Henker
Interview mit Bassist David zu "Slave Of My Art"
Interview
Frankreich bietet mit HENKER eine junge, frische Death-Metal-Formation, die mit „Slave Of My Art“ ein wahnsinnig heftiges und beeindruckendes Bollwerk vorgelegt hat. Zudem sind die Musiker um Innovation in Sachen Spiel und Technik bemüht, was natürlich ein triftiger Grund ist, den Jungs ein paar Antworten aus dem Ärmel zu leiern. Wir baten Bassist David zum Appell.
Als erstes muss ich gleich anmerken, dass ihr einen verdammten Kinnhaken von Album veröffentlicht habt. Ihr verbindet angesagte Elemente des Death Metals mit einer wahnwitzigen, stellenweise schwindelerregenden spielerischen Leistung. Manche werden auch bei euch nun auch den Terminus Deathcore einsetzen, weil ihnen nichts besseres einfällt oder weil sie sich nicht richtig mit dem auseinandersetzen, was ihr fabriziert…
Ich persönlich würde euch einfach als Death Metal bezeichnen und wenn überhaupt ein „Technical“ hinzufügen… Wo siehst du euch und wie geht ihr mit Schubladen um?
Erstmal danke für das große Kompliment! Bands richtig einzuordnen ist heutzutage wesentlich schwerer. Es gibt so viele Einflüsse und Stile, die Bands in ihre Songs einfließen lassen. Was uns betrifft, so treffen auf unsere Musik sicherlich einige Kriterien zu, die spezifisch für Death Metal sind, aber man muss darin eben seine eigene Identität finden.
Unser erstes Album sollte einfach absolut brutal sein. Es ist schnell, technisch, eben moderner Death Metal. Auch wenn es etwas „gemäßigtere“ Songs wie z.B. „Chaotic System“ oder „No Turning Back“ gibt, drücken wir doch die meiste Zeit ziemlich auf’s Gaspedal. Die kleinen atmosphärischen Interludien geben dem Hörer eine kleine Verschnaufpause, aber mehr auch nicht!
Spielt euer Drummer tatsächlich diese ganz schnellen Doublebassparts (’ne Nähmaschine ist gar nix dagegen!) oder habt ihr da doch ein wenig mit der Technik nachgeholfen…
Unser Schlagzeuger hat sich an den „Giant Step“ Pedalen von Sonor ausprobiert: Mit denen erreicht man einfach eine irre Geschwindigkeit auf den Bass Drums, da man mit einer Zehen-Hacken-Bewegung gleich zwei Kicks pro Pedalanschlag erreicht. Wir mögen den Effekt der Giant Step Pedale und wollten ihnen deshalb auch die Schlüsselrolle auf dem Album zukommen lassen. Zukünftige Songs sollen aber noch flüssiger und noch besser werden. Mit seinen „quadru beats“ eröffnet der Schlagzeuger eine ganz neue Dimension, an der wir in den extremen Parts noch weiter dran feilen werden.
Diese neue Methode stößt auf Neugier wie Kritik gleichermaßen, was uns allerdings schon vorher klar war. Das passiert einfach, wenn man eine neue Spieltechnik, einen neuen Stil verwendet. Unsere Philosophie ist, dass Death Metal ein experimenteller Musikstil ist, also offen für neue Techniken.
Im Studio haben wir ausgiebig und lange mit der neuen Schlagzeugtechnik experimentiert, und natürlich wollen wir live auch die gleiche Qualität bringen, wie auf der Platte. Aber um eins definitiv zu klären: Selbst wenn man im Studio auf diverse technische Hilfsmittel zurückgreifen kann – gespielt wird die Musik immer noch von Menschen.
Was mich an eurer Musik beeindruckt ist, dass es kein Instrument gibt, das benachteiligt wird… naja, außer vielleicht der Bass, der aber meistens ein wenig hinten runter fällt, da er halt für die Basis zuständig ist. Jedenfalls bilden die Hauptakteure an der Gitarre und am Schlagzeug wirklich eine Art Non-Plus-Ultra. Kaum ist das eine elegante oder hammerhart brachiale Riff inklusive mehreren Fills vorbei, holzt einem das Schlagzeug auf absolut hohem Niveau dermaßen die Hucke voll, dass man als Hörer kaum noch aus dem Grinsen raus kommt.
Seid ihr Perfektionisten? Wie schafft ihr es, derart komplexes Material zu bringen? Habt ihr besondere Erfahrung an den Instrumenten?
Ja, ein bisschen sind wir schon Perfektionisten. Seit unserem Demo aus dem Jahr 2003 ging es bei uns in punkto Geschwindigkeit und Brutalität nur vorwärts. Wir spielen jetzt wesentlich extremer und technischer. Allerdings waren auch gut drei Jahre harte Arbeit nötig, um dieses Level zu erreichen. An „Slave Of My Art“ haben wir dann ganze zwei Jahre gewerkelt. Eine wesentliche Triebfeder unserer Evolution war unser Schlagzeuger, und wir wollen die Giant Step Technik in unserer Musik noch weiterentwickeln und verfeinern.
