Hammerfall
Hammerfall
Interview
Hector, der Ritter ohne Furcht und Tadel ist wieder zurück und geht mit "Chapter V: Unbend, Unbowed, Unbroken" erneut und mit mehr Selbstvertrauen denn je in die Schlacht. An seiner Seite steht sein bester Kumpel Joacim Cans, der mit mir ausgiebig über das neue Material, neues Terrain und Dimebag sprach und die Frage klärte, ob Hammerfall nun wirklich solche Poser sind.
Peter: Was erwartet Ihr von Eurem neuen Album “Chapter V – Unbent, Unbowed, Unbroken” in Bezug auf die Akzeptanz Eurer Fans und der Stellung von HAMMERFALL in der internationalen Metalszene?
Joacim: Ich hoffe, dass die Fans dieses Album genauso gut aufnehmen werden, wie das bei den vorangegangenen Alben der Fall war. Ich bin sogar überzeugt davon, denn meiner Ansicht nach ist es ein sehr starkes Album. Es ist unsere bisher ausgereifteste Platte und beinhaltet einige der besten Kompositionen, die wir je geschrieben haben. Ich hoffe, dass wir die Position, die wir momentan inne haben, festigen und vielleicht einen weiteren Schritt nach vorne gehen können. Das erreichen einer breiteren Fanbasis wird davon abhängen, wie die Medien das Album behandeln werden. Es ist eine reichlich knifflige Angelegenheit, die man nicht voraussagen kann. Aber wir tun unser Bestes.
Peter: Seit Ihr Eurer Meinung nach mit der neuen Platte einen Schritt weitergegangen, habt Ihr Euch in Euren Augen weiterentwickelt?
Joacim: Ich denke die Art und Weise, wie Oscar (Dronjak, Leadgitarrist, Anm.d.Red.) und ich dieses Mal die Versatzstücke wie z.B. das Songwriting zusammengefügt haben, war durchdachter als zuvor. Wir haben uns nicht drastisch verändert, denn das wäre dumm. Hammerfall sind Hammerfall, wir haben einfach ein paar neue Elemente hinzuaddiert. Da wären zum Beispiel ein zwölf Minuten langer Song, ein Cembalothema im ersten Song und auch die Vocals sind rauer geworden. In ihnen steckt jetzt mehr Kraft und ich bin froh, dass ich in der Lage war sie so einzusingen. Das war etwas, was ich auf meinem Soloalbum weiterentwickelt habe und darauf habe ich dann auf der neuen Hammerfall Platte aufgebaut.
Peter: Für „Chapter V“ habt ihr wieder mal ein neues Studio in Beschlag genommen, unter anderem wurde in den Lundgaard Studios in Dänemark produziert. Warum habt Ihr Euch dafür entschieden?
Joacim: Ich habe eigentlich im Internet nach einem Studio gesucht, welches nicht so weit von zu Hause entfernt ist, so dass ich täglich nach Hause fahren konnte. Lundgaard hatte alles, was wir brauchten, wie ein fantastisches Studio für Drum Recordings oder Vocal und Gitarren Tracking. Die hatten auch einen Catering Service und Unterkünfte im Studio, so dass wir uns nicht um Hotelbuchungen oder Autovermietungen kümmern mussten. Wir gingen einfach ins Studio und alles war da! Es war auch sehr entspannend, dass das Studio außerhalb des Stadtgebietes liegt, tatsächlich am Ende der Welt.
Peter: Wie bei „Crimson Thunder“, so hat auch dieses mal Charlie Bauerfeind an den Reglern gedreht. Das war also das erste Mal, dass ihr ein und demselben Producer in Folge komplett freie Hand gelassen habt, ohne selbst als Co-Producer aktiv zu werden. Ist Charlie also ab jetzt Euer Mann oder warum habt Ihr ihn wieder gewählt?
Joacim: Ich denke ja, das ist zumindest unser heutiger Standpunkt. Charlie ist einfach der perfekte Producer, er hat uns geholfen unseren eigenen Sound zu finden, da wir vorher etwas auf der Suche danach waren. Die ersten beiden Alben klingen zwar gut für das, was sie sind und das dritte Album mit Michael (Wagener, Producer, Anm.d.Red.) war sehr rifforientiert, aber wir wollten damals halt einfach ausprobieren, wie es klingen würde. Mit Charlie hat sich jetzt alles zusammengefügt, er war das letzte fehlende Puzzelteil. Ich möchte mit niemandem sonst zusammenarbeiten, weil ich jetzt seine Arbeitsweise und auch ihn als Persönlichkeit kenne. Für mich ist er also der ultimative Producer.
