Hallig
Interview mit Gitarrist A. zu "13 Keys To Lunacy"
Interview
HALLIG aus Nordrhein-Westfalen haben mit „13 Keys To Lunacy“ via Folter Records ihr Debütalbum unters Volk gebracht, welches mit handwerklich gut und stimmig gemachten, abwechslungsreichem Black Metal überzeugt. Grund genug, mehr darüber im Interview mit Gitarrist A. zu erfahren.
Bitte stell doch zuerst einmal HALLIG vor! Wann und wie kam es zur Gründung? Was waren eure ersten Schritte? Was gab den Ausschlag, eine Black-Metal-Band zu gründen?
Seid gegrüßt. Die Gründungsgeschichte ist eigentlich schnell erzählt. 2010 erblickte HALLIG das Licht der Welt. Treibende Kraft hinter der Gründung war insbesondere unser Gitarrist F., der mit zwei weiteren Geburtshelfern an seiner Seite dieses Kind entband. Erste erfolgreiche Gehversuche durfte man bereits ein Jahr später in Form eines 4-Track Demos vermelden. Ende 2011 kam es dann zu einigen Veränderungen in der Bandbesetzung, zunächst stieß meine Wenigkeit als weiterer Gitarrist dazu und kurze Zeit darauf konnte auch endlich die bis dato vakante Stelle des Bassisten durch M. besetzt werden. F. kannte ich schon seit einigen Jahren, in der Vergangenheit hatten wir beide bereits öfter mal in der Band des jeweils anderen ausgeholfen. Auch die anderen Jungs brachten allesamt spielerische Erfahrung aus anderen Black Metal-Bands mit – eine der Voraussetzungen, welche die Vorarbeiten zu unserem ersten Album natürlich enorm beschleunigten. So verging ein halbes Jahr und wir fanden uns Mitte 2012 bereits im Studio ein und nahmen „13 Keys to Lunacy“ auf. 2013 wurde schließlich ein weiterer Besetzungswechsel nötig, da unser damaliger Sänger aus beruflichen Gründen für längere Zeit unabkömmlich wurde.
Was gab den Ausschlag für die Gründung einer Black Metal-Band, mehr als 20 Jahre nach DARKTHRONE’s „A Blaze In The Northern Sky“? Wurde nicht schon bereits alles erzählt, gespielt, gehört?
Ich denke nicht und widerspreche auch den zahlreichen „fachkundigen“ Stimmen, die den Black Metal schon seit längerem für tot geheißen haben. In Wahrheit ist der Black Metal mit den Jahrzehnten schlicht nur gereift und erwachsener geworden. Heutzutage vermag er nämlich beides – in sich das Alte zu bewahren und gleichzeitig auch offen zu sein für alles Neue. Das macht ihn lebendiger denn je. Im Vergleich zu den 90ern ist der Begriff Black Metal heute weitaus dehnbarer als damals.
Musikalisch bietet sich dadurch ein gewaltiger Kosmos an Möglichkeiten, der von uns und natürlich vielen anderen Bands noch erforscht werden will. Mit einer spielerfahrenen Mannschaft an Bord ist es natürlich umso reizvoller.
Halligen sind ja kleine Marschinseln in der Nordsee, welche bei Sturmfluten überschwemmt werden können. Weshalb hattet ihr euch als Band aus Nordrhein-Westfalen danach benannt, welche Bedeutung steckt dahinter?
Bei einer Band, die in NRW ansässig ist, sorgt der Name „Hallig“ natürlich etwas für Verwunderung. Der Bandname stammt von F., der an der Nordsee großgeworden ist. Für ihn waren diese kleinen Meeresinseln so selbstverständlich, wie für uns Ruhrpottler die Betonwüsten. Aus seinen Erzählungen gewann ich stets den Eindruck, dass diese unverwüstlichen Naturgebilde eine tiefere Bedeutung für ihn haben. So wie die Inseln selbst immer wieder den Naturgewalten trotzen müssen, so gilt das auch für die zum Teil darauf lebenden Menschen. Es gehört schon einiges dazu, diese immer wiederkehrenden Kämpfe auf sich zu nehmen, anstatt anderswo zu Leben. Aber jene Menschen haben freiwillig die Abgeschiedenheit gewählt und das ist, wie ich meine, eine durchaus imposante Lebenseinstellung.
Wie kam der Plattenvertrag mit Folter Records zustande?
Wie bereits erwähnt tummeln sich einige von uns schon seit längerem in der Black Metal-Szene herum. Da bleibt der ein oder andere Kontakt nicht aus. Folter Rec. sind dafür bekannt, dass sie sehr zuverlässig und professionell arbeiten.
