?
Zumindest guckt ihr ja auf den Promopics wie eine intelligente Band; hat die Eva da schon derbes Posen und Bösegucken verhindert? Wie läuft es mit dem weiblichen Viertel?

Ich glaube, Eva wäre die erste, die posen würde, haha! Du müsstest mal die „Outtakes“ aus dieser Foto Session sehen. Da könnte man meinen, wir wären MANOWAR, besoffen und auf LSD!
Und Chef ist keiner bei uns. Wir versuchen, eine demokratische Band zu sein, obwohl ich als Gründer und Hauptsongwriter natürlich mehr Einfluss auf das Tagesgeschehen habe. Aber ich mache keine Entscheidungen, ohne sie vorher ausgiebig mit Eva, Thorsten und Marko abgesprochen zu haben. Dieses Interview wird auch erst von allen gelesen, ehe es an dich wieder zurückgeht. Nicht, dass ich anfange, über irgendwelche Peinlichkeiten zu schwafeln, hehe.

Eine Sache verwundert zudem: Auf eurer HP steht bei Evas Last 3 Words „Stahl, Titten, Alkohol“. Wieso denn Titten? Als Milchbar für den Kaffee, den sie für euch Kerle kochen muss?

Ich glaube, das ist der GAMMA RAY Einfluss, den wir alle haben, haha!
Der Hintergrund zu diesem Spruch ist folgender. Die gute Eva hat sich ein T-Shirt drucken lassen, auf dem diese magischen 3 Wörter draufstehen. Das Ding ist auf allen Festivals und Konzerten DER Renner! Jeder dreht sich um, lacht, brüllt „GENAU!!“ oder fragt sie, wo man solche Shirts kriegt.
Jetzt aber mal kurz im Ernst: Eva ist ein vollwertiges Mitglied, die Tatsache, dass sie eine Frau ist, hat für mich bei der Entscheidung, als wir sie in die Band nahmen keine Rolle gespielt. Sie macht ihren Job genau so gut wie jeder Basser auch.

Eigentlich sollte Eva ja das weibliche Fünftel sein; eure Promo ist vom PC-Lombardo eingeprügelt worden. Wie sehen die Möglichkeiten zurzeit aus, endlich einen echten Kesselwüterich in die Mannschaft holen zu können? Wenn nicht, wieso dauert das denn solange? Wenn man nur mal auf YouTube guckt, finden sich doch Horden Trommelungeheuer, die euren zugegeben recht anständig programmierten Virtual-Schlagwerker locker ausstechen.

Das Problem scheint sich ja erübrigt zu haben. Wir haben momentan einen Frankfurter Drummer an der Hand. Wenn’s gut geht, seid ihr die ersten (abgesehen von uns), die das auf eure Homepage stellen dürft, hehe.

Wenn die Sache geklärt und der neue Mann eingespielt ist: Wann können wir dann eurer Meinung nach mit Gigs rechnen?

Gute Frage. Ich geh auf keine Bühne, ehe nix ordentlich sitzt. Es ist eine Sache, im Studio gut zu sein, wo man im Sitzen spielt und danach noch tausende Möglichkeiten hat, kleine Macken auszubessern. Live ist dann doch schon anspruchsvoller.

Gesetzt den Fall, alles läuft bestens: Welche Festivals/Gigs wollt ihr unbedingt mal spielen?

Mich reizen sowohl große Festivals als auch kleine Club-Gigs. Unsre großen Sommerfestivals wären sicherlich der Hammer. Aber auch kleine Clubs wie das Dynamo in Zürich, oder der Schwimmbadclub in Heidelberg; das sind Locations, wo ich liebend gerne spielen würde und auch schon gespielt habe.

Wenn man bedenkt, welche Schwachsinnscombos tatsächlich Plattenverträge erhalten, stellt sich natürlich die Frage, ob ihr als wertvolle Kapelle einen Deal erhaltet. Irgendwo schon mal irgendwas angedacht oder sogar besprochen worden?

Naja, wir haben das Demo ja bekanntlich auch an ein paar Labels geschickt. Diejenigen, die den Anstand hatten, überhaupt irgendwas zurückzuschreiben, kamen mit einer Absage an. Aber bei einem Label stand noch so was wie: Bitte schickt uns weiterhin Promos zu. Das werden wir machen. Lasst euch überraschen, wo wir zum Schluss landen, haha.

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen. An dieser Stelle wie immer die letzten Worte der Band an die Leserschaft: …

Bleibt brav, hört unsere Demo, geht auf Konzerte, unterstützt den Underground. Was sagt man denn noch so zum Schluss? Ach ja, ebenfalls danke an Metal.de für das Review und das Interview!

22.12.2006
Exit mobile version