Peter: „Knights Of The 21st Century“ ist der letzte Song auf „Chapter V“ und ein ziemlich bemerkenswerter. Zum Einen ist es mit über 12 Minuten das längste Stück, das Ihr je geschrieben habt. Zum Anderen hat Cronos, Fronter der frühen Black Metal Legende VENOM, einen Gastauftritt in dem Song. Wie kann es zu dieser ungewöhnlichen Kollaboration?
Joacim: In dem Song singe ich die Zeile „Stand up and be counted“ und so heißt auch ein Venom Song aus den 80ern. Und wir dachten uns „Hey, es wär doch cool Cronos diese Zeile singen zu lassen“. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, dass wir ihn in irgendetwas anderes einbinden sollten. In diesem letzten Song gibt es eine langsame Passsage und ich dachte, es wäre cool, wenn man da mit Cronos so ein Frage/Antwort-Gut/Böse Spiel einbauen würde. Charlie Bauerfeind kennt Cronos, also rief er ihn an und fragte, ob er Teil des neuen Hammerfall Albums sein wollte. Cronos hörte sich den Song an und sagte ja. Er nahm dann seinen Teil in einem Studio in England auf und sandte uns dann einfach die Datei.
Peter: Wie denkst Du werden Eure Fans auf diese Zusammenarbeit reagieren?
Joacim: Ich denke die Leute werden es wirklich mögen, weil es so anders ist. Bei der Listening Session haben wir den Journalisten erzählt, wir hätten einen Gastsänger auf dem Album und ich glaube jeder hat an Udo oder Kai Hansen gedacht. Und dann kommt da auf einmal Cronos. Ich denke die Leute werden die Kollaboration mögen und hoffe, dass die Tatsche, dass der Mitbegründer des Black Metal mit Hammerfall singt, auch einige Reaktionen in der Black Metal Szene hervorruft. Darauf warte ich eigentlich, denn das ist eine ziemlich kontroverse Angelegenheit.
Peter: Für das Cover Artwork hat wieder Samwise Didier verantwortlich gezeichnet. Warum habt Ihr ihn zum zweiten Mal Andreas Marshall vorgezogen, da seine Coverillustrationen sich ja stilistisch nicht großartig voneinander unterscheiden?
Joacim: Er hat diesen Stil, den Andreas Marshall kreiert hat, weiterzuverfolgen. Marshall entwarf den Krieger, der all unsere Cover ziert, und Sam fährt damit fort. Ich denke Sam hat eine andere Art und Weise die Dinge zu betrachten und er macht nichts Anderes für irgendwelche anderen Bands. Andreas Marshall hat dagegen sehr viel in den letzten fünf bis sechs Jahren gemacht. Wenn du dich umschaust, dann siehst du ein Marshall Cover. Und da er eine kreative Person ist, hat es sich angefühlt, als ob er zuviel machte. Wir wollten einfach sehen, wie ein mit einem Zeichenprogramm auf einem Computer erstelltes Cover aussieht, denn so macht es Sam. Andreas malt alles von Hand. Ich denke das neue Single- wie auch das Albumcover sehen fantastisch aus. Ich bin wirklich zufrieden damit, Sam hat fantastische Arbeit geleistet!
Peter: Wo Du es gerade angesprochen hast: Hector der Ritter zierte bisher jedes Eurer Cover. Seht Ihr ihn als Euer Alter Ego?
Joacim: (lacht) Na ja, rennen wir nicht alle mit Hammer und Schild durch die Gegend, haha? Ich denke er ist das Symbol für Hammerfall, das Markenzeichen. Schau dir den Albumtitel an: „Unbent, Unbowed, Unbroken“. Er hat so viel durchgemacht. Er hat so viele Schlachten geschlagen und steht immer noch da. Er wird sich vor nichts und niemanden verbeugen! Das gilt auch für die Band. Wir mussten in der Vergangenheit viele harte Schläge hinnehmen aber das spielt keine Rolle, denn wir werden weitermachen!
Peter: Eure letzten drei Alben wurden in teilweise aufwendigen Special Editions veröffentlicht. Was können wir für „Chapter V“ erwarten?
Joacim: (zögernd überlegend) Ähh, ja nun…(zu Markus Wosgien, Promotion): Markus, was für verschiedene Versionen werden wir veröffentlichen?
Markus (nach einer längeren Pause im Hintergrund): Ööööh…
(allgemeines Gelächter)
Joacim: Na ja, also es wird die reguläre CD Version geben, ein Digipack, eine DVD-Audio 5.1…
(Stimmengewirr im Hintergrund)
Joacim: Ah, okay, es wird ebenso eine Mailorder Edition geben, so ein Nuclear Blast Special Ding. Und natürlich Vinyl.
Peter: Picture?
Joacim (überlegend): Ja klar, das ist reichlich offensichtlich, haha!
Peter: Ist zum neuen Album schon eine Headlining Tour geplant?