Euer Debütalbum „13 Keys To Lunacy“ gefällt mir gut. Wie seid ihr selbst mit eurer Leistung zufrieden, und wie verliefen die Aufnahmen? Wie sind die bisherigen Reaktionen?
Danke, das freut mich zu hören. Letztendlich können und müssen wir mit dem Ergebnis zufrieden sein. Vieles von dem, was wir im Sinn hatten, konnten wir umsetzen. anderes ist hier und da auf der Strecke geblieben, was vor allem an der nicht ewig währenden Studiozeit lag. Uns ging am Ende etwas die Zeit aus, so dass noch einige Luft nach oben wäre. Dennoch ist es trotz allem ein starkes Debütalbum geworden, auf das wir auch durchaus stolz sein können. Das Album besteht quasi aus zwei Teilen. Neue Songs, die wir 2012 zusammen geschrieben haben, sowie die Lieder vom ersten Demo. Das brachte einige Schwierigkeiten mit sich, da die neuen Songs doch eine etwas andere Luft atmen. Da ein ganzes Rundes draus zu machen bzw. für beide Teile den passenden Rahmen zu finden, war die Aufgabe vor der wir im Studio standen. Da wir die die alten Lieder möglichst unverändert lassen wollten – hier und da griffen wir behutsam in die Songstrukturen ein – tüftelten wir dafür umso mehr am Sound herum, der das Bindeglied zwischen den beiden Teilen bilden sollte. Wir arbeiteten solange, bis Ruhrpott und Seemannsfraktion, damit zufrieden waren hehe.
Mit einem erleichterten Grinsen und den Worten „Achtung, Eisbrecher aus Kruppstahl von Vorn!“ präsentierte unser bis dahin schon ziemlich malträtierter Toningenieur das Endergebnis. Treffender konnte er es wirklich nicht umschreiben, wie ich meine.
Die Reaktionen, die wir aus unserem Umfeld und von den gedruckten/online Magazinen bekamen, sind eigentlich recht positiv. Im Ausland kommt das Album scheinbar noch etwas besser an, so mein Eindruck. Deutscher Black Metal bleibt ein nachgefragtes Exportgut, das ist sehr erfreulich.
Hattet ihr ein gewisses Ziel vor Augen, welches ihr mit „13 Keys To Lunacy“ erreichen wolltet?
Einiges habe ich dazu eigentlich schon in der Frage zuvor beantwortet. Generell sollte ein Kind auch anfangen zu laufen, wenn es schon auf der Welt ist. Die Songs standen und so sind wir mit einem gepackten Koffer an weiteren guten Ideen ins Studio gegangen. Leider haben wir den Zeitaufwand ein wenig unterschätzt, so dass nicht alles, wie gedacht umgesetzt werden konnte. Auch, wenn das Album in seiner Art genau richtig ist, hat sich aus diesem Ärgernis zumindest ein neues Ziel bzw. Ärgernis für uns ergeben: ein noch besseres nächstes Album
In welchem Zeitraum entstanden die Stücke? Wie schreibt ihr überhaupt Songs?
Alle Songs entstanden im Zeitraum 2010-2012, wobei 4 Lieder erstmalig 2011 für ein ursprünglich geplantes Demo aufgenommen wurden. In der Regel laborieren zunächst F. und ich an neuen Ideen herum, entweder alleine oder direkt zu zweit. Nach und nach kommen dann die anderen Instrumente dazu, was im besten Fall dazu führt, dass ein neues Lied in absehbarer Zeit fertig wird. Leider kann unser beider „Laborieren“ aber auch soweit ausarten, dass der Rest der Truppe irgendwann schon genervt damit anfängt den Proberaum nach waffentauglichen Gegenständen zu durchsuchen. Oft ist es zäh, aber gut Ding braucht halt Weile. Der letzte Schritt sind dann meistens die Texte und der Gesang, wobei natürlich auch da schon einiges im Vorfeld probiert wird. Es ist vielleicht noch interessant zu sagen, dass manche Stücke oder Fragmente des Albums in einer früheren Form schon fast 10 Jahre alt sind, bisher jedoch einfach nicht zum Einsatz kamen.
Was kannst du uns über die Songtexte erzählen?
Sie sind auf Deutsch und Englisch gehalten und im Booklet unübersehbar platziert. Unsere Aufgabe war es die Texte zu schreiben, arrangieren und aufzunehmen. Das freie Interpretieren ist ein Recht des Hörers, welches ich ihm an dieser Stelle auch nicht nehmen will.
