Hemelbestormer
"Wir stehen für Old-School-Werte!"
Interview
Die Belgier von HEMELBESTORMER bringen demnächst ihr neues Album „A Ring Of Blue Light“ heraus, welches die zweite Full-Length nach „Aether“ (2015) ist. Im Zuge der Veröffentlichung und auch einem gestiegenem Interesse im Untergrund an dem atmosphärischen, aber auch beizeiten brachialen Sound der Post-Metaller, der für den Interviewer erstmals live beim De Mortem et Diabolum 2017 in Berlin erlebt werden durfte, standen Filip Dupont (Gitarre) und Frederik Cosemans (Schlagzeug) für Antworten zur Verfügung.
Habt ihr dieses Mal verglichen zu den Aufnahmen und im Songwriting für „Portals“ und „Aether“ irgendwas anders gemacht?
Filip: Ich schreibe und nehme die ganze Musik zu Hause bei mir auf. Das sind komplette Vorproduktionen, die wir während der Proben ausarbeiten. Wir sind bislang alle unsere Veröffentlichungen so angegangen. Wenn ich allein bin, hab ich Zeit, in die richtige Stimmung zu gelangen oder abgelenkt oder gestört zu werden. Es bietet mir auch die Möglichkeit, mit mehreren Ebenen und Layern von den Gitarrenspuren und den Synthesizern zu spielen, was so bei Proben nicht möglich wäre. Diese bestimmte Atmosphäre ist sehr wichtig für HEMELBESTORMER. Wir spielen keine leicht verdauliche Musik und müssen eine gewisse Trance heraufbeschwören. Langsam. Das braucht Zeit und Geduld.
Wie ist es zu dem Labelwechsel von Debemur Morti zu Ván Records gekommen?
Frederik: Das ist wirklich keine große Geschichte. Wir hatten die Übereinstimmung mit Debemur Morti, „Aether“ rauszubringen und das war es dann, es gab keine weiteren Verpflichtungen für beide Seiten. Ván Records waren schon immer eines unserer Lieblings-Labels was die Qualität der Bands und die Integrität angeht, und da wir schon ein wenig Kontakt mit Sven hatten, fühlte es sich wie der richtige, logische Schritt an. Aber es war nicht die einzige Option. Wir hatten gute Gespräche und sind zu einem Einverständnis gekommen. Wir sind sehr froh, mit Ihnen arbeiten zu können, denn wir als Band und Ván als Label halten an „Old-School“-Werten und Arbeitsethos fest.
Ich wette, ihr werdet das äußerst oft gefragt, aber was ist die Geschichte hinter eurem Namen? Ich habe die Erklärungen von euch schon gelesen, aber das geht mir nicht tief genug.
Filip: Wörtlich übersetzt kann man HEMELBESTORMER als „Himmelsstürmer“ oder „Himmelsangreifer“ übersetzen, aber das Wort steht für revolutionäre Ideen und einen eigenen Kopf. Einen Idealisten, jemand der nicht Angst hat, die Pfade, die andere für einen geebnet haben, zu verlassen. Als Band können wir uns da einfinden. Vielleicht nicht allein in einer musikalischen Art, denn ich werde nicht so tun, als ob unsere Musik revolutionär oder komplett neu ist (Welche Musiker können das heute schon von sich behaupten?), sondern mehr in der Art und Weise, wie wir mit Dingen umgehen. Erstens, tun wir alles nur so, wie wir wollen, alles auf eigene Faust. Beispielsweise spielen wir keine Show, wenn wir aus welchen Gründen auch immer das nicht wollen, auch wenn das meint, 20 Shows im Jahr zu verlieren. Viele Bands wollen so oft wie möglich spielen, weil das ein Weg ist, schnell eine Reputation aufzubauen, aber für uns ist Qualität wichtiger als Quantität.
Wann fiel die Entscheidung, nur noch instrumentale Musik zu machen?
Frederik: Während der frühen Bandphase, als wir nur ein Trio waren, gab es nie das ausgesprochene Ziel, eine instrumentale Band zu werden. An diesem Punkt gab es noch keine richtigen Songs, also haben wir uns auch nicht großartig um die Stimme gekümmert. Als Filip dazu gekommen ist und gleich schon einige fertige Songs präsentiert hat, realisierten wir, dass eine Stimme da drauf das Ganze nicht wirklich besser macht. Die Songs haben auf sehr verschiedenen Ebenen funktioniert und die Atmosphäre ist einer unserer wichtigsten Aspekte, also dass die Musik eine Story erzählt. Das bedeutet nicht, dass wir niemals in der Zukunft Vocals benutzen werden, aber solange wir nicht irgendeinen Wert in Ihnen sehen, der etwas „extra“ zu einem Song besteuert, lassen wir sie einfach raus.