Joacim: Wir machen eine sehr kleine Europa Tour, bestehend aus fünf Shows. In Deutschland werden wir drei Gigs spielen, in Fiedlerstadt, Oberhausen und Lichtenfels. Ansonsten spielen wir in der Schweiz, in Schweden, in Südamerika und Japan. Dann werden wir uns aber mehr auf Festivals konzentrieren.
Peter: Nach „Crimson Thunder“ ist dies das zweite Mal, dass Jesper Strömblad von IN FLAMES nicht mehr am Songwriting beteiligt war. Vermisst Ihr seinen Input?
Joacim: Er hat andere Einflüsse und hat sicherlich zum Songwriting beigetragen. Aber ich denke, dass die Songs, die Oscar und ich jetzt geschrieben haben, genau das sind, worum es bei Hammerfall geht, vor allem, was das Riffing angeht. Ich denke, wir haben den Stil von Hammerfall gefunden. Jesper war mehr an dem schnellen, melodischen Zeug interessiert, wir dagegen gehen mehr in die Midtempo Richtung. Natürlich wäre es cool, wenn man sich jetzt hinsetzen würde und schaute, was dabei rauskäme. Abwarten…
Peter: Ist es wahr, dass HAMMERFALL zunächst nur ein Spaßprojekt war, unterstützt von IN FLAMES und DARK TRANQUILLITY Mitgliedern, und erst mit dem überraschenden Erfolg ernst wurde?
Joacim: Nein. Fakt ist, es hat als Nebenprojekt begonnen. Oscar hat die Band gegründet. Er spielte vorher in CRYSTAL AGE und CEREMONIAL OATH und trommelte dort ein paar Freunde zusammen, die die Musik spielen wollten, die sie liebten und mit der sie aufgewachsen waren, auch wenn sie vorher Death Metal spielten. Sie haben bei dem jährlichen Rockslaget-Wettbewerb mitgemacht und kamen im dritten Jahr ihrer Teilnahme bis in das Halbfinale. Mikael Stanne musste dann aber auf Tour mit DARK TRANQUILLITY gehen, also riefen sie mich an und fragten, ob ich aushelfen würde. Wir spielten die Show, die dann auch aufgenommen wurde. Das Tape sandten wir an das Label, welches auch CRYSTAL AGE veröffentlichte. Die sagten dann „Ja, lasst uns ein Album machen“ und ab dem Zeitpunkt sollte ich Teil der Band sein. Zwischen der Fertigstellung und Veröffentlichung des Albums, entschieden wir uns, dass HAMMERFALL eine Full-Time Band sein sollte. Wir wollten schauen, wie weit wir gehen konnten und das war auch der Grund, warum wir ein Line Up Wechsel noch vor der Veröffentlichung hatten (Anm.d.Red.: Jesper Strömblad (Drums) und Glenn Ljungström (Gitarre) wurden durch Patrik Räfling und Stefan Elmgren ersetzt).
Peter: Wie ist der Zusammenhalt in der True Metal Szene Eurer Heimat Schweden und Göteborg?
Joacim: Ich denke wir sitzen alle im gleichen Boot und versuchen uns gegenseitig zu helfen. Wir sind sehr eng mit DREAM EVIL und NOSTRADAMEUS befreundet. Es ist kein Wettbewerb in dem Sinne „Schau, die verkaufen mehr Platten als ihr, wollt ihr euch das gefallen lassen?“ und darüber bin ich sehr froh.
Peter: Da Ihr ja die bekannteste True Metal Band Göteborgs und Schwedens seid, fühlt Ihr Euch als Schutzherren der dortigen Szene?
Joacim: Aus der heutigen Sicht, da wir die meistverkaufte schwedische Band dieses Genres sind, ist es gut junge Leute zu treffen, die man beeinflusst hat. Ich denke, man muss das jüngere Publikum beeinflussen, um die Zukunft der Musik im Ganzen zu erhalten. Denn wenn man die Jüngeren nicht zu fassen kriegt, wird niemand mehr neue Bands gründen. Ich war selbst elf Jahre alt, als die NWOBHM ins Rollen kam und das eröffnete eine neue Welt für mich.
Peter: Wie oft spielt Ihr in Schweden und wie sind die Reaktionen der Leute? Ich meine, der stereotypische True Metal Lifestyle korrespondiert ja überhaupt nicht mit dem in Schweden vorherrschenden Konzept von Metal.
Joacim: Schweden ist unser größter Markt. Es ist irgendwie ein bisschen seltsam, denn wir kriegen in Schweden mehr Aufmerksamkeit von den Medien also sonst irgendwo, im Fernsehen und Radio zum Beispiel und zu den Live Shows kommen auch viele Leute.