In diesem Zusammenhang – „Nichts als Stille“ wurde von Georg Trakl inspiriert. Was bedeuten euch seine Werke? Welche anderen Dichter/Lyriker schätzt ihr?
Jeder, der schon etwas von Trakl gelesen hat, weiß um den einerseits eher nüchternen aber gleichermaßen eindringlichen Schreibstil. Er schafft es, abstruse und seltsam abstoßende Bilder zu schaffen, die dabei trotzdem faszinieren und auf ihre Art anziehend wirken. Es ist nicht so, als hätte Trakl eine ganz besondere Stellung bei uns. Alleine an Gestaltung des Digipacks lässt sich ja sehen, dass wir wirklich viele verschiedene Themen aufgegriffen und verarbeitet haben, die trotzdem von einem roten Faden durchzogen werden. Und in Bezug auf andere Dichter und Lyriker kann ich mich da jetzt eigentlich gar nicht festlegen. Da gibt es wohl in der Band auch unterschiedliche Geschmäcker. Von Eichendorff über Jünger bis hin zu Breton oder eben Trakl kann man sicher ein paar Schreiberlinge aufzählen.
Was sind eure hauptsächlichen musikalischen und außermusikalischen Einflüsse?
Klar kann ich dir jetzt ein paar Bands nennen, die wir alle gerne hören, aber ob da eine große Überraschung dabei ist, bezweifel ich. Einfluss ist das fließende Gewässer von dem wir alle permanent umgeben sind. Alles fließt, stellte ja bereits Heraklit fest. Was mich heute noch beeinflusst, ist morgen vielleicht schon wieder vergessen. Sicherlich hat jeder von uns so seine musikalische Prägung, aber ob diese dann tatsächlich auch in die Musik einfließt, bleibt eine offene Frage…die hier wiederum der Hörer für sich selbst besser beantworten kann, als ein in der Hinsicht überforderter Musiker.
Was mir auch sehr gut gefallen hat ist die edle, detailverliebte Aufmachung im schicken Digipack. Wie wichtig ist euch eine ansprechende Verpackung? Wer war für die Gestaltung verantwortlich?
Über die Aufmachung haben wir uns natürlich viele Gedanken gemacht. Uns war von vornerein klar, dass realistisch nur ein Digipack in Frage kommt (wobei Vinyl natürlich auch sehr schicke gewesen wäre, Herr Verleger). Wie du weißt, bildet die Aufmachung traditionellerweise den visuellen Rahmen um Musik und Texte. Damit ist ihre Aufgabe aber keineswegs erschöpft. Selbstverständlich lassen sich durch das Artwork auch neue, weiterführende Momente vermitteln, die du mit Musik und Text allein nicht darstellen kannst. Das fängt z.B. schon bei den gewählten Farben an, die jede für sich durchaus eine Botschaft transportieren können. Die Bedeutung der Aufmachung hat ja bereits im Zeitalter der CD gelitten, aber unsere heutige Downloadkultur gibt ihr natürlich den Rest. In der Hochphase von Vinyl existierte für diesen Bereich sogar ein eigener Berufszweig und LP-Cover wurden als eigene Kunstrichtung wahrgenommen. Ich denke, du hörst da schon raus, dass die Aufmachung für uns einen hohen Stellenwert besitzt.
Wir haben sorgsam Material zusammengetragen, von dem wir das Gefühl hatten, dass es die aufgenommenen Sachen ergänzen, wenn nicht sogar ein Stück weiterbringen könnte. Daraus „komponierte“ F. dann das fertige Artwork. Eine hervorragende Arbeit, ich bin ganz deiner Meinung. Was mir besonders gefällt ist, dass das Ganze weder zu überladen noch zu minimalistisch ist. Es ist alles sehr ausgewogen gestaltet worden, die Bilder bekamen so die Möglichkeit sich ungestört neben (und mit) den Texten entfalten zu können.
Spielt ihr noch in anderen Bands/Projekten? Welche?
Durchaus haben oder hatten einige von uns noch andere Projekte. Allerdings konzentrieren wir uns im Moment ausnahmslos auf HALLIG. Alle anderen Projekte ruhen die nächste Zeit.
Was habt ihr in nächster Zukunft alles geplant?
Hier und da ist mal ein Konzert geplant. Näheres dazu hoffentlich bald! Daneben arbeiten wir schon an neuen Songs für ein zweites Album, mit dem aber frühestens Mitte 2014 zu rechnen ist. Es ist natürlich noch vieles im Entstehen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir bereits ein bis zwei neue Songs bei den nächsten Konzerten präsentieren werden können.
Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!
Dank an euch und alle anderen Unterstützer. Haltet den Geist lebendig.