Ist eure Bühnenshow oder eher der Fakt, dass ihr keine richtige spielt, auch dem Aspekt geschuldet, mehr in der Musik zu versinken? Ich frage, weil andere Künstler das beinahe genauso tun (zum Beispiel CELESTE aus Frankreich, die in totaler Dunkelheit spielen und nur rote Kopflampen tragen und kurze Strobo-Attacken in ihrer Show haben). Dasselbe mit der visuellen Komponente in eurem Schaffen: Eure Videos für die Songs von „Portals“ sind sehr atmosphärisch und ausgearbeitet. Sind das genau die Bilder, die ihr mit eurer Musik im Kopf der Hörer auslösen wollt? Oder passten die einfach gut zur Stimmung dazu?
Frederik: Ja, genau so ist es. Unsere Musik ist sehr dunkel und intensiv, also ist ein korrektes „Setting“ sehr wichtig, um das auf das Publikum zu übertragen. Helle und bunte Farben würden da nicht viel Effekt bieten, wie du dir vielleicht denken kannst. Stattdessen wickeln wir uns in Dunkelheit und Nebel und lassen die Musik und die sparsamen Lichter die Arbeit machen. Der visuelle Aspekt (das Artwork, die Live-Projektionen, das Siegel …) ist sehr wichtig, da es unseren musikalischen Aspekt verstärkt. Wir probieren, die Hörerschaft mit einem sensorischen Overload zu packen und sie in unsere Songs hineinzuziehen.
Neben den kommenden Live-Aktivitäten, was sind eure weiteren Pläne und Ziele für HEMELBESTORMER für die Zukunft?
Filip: Wir haben keinen großen Masterplan und setzen uns auch eigentlich keine Ziele. Das könnte sich als sehr enttäuschend herausstellen. Dieses und nächstes Jahr werden wir ein paar Shows spielen, um „A Ring Of Blue Light“ zu promoten. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Für wen oder was seid ihr am meisten dankbar in eurer Karriere mit HEMELBESTORMER bislang?
Filip: Dafür, mit drei anderen tollen Menschen zusammen sein zu können. Zusammen teilen wir unvergessliche Momente. Einige gut, einige schlecht. Aber als eine Gruppe von Gleichgesinnten, aber doch einzelnen Individuen. Ohne dieses Gefühl würde ein tolles Album oder einen tollen Auftritt, den man abgeliefert hat, seine Bedeutung verlieren.
Frederik: Volle Zustimmung. All diese coolen Dinge tun zu können und zu all den neuen Orten gehen zu können, ist schon ein Geschenk für sich selbst, aber es mit guten Freunden machen zu können, macht es erst besonders. In einer Band mit Freunden zu sein erlaubt dir, alle Aspekte daran zu genießen und nicht nur die 40 Minuten auf der Bühne oder auf dem Album.
Was ist das Beste und das Schlechteste daran, dass ihr in HEMELBESTORMER spielt?
Filip: Wir alle legen viel Wert auf „Old-School“-Werte: Respekt, Freundlichkeit, Disziplin, Verantwortung … wir können uns gegenseitig vollkommen vertrauen und das hilft, die langen Tage auf Achse zu überstehen, neue, interessante Menschen kennenzulernen und die adrenalinreichen Momente auf der Bühne miteinander zu teilen. Wenn wir uns mal streiten, tun wir das als Freunde und nicht als Rivalen. Ich hab vorher in vielen verschiedenen Bands gespielt und kann sagen, dass eine gute Stimmung und ein Verständnis füreinander nichts Selbstverständliches sind. Also bin ich sehr dankbar, dass wir als HEMELBESTORMER so gut miteinander auskommen. Das meint aber nicht, dass der Rest der Welt darüber genauso denkt. Wir können sehr diszipliniert sein, aber leider kann man das nicht von allen erwarten, mit denen wir involviert sind. Ich persönlich lass mich sehr schnell von unerwarteten Entwicklungen stressen, die ich selber nicht kontrollieren kann. Meistens sind das Zeitpläne, Geldprobleme, Deadlines und so. Der nackte Business-Teil ist unvermeidbar, aber nicht immer angenehm.
Wie würdet ihr an eure Musik herangehen und sie sich entwickeln lassen, wenn Geld kein Problem wäre? Gäbe es Dinge, die ihr anders als nun tun würdet?