Peter: Was denkt Ihr über den klassischen Poser Stereotyp und welche Rolle spielt er in Euren Leben? Show oder Lebensgefühl?
Joacim: Es wäre ziemlich dumm, wenn ich privat in Lederkluft, Nieten und dem Zeug rumlaufen würde…
Peter: Vergiss die Harley nicht!
Joacim: Ach ja, wie konnte ich nur, haha! Ich hab keine, aber Oscar schon. Bei dem neuen Album habe ich mich schon etwas „entkleidet“, ich trage keine Lederhosen und Nieten mehr…das ist, was ich jetzt bin. In meinen Augen aber gehen Leder und Nieten einher mit Metal. So wurde es in den 80ern erfunden. Und was man heute sieht, ist nichts im Vergleich zu damals. Ich habe 28 DVDs aus den Staaten mit Aufnahmen von Bands aus den 80ern und die sahen schrecklich aus! Schrecklich!!
Peter: Auf Euren vorangegangenen Alben habt ihr regelmäßig Coverversionen veröffentlicht? Habt Ihr jemals ein reines Cover Album in Betracht gezogen?
Joacim: Wir haben so viele Coversongs bisher gemacht, so dass es schwer wird welche zu finden, die man gerne aufnehmen möchte.
Peter: Na ja, also da gibt es eigentlich immer welche…
Joacim: Ja…
Peter: Zumindest für mich.
Joacim: Ja, für dich, vielleicht solltest Du ein Album aufnehmen, hehe…Also, wir haben da ein paar Ideen aber einfach nicht die Zeit, um zehn neue Coversongs zu veröffentlichen. Das braucht immer unheimlich viel Zeit die Dinger einzuüben und aufzunehmen. Wir versuchen uns auf unseren Kram zu konzentrieren.
Peter: Kommen wir zu einer traurigen Angelegenheit: Am 08. Dezember letzten Jahres wurde Dimebag Darrel auf der Bühne erschossen. Da Du ja auch schon einige Erfahrungen mit ausgeflippten Fans hast, wie denkst Du wird dieser Vorfall die Metalwelt verändern, was Moral, Sicherheit und Ruf angeht?
Joacim: Ich denke es wird vieles verändern, wenn es um Konzerte und Festivals geht. Es wird mehr für die Sicherheit getan werden, denn das, was passiert ist, ist schrecklich. Es geht einfach gar nicht, dass jemand so etwas tut, nur weil er die Gründe für die Unmöglichkeit einer Pantera Reunion nicht nachvollziehen kann. Das war einfach ein Wahnsinniger! Das ist ein großes Problem, denn im Metal war es schon immer so, dass die Verbindung zwischen den Bands und den Fans sehr stark war, weil wir zu jeder Zeit zugänglich waren. Bei einem Festival zum Beispiel kannst Du ja auch in der Gegend umherwandern und jegliche Bands anschauen. Also, ich denke es wird schon etwas ändern.
Peter: Was mich beim Hören Eures neuen Album stutzig gemacht hat ist, dass in fast jedem Song eine Botschaft von Dir eingeschnitten wurde, in der Du sagst, dass wir uns gerade eine Promo des neuen HAMMERFALL Albums anhören. Ist es nur ein Statement oder habt Ihr Angst vor einem frühzeitigen durchsickern ins Internet?
Joacim: Natürlich wird das passieren und bei unserem letzten Album war es schon drei Wochen vor der Veröffentlichung im Netz zu haben. Es ist nur ein Statement. Wer lässt denn die Alben frühzeitig ins Netz durchsickern? Es sind doch nur die Journalisten, die die Promos erhalten. Viele Journalisten beschweren sich und fragen, warum wir denn die Songs nicht in ihrer Länge ausspielen, warum wir solche Botschaften einbauen. Wenn jeder seine Promo bis zur Veröffentlichung für sich behalten würde, hätten wir dieses Problem nicht. Es ist einfach nur traurig, dass es schon vorher verfügbar ist. Das ruiniert die Überraschung, die die Leute haben, wenn sie das Album kaufen.
Peter: Also stecken vordergründig keine finanziellen Gründe dahinter?
Joacim: Im Endeffekt schon, denn man verkauft doch eher ein Album, als es zu verschenken.
Peter: Sicherlich, aber ist es nicht der Hauptgrund?
Joacim: Ich weiss, dass es vor der offiziellen Veröffentlichung im Netz zu haben sein wird aber vielleicht ist es nur ein Weg das zu verhindern.
Peter: Ich danke Dir für das Interview. Irgendwelche Worte noch an Eure Fans?
Joacim: Ich möchte zunächst jedem für die großartige Unterstützung in der Vergangenheit danken und ich hoffe, die Leute werden unser neues Album mal auschecken und zu unseren Auftritten kommen.