Mich interessiert, wie ihr an eure Songs herangeht. Verbringt ihr Wochen im Proberaum um ein Stück zu komponieren und diskutiert ihr ebensolang an Part X und Y herum oder seid ihr euch sehr schnell einig? Komplexe Musik benötigen oft komplexe Vorbereitungen…
Es gibt bei uns nur zwei Wege: Entweder gemeinsam oder allein. Entweder fangen die Gitarristen mit einem Riff an, oder der Schlagzeuger mit entsprechenden Rhythmuspattern an. Im anderen Fall jammen wir alle zusammen und nehmen das Ganze auf. Später hören wir uns das an, und nehmen uns sozusagen die Teile raus, die uns gefallen. Wir nehmen uns viel Zeit bei den Arrangements, die den komplexesten Teil im gesamten Prozess ausmachen. Ganz zum Schluß werden dann die Texte der Songs geschrieben.
Der Name HENKER ist übrigens absolut genial finde ich. Er passt einwandfrei zur Musik und drückt zudem eine Menge Härte und auch Brutalität aus. Wie zum Teufel kamt ihr auf diesen deutschen Begriff?
Genau aus dem Grund, den du bereits genannt hast: Er passt einfach bestens zu unserer Musik. „Henker“ klingt einfach brutal, auch wenn die meisten Franzosen und andere Leute, die nicht des Deutschen mächtig sind, wohl kaum was damit anfangen können.
…und was hat die Sache mit dem Samurai auf dem Artwork auf sich?
Der passt sozusagen genauso gut zu uns. Er wurde vom französischen Tattookünstler Blaise entworfen. Der Krieger auf den Covern unserer CDs ist ein Symbol für uns, inspiriert durch den Geist der Samurai und dem Buch der fünf Ringe. In unseren Texten erzählen wir die Geschichte dieses Samuraikriegers. Er lebt in einem kriegerischen Universum, welches strengen Regeln unterworfen ist, konditioniert auf’s Kämpfen. Unsere Texte sind eine Vision seiner Welt.
Hattet ihr nie Angst mit eurer Musik einfach als eine von vielen abgestempelt zu werden? Ich meine, musikalisch seid ihr absolut eisern und kaum eine andere Band aus der modernen Nachwuchs-Death-Metal-Welt kann euch das Wasser reichen, aber wenn man „Slave Of My Art“ einlegt und zunächst nur den Sound und die Produktion wahrnimmt, kann man im ersten Augenblick schnell „ach sowas mal wieder…“ sagen und sie auf den Stapel mit den anderen unzähligen Modern Death Metal / Deathcore CDs legen…
An sowas denken wir nicht, wenn wir an neuem Material arbeiten. Wir machen die Musik, die wir selbst mögen – ob wir damit herausstechen entscheiden am Ende die Hörer. Man sollte nicht zwanghaft versuchen, möglichst einzigartig zu sein, sondern vor allem Musik spielen, die rockt!
Was hältst du denn von…
CRYPTOPSY – Als ich sie damals für mich entdeckt habe, war ich regelrecht erschüttert. Eine Wahnsinnsband, ihre Konzerte sind einfach umwerfend.
BENEATH THE MASSACRE – Die wahrscheinlich beste, moderne Death Metal Band zur Zeit. Ein Mix aus Geschwindigkeit und Heaviness, sehr gute Songs und Produktion.
DESPISED ICON – Der Death Hardcore Spirit schlechthin, ich liebe diese Band einfach.
ION DISSONANCE – Total dekonstruiert, sehr mächtig und vor allem rhythmisch sehr techniklastig.
Werden wir in Deutschland die Chance haben, euch live sehen zu können?
Wir hoffen natürlich, dass wir bald mal in Deutschland auftreten können – die erstbeste Chance dazu werden wir ergreifen! Wir wissen aber, dass wir dabei geduldig bleiben und vor allem weiterhin hart arbeiten müssen. Mehr Alben rausbringen, und dann geht es vielleicht wirklich mal auf Tour durch die ganze Welt…
Was mir seit dem ersten Hördurchlauf im Kopf herumschwirrt: Warum um Himmels Willen habt ihr noch keinen Vertag bei einem großen Metallabel? Ich meine, ey, euer Album ist der Hammer! Ohne jetzt direkte musikalische Vergleiche ziehen zu wollen, aber allein von der fantastischen Technik her säbelt ihr so manch großen und etablierten Namen sowas von weg von der Bühne, dass nicht einmal Krümel übrig bleiben… Was habt ihr verpasst oder was ist (noch nicht) passiert, dass ihr noch ohne Deal von z.B. Nuclear Blast oder Metal Blade, Century Media, was weiß ich… dasteht?
Danke für diesen Enthusiasmus! Wir sind mit „Slave Of My Art“ tatsächlich bei einigen Labels vorstellig geworden, aber bisher hat sich noch keiner von denen bei uns gemeldet. Deshalb machen wir derzeit noch alles selbst: die Produktion, Promotion, Tourorganisation. Diesen Kram würden wir liebend gerne einer Crew überlassen, weil das kaum noch was mit Musik machen zu tun hat, sondern ein richtiger Job ist. Hoffentlich finden wir ein paar tatkräftige Leute, die uns unterstützen wollen.
Ich danke dir für diese Gelegenheit etwas mehr über euch zu erfahren! Ich hoffe, dass die großen Labels ihre Scheuklappen abnehmen und endlich mal wieder richtig hinhören, was an der Basis passiert! Ihr habt es verdient einen amtlichen Deal zu ergattern!
Wir danken allen Leuten, die uns unterstützen und offen für neue, extreme Musik sind. Für uns ist Metal wie eine große Familie. Musik ist für uns eine Leidenschaft, die wir bei unseren Konzerten mit anderen teilen wollen. Wir wollen weiter wachsen, uns weiter entwickeln, immer besser werden.
Danke für das Interview und dein Interesse an uns! Stay brutal!
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