Frederik: Nun ja, es ist nicht so, als ob wir mit dem, was wir tun, Unsummen von Geld verdienen würden, aber das ist ok so. Wir haben alle reguläre Jobs, die wir lieben, und ich glaube, niemand von uns würde es mögen, abhängig vom Musikmachen zu sein. Musik ist ein Hobby, vielleicht sogar Passion, etwas, das das gewisse Extra im Leben bringt. Ich brauche Musik in meinem Leben aus vielen verschiedenen Gründen, aber es ist nicht mein ganzes Leben. Nebenbei, wenn du mit Musik anfängst, um Geld zu verdienen, hast du aus den falschen Gründen angefangen. Du solltest Musik spielen, weil du es liebst, an deine musikalische Vision glaubst und dich ständig darum bemühst, nicht um Geld zu verdienen. Also, falls wir alle reich wären, würden wir nichts anders machen. Wieso sollten wir auch?
Wenn ihr mit HEMELBESTORMER nicht die Pfade beschreiten würdet, die ihr nun geht, was wäre das nächstgelegene musikalische Genre? Oder habt ihr irgendwelche anderen kreativen Auslasse und Ideen, die ihr gerne in anderen Projekten verwirklicht sehen wollt?
Frederik: Ich habe einen weiten musikalischen Geschmack und mag es, verschiedene Stile zu spielen, so lange ich ganz mit Herz und Seele dabei bin. Ich bin auch in einer anderen Band namens HEDONIST und wir spielen eine Mischung aus Stoner und Rock’n’Roll. Denk an so etwas wie MOTÖRHEAD meets HIGH ON FIRE und du bekommst eine grobe Idee. Filip und ich sind auch in einem anderen Projekt namens RITUALS OF THE DEAD HAND, welches in ein wenig extremere Regionen geht. Unser erstes Album „Blood Oath“ kommt in ein paar Monaten heraus und wenn du auf langsamen, schweren und angeschwärzten Doom/Death stehst, solltest du es definitiv auschecken!
Würdet ihr sagen, dass irgendwas an euch „typisch belgisch“ ist? Gibt es vielleicht sogar Einflüsse aus der belgischen Kultur, die bis in HEMELBESTORMER hineinschwappen?
Frederik: Neben unserem Namen, der offensichtlich ein niederländisches Wort ist, kann ich ehrlich gesagt keine typischen Einflüsse in unserem Sound erkennen. Ich finde es auch sehr schwierig, solche Einflüsse zu definieren, da sie sehr abstrakt und vage sind. Einen typisch belgischen Sound heraushören zu wollen, ist auch sehr schwer. Es gibt viele tolle Bands in unserem kleinen Land, aber ich kann nicht behaupten, dass sie „belgisch“ klingen, da ich nicht glaube, dass so etwas existiert. Natürlich gebrauchen manche Bands die niederländische Sprache oder referenzieren gewissen Folklore in den Lyrics, aber macht das einen „belgischen Sound“? Ich denke nicht und ich halte es auch für weniger wichtig.
Ich denke, eure Musik ist ein wenig introvertierter und die Atmosphäre, die sie erzeugt, funktioniert in kleinen, intimen Clubs sehr viel besser als auf einem großen Festival. Seht ihr das genauso? Davon abgesehen, würdet ihr trotzdem vielleicht mal lieber auf einem großen Festival spielen?
Frederik: Wie ich schon in der vorigen Frage sagte, ein passendes Setting ist sehr wichtig für uns und kleine Clubs sind allgemein gesagt besser dafür geeignet, aber das bedeutet nicht, dass wir keine gute Show auf anderen Veranstaltungen haben können. Wir haben auch schon größere Festivals während Tageslicht gespielt und die Leute haben es immer noch abgefeiert, also denke ich kann das genauso gut funktionieren. Größere Festivals zu spielen ist immer cool, denn du kannst viel mehr Leute erreichen, aber das ist nicht unsere Hauptpriorität. Im Idealfall bevorzugen wir wirklich kleinere, dunklere Orte, wo auch der visuelle Aspekt in unserer Musik besser ausgenutzt werden kann, da er den letzten Schliff bringt.
Das ist es dann so weit von mir, falls ihr noch letzte Wort an eure Fans oder den Rest der Welt habt, hier ist der Platz dafür …
Filip: Danke fürs Interview. Wir spielen bald ein paar Shows in Deutschland, um „A Ring Of Blue Light“ zu promoten. Köln, Würzburg, Hamburg, Münster, Bremen und Freiburg stehen auf dem Programm. Bleibt via Facebook auf dem Laufenden und wir würden uns freuen, euch live zu